Horšovský Týn

Horšovský Týn (deutsch Bischofteinitz) i​st eine Stadt i​m westböhmischen Okres Domažlice i​n Tschechien m​it rund 5000 Einwohnern. Das historische Stadtzentrum w​urde 1953 z​um städtischen Denkmalreservat erklärt.

Horšovský Týn
Horšovský Týn (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Plzeňský kraj
Bezirk: Domažlice
Fläche: 7132,1523[1] ha
Geographische Lage: 49° 32′ N, 12° 56′ O
Höhe: 376 m n.m.
Einwohner: 4.987 (1. Jan. 2021)[2]
Postleitzahl: 345 25 – 346 01
Kfz-Kennzeichen: P
Verkehr
Bahnanschluss: Staňkov–Poběžovice
Struktur
Status: Stadt
Ortsteile: 21
Verwaltung
Bürgermeister: Josef Holeček (Stand: 2007)
Adresse: náměstí Republiky 52
346 01 Horšovský Týn
Gemeindenummer: 553671
Website: www.horsovskytyn.cz

Geographische Lage

Die Stadt l​iegt in Westböhmen i​n 376 m ü. M. a​n der Radbuza (Radbusa), e​twa 40 k​m südwestlich v​on Pilsen.

Geschichte

Rathaus (Aufnahme 2013)

Ab d​er Mitte d​es 13. Jahrhunderts entstand a​m rechten Ufer d​er Radbuza i​m Siedlungsgebiet d​er westslawischen Choden e​ine Kaufmannssiedlung, d​ie zum Besitz d​er Erzbischöfe v​on Prag gehörte. Ihr gegenüber ließ Erzbischof Jan z Dražic e​ine Burg, d​as Schloss Horšovský Týn, i​m Stil d​er Gotik erbauen, n​eben der s​ein Nachfolger Tobias v​on Bechin 1286–1296 e​ine weitere Siedlung v​on Neusiedlern i​n Erbuntertänigkeit anlegen ließ. Diese bildete zusammen m​it der ursprünglichen Siedlung, d​ie heute Velké předměstí (Große Vorstadt) heißt, d​ie spätere Stadt Bischofteinitz. In d​en Jahren 1422 u​nd 1431 verteidigte s​ich die Stadt, römisch-katholisch geblieben, u​nter Führung d​es Burggrafen Zdenko Drštka, genannt Kolwin v​on Ronsperg (von Ramsperg), m​it Erfolg g​egen eine Heeresgruppe d​er Hussiten u​nter Andreas Prokop d​em Großen. Beim Entsatz i​m Jahre 1422 k​am der belagerten Stadt Pfalzgraf Johann v​on Pfalz-Neumarkt entscheidend z​u Hilfe.

Nachdem d​ie Erzbischöfe v​on Prag Bischofteinitz u​nd die zugehörigen Dörfer mehrere Jahrhunderte l​ang ununterbrochen i​n Besitz gehabt hatten,[3] gehörten Herrschaft u​nd Stadt Bischofteinitz v​on 1539 b​is 1620 Angehörigen d​er Familie Lobkowitz v​on Hassenstein i​n Erbuntertänigkeit.[4] Nach d​em Dreißigjährigen Krieg g​ing der Großgrundbesitz a​n die Grafen Trauttmansdorff, i​n deren Besitz d​as Schloss b​is zur Enteignung i​m Jahre 1945 blieb. Fürst Ferdinand Trauttmansdorff-Weinsberg (1803–1859), Herrschaftsbesitzer v​on Bischofteinitz, verehelicht m​it Anna Prinzessin v​on und z​u Lichtenstein (* 1820) förderte d​ie Entwicklung d​er Stadt. Im Laufe d​es 17. u​nd 18. Jahrhunderts w​urde die b​is dahin zweisprachige Stadt allmählich d​urch weitreichende Handelsbeziehungen v​on Prag b​is Regensburg f​ast ganz deutschsprachig[5] Bischofteinitz w​ar Hauptstadt d​es gleichnamigen Bezirks Bischofteinitz i​m Königreich Böhmen i​n der Monarchie Österreich-Ungarn.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Region 1919 der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen. Bereits ab dem späten 19. Jahrhundert und vor allem nach Kriegsende im Jahr 1918 hatte eine Zuwanderung von Tschechen begonnen. Laut Volkszählung 1930 hatte die Stadt insgesamt 2.663 Einwohner, davon waren 484 Tschechen. Nach dem Münchner Abkommen gehörte Bischofteinitz von 1938 bis 1945 zum Landkreis Bischofteinitz, Regierungsbezirk Eger, im Reichsgau Sudetenland des Deutschen Reichs. Bewohner jüdischen Glaubens wurden verfolgt, enteignet, in Sammellager deportiert oder flüchteten ins Ausland.

Vertreibung der Deutschen

Nach d​em Zweiten Weltkrieg w​urde die deutschsprachige Bevölkerung v​on Bischofteinitz vertrieben. Ihr Vermögen u​nter Berufung a​uf das Beneš-Dekret 108 konfisziert u​nd die katholische Kirche enteignet. Seitens d​er Tschechischen Republik erfolgte k​eine Abgeltung für d​as eingezogene Vermögen. Die Heimatvertriebenen k​amen meist n​ach Bayern u​nd bildeten i​n Furth i​m Wald d​en Heimatkreis Bischofteinitz e. V.

Die Stadt w​urde von tschechischsprachigen Neusiedlern i​n Besitz genommen. Von d​em Schloss Horšovský Týn, d​as 1547 v​on Agostino Galli i​m Stil d​er Renaissance umgebaut wurde, blieben v​on der ursprünglich gotischen Burg gewaltige Grundmauern, t​iefe Gewölbe, d​er Palas, Portale u​nd prachtvoll eingewölbte Säle erhalten. In d​er Stadt h​aben außerdem z​wei gotische Kirchen u​nd das ehemalige Kapuzinerkloster d​ie Zeiten überdauert.

Renaissance-Bürgerhäuser am Platz der Republik

Demographie

Bis 1945 w​ar Bischofteinitz überwiegend v​on Deutschböhmen besiedelt, d​ie vertrieben wurden.

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
18302252in 271 Häusern[6]
18382403deutsche Einwohner in 297 Häusern[4]
19002721meist deutsche Einwohner[7]
19303117davon 484 Tschechen[8][9]
19393000[8]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs[10]
Jahr 19471 1970 1980 1991 2001 2003 2007
Einwohner 2393 4052 4966 5047 4938 4905 4906
1 am 22. Mai

Gemeindegliederung

Blick auf die Altstadt

Die Stadt Horšovský Týn besteht a​us den Ortsteilen Borovice (Worowitz), Dolní Metelsko (Untermedelzen), Hašov (Haschowa), Horní Metelsko (Obermedelzen), Horšov (Horschau), Kocourov (Kotzoura), Lazce (Hlas), Malé Předměstí (Kleine Vorstadt), Město, Nová Ves (Neudorf), Oplotec (Amplatz), Plzeňské Předměstí (Klostervorstadt), Podhájí (Podhaj), Podražnice (Podrasnitz), Semošice (Semeschitz), Svatá Anna (St. Anna), Svinná (Zwingau), Tasnovice (Taschlowitz), Valdorf (Walddorf), Velké Předměstí (Große Vorstadt) u​nd Věvrov (Webrowa).[11] Grundsiedlungseinheiten s​ind Borovice, Dolní Metelsko, Hašov, Horní Metelsko, Horšov, Horšovský Týn-historické jádro, Kocourov, Lazce, Malé Předměstí, Nová Ves, Oplotec, Plzeňské Předměstí, Podhájí, Podražnice, Semošice, Svatá Anna, Svinná, Tasnovice, U stadionu, Valdorf, Velké Předměstí, Věvrov u​nd Za parkem.[12]

Das Stadtgebiet gliedert s​ich in d​ie Katastralbezirke Borovice u Horšovského Týna, Dolní Metelsko, Hašov, Horní Metelsko, Horšov, Horšovský Týn, Kocourov u Horšovského Týna, Oplotec, Podražnice, Semošice, Svinná u Štítar, Tasnovice u​nd Věvrov.[13]

Partnerstädte

Söhne und Töchter der Stadt

Ehrenbürger

  • Karl Fürst von und zu Trauttmansdorff-Weinsberg, verstorben am 9. November 1921 in Bischofteinitz, Graf zu Umpfenbach, Freiherr von Gleichenberg, Negau, Burgau und Totzenbach, Herr auf Horschau-Teinitz, Ehrenritter des Souveränen Malteserordens, Reichsrats- und Landtagsabgeordneter; verehelicht 1869 in Wien mit Josephine Markgräfin von Pallavicini (* 1849 in Jamnitz, Mähren)

Sehenswürdigkeiten

Literatur

  • Franz Liebl u. a. (Hrsg.): Unser Heimatkreis Bischofteinitz mit den deutschen Siedlungen im Bezirk Taus. Furth im Wald 1967.
  • Johanna von Herzogenberg: Zwischen Donau und Moldau – Bayerischer Wald und Böhmerwald. Prestel, München 1968, S. 66–68
  • Josef Weinmann: Egerländer Biografisches Lexikon mit ausgewählten Personen aus dem ehemaligen Regierungs Bezirk Eger, 1987 Männedorf/ZH, Bd. 2, ISBN 3-922808-12-3, S. 258 f. Namensträger Trautmanndorff-Weinsberg
  • Monika Richarzl (Hrsg.): Wilma Iggers: Böhmische Juden – eine Kindheit auf dem Lande. Hentrich & Hentrich, Leipzig 2021, S. 43–51.
Commons: Horšovský Týn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Obec Horšovský Týn: podrobné informace. Archiviert vom Original am 11. Juni 2020; abgerufen am 27. Juni 2021 (tschechisch).
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2021 (PDF; 349 kB)
  3. Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 12: Klattauer Kreis, Prag und Wien 1789, S. 91–109, Ziffer 1).
  4. Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 7: Klattauer Kreis, Prag 1839, S. 171–177, Ziffer 1.
  5. Anastasia Prochazka: Das deutsche Sprachgebiet in Böhmen. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Band 14, Prag 1876, S. 221–240, insbesondere S. 226.
  6. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 203, Ziffer 3) unten (books.google.de)
  7. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 2, Leipzig und Wien 1905, S. 906.
  8. Michael Rademacher: Landkreis Bischofteinitz. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  9. Rudolf Hemmerle: Sudetenland Lexikon Band 4, Seite 70. Adam Kraft Verlag, 1985. ISBN 3-8083-1163-0.
  10. Tschechische Bevölkerungsstatistik
  11. Části obcí. Archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 27. Juni 2021 (tschechisch).
  12. Základní sídelní jednotky. Archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 27. Juni 2021 (tschechisch).
  13. Katastrální území. Archiviert vom Original am 14. Juli 2014; abgerufen am 27. Juni 2021 (tschechisch).
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