Meiringen
Meiringen, im berneroberländischen Ortsdialekt Meiringe [mɛi̯rɪŋːə] oder an der Gasse [an dər gasːə],[5] ist eine Einwohnergemeinde im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli im Schweizer Kanton Bern.
Meiringen | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Bern (BE) |
Verwaltungskreis: | Interlaken-Oberhasli |
BFS-Nr.: | 0785 |
Postleitzahl: | 3860 |
UN/LOCODE: | CH MEI |
Koordinaten: | 657158 / 175539 |
Höhe: | 595 m ü. M. |
Höhenbereich: | 570–3190 m ü. M.[1] |
Fläche: | 40,63 km²[2] |
Einwohner: | 4666 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 115 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) | 18,8 % (31. Dezember 2020)[4] |
Gemeindepräsident: | Roland Frutiger (parteilos) |
Website: | www.meiringen.ch |
Blick von den Reichenbachfällen auf das Ortszentrum, Ortsteil Stein rechts vom Milibach und den Alpbachfall | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Meiringen liegt im östlichen Berner Oberland, im Haslital am Oberlauf der Aare, die nach Westen zum Brienzersee hin abfliesst. Der Ort liegt am Fuss verschiedener Pässe, die Übergänge über die umgebenden Gebirgsketten ermöglichen: Im Osten der Sustenpass in den Kanton Uri, im Südosten der Grimselpass in den Kanton Wallis und im Nordwesten der Brünigpass in den Kanton Obwalden. Durch das Reichenbachtal führt ein Übergang über den Pass Grosse Scheidegg nach Grindelwald, der jedoch für den privaten Autoverkehr gesperrt ist.
Meiringen grenzt im Osten an die Gemeinden Hasliberg, Innertkirchen und Schattenhalb, im Westen an die Gemeinden Brienzwiler, Brienz und Grindelwald und im Norden an die Gemeinde Lungern im Kanton Obwalden.
Die Gemeinde besteht aus den Ortschaften Meiringen (nördlich der Aare), Balm und Unterheid/Unterbach (südlich der Aare), Hausen (Richtung Brünigpass), Brünigen, Brünig (auf dem Brünigpass), Zaun, dem Wilerli, dem Prasti, dem Brünigerälpeli, den Alpen Breitenboden, Isetwald, Wandel und Wirzen, Schönbühl und der Schwarzwaldalp, 12,2 Kilometer von der Ortschaft Meiringen entfernt.
Klimatabelle
Meiringen, 1981–2010 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Meiringen, 1981–2010
Quelle: [7] |
Geschichte
Der Name Meiringen wird erstmals 1201 erwähnt, als von einem Petrus de Megeringen die Rede ist. Die Herkunft des Ortsnamens lässt sich infolge seiner vergleichsweise späten Erstbezeugung nicht sicher bestimmen. Er könnte aus dem althochdeutschen Personennamen Megiher und der Ortsnamenendung -ingun gebildet sein, was «bei den Leuten, bei der Sippe des Megiher» bedeuten würde.[8]
In Meiringen gab es in den Jahren 1879 und 1891 zwei grosse Dorfbrände.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |||||||||||||
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Jahr | 1764 | 1850 | 1880 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2015 |
Einwohner | 964 | 2'358 | 2'807 | 3'077 | 3'103 | 3'640 | 3'749 | 3'759 | 4'072 | 4'346 | 4'803 | 4'729 | 4'737 |
Politik
In Meiringen gibt es eine Gemeindeversammlung, die zweimal im Jahr ordentlich zusammenkommt.[9] Das ausführende Organ ist der Gemeinderat, der aus sieben Mitgliedern besteht.[10] Der Gemeindepräsident ist Roland Frutiger (Stand: 2017).[11]
Die Wähleranteile der Parteien anlässlich der Nationalratswahlen 2015 betrugen:
SVP 44,3 %, SP 16,8 %, BDP 10,9 %, GPS 10,2 %, FDP 6,7 %, glp 3,4 %, EVP 1,7 %, EDU 1,8 %, CVP 0,8 %, Piraten 0,8 %.[12]
Sehenswürdigkeiten
Bekannt ist Meiringen für die nahegelegenen Touristenattraktionen Aareschlucht sowie die Reichenbachfälle, wobei letztere zu Fuss oder mit einer Standseilbahn zu erreichen sind. In den grössten Kaskaden der Reichenbachfälle soll die von Arthur Conan Doyle geschaffene Romanfigur Sherlock Holmes mitsamt Professor Moriarty am 4. Mai 1891 hinabgestürzt sein. Holmes überlebte jedoch und nutzte die Gelegenheit, um seinen eigenen Tod zu inszenieren und später den erfolglosen Todesschützen Moran zur Strecke zu bringen.
An der Kampfstelle, welche mit einem weissen Stern gut sichtbar markiert ist und zu der von der Bergstation der Standseilbahn ein ca. 20-minütiger Fussweg führt, erinnert eine Gedenktafel an diese (fiktive) Begebenheit. Auf ihr steht in englischer und deutscher Sprache: „An diesem furchterregenden Ort besiegte Sherlock Holmes am 4. Mai 1891 Professor Moriarty.“ Die Tafel wurde 1991 von den beiden Sherlock-Holmes-Gesellschaften «The Bimetallic Question of Montreal» und «The Reichenbach Irregulars», der Schweizer Holmes-Gesellschaft, angebracht. Weiter gibt es seit 1991 ein Sherlock-Holmes-Museum unter der Englischen Kirche sowie ein Sherlock-Holmes-Denkmal an der Hauptstrasse, geschaffen von John Doubleday. Im Museum findet sich das Wohnzimmer des Detektivs an der 221B Baker Street, London detailgetreu nachgebaut. Die «Sherlock Holmes Society of London» organisiert regelmässig Reisen nach Meiringen, bei denen die Teilnehmer in historischen Kostümen die Abenteuer von Sherlock Holmes nachspielen.
Auf der dem Reichenbachfall gegenüberliegenden Talseite befindet sich die Alpbachschlucht, welche ebenfalls einen Wasserfall zu bieten hat und auf einem Felspfad durchstiegen werden kann.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Sankt-Michaels-Kirche aus dem Jahre 1684 mit achteckigem frei stehendem Glockenturm und ihren Ausgrabungen. Das ganze Areal der Kirche steht unter dem Schutz des Bundes. Regelmässig werden Führungen angeboten.
In der Altjahrswoche, zwischen Weihnachten und Silvester, findet jedes Jahr das Trycheln statt.
Kultur
Ubersitz
Siehe auch → Haslitaler Trycheln
In der Woche zwischen Weihnachten und Silvester sind im Haslital die Trychler unterwegs. Am letzten Arbeitstag im Jahr treffen sich die Trychelzüge aus den verschiedenen Dörfern zum Ubersitz in Meiringen. Die Trychler sind meist verkleidet. Die Gruppen mit Trycheln verschiedener Grösse, Glocken und Trommeln ziehen durchs Dorf, jede zu ihrem eigenen langsamen Rhythmus. Die alte Tradition hat zum Sinn, die bösen Geister zu vertreiben.[13]
Meringue
Nach einer populären Meinung soll der italienische Zuckerbäcker Gasparini in Meiringen angeblich um 1600 (oder 1720?) erstmals ein Dessert aus Zucker und Eischnee kreiert haben, das er nach dem Dorf benannte, und aus Meiringen soll französisierend Meringue geworden sein. Französische Kolonialisten führten es bis nach Haiti aus – die Kolonialinsel war der Hauptzuckerlieferant des Landes. Dort soll Mitte des 19. Jahrhunderts die Süssspeise dem karibischen Tanz auf der Dominikanischen Republik, dem Merengue, ihren Namen gegeben haben. In Deutschland ist diese Süssspeise bekannter unter dem Namen Baiser (franz. «Kuss»), der auf einen Ausruf der englischen Königin zurückgehen soll.
Haltbar sind diese Spekulationen nicht, wenngleich der Begriff Meringue tatsächlich schwer zu deuten ist. Erstmals erwähnt wird das Wort jedenfalls in einem französischen Kochbuch von 1691. Nach der einen Deutung soll Meringue auf mittellateinisch melinus zurückgehen, was «honigsüss» bedeutet und von lateinisch mel «Honig» abgeleitet ist. Nach einer anderen stammt es von lateinisch merenda, was «Zwischenmahlzeit, Vesperbrot» heisst. Trifft diese zweite Erklärung zu, wäre es sprachgeschichtlich identisch mit Marend, dem Bündner Wort für Zvieri (Zwischenmahlzeit am Nachmittag – um vier Uhr).[14]
Gesundheitswesen
Meiringen verfügt seit 2007 anstatt eines Akutspitals über ein Gesundheitszentrum ohne 24-Stunden-Notfallversorgung. Eine Notfallstation ist während des Tages vorhanden, während der Nacht übernimmt diese Funktion der ansässige Rettungsdienst mit Krankenwagen. Es gehört zum Klinikverbund der Spitäler FMI (Spitäler Frutigen, Meiringen, Interlaken).
Seit 1919 besteht die Privatklinik Meiringen.
Verkehr
Die Zentralbahn, die am 1. Januar 2005 aus der Fusion der Luzern-Stans-Engelberg-Bahn und der Brünigbahn entstand, hat seit 1888 in Meiringen einen Kopfbahnhof, in dem sich die Strecke entlang am Brienzersee von Interlaken sowie die Zahnradstrecke über den Brünigpass von Luzern treffen. Die Reichenbachfälle mit der Reichenbachfall-Bahn und die Aareschlucht waren zwischen 1912 und 1956 mit der Trambahn Meiringen-Reichenbach-Aareschlucht zu erreichen. Seit 1946 besteht durch die Meiringen-Innertkirchen-Bahn ebenfalls eine Anbindung der Aareschlucht, diese wurde am 1. Januar 2021 durch die Zentralbahn übernommen.
Mit der Luftseilbahn hat man von Meiringen aus direkten Zugang zum Skigebiet Hasliberg, welches über 18 Bahnen und 60 km präparierte Pisten verfügt.
Meiringen liegt an der Hauptstrasse 6 und 11, die von Interlaken kommend auf den Susten- (Nr. 11) bzw. auf den Grimselpass (Nr. 6) führt. Ferner beginnt bzw. endet in Brienzwiler westlich von Meiringen die Hauptstrasse 4 über den Brünigpass, die durch eine Stichstrasse mit Meiringen verbunden ist.
Etwa fünf Kilometer talabwärts ist der Militärflugplatz Meiringen der Schweizer Luftwaffe.
Partnerschaften
Meiringen hat vier Schweizer Partnergemeinden: Eschenbach im Kanton St. Gallen, Le Landeron im Kanton Neuchâtel, Morcote im Kanton Tessin und Scuol im Kanton Graubünden.
Persönlichkeiten
- Peter im Baumgarten (1761–1799) war ein Hirtenjunge, der 1775 zunächst von Heinrich Julius von Lindau als Pflegesohn («Peter Lindau genannt im Baumgarten») und dann 1776 von dessen Freund Johann Wolfgang von Goethe als Mündel und Ziehsohn aufgenommen wurde.
- Arnold Brügger (1888–1975), Kunstmaler
- Fritz Ringgenberg (1891–1977), Ehrenbürger und Dichter[15]
- Arnold Glatthard (1910–2002), Skirennfahrer, Bergführer und Politiker, Gemeinderatspräsident 1967–1970, Ehrenbürger
- Ruth von Fischer (1911–2009), Künstlerin und Zeichenlehrerin
- Karl Glatthard (1913–1982), Nationalrat, Sportverbandspräsident[16]
- Andreas Lindt (1920–1985), Theologe und Hochschullehrer an der Universität Bern; Neffe von Karl Barth
- Christian Menn (1927–2018), Bauingenieur
- Rudolf Jaun (* 1948), Militärhistoriker
- Christine Schraner Burgener (* 1963), Diplomatin, Botschafterin
- Christoph Ammann (* 1969), Berner Regierungsrat
- Sascha Urweider (* 1980), Radrennfahrer
- Kaspar von Grünigen (* 1982), Jazzmusiker
- Matthias Glarner (* 1985), Schwinger, Schwingerkönig 2016
- Stefan Glarner (* 1987), Fussballspieler, FC Thun
Literatur
- Anne-Marie Dubler: Meiringen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Daniel Wolf, Jost von Allmen: Ernst E. Anderegg. Ausgewählte Bauten in der Region Interlaken-Oberhasli. (= Schweizerische Kunstführer, Nr. 887/888, Serie 89). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2011, ISBN 978-3-85782-887-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- BFS Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Höhen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Generalisierte Grenzen 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. Mai 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Ausländeranteil aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Sprachatlas der deutschen Schweiz, Band V, Karte 1b.
- Klimatabelle. In: meteoschweiz.admin.ch. meteoschweiz, abgerufen am 31. Mai 2018.
- Klimatabelle. In: meteoschweiz.admin.ch. meteoschweiz, abgerufen am 31. Mai 2018.
- Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Hrsg. vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld/Lausanne 2005, S. 585.
- Meiringen Online: Gemeindeversammlung. Abgerufen am 8. Oktober 2017.
- Meiringen Online: Gemeinderat. Abgerufen am 8. Oktober 2017.
- Meiringen Online: Behördenmitglieder. Abgerufen am 8. Oktober 2017.
- Kanton Bern: Wahlplattform. Abgerufen am 8. Oktober 2017.
- Ubersitz. In: Gemeinde Meiringen. Abgerufen am 4. Januar 2015.
- Christoph Landolt: Meringue, in: Wortgeschichte vom 20. Juni 2013, herausgegeben vom Schweizerischen Idiotikon.
- Christian Schmid: Fritz Ringgenberg. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 9. November 2010, abgerufen am 8. Dezember 2020.
- Peter Stettler: Glatthard, Karl. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 18. November 2005.