Kloster Murbach
Kloster Murbach war eine ehemals berühmte Benediktinerabtei im südlichen Elsass in einem Tal am Fuß des Großen Belchen (französisch Grand Ballon) in den Vogesen. Murbach liegt im Département Haut-Rhin, im Osten Frankreichs.
Die Abtei in der Gemeinde Murbach, nahe der elsässischen Gemeinde Guebwiller (dt. Gebweiler), wurde 727 durch den heiligen Pirminius gegründet. Ihr Gebiet umfasste ehemals drei Städte und 30 Dörfer. Die Gebäude, darunter die Klosterkirche, eines der frühesten gewölbten romanischen Bauwerke, wurden 1789 von aufständischen Bauern verwüstet, die Abtei danach aufgehoben.
Von der romanischen Abteikirche, der St.-Leodegar-Kirche, ist nur noch das Querschiff mit seinen beiden Türmen sowie der Ostteil mit seinem gerade abschließenden Chor erhalten. Wo früher das Langhaus stand, befindet sich heute ein Friedhof.
Geschichte
Stifter der Abtei war Graf Eberhard, Bruder des Herzogs Liutfrid, vom Stamme der Etichonen. Er betraute 727 Bischof Pirmin vom Kloster Reichenau im Bodensee mit dem Aufbau einer Klostergemeinschaft. Pirmin nannte das Kloster 'Vivarius Peregrinorum' (lat. Hort der Wandermönche).
Nach der uns von den Chronisten der Murbacher Annalen überlieferten Gründungslegende ließen sich die ersten schottischen Mönche bei der Ortschaft Bergholtz – Zell nieder, da sie dort aber nicht die nötige Stille fanden, gingen sie weiter oben ins Tal hinein, und zwar oberhalb Buhl, am Eingang des Tälchens von Murbach, an der Stelle der Weihermatt. Diese Stätte hieß damals Vivarium Peregrinorum (Pilgerweiher).[1] Der Begriff ist möglicherweise aus dem Kontext mit den Schriften Cassiodors zu sehen, der im 6. Jahrhundert das namensgleiche Monasterium Vivariense in Italien gegründet hatte.[2] Gleichsam als wollte er uns dies bestätigen zählt der Murbacher Bibliothekskatalog einige Bücher des Cassiodor auf.[3]
Graf Eberhard stattete das Kloster reich aus und verlieh ihm umfangreiche Privilegien, darunter die freie Wahl des Abtes. Das Kloster musste sich regelmäßig auf seine Privilegien verpflichten lassen; es war unmittelbar dem Papst und dem Kaiser – nach 1680 dem französischen König – unterstellt. Murbach wurde unter die Schirmherrschaft des heiligen Leodegar (frz. Saint Léger) gestellt, der im 7. Jahrhundert in Burgund ebenfalls die Benediktinerregel eingeführt hatte. Das Kloster spielte eine wichtige politische Rolle; so ernannte sich Karl der Große in den Jahren 782 bis 783 selbst zum weltlichen Abt des Klosters (Pastor Murbacencis). Um das Jahr 850 war Murbach eines der geistigen Zentren am Oberrhein, die Bibliothek umfasste damals rund 340 theologische, grammatische und geschichtliche Werke. Wie aus St. Gallen, Reichenau oder Lorsch, so ist auch aus diesem Kloster ein umfangreicher Bibliothekskatalog des 9. Jahrhunderts überliefert worden, wenn auch nicht im Original. Der Murbacher Bibliothekskatalog aus dem 9. Jahrhundert ist nur in einer Abschrift, datiert aus dem Jahre 1464, überliefert. Diese Abschrift befindet sich heute in Colmar.[4]
Gleichzeitig vermehrten sich die weltlichen Güter der Abtei, dank vieler Schenkungen. Murbach besaß Liegenschaften und Rechte in ungefähr 350 Ortschaften. Die meisten befanden sich im Elsass, in den Bistümern Straßburg und Basel. Hinzu kamen Liegenschaften auf dem rechten Rheinufer und sogar im Schwarzwald. Beispielsweise schenkten im Jahr 805 die alemannischen Edlen Egilmar, Focholt, Wanbrecht und Nothicho ihren Grundbesitz und eine Kirche im heutigen Grißheim (villa Cressheim in pago Brisachgaginse) an das Kloster. Darüber hinaus erwarb die Abtei das Gebiet von Luzern in der Schweiz. Das Kloster besaß außerdem auch eine ganze Reihe von Gütern in der Pfalz, in der Gegend von Worms und Mainz.
Diese erste Blütezeit endete im Jahr 936 mit dem Einfall der Ungarn in das Elsass. Bis zum 13. Jahrhundert erholte sich das Kloster und spielte wieder eine wichtige Rolle in der elsässischen und oberrheinischen Geschichte. 1178 wurde von Murbach aus die Stadt Luzern gegründet.
Das Kloster Murbach spielte eine maßgebende Rolle für das aufstrebende Geschlecht der Habsburger, nicht zuletzt hatten diese als Vögte von Murbach umfangreiche Lehen vom Stift erhalten. Dazu zählten die Vogtei über das Kloster Luzern, die im Aargau gelegenen Höfe in Pratteln, Augst, Möhlin, Schupfart, Wittnau und Gipf sowie die im Breisgau gelegenen murbachischen Güter darunter, die Höfe in Bellingen, Bamlach, Schopfheim sowie die Burg Rötteln.[5]
Im 14. Jahrhundert verlor das Kloster nach und nach an Einfluss. 1543 vereinigte Papst Paul III. Murbach mit der Klosterzelle in Lure (Haute-Saône), damals noch Lüders (bzw. Luders[6]) genannt. 1544 erhielt die Abtei durch Kaiser Karl V. das Münzrecht für das auf ihrer Besitzung gewonnene Silber, die Münzstätte war in Guebwiller (Gebweiler). 1548 verlieh Kaiser Ferdinand I. der Abtei den Rang einer Fürstabtei mit Sitz und Stimme im Reichstag.[7] Von 1680 bis 1789 geriet das Kloster in die Spannungen zwischen dem französischen König und dem Kaiserreich. Der Fürstabt Kasimir Friedrich von Rathsamhausen (Léger von Rathsamhausen) gab um das Jahr 1759 die Benediktinerregel auf und wandelte das Kloster in ein adliges Ritterstift um. Er verlegte den Hauptsitz der Abtei nach Guebwiller. 1789 beendeten die Französische Revolution und aufständische Bauern vier Jahre nach dem Tod von Rathsamhausen die Geschichte der Abtei.
Wappen des Klosters Murbach
Das Wappen zeigt einen springenden Schwarzen Hund auf weißem Schild und Mitra als Helmzier. Vom Wappen sagt 1525 der Dichter Lienhart Ott:
„Die Stift Muorbach het einen schwarzen Hund Der het schon vil gebissen“
Liste der Äbte des Klosters Murbach
- Pirminius 727 (Gründer)
- Romanus 727–751
- Baldebert 751–762
- Herbert 762–774
- Amicho 774–786
- Simpert, Bischof von Augsburg 786–792
- Karl der Große, Laienabt 792–793
- Agilmar (Intermegilmer) 793
- Geroch, Bischof von Eichstätt, 793–808(?)
- Guntram, beglaubigt 811
- Sigismar (Sigismundus), beglaubigt 829
- Iskar (Isker), beglaubigt 870
- Friedrich, beglaubigt 876
- Nandbert, beglaubigt 910
- Abtsitz unbesetzt von 926–959
- Landelous 959–977?, 961 Bischof von Basel
- Beringer 977–988?
- Helmerich 988−?
- Werner ?–994
- Degenhard beglaubigt 1012–1025
- Eberhard 1026–? (Liegefigur in der Abteikirche)
- Wolfrad, beglaubigt 1049
- Ulrich von Lorsch, 1073–1075
- Samuel von Weissemburg 1080–1097
- Erlolf von Bergholtz, Abt von Fulda, ?–1122
- Bertolf 1122–1149
- Egilolf von Erlach 1150–1162
- Konrad von Eschenbach[8] beglaubigt von 1173 bis 1186
- Widerolph 1187–1188
- Simbert II. ? –1149
- 1194–31. März 1216 Arnold von Frohburg[9]
- Hugo von Rothenburg, 1216–1236[10] Erbauer der Burg Hugstein
- Albrecht von Frohburg, Verwalter 1237–1244
- Theobald von Faucolgney, 1244–1260
- Berthold von Steinbronn, 1260–1285
- Berchtold von Falkenstein[11] 1286–1299
- Albrecht von Liebenstein, 1299–1303
- Konrad von Widergrün aus Stauffenberg 1305–1334
- Konrad Wernher von Murhard, 1334–1343
- Heinrich von Schauenburg 1343–1353
- Johann Schultheiss 1354–1376
- Wilhelm Stoer von Stoerenburg 1377–1387
- Rudolf von Wattweiler 1387–1393
- Wilhelm von Wasselnheim (Wasselonne) 1393–1428
- Peter von Ostein 1428–1434
- Dietrich von Hus 1434–1447
- Bartholomäus von Andlau 1447–1476[12]
- Achatius von Griessen 1476–1489
- Walter Mönch von Wilsberg 1489–1513
- Georg von Masmünster (Masevaux) 1513–1542 (ein Wappen-Glasgemälde[13] von ihm nach einem Riss von Hans Hohlbein d. J. im Historischen Museum Basel)
- Johann Rudolf Stoer von Stoerenberg 1542–1570
- Johann Ulrich von Raitenau 1570–1587
- Wolf Dietrich von Raitenau 1587
- Gabriel Giel von Giersberg 1587 (Wahl für nicht rechtsgültig erklärt)
- Andreas von Österreich 1587–1600 (auch Bischof von Konstanz und von Brixen)
- Johann-Georg von Kalkenried[7] 1600–1614
- Leopold von Österreich Verwalter 1614–1625 (auch Bischof von Passau und von Straßburg)
- Leopold Wilhelm von Österreich 1626–1662 (auch Bischof von Straßburg und von Passau)
- Kolumban von Andlau 1662 (Wahl für nicht rechtsgültig erklärt)
- Karl Joseph von Österreich 1662–1664
- Franz Egon von Fürstenberg-Heiligenberg 1664–1682 (auch Bischof von Straßburg)
- Felix Egon von Fürstenberg-Heiligenberg 1682–1686 (auch Domherr zu Köln)
- Kolumban von Andlau 1686 (Wahl nicht für rechtsgültig erklärt)
- Philipp Eberhard von Löwenstein-Wertheim-Rochefort 1686–1720
- Célestinus von Beroldingen-Gündelhard 1720–1737
- Franz Armand von Rohan-Soubise 1737–1756 (auch Bischof von Straßburg)
- Kasimir Friedrich von Rathsamhausen 1756–1786
- Benedikt Anton Friedrich von Andlau-Homburg 1786–1790, Ultimus Abbas
Literatur
- Philippe Legin: Die Abteikirche von Murbach im Oberelsass. Colmar, Editions S.A.E.P. Ingersheim 1980.
- Otto Feld: Zur Baugeschichte der Klosterkirche Murbach. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 24, 1961, S. 242–249.
- Barth, Médard, Aus dem liturgischen Leben der Abtei Murbach. Kalendare und Heiligenlitaneien (11.–15. Jahrhundert), in: Freiburger Diözesanarchiv 73 (1953), S. 59–87
Weblinks
Einzelnachweise
- Philippe Legin: Die Abteikirche von Murbach im Oberelsass. Colmar, Editions S. A. E. P. Ingersheim 1980, S. 7.
- Vgl. die Diskussionsseite
- Wolfgang Milde, Der Bibliothekskatalog des Klosters Murbach aus dem 9. Jahrhundert. Ausgabe und Beziehungen zu Cassidors „Institutiones“. In: Beihefte zum EUPHORION Zeitschrift für Literaturgeschichte Werner Gruenter und Artur Henkel (Hrsg.), 4. Heft, 1968, S. 44.
- Wolfgang Milde, Der Bibliothekskatalog des Klosters Murbach aus dem 9. Jahrhundert. Ausgabe und Beziehungen zu Cassidors „Institutiones“. In: Beihefte zum EUPHORION Zeitschrift für Literaturgeschichte Werner Gruenter und Artur Henkel (Hrsg.), 4. Heft, 1968.
- Aloys Schulte: Geschichte der Habsburger in den ersten drei Jahrhunderten. Innsbruck, 1887, S. 89 (Digitalisat im Internet Archive)
- Zur Schreibung Luders siehe: Topographia Alsatiae: Luders
- Arthur Engel; Ernest Lehr: Numismatique de l'Alsace. Paris, Leroux, 1887, S. 130–138.
- Wolfgang Friedrich von Mülinen: Der Oberaargau. Beiträge zur Heimatkunde des Kantons Bern, Deutschen Theils, Heft 5, Verlag von Nydegger & Baumgart, Bern, 1890, S. 80.
- Ambros Kocher: Solothurner Urkundenbuch. Erster Band 762–1245. Staatskanzlei des Kantons Solothurn, Solothurn 1952, Stammtafel 4: Grafen von Fro[h]burg. Schwaben. In: Detlev Schwennicke (Hrsg.): Europäische Stammtafeln, Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. Neue Folge. Band XII. Verlag von J. A. Stargardt, Marburg 1992, Tafel 113: Die Grafen von Fro[h]burg 1110–1367, und die Grafen von Homberg.
- Xavier Mossmann: Cartulaire de Mulhouse, Band 1, S. 3.
- Ambros Kocher: Solothurner Urkundenbuch. Erster Band 762–1245, Staatskanzlei des Kantons Solothurn, Solothurn, 1952. Stammtafel 2.
- siehe zu diesem Richard Newald: Bartholomäus von Andlau. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 610 (Digitalisat).
- Historisches Museum Basel: Wappenscheibe des Georg von Massmünster. In: Wappenscheibe des Georg von Massmünster. Historisches Museum Basel, abgerufen am 9. Februar 2018.