Grundsteuer (Deutschland)
Die Grundsteuer (GrSt) ist in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum, aber auch auf Erbbaurechte an inländischen Grundstücken und deren Bebauung, die der Eigentümer zu zahlen hat. Auf Mieter kann sie umgelegt werden. Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinden, mit einem bundesweiten Aufkommen von rund 14 Mrd. Euro im Jahr 2020.
Gesetzliche Grundlage ist das Grundsteuergesetz (GrStG). Die Verwaltung der Steuer ist auf zwei Gebietskörperschaften aufgeteilt und erfolgt in einem dreistufigen Verfahren: Die Finanzämter der Bundesländer stellen als Bemessungsgrundlage den Einheitswert fest sowie den Grundsteuermessbetrag. Auf diesen wenden die Gemeinden einen von ihnen festgelegten Hebesatz an und setzen die Steuer mittels Steuerbescheid fest. Durch Anwendung verschiedener Hebesätze fällt die Grundsteuerbelastung trotz gleicher Einheitswerte in verschiedenen Gemeinden unterschiedlich hoch aus.
Im Jahr 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Verwendung der veralteten Einheitswerte für verfassungswidrig.[1][2][3] Nachdem zwischen Bund und Ländern keine Einigung hinsichtlich der Neugestaltung erreicht werden konnte, wurde im Jahr 2019 eine Grundsteuerreform beschlossen, die ein Bundesmodell vorsieht sowie optional eine grundgesetzliche Öffnungsklausel für abweichende Ländermodelle. Einige Bundesländer haben daraufhin eigene Grundsteuergesetze erlassen. Auf den Stichtag 1.1.2022 werden bundesweit alle von der Steuerpflicht betroffenen Grundstücke allein für Grundsteuerzwecke neu bewertet. In einem typisierten Verfahren und abhängig von der regionalen Rechtslage ermitteln die Finanzämter die Bemessungsgrundlage neu (in den meisten Bundesländern als Grundsteuerwert bezeichnet). Dieser Wert ersetzt den Einheitswert. Das dreistufige Verwaltungsverfahren wurde im Übrigen beibehalten. Auch das Gesamtaufkommen der Grundsteuer soll sich nach der Reform nicht verändern. Erhoben wird die neue Grundsteuer erstmals ab 2025. Bis Ende 2024 bleibt das bisherige Verfahren gültig.
Geschichte
Die Grundsteuer gehört zu den ältesten direkten Steuern[4] und wurde ursprünglich als kirchlicher und grundherrlicher Grundzehnt und Grundzins (siehe: Zinsei und Zinsbauer) eingetrieben.
Im 18. Jahrhundert begann die Erstellung der Grundkataster (vgl. historisch auch Rheinisch-westfälisches Urkataster) und die Verfeinerung der Bemessung nach Kulturart und Bodenqualität. Entsprechende Gesetze wurden 1811 in Bayern, 1821 in Württemberg, 1854 in Baden und 1861 in Preußen erlassen. Durch die Miquel’sche Steuerreform erhielten die Gemeinden in Preußen ab 1893 die Einnahmen aus der Grundsteuer. Nach der Reichsfinanzreform 1920 waren alle Länder zur Ausschöpfung der Grundsteuer verpflichtet.
1936 wurden die unterschiedlichen Regeln reichsweit vereinheitlicht und die Einnahmen aus der Grundsteuer den Gemeinden überlassen. 1951 wurde in Deutschland das Grundsteuergesetz erlassen.[5] Seit 1997 werden die Einheitswerte nur noch für Zwecke der Grundsteuer festgestellt, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten seither sogenannte Bedarfswerte.
Wesen und rechtliche Zuständigkeiten
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer im Sinne von § 3 Abs. 2 AO (auch: Objekt- oder Sachsteuer). Im Mittelpunkt der Besteuerung steht nicht eine natürliche oder juristische Person, sondern ein Objekt: der Grundbesitz. Besteuert wird das Grundstück nach dessen Substanz, nicht nach dessen Ertrag (Substanzsteuer). Sie gehört zu den Besitzsteuern. Als direkte Steuer wird sie unmittelbar beim Eigentümer erhoben. Da die Grundsteuer gemäß Art. 106 Abs. 6 GG den Gemeinden zufließt, handelt es sich um eine Gemeindesteuer; das Grundgesetz garantiert zudem an gleicher Stelle, dass die Gemeinden den Hebesatz selbst bestimmen dürfen.
Das Grundgesetz sieht für die Grundsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 GG die konkurrierende Gesetzgebung vor. Der Bund hat von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht und mit dem Grundsteuergesetz und dem Bewertungsgesetz bundeseinheitliche Regelungen geschaffen (Bundesmodell). Jedoch steht den Bundesländern seit der Grundsteuerreform 2019 eine Abweichungskompetenz zu (Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG) – eine Länderöffnungsklausel. Einige Länder haben diese genutzt, um eigene Grundsteuergesetze zu erlassen, die ab 2025 wirksam werden. Der Bundesrat muss Änderungen an den bundeseinheitlichen Gesetzen zustimmen.
Die Verwaltungshoheit wurde über Art. 108 Abs. 2 GG sowohl den Ländern (Feststellung des Einheitswertes bzw. Grundsteuerwertes und des Grundsteuermessbetrages) als auch über Art. 108 Abs. 4 GG den Gemeinden (Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer) zugewiesen. Gemeindefreie Länder (z. B. Berlin) nehmen beides als Landesaufgabe wahr. Dort wird die Steuer von den Finanzämtern festgesetzt und erhoben.
Grundsteuerarten
Eine Gemeinde kann für ihr Gebiet zwei (ab 2025 im Bundesmodell: drei) verschiedene Hebesätze festlegen (§ 25 GrStG):
- Grundsteuer A (agrarisch – für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft),
- Grundsteuer B (baulich – für bebaute oder unbebaute Grundstücke),
- Grundsteuer C (für baureife Grundstücke, optional im Bundesmodell ab 2025, → Baulandsteuer).
Aufkommen und lokalpolitische Bedeutung
Bundesweit betrug das Aufkommen der Grundsteuer im Jahr 2020 etwa 14,7 Mrd. Euro. Davon entfielen 14,3 Mrd. Euro auf die Grundsteuer B und 0,4 Mrd. Euro auf die Grundsteuer A. An den gemeindlichen Steuereinnahmen 2020 (im Bundesgebiet insgesamt: rund 106,2 Mrd. Euro aus Gemeindesteuern und Umlagen der Gemeinschaftsteuern) hatte die Grundsteuer einen Anteil von etwa 14 %.[6]
Obwohl die übrigen kommunalen Steuereinnahmen anteilsmäßig höher sind, ist die Grundsteuer eine wichtige eigene und stabile Einnahmequelle der Gemeinden. Sie können die Hebesätze eigenständig bestimmen und damit auch das Aufkommen in ihrem Gebiet direkt beeinflussen. Das Grundsteueraufkommen ist kaum Schwankungen unterworfen. Die grundstücksbezogene Berechnungsgrundlage ist wenig veränderlich bzw. entwickelt sich durch weitere Bebauung eher nach oben. Damit stellt die Steuer für die Finanzplanung der Gemeinden eine verlässliche Größe dar, im Unterschied zur Gewerbesteuer, die vom wirtschaftlichen Erfolg der örtlichen Gewerbebetriebe abhängig ist. Zudem wirken die besonderen Regelungen zur dinglichen Haftung und persönlichen Haftung Steuerausfällen entgegen.
Die Grundsteuer besitzt eine relativ hohe Akzeptanz bei den Bürgern.[1] Einer der Gründe hierfür ist, dass das Aufkommen ausschließlich den Gemeinden zusteht und keine Umlage an Bund und Bundesländer existiert.
Bundesweite Vergleiche
Da die Grundsteuer-Hebesätze von den Städten und Gemeinden festgesetzt werden, unterscheidet sich die Höhe der Grundsteuer regional sehr stark. In größeren Städten liegt der Grundsteuer-Hebesatz im Allgemeinen höher als in kleineren Städten.[6] Viele Gemeinden haben die Hebesätze in den vergangenen Jahren angehoben, auch für Zwecke der Haushaltskonsolidierung.[7] Von 2008 bis 2020 ist der bundesdurchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B von 400 auf 478 Prozentpunkte gestiegen.[6] Diese Entwicklung liegt im Rahmen der allgemeinen Teuerungsrate. Die Spanne der Hebesätze im Bundesgebiet reicht weit: Einige wenige Gemeinden erheben keine Grundsteuer; die Gemeinde Bergneustadt führt im Jahr 2021 die Rangliste der Hebesätze mit 959 % an.[8]
Im Bundesdurchschnitt vereinnahmten 2020 die Gemeinden der Flächenländer 171 Euro je Einwohner, die Stadtstaaten 245 Euro. Die Bandbreite liegt zwischen 114 Euro in Brandenburg und 301 Euro in Bremen.[6]
Bundesland | Aufkommen der Grundsteuer B in Mio. € | Pro-Kopf-Aufkommen der Grundsteuer B in €/Ew. | Grundsteuerkraft bei Hebesatz 100 % in €/Ew. | gewogener Durchschnittshebesatz |
---|---|---|---|---|
Baden-Württemberg | 1.746 | 158,01 | 39,76 | 397 % |
Bayern | 1.782 | 136,69 | 34,66 | 394 % |
Berlin | 817 | 225,28 | 27,81 | 810 % |
Brandenburg | 266 | 106,31 | 26,04 | 408 % |
Bremen | 203 | 298,27 | 43,43 | 687 % |
Hamburg | 472 | 257,41 | 47,67 | 540 % |
Hessen | 1.144 | 183,14 | 38,71 | 473 % |
Mecklenburg-Vorpommern | 179 | 111,50 | 26,14 | 424 % |
Niedersachsen | 1.372 | 171,92 | 39,88 | 431 % |
Nordrhein-Westfalen | 3.688 | 205,68 | 36,09 | 570 % |
Rheinland-Pfalz | 570 | 139,72 | 34,77 | 402 % |
Saarland | 151 | 152,20 | 34,70 | 439 % |
Sachsen | 496 | 121,79 | 24,47 | 498 % |
Sachsen-Anhalt | 237 | 106,97 | 25,51 | 419 % |
Schleswig-Holstein | 437 | 151,09 | 38,49 | 393 % |
Thüringen | 235 | 109,34 | 25,11 | 435 % |
Deutschland | ∑ 13.796 | ∅ 166,44 | ∅ 35,24 | ∅ 469 % |
Quelle: Statistisches Bundesamt Fachserie 14 Reihe 10.1 – 2018[9]
Spezielle Vergleichsdarstellungen
Betrachtet man nur Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern, fanden sich im Januar 2018 neun der zehn höchsten Hebesätze in Nordrhein-Westfalen. Den Spitzenwert wies Witten auf (910 %). Hattingen mit 875 % und Duisburg mit 855 % lagen auf den Plätzen zwei und drei. Die erste Stadt im Ranking, die nicht im preisführenden Nordrhein-Westfalen lag, war Berlin, das mit einem Hebesatz von 810 % auf Platz neun lag.[10] 2018 gab es bundesweit zwölf Gemeinden, die keine Grundsteuer erhoben, sieben befanden sich in Rheinland-Pfalz.[11]
Das Institut der Deutschen Wirtschaft untersuchte 2018 im Auftrag von Haus & Grund die Grundsteuerbelastung einer Familie in den nach Einwohnern 100 größten Städten in Deutschland. Für den Vergleich wurde die jährliche Grundsteuer einer Musterfamilie in diesen Städten herangezogen, bestehend aus vier Personen. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Grundsteuerlast je nach Wohnort um mehrere Hundert Euro jährlich differiert. So zahlt ein 4-Personen-Haushalt in Gütersloh oder Regensburg im Schnitt 323 Euro bzw. 335 Euro pro Jahr an Grundsteuer B. In Berlin, Duisburg oder Witten beträgt die Grundsteuerlast dagegen im Schnitt 686 Euro, 724 Euro bzw. 771 Euro.
In vielen Städten Baden-Württembergs stellte die Analyse relativ geringe Hebesätze fest, die in Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens geradezu explodieren. 80 Prozent der Städte im unteren Viertel des Rankings liegen in Nordrhein-Westfalen mit Witten als Schlusslicht. Die nordrhein-westfälische Stadt Gütersloh erzielte den ersten Platz mit der günstigsten Grundsteuer, gefolgt von süddeutschen Städten. Zwischen Gütersloh und Witten besteht eine Differenz von jährlich knapp 450 Euro. An diesem Beispiel, so die Analyse, zeige sich deutlich, wie groß die Spannweite der kommunalen Hebesätze ist. Das Ranking – jeweils bezogen auf einen Musterhaushalt mit vier Personen – gewinnt auf Platz 1 die Stadt Gütersloh mit einem Hebesatz von 381 % und einer jährlichen Grundsteuer von 323 Euro. Schlusslicht auf Platz 100 ist Witten mit einem Hebesatz von 910 % und einer jährlichen Grundsteuer von 771 Euro.[12]
Einzelaspekte zur Steuerberechnung
Besteuerungsgegenstand
Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer ist in der Regel das einzelne Grundstück. Rechtstechnisch ist jedoch Steuergegenstand die wirtschaftliche Einheit (§ 2 BewG). Wesentliche Ausnahmen zum Grundstücksbegriff ergeben sich vor allem im land- und forstwirtschaftlichen Bereich. Hier werden in der Regel alle gleichartig nutzbaren Grundstücke eines Eigentümers innerhalb einer Gemeinde zu einer Einheit zusammengefasst. Auf der anderen Seite kann jedoch auch ein einzelnes Grundstück zu mehreren wirtschaftlichen Einheiten gehören, beispielsweise bei Eigentumswohnungen verschiedener Eigentümer in einem Gebäude.
Für jede einzelne wirtschaftliche Einheit ermittelt das Finanzamt in einem gesetzlich normierten Verfahren den Einheitswert (ab 2025 im Bundesmodell: Grundsteuerwert). Besonderheiten gelten bis 2024 in den neuen Bundesländern: Für land- und forstwirtschaftliches Vermögen sind anstelle der Einheitswerte sog. Ersatzwirtschaftswerte Berechnungsgrundlage; für bestimmte Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser erheben die Gemeinden die Grundsteuer direkt, ohne Mitwirkung der Finanzämter, nach der sog. Ersatzbemessungsgrundlage (§ 42 GrStG a.F.).
Grundsteuermesszahl bis 2024
Die Grundsteuermesszahl wird als Anteil vom Einheitswert angegeben und dient zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Sie richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und beträgt bis 2024 nach § 14 und § 15 GrStG a.F. für die alten Bundesländer:
- 6,0 ‰ für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft,
- 2,6 ‰ für Einfamilienhäuser für die ersten 38.346,89 Euro (75.000 DM) des Einheitswerts, 3,5 ‰ für den Rest des Einheitswerts,
- 3,1 ‰ für Zweifamilienhäuser und
- 3,5 ‰ für alle restlichen Grundstücke, einschließlich Einfamilienhäuser im Wohnungs-/Teilerbbaurecht.
Für die neuen Bundesländer – ausgenommen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft – gelten bis 2024 die höheren Steuermesszahlen (von 5 ‰ bis 10 ‰) auf der Grundlage der alten Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 fort (§ 41 GrStG a.F.):
- Altbauten (bei Einfamilienhäusern nur für den Teil des Einheitswerts, der 15.338,76 Euro übersteigt)
- 10 ‰ in allen Gemeinden
- Einfamilienhäuser der Altbauten für die ersten angefangenen oder vollen 15.338,76 Euro des Einheitswerts
- 10 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
- 8 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
- 6 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
- Neubauten (bei Einfamilienhäusern nur für den Teil des Einheitswerts, der 15.338,76 Euro übersteigt)
- 8 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
- 7 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
- 6 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
- Einfamilienhäuser der Neubauten für die ersten angefangenen oder vollen 15.338,76 Euro des Einheitswerts
- 8 ‰ in Gemeinden bis 25.000 Einwohnern
- 6 ‰ in Gemeinden > 25.000 und < 1.000.000 Einwohnern
- 5 ‰ in Gemeinden mit mehr als 1 Mio. Einwohner
- Unbebaute Grundstücke
- 10 ‰ einheitlich
Für die Frage, wie viele Einwohner einer Gemeinde zuzurechnen sind, ist das Ergebnis der allgemeinen Volkszählung vom 16. Juni 1933 (siehe: Liste der Volkszählungen in Deutschland) maßgebend. Altbauten im Sinne dieser Verordnung sind Gebäude, die vor dem 31. März 1924 bezugsfertig geworden sind. Zu Neubauten zählen Gebäude, deren Bezugsfertigkeit danach entstand.
Grundsteuermesszahl ab 2025
Die Grundsteuermesszahl wird als Anteil vom Grundsteuerwert angegeben und dient zur Berechnung des Grundsteuermessbetrages. Sie richtet sich nach der jeweiligen Grundstücksart und beträgt nach § 14 und § 15 GrStG im Bundesmodell:
- 0,55 ‰ für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft,
- 0,34 ‰ für unbebaute Grundstücke,
- 0,31 ‰ für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum,
- 0,34 ‰ für Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, sonstige bebaute Grundstücke.
Die Steuermesszahl wird in bestimmten Fällen um Abschläge ermäßigt. Dies betrifft Immobilien des sozialen Wohnungsbaus oder kommunaler bzw. gemeinnütziger Träger sowie Baudenkmäler.
Berechnung (Wert × Grundsteuermesszahl × Hebesatz)
Der Einheitswert (ab 2025 im Bundesmodell: Grundsteuerwert) wird mit der Grundsteuermesszahl und mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Der Hebesatz wird durch Beschluss des Gemeinderates festgelegt. Die Hebesatz-Festsetzung geschieht in der Regel im Rahmen der Haushaltssatzung oder einer speziellen Hebesatzsatzung.
- Beispiele
Im Jahr 2021 hatte Zweibrücken einen Hebesatz von 425 %, Bergneustadt von 959 % und Leipzig von 650 % für die Grundsteuer B festgesetzt. Am Beispiel einer Eigentumswohnung wird die Grundsteuer wie folgt berechnet:
Zweibrücken | Bergneustadt | Leipzig | ||
---|---|---|---|---|
Einheitswert | 20.000 EUR | 20.000 EUR | 7.000 EUR | |
× | Steuermesszahl | 3,5 ‰ | 3,5 ‰ | 10 ‰ |
= | Grundsteuermessbetrag | 70 EUR | 70 EUR | 70 EUR |
× | Hebesatz (Grundsteuer B) | 425 % | 959 % | 650 % |
= | Jahresgrundsteuer | 297,50 EUR | 671,30 EUR | 455 EUR |
Besteuerungsverfahren
Grundsteuerbescheid, Fälligkeit, Rechtsweg
Die Grundsteuer wird mittels Steuerbescheid durch die Gemeinde festgesetzt; in den Stadtstaaten durch die Finanzämter. Grundlage bildet der vom Finanzamt festgestellte und der Gemeinde mitgeteilte Grundsteuermessbetrag (Grundlagenbescheid). Bleibt der Steuerbetrag in den Folgejahren gleich, muss die Kommune keinen neuen Grundsteuerbescheid erstellen; auch eine allgemeingültige Festsetzung durch öffentliche Bekanntmachung (z. B. im Amtsblatt) ist zulässig. Für die Grundsteuerberechnung via Ersatzbemessungsgrundlage in den neuen Bundesländern muss der Eigentümer eine Steueranmeldung einreichen.
Die Grundsteuer ist eine Jahressteuer; sie entsteht nach dem Stichtagsprinzip einmal jährlich, jeweils zu Beginn des Kalenderjahres (§ 9 GrStG) und ist in der Regel mit je einem Viertel des Steuerbetrages am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zur Zahlung fällig. Die Regelung zur Steuerentstehung sorgt bei unterjährigen Grundstücksverkäufen immer wieder für Verwunderung, denn der Alteigentümer bleibt das ganze Jahr über, auch nach dem Verkauf, Steuerschuldner. Wird ein Grundstück im Laufe eines Jahres verkauft, ändert das Finanzamt den Einheitswertbescheid mit Wirkung zum folgenden 1. Januar. Erst ab diesem Stichtag ist der neue Eigentümer Steuerschuldner. Trotz fehlender gesetzlicher Grundlage gibt es einige Kommunen, die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Steuerpflicht z. B. auf den der Grundstücksübergabe folgenden Monatsersten umschreiben.
In den Gemeinden ist das zulässige Rechtsmittel gegen den Grundsteuerbescheid der Widerspruch und/oder die direkte Klage vor den Verwaltungsgerichten nach jeweiligem Landesrecht (z. B. in Bayern Art. 15 Abs. 1 AGVwGO) und nicht – wie in den Stadtstaaten – der Einspruch nach § 347 ff. AO. Dementsprechend ist außerhalb der Stadtstaaten der Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht und nicht vor dem Finanzgericht zu beschreiten. Soll die Berechnung des Grundsteuermessbetrages oder des Einheitswertes bzw. Grundsteuerwertes überprüft werden, die das Finanzamt feststellt, ist der Einspruch statthaft.
Steuerbefreiung
Von der Grundsteuer befreit ist Grundbesitz der öffentlichen Hand, der dem Allgemeingebrauch oder hoheitlichen Aufgaben dient, und Grundbesitz bestimmter Körperschaften wie Religionsgemeinschaften oder Vereine, soweit er für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird. Für Nutzungsarten, die nicht begünstigt sind (z. B. Vermietung von Wohnungen) müssen auch diese Rechtsträger Grundsteuer entrichten.
Steuererlass
Rechtslage bis 2024: Unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag besteht ein Rechtsanspruch auf einen vollständigen oder partiellen Steuererlass. Vollständig erlassen wird die Steuer insbesondere bei im öffentlichen Interesse erhaltenswertem Kulturgut, wenn dessen Kosten regelmäßig höher sind als die Erträge (§ 32 GrStG a.F.); kostenlose Informationen zu diesem Thema erteilen Vereine und Institutionen, die sich mit dem Denkmalschutz befassen, wie z. B. die Interessengemeinschaft Bauernhaus. Bei bebauten Grundstücken erfolgt ein Teilerlass von 25 % der Steuer, wenn der Grundstücksertrag um mehr als die Hälfte gemindert ist (§ 33 GrStG a.F.). Bei einem vollständigen Ertragsausfall ist die Steuer um 50 % zu erlassen. Voraussetzung ist, dass der Mietausfall eines Vermieters ohne sein Verschulden entstanden ist. Dazu zählen Leerstand trotz Vermietungsbemühungen, strukturelle Nichtvermietbarkeit, allgemeiner Mietpreisverfall oder unvorhersehbare Ereignisse wie ein Wohnungsbrand oder ein Wasserschaden. Anträge bei der Gemeinde müssen bis zum 31. März für das Vorjahr gestellt werden (§ 34 GrStG a.F.).
Rechtslage ab 2025: Das Grundsteuer-Bundesmodell sieht im Vergleich zur alten Rechtslage analoge Erlassmöglichkeiten vor (§§ 32 bis § 35 GrStG). Einzelne der Ländermodelle weichen teilweise erheblich hiervon ab.
Haftung, Rangprivileg
Die Grundsteuer als objektbezogene Steuer und öffentliche Last ist haftungs- und zwangsvollstreckungsrechtlich gegenüber anderen Steuerarten privilegiert:
- Persönliche Haftung
Nach steuerlichen Haftungsregelungen kann ein anderer als der Steuerschuldner zur Zahlung der Steuer verpflichtet werden. Speziell für die Grundsteuer gilt: Beim Grundstücksverkauf haftet auch der Erwerber neben dem früheren Eigentümer persönlich für die Steuer des Erwerbsvorjahres (§ 11 Abs. 2 GrStG). Die Inanspruchnahme erfolgt gemäß § 191 Abs. 1 AO durch Haftungsbescheid.
- Dingliche Haftung
Gemäß § 12 GrStG ruht die Grundsteuer auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last. Damit ist die Sicherung des Steueranspruchs durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek nicht nötig. Der Grundsteuergläubiger kann kraft Gesetzes wie ein dinglich gesicherter Gläubiger auf das Grundstück zugreifen. Im Gegensatz zur persönlichen Grundsteuerhaftung ist die dingliche Haftung nicht zeitlich begrenzt. Finden in der jüngeren Vergangenheit mehrere Eigentümerwechsel an einem Grundstück statt, empfiehlt es sich für Kaufinteressenten, sich bei der Kommune die volle Bezahlung der Grundsteuer bestätigen zu lassen oder vom Verkäufer zu verlangen, darüber eine Bescheinigung nachzuweisen. Die Inanspruchnahme erfolgt gemäß § 191 Abs. 1, § 77 AO durch Duldungsbescheid. Gemäß § 48 AO oder § 268 Abs. 3 BGB kann die Inanspruchnahme durch (Dritt-)Zahlung abgewendet werden.
- Rangprivileg bei Zwangsversteigerung und -verwaltung
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG hat der Grundsteuergläubiger im Fall der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung ein Vorrecht auf Befriedigung aus dem Grundstück. Dies betrifft den Anspruch auf die laufende Grundsteuer und auf Rückstände aus den letzten zwei Jahren.
Kirchengrundsteuer
In einigen Regionen Deutschlands wird als Annexsteuer zur Grundsteuer zusätzlich Kirchensteuer erhoben, sofern der Grundstückseigentümer kirchensteuerpflichtig ist. Rechtsgrundlage sind die Kirchensteuergesetze der Länder. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe Kirchengrundsteuer erhoben wird, liegt bei den jeweiligen Landeskirchen oder Diözesen. Kirchengrundsteuer wird nur in den alten Bundesländern, mit Ausnahme von Bremen, erhoben. Üblich sind 10 % des Grundsteuermessbetrags. Im Vergleich zum gesamten Kirchensteueraufkommen hat die Kirchengrundsteuer eine untergeordnete Bedeutung. So trug sie bei der EKD im Jahr 2013 nur mit 0,6 % zum gesamten Steueraufkommen bei.[13]
Verfassungsmäßigkeit und Reformüberlegungen
Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Erhebung von Grundsteuer auf selbstgenutztes Grundeigentum wurden vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, so 2006 und 2009.[14][15]
Der Bundesfinanzhof hatte in zwei Urteilen die Verfassungsmäßigkeit der für die Grundsteuer maßgebenden Einheitswerte in Zweifel gezogen, ohne jedoch zunächst eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht zu machen.[16][17]
In einem Beschluss vom 13. April 2010 gab das Bundesverfassungsgericht einer Verfassungsbeschwerde gegen mehrere finanz- und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen (darunter des Bundesfinanzhofes) und die zugrunde liegenden Verwaltungsakte weitgehend statt, die mittelbar auch gegen das Grundsteuergesetz in Verbindung mit dem Bewertungsgesetz erhoben worden war.[18]
Mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 hat der Bundesfinanzhof in einem Revisionsverfahren dem Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Einheitsbewertung zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt. Er hielt die Vorschriften über die Einheitsbewertung (spätestens) ab dem Bewertungsstichtag 1. Januar 2009 für verfassungswidrig, weil die Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse am Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 für die Einheitsbewertung zu Folgen führe, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht mehr vereinbar seien.[19] Am 15. November 2017 kündigte das Bundesverfassungsgericht eine mündliche Verhandlung in Sachen „Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer“ am 16. Januar 2018 an.[20]
Wegen verfassungsrechtlicher Zweifel fordern Fachkreise bereits seit längerer Zeit eine grundlegende Reform der Grundsteuer. Angestrebt wird eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung und eine den heutigen Erfordernissen angepasste Lenkungswirkung. Die Finanzministerkonferenz der Länder (FMK) betraute im Januar 2010 eine Arbeitsgruppe mit der Erarbeitung der Reform. Im Januar 2011 beauftragte die FMK die Arbeitsgruppe mit der Evaluierung folgender Grundsteuermodelle:
- einer „Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten“, vorgelegt im Jahr 2010 von Berlin, Bremen, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein,[21]
- einer „Vereinfachten Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip“, vorgelegt 2010 von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen,[22] sowie
- dem Thüringer „Gebäudewertunabhängigen Kombinationsmodell“ (2011).[23]
Ein Bericht der Arbeitsgruppe mit den Untersuchungsergebnissen zu diesen drei Modellvarianten wurde bislang nicht veröffentlicht. Eine Zusammenstellung ihrer Vor- und Nachteile hat jedoch der Zentralverband des Deutschen Handwerks publiziert.[24]
Im Juni 2015 hat die Finanzministerkonferenz mehrheitlich beschlossen, die bisher untersuchten drei Modelle nicht weiter zu verfolgen und stattdessen ein neues Modell auf der Basis pauschalisierter Sachwerte zu konzipieren.[25] Dieses Modell hat eine Mehrheit der Finanzminister am 3. Juni 2016 gegen die Stimmen von Bayern und Hamburg beschlossen.[26] Einen diesem Beschluss entsprechenden Gesetzentwurf haben die Länder Hessen und Niedersachsen am 23. September 2016 in den Bundesrat eingebracht.[27]
Allen erwähnten Modellvarianten ist gemeinsam, dass der reformierten Grundsteuer wie bisher eine verbundene Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, d. h. als Besteuerungsgrundlage dienen sowohl das Grundstück (Land, Boden) als auch das aufstehende Gebäude. Zwei bekannte Modellvarianten mit unverbundener Bemessungsgrundlage, der alleinigen Besteuerung des Bodens, wurden von der Finanzministerkonferenz bisher nicht näher untersucht. Ein im Dezember 2012 von mehreren Bürgermeistern publizierter und seitdem von zahlreichen weiteren Bürgermeistern, Verbänden, Organisationen und Privatpersonen unterstützter Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“[28] bemängelt dies und appelliert an die Finanzministerkonferenz, die Modelluntersuchungen um die „Reine Bodenwertsteuer“ und die „Kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer“ zu ergänzen. Die bisher von der Finanzminsterkonferenz präsentierten Modellvarianten seien nicht die richtige Antwort auf die heutigen Herausforderungen (Klimaschutz, demografischer Wandel, Sicherung von Lebensqualität und kommunalen Finanzen).
Der Aufruf verweist auf einen kommunalen Praxistest, aus dem die „Reine Bodenwertsteuer“ und die „Kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer“ als vorzugswürdig hervorgegangen seien. Hervorgehoben wurden insbesondere positive Auswirkungen auf das knappe Gut Fläche, auf die örtliche Generierbarkeit von dringend benötigten Flächen für Wohnen und Gewerbe, auf Mietpreissenkungen, die mit einer Steigerung des Flächenangebots verbunden wären, und auf notwendige Investitionen in den Gebäudebestand.
Im Oktober 2015 wurden diese Vorteile durch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft bestätigt, welches ebenfalls die Ausgestaltung der Grundsteuer als Bodensteuer empfiehlt.[29] Demgegenüber wird der von den Ländern Hessen und Niedersachsen am 23. September 2016 vorgelegte Gesetzentwurf von mehreren Seiten teils stark kritisiert oder grundsätzlich in Frage gestellt.[30] Der Gesetzentwurf des Bundesrates erreichte im Dezember 2016 den Bundestag, wurde dort aber nicht verabschiedet. Seit der Bundestagswahl 2017 und gemäß dem geltenden Diskontinuitätsprinzip liegt es nun wieder am Bundesrat, dem Bundestag denselben oder einen neuen, veränderten Gesetzentwurf vorzulegen. Nach Aussagen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) ist die Reform „längst überfällig“.[31]
Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018
2018 befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit drei Vorlagen des Bundesfinanzhofes und zwei Verfassungsbeschwerden. Mit Urteil vom 10. April 2018[1][2] erklärte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte in Westdeutschland für Häuser und unbebaute Grundstücke auf Basis der Hauptfeststellung von 1964 für verfassungswidrig, da diese völlig überholt seien und keine Gleichbehandlung zulassen. Die Richter beanstandeten die erheblichen Wertverzerrungen und forderten eine Neuregelung bis 31. Dezember 2019. Bei Nichteinhaltung der Frist würde die bisherige Grundsteuer ersatzlos wegfallen. Das Bundesverfassungsgericht ordnete jedoch an, dass nach der Neuregelung die bisherigen Bestimmungen für weitere fünf Jahre ab der Urteilsverkündung am 10. April 2018, mithin bis 10. April 2023 (längstens aber bis 31. Dezember 2024), noch angewendet werden dürfen. Für Kalenderjahre nach Ablauf der Fortgeltungsfristen dürfen auch auf bestandskräftige Grundsteuerbescheide, die auf den für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen des Bewertungsgesetzes beruhen, keine Belastungen mehr gestützt werden.
Betroffen sind rund 35 Millionen Grundstücke. In Ostdeutschland gelegene Grundstücke waren zwar mangels Verfassungsbeschwerde nicht Verfahrensgegenstand, sind aber aufgrund des noch früheren Hauptfeststellungszeitpunktes per 1. Januar 1935 ebenfalls vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts betroffen.[3]
Grundsteuerreform 2019
Abweichung der Länder von der Bundesgesetzgebung
Bund und Länder einigten sich Anfang Februar 2019 auf ein Eckpunkte-Papier für die Grundsteuerreform. Schon damals hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder dieses kritisch bewertet. Danach sollte ein Modell eingeführt werden, bei dem die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mietkosten die Basis für die Erhebung der Grundsteuer bilden. Bayern mit seinen besonders hohen Grundstückswerten sprach sich dagegen für eine möglichst unbürokratische Steuerberechnung nur nach Flächen aus.[32][33]
Nach dem Stand vom 7. Juli 2019 möchte neben Bayern auch Sachsen seinen eigenen Weg gehen und, sollte der Bund das Reformgesetz mit einer Öffnungsklausel für die Länder beschließen, davon auf jeden Fall Gebrauch machen. Der Freistaat Sachsen wolle laut Finanzminister Matthias Haß ein einfaches Modell, das regionale Besonderheiten berücksichtigt und Steuererhöhungen vermeiden soll und wie der Freistaat Bayern nur die Größe eines Grundstücks zugrunde legen. Die Grundsteuer solle jeder Hausbesitzer zahlen. Auf Mieter werde sie umgelegt.
Auch Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen dachten über einen eigenen Weg nach. Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur habe es jedoch dazu aus den Landesfinanzministerien in NRW und Niedersachsen keine Bestätigung gegeben. Beide Länder wollen erst einmal den vorliegenden Gesetzentwurf auf Bundesebene analysieren.[34]
Die Finanzministerin von Baden-Württemberg, Edith Sitzmann, favorisierte für ihr Bundesland das Bodenwertmodell.[35]
Öffnungsklausel, Grundgesetzänderung
Sowohl beim Grundsteuergesetz als auch dem Bewertungsgesetz, nach dessen § 19 die Einheitswertfeststellung erfolgt, handelt es sich um Bundesgesetze. Soweit die Länder Spielräume für abweichende Grundsteuern im Wege einer Öffnungsklausel haben sollen, muss dafür das Grundgesetz geändert werden und dem auch die Opposition (FDP und Grüne) zustimmen. Die Öffnungsklausel war eines der Hauptstreitthemen zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der Immobilien- und Wohnungswirtschaft um die neue Grundsteuer. Die SPD lehnt sie ab, die CSU sprach sich dafür aus.[36] Am 1. Juli 2019 wurde bekannt, dass selbst die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold (Bündnis 90/Die Grünen), eine Öffnungsklausel ablehnt. Die Ministerin bekenne sich zum Gesetzentwurf des Bundes und wolle keinen Sonderweg. Dabei erfahre sie jedoch Widerspruch, auch aus der Großen Koalition.[37]
Am 16. Juni 2019 einigte sich die Große Koalition auf die Reform. Bereits am 25. Juni 2019 lag ein umfassender Gesetzentwurf vor,[38] dem der Bundesrat am 8. November 2019 abschließend zustimmte. Somit konnte die Reform gerade noch rechtzeitig vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Insgesamt waren drei Gesetzentwürfe zur Reform der Grundsteuer eingebracht worden. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes[39] sah vor, dass der Bund die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer erhalten und den Ländern durch eine Ergänzung von Art. 72 Abs. 3 des Grundgesetzes eine abweichende Regelungskompetenz eingeräumt werden sollte.[36]
Im Hauptgesetzentwurf geht es um die Reform der Grundsteuer und um ein Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung.[40] Städte und Gemeinden sollen danach auf baureife Grundstücke einen erhöhten Grundsteuersatz erheben dürfen. Weiter sollte nach dem Plan der SPD bis Ende August 2019 ein „Paket für bezahlbares Wohnen“, die Schaffung zusätzlichen Wohnraums und das ökologische Wohnen (vgl. Ökologisches Bauen, Nachhaltiges Bauen) auf den Weg gebracht werden.[36]
Beim wertabhängigen Modell, das Bundesfinanzminister Olaf Scholz für das beste hält, würden die Grundstückswerte und das Alter von Gebäuden zur Berechnung herangezogen. Dieses Modell war Grundlage eines Eckpunkte-Papiers[41] für ein erstes Treffen der Finanzminister im Februar 2019. Nun könnten die Bundesländer bei der Berechnung der Grundsteuer beispielsweise auch rein von der Grundstücksfläche ausgehen oder auch eine reine Bodensteuer (ohne Gebäudekomponente) einführen, anstatt nach dem Bewertungsmodell zu rechnen, wie es das Bundesgesetz vorsieht. Die SPD wolle einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern vermeiden und sollen unterschiedliche Berechnungsmethoden auch keinen Einfluss auf Zahlungen in den Länderfinanzausgleich haben. Scholz habe betont, dass es nicht auf Kosten finanziell schwächer ausgestatteter Länder gehen dürfe, wenn von der Bundesgesetzgebung abgewichen wird. Der Minister habe im Laufe der mehrfachen Überarbeitung seines Entwurfs versprochen, dass es nicht zu höheren Steuerbelastungen für Eigentümer und Mieter kommt. Die Umlage der Grundsteuer auf die Mietnebenkosten will die SPD dennoch komplett untersagen.[36]
Bei der ersten Lesung im Bundestag am 27. Juni 2019 habe Scholz auf „Vereinfachungen für Wohnungs- und Hausbesitzer“ hingewiesen. Es solle künftig nur noch fünf bis acht Kriterien für die Berechnung geben, statt bisher dreißig. Nach seinen Plänen sollen auch künftig der Bodenwert und die durchschnittliche Miete dafür maßgeblich sein, aber die Bundesländer von dieser Regelung abweichen dürfen. Bisher konnten Vermieter die Kosten auf ihre Mieter umlegen. Erneut habe Scholz betont, dass das Grundsteueraufkommen von derzeit 15 Mrd. Euro nicht steigen soll. Dass dies nicht geschehe, hätten jedoch letztlich die 11.000 Gemeinden in Deutschland in der Hand.[42]
Bernhard Daldrup (SPD), Mitglied des Deutschen Bundestages, kritisierte den bayerischen Sonderweg scharf. Seiner Meinung nach sei das Flächenmodell nicht gerecht und würde ein großes Grundstück teurer als ein kleines Grundstück mit einer Villa im Zentrum einer Großstadt bewertet. Daldrup habe noch ein anderes Problem, die Öffnungsklausel, angesprochen. Es bestehe die Gefahr, dass das Steuerrecht „zerfasert“. Die Klausel könne von jedem Bundesland in Anspruch genommen werden.[43]
Stimmen in den Verbänden
Ein breites Bündnis an Verbänden hat sich dem Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“ angeschlossen. Der Aufruf fordert die Reform hin zu einer Bodenwertsteuer. Zu den Unterstützern zählen u. a. der NABU, der BUND, das Institut der deutschen Wirtschaft, der Deutsche Mieterbund, die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, der Bund Deutscher Architekten, und 30 weitere Verbände und Organisationen.[44]
Auf dem 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 2019 verabschiedeten die Mitglieder die Resolution: „Für eine gerechte und nachhaltige Bodenordnung mithilfe einer Bodenwertsteuer“. Die Resolution richtet sich gegen das Reformmodell von Olaf Scholz und fordert, die Gebäudebesteuerung zugunsten einer Bodenwertsteuer aufzugeben.[45]
Sowohl Wohnungs- als auch Immobilienwirtschaft favorisieren das Flächenmodell, nicht das Wertmodell. Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen fordert weiterhin Nachbesserungen. Nach Meinung seiner Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser müssten die Bodenwerte aus der Grundsteuerberechnung fallen. Es dürften auch nicht einzelne Eigentümer durch eine verringerte Steuermesszahl begünstigt werden. Dem Nachweis nicht kostendeckender Mieten müsse besonderes Augenmerk zukommen, der nicht vorgesehen sei. Dagegen würden Eigentümer, die höhere Mieten als eine Durchschnittsmiete erzielen, entlastet.[36]
Der Immobilienverband IVD hofft, dass möglichst viele Länder das Flächenmodell einführen. Statt eines „Flickenteppichs an Einzelvorschriften“ sollten möglichst viele Länder sich wie Bayern für das Flächenmodell entscheiden. Im ungünstigsten Fall würde es zwei verschiedene Modelle für die künftige Erhebung der Grundsteuer in Deutschland geben.[36]
Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, verwies auf die ersten Ergebnisse einer aktuellen Umfrage. Danach seien mehr als 1.600 Bürgermeister in Kommunen mit über 10.000 Einwohnern angeschrieben und gefragt worden, ob sie ihre Hebesätze so anpassen werden, dass das Grundsteueraufkommen in der Gemeinde in etwa gleich bleibt. Bisher lägen erst 619 Antworten vor. Aus 22 Prozent davon gehe hervor, dass die Kommunen eine solche Anpassung vornehmen und so die Aufkommensneutralität sichern wollen. 63 Prozent der Befragten wüssten dagegen nicht, wie sie reagieren werden. Warnecke: „Das ist ein deutlicher Beleg für die Verunsicherung der Kommunen“.[42]
In einem Gastbeitrag (Hamburger Abendblatt vom 27. Juli 2019) zeigt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), mögliche Entwicklungen auf, die aufhorchen lassen: „Hamburgern droht Verlust ihres Zuhauses“. Breitner schreibt, dass – soweit die Einnahmen aus der Grundsteuer gleich bleiben sollen – dies nicht ausschließe, dass die Steuer in bestimmten Regionen deutlich steigt und in anderen sinkt. Der Grund dafür sei die unterschiedliche Entwicklung der Grundstückspreise. So seien diese in einem Stadtteil wie Eimsbüttel in den vergangenen Jahrzehnten deutlich stärker gestiegen als beispielsweise in Jenfeld.
Als Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch Hamburgs Erster Bürgermeister war, habe er das Wertmodell vehement abgelehnt, obwohl er gewusst habe, dass vor allem in Hamburg die Grundstückswerte deutlich gestiegen waren. Als Bundesminister favorisierte er jedoch das Wertmodell. Scholz’ Nachfolger, Peter Tschentscher, habe in der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht für das Flächenmodell plädiert. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) habe klargestellt: „Dramatische Auswirkungen auf Eigentümer und Mieter wollen wir vermeiden.“ Damit könne es aber nur das Flächenmodell geben, für das die im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) organisierten Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften werben. Anderenfalls drohe Hamburger Bürgern, dass sie deutlich mehr Grundsteuer zahlen müssen.
Das Wertmodell würde in erster Linie jene Menschen treffen, die in einem angesagten Viertel wie Altona oder Eimsbüttel leben, die mit einem kräftigen Aufschlag rechnen müssten. Denn hier seien die Grundstückswerte „durch die Decke gegangen“. Das wirke sich finanziell nur aus, wenn man verkauft. Wer dort aber wohnen will, zahle über die neue Grundsteuer einen Ausgleich für einen Grundstückswert, von dem er nichts habe. Das sei ungerecht. Menschen mit mittleren und geringen Einkommen drohe dann der Verlust ihres Zuhauses. Sie würden von einer falschen Steuerentscheidung des Senats aus ihren Wohnungen vertrieben.[46]
Scharfe Kritik an dem vom Hamburger Senat angestrebten Grundsteuermodell übt die Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, denn dieses bevorzuge Wohlhabende und sei vermutlich verfassungswidrig.[47]
Höhe der künftigen Grundsteuer und Berechnung
Die Frage sei nun, was auf die Steuerpflichtigen bei der neuen Grundsteuer genau zukommt. Bis 1. Januar 2022 müssen alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre. Die neue Grundsteuer soll erstmals am 1. Januar 2025 fällig werden. Die ostdeutschen Länder könnten nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes die Verlierer sein: „Bei unseren Beispielen gibt es zwar auch Fälle, bei denen die Belastung leicht abnimmt. Doch insgesamt fallen im Durchschnitt etwa 70 Prozent mehr Grundsteuern an“.[36]
Ein nicht einfach zu lösendes verfassungsrechtliches Problem wird darin gesehen, ob es gerechtfertigt sein kann, aus einer möglicherweise für viele Betroffene künftig erheblich höher ausfallenden Grundsteuer eine versteckte Vermögensteuer zu machen, wenn die Grundsteuer nicht mehr an die Werte von 1935 (Ost) bzw. 1964 (West), sondern an heutige Werte eines Hauses, eines Grundstücks oder einer Wohnung gekoppelt wird.[48]
Der bloße Erwerb und Besitz einer Immobilie, für die schon einmal Grunderwerbsteuer fällig wurde, muss nicht gleichzeitig auch mit einer erhöhten finanziellen Leistungsfähigkeit einhergehen, im Gegenteil, wenn beispielsweise ein Einfamilienhaus im Laufe mehrerer Jahrzehnte aus Arbeitseinkommen geschaffen wurde oder es noch nicht vollständig abbezahlt ist. Zudem steht in der allgemeinen Diskussion, ob das Institut der Grundsteuer, und dies noch über stark differierende Hebesätze, geeignet sein kann, nur bestimmte Personen zur Finanzierung kommunaler Aufgaben heranzuziehen. Auch sie könnten Straßen, Bäder, Museen und die übrige kommunale Infrastruktur nicht anders als Bürger nutzen, die keinen Beitrag dazu leisten müssen, weil sie keinen Grundbesitz haben, aber ebenfalls einen Beitrag dazu leisten könnten (vgl. Leistungsfähigkeitsprinzip, Besteuerungsgrundsätze, Steuergerechtigkeit, auch „horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit“ genannt).
Finanzminister Olaf Scholz gehe jedenfalls davon aus, dass Städte und Gemeinden ihre Hebesätze „flächendeckend in ganz Deutschland dramatisch absenken“. Auch der Deutsche Städtetag wies Spekulationen zurück, dass die Kommunen zu drastischen Steuererhöhungen greifen werden. Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, meint, dass die Kommunen ihre Hebesätze so verändern werden, dass in etwa die heutigen Einnahmen erreicht werden. Den Kommunen wolle Scholz, wie er im April 2019 gesagt habe, noch ein „Druckmittel“ für den Wohnungsbau an die Hand geben. Die Grundsteuer C für unbebaute Flächen solle wieder eingeführt werden. Die Wiedereinführung der Grundsteuer C sei von CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart worden.[36]
Bei der künftigen Ermittlung des Wertes eines Gebäudes soll so vorgegangen werden:
- Es kommt nicht darauf an, was es einmal gekostet hat. Ausgegangen wird von den gewöhnlichen Herstellungskosten (vgl. Sachwertverfahren, Bedarfswert) für die jeweilige Gebäudeart und Flächeneinheit. Um die Bewertung zu vereinfachen, wird eine Einordnung abhängig von den Baujahren durchgeführt. Dabei geht es um Gebäude, die vor 1995 errichtet wurden und die einen geringeren Standard bei den energetischen Eigenschaften haben. Bei Baujahren ab 2005 wird ein höherer Standard unterstellt. Die sogenannten Normalherstellungskosten werden auf dem Stand von 2010 ermittelt und über Baupreisindizes angepasst, auf der Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes.
- Hat das Gebäude seine Lebensdauer steuerlich gesehen überschritten (der Gesetzentwurf nimmt bei Wohngebäuden 80, bei Bürogebäuden 60 Jahre an), ist der Gebäudewert regelmäßig mit mindestens dreißig Prozent des Gebäudenormalherstellungswerts anzusetzen.
- Das Erbbaurecht wird künftig zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer mit dem belasteten Grund und Boden zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst. Erbbauberechtigte zahlen in Zukunft mehr: Dem Erbbauberechtigten wird abweichend von der bisherigen Bewertungssystematik der Gesamtwert von Grund und Boden und Gebäude zugerechnet.
- Bei der Berücksichtigung der Mieten im Ertragswertverfahren kommt es nicht auf die realen Vertragsverhältnisse an. Die Erklärung der tatsächlichen Mieteinnahmen durch den Steuerpflichtigen und die Ermittlung einer üblichen Miete ist entbehrlich. Erhoben werden soll der Rohertrag aus Vereinfachungsgründen auf der Grundlage von aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche, die in drei Grundstücksarten, drei Wohnflächengruppen sowie fünf Baujahresgruppen unterschieden werden.[42]
Um die Grundsteuerwerte zu ermitteln, solle das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden: „Die Finanzbehörden können zur Vorbereitung einer Hauptfeststellung und der Durchführung von Feststellungen der Grundstückswerte örtliche Erhebungen über die Bewertungsgrundlagen anstellen“.[42]
Noch bevor das neue Grundsteuerrecht verabschiedet ist, zeichnen sich erhebliche Unterschiede ab, die die Steuerpflichtigen bei der Zugrundelegung des kommunalen Hebesatzes treffen könnten. So habe Martin Murrack, Kämmerer und Stadtdirektor von Duisburg, erklärt, dass seine Einnahmen, die derzeit jährlich 135,4 Mio. Euro betragen, auch nach der Reform gleich bleiben sollen, aber auch: „Einige werden mehr, andere weniger zahlen“. In Duisburg habe der Rat aus Finanznot den Hebesatz auf hohe 855 % angehoben, ein Spitzenwert im Ruhrgebiet. Murrack habe nicht sagen können, wann dieser wieder gesenkt werden kann. Auf Nachbarstädte schaue der Kämmerer mit Interesse, der zugleich vor einem Steuerwettbewerb warne. Essen rechne mit 670 %, Bochum nur mit 645 %. Nur Mülheim liege mit 890 % sogar noch höher als Duisburg.[49]
Der Berliner Senat wolle dagegen die Grundsteuer senken. Finanzsenator Matthias Kollatz rechne nur mit geringen Änderungen für Eigentümer. Das Land Berlin wolle seinen Hebesatz für die Grundsteuer nach aktuellen Modellrechnungen von 810 auf rund 600 Prozentpunkte senken. In den vergangenen Wochen hätten verschiedene Rechnungen einen starken Anstieg vorhergesagt, denen Kollatz entgegengetreten sei: „Wir sehen die von manchen prognostizierten deutlichen Steigerungen der Steuerzahlung nicht“. Nach Sachverständigen-Analysen seien die Schwankungen nach oben oder unten alle gering. Es gehe dabei um Summen für eine Wohnung, die selten 100 Euro im Jahr ausmachen sollen.
Die Steuer müsse so erhoben werden, dass sie den Wert eines Grundstücks angemessen berücksichtigt, am Ende aber aufkommensneutral sein soll. Für Berlin bedeute das, dass das Land nicht mehr einnehmen darf als vor der Reform. Kollatz jedoch: „Immer, wenn es ein Haus gibt, wo mehr Grundsteuer fällig wird, muss es ein anderes Haus geben, das weniger zahlt“. Da viele Grundstücke in Berlin in den vergangenen Jahren stark an Wert gewonnen haben, solle mit einer Senkung des Hebesatzes entgegengesteuert werden. Für ein Grundstück im ehemaligen West-Berlin heiße das, dass selbst wenn es eine erhebliche (beispielsweise 15-fache) Wertsteigerung gab, die Grundsteuer gleich bleibe. Kollatz: „Wenn sie niedriger ausgefallen ist, wird es etwas weniger und, wenn sie höher ausfiel, etwas mehr“.
Der Berliner Finanzsenator gehe auch davon aus, dass die Grundsteuer beim Mietwohnungsbau eher niedriger ausfällt als bisher und in Hochpreislagen ansteigt: „Da sind aber die Grundstücke auch extrem wertvoll. Wenn Sie eine Eigentumswohnung am Pariser Platz kaufen, dann werden Sie schon ein wenig mehr zahlen müssen, das ist auch das, was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat“. Für eine Mietwohnung im Märkischen Viertel oder in Marzahn-Hellersdorf falle die Grundsteuer dagegen künftig niedriger aus.
Noch ein weiterer Effekt wirke sich nach Meinung des Finanzsenators steuersenkend auf die Neuberechnung aus: „Die Messzahl, die der Bund anlegen wird, liegt ungefähr bei einem Zehntel des jetzigen Wertes. Der Effekt für die Steuer wird also auch nur ein Zehntel betragen“.[50][51]
Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieten
Der Vermieter darf die Grundsteuer als Betriebskosten im Rahmen der Nebenkostenabrechnung auf den Mieter umlegen (§ 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung). Die konkrete Ausgestaltung ist vom einzelnen Mietvertrag abhängig. Im Vorfeld der Grundsteuerreform gab es Pläne, diese Umlagemöglichkeit per Gesetzesänderung abzuschaffen, um die Mieter zu entlasten. Befürworter der Abschaffung argumentierten, die Steuer treffe das Eigentum und sei daher auch allein vom Eigentümer zu tragen. Gegner sagten, auch die Mieter nutzen die Infrastruktur der Kommunen und seien daher an deren Kosten zu beteiligen. Auch wurde befürchtet, ohne Umlagefähigkeit könnten sich die Kaltmieten erhöhen.[32][33][52] Die Grundsteuerreform 2019 sieht keine Änderung vor; die Steuer bleibt weiterhin umlagefähig.
Kosten der Reform
Die Bundesregierung schätzte in 2019 die Gesamtpersonalkosten zum Vollzug der neuen Regelungen auf rund 462 Mio. Euro in den Finanzämtern. Hinzu kommt ein Aufwand für Sachgebietsleitungen, Geschäftsstelle, IT-Stelle, Postverteilung usw. in Höhe von schätzungsweise rund 76 Mio. Euro sowie für die IT-Umsetzung von 44 Mio. Euro.[53][42]
Grundsteuermodelle der Bundesländer (wirksam ab 2025)
Das Bundesmodell zur Berechnung des Grundsteuerwertes (nach dem BewG) einerseits sowie des Grundsteuermessbetrages und der Grundsteuer (nach dem GrStG) anderseits kann aufgrund der Länderöffnungsklausel durch jeweils eigene Gesetze der Bundesländer ganz oder teilweise ersetzt werden. Mögliche Formen sind:
- ein Flächenmodell (auch: Äquivalenzmodell): Besteuerung nur nach der Grundstücks- bzw. Wohn-/Nutzfläche, nicht nach den Wertverhältnissen,
- ein Bodenwertmodell, bei dem neben der Fläche auch der Bodenwert berücksichtigt wird, aber nicht die Bebauung,
- ein wertabhängiges Modell, bei dem Boden- und Gebäudewert steuerrelevant sind (realisiert im Bundesmodell),
- auch Kombinationen und Abwandlungen sind denkbar.
Die Bundesländer haben sich für folgende Steuermodelle entschieden:
Bundesland | Gesetz | Grundsteuermodell |
---|---|---|
Baden-Württemberg | LGrStG[54] | Grundsteuer A: Anlehnung an Bundesmodell Grundsteuer B: modifiziertes Bodenwertmodell
|
Bayern | BayGrStG[55] | Grundsteuer A: Anlehnung an Bundesmodell Grundsteuer B: Flächenmodell
|
Hamburg | HmbGrStG[56] | Grundsteuer A: Anlehnung an Bundesmodell Grundsteuer B: Wohnlagemodell
|
Hessen | HGrStG[57] | Grundsteuer A: Bundesmodell Grundsteuer B: Flächen-Faktor-Modell
|
Niedersachsen | NGrStG[58] | Grundsteuer A: Bundesmodell Grundsteuer B: Flächen-Lage-Modell
|
Saarland | GrStG-Saar[59] | Bundesmodell, aber mit eigenen Steuermesszahlen für Grundsteuer B
|
Sachsen | SächsGrStMG[60] | Bundesmodell, aber mit eigenen Steuermesszahlen für Grundsteuer B
|
übrige Länder | Bundesmodell |
Literatur
- Reinhard Stöckel, Christian Volquardsen: Grundsteuerrecht (Kommentar). 2. Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-555-01440-1.
- Dirk Eisele, Steffen Wiegand: Grundsteuerreform 2022/2025. NWB Verlag, Herne 2020, ISBN 978-3-482-67711-3.
- Wilfried Mannek: Die große Grundsteuer-Reform 2020. Reguvis Fachmedien GmbH, Köln 2020, ISBN 978-3-8462-1148-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018, Aktenzeichen: 1 BvL 11/14 u.a.
- Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig. Abgerufen am 1. Juli 2019 (Pressemitteilung Nr. 21/2018 vom 10. April 2018).
- Bemessung der Grundsteuer ist verfassungswidrig
- Horschitz/Groß/Schnur: Bewertungsrecht, Erbschaftsteuer, Grundsteuer (Blaue Reihe), Rz. 2501.
- bundestag.de
- Finanzen und Steuern – Realsteuervergleich – Realsteuern, kommunale Einkommen- und Umsatzsteuerbeteiligungen 2020. (PDF 1,3 MB) Statistisches Bundesamt (Destatis), 6. Oktober 2021, abgerufen am 27. Dezember 2021.
- René Geißler: Kommunaler Finanzreport 2017: Kommunale Steuern. Der Süden zieht davon. (PDF) Bertelsmann Stiftung, 2019, abgerufen am 15. Mai 2016.
- Informationen zur Grundsteuer von einem Fachmagazin für Kommunen abgerufen am 5. August 2019
- https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/Publikationen/Downloads-Realsteuern/realsteuervergleich-2141010187004.pdf?__blob=publicationFileabgerufen am 9. April 2021.
- Deutschlands teuerste Grundsteuer-Kommunen - Wohnen. In: Focus Online. 18. Januar 2018, abgerufen am 14. Oktober 2018.
- Sieben Gemeinden erheben keine Grundsteuer. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 11. Mai 2021.
- Grundsteuerranking 2018: Grundsteuerbelastung einer Familie in den 100 größten deutschen Städten im Vergleich. (PDF) Abgerufen am 17. Juli 2019 (Bericht von IW Consult GmbH, im Auftrag von Haus & Grund Deutschland, Berlin/Köln 2018).
- EKD: Evangelische Kirche in Deutschland – Kirchensteuer. 25. August 2014, abgerufen am 12. Mai 2021.
- BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2006, Az. 1 BvR 1644/05
- BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2009, Az. 1 BvR 1334/07.
- BFH, Urteil vom 30. Juni 2010, Az. II R 60/08, abgerufen am 13. September 2011.
- BFH, Urteil vom 30. Juni 2010, Az. II R 12/09, abgerufen am 13. September 2011.
- BVerfG, Beschluss vom 13. April 2010, Az. 1 BvR 3515/08, abgerufen am 13. September 2011.
- Vorlagebeschluss (BVerfG) vom 22. Oktober 2014. Abgerufen am 1. Juli 2019 (Bundesfinanzhof, Aktenzeichen: II R 16/13 (BStBl II 2014 S. 957)).
- Mündliche Verhandlung in Sachen „Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer“ am Dienstag, 16. Januar 2018, 10.00 Uhr. Abgerufen am 1. Juli 2019 (Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht Nr. 97/2017 vom 15. November 2017).
- Grundsteuer auf Basis von Verkehrswerten, abgerufen am 23. Oktober 2015
- Eckpunkte für eine vereinfachte Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip. (PDF) Abgerufen am 1. Juli 2019 (Arbeitsgruppe der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, August 2010 (20 S. pdf)).
- Gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell (Memento vom 7. Juni 2015 im Internet Archive), abgerufen am 23. Oktober 2015
- Carsten Rothbart: Reform der Grundsteuer. (PDF) ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks, Berlin (KOMPAKT Mai 2018), 14. Mai 2018, abgerufen am 1. Juli 2019.
- Meldung: Länder nähern sich bei Grundsteuerreform an, abgerufen am 23. Oktober 2015
- Pressemitteilung der FMK vom 3. Juni 2016, abgerufen am 8. Juni 2016
- Bundesrats-Drucksache 515/16 vom 12. September 2016, in Verbindung mit Bundesrats-Drucksache 514/16 vom 12. September 2016, jeweils abgerufen am 4. Oktober 2016
- Aufruf „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, abgerufen am 23. Oktober 2015; Ulrich Kriese, Dirk Löhr, Henry Wilke (Hrsg.): Grundsteuer: Zeitgemäß! Der Reader zum Aufruf. Münster 2019.
- Ralph Henger, Thilo Schaefer: Mehr Boden für die Grundsteuer – Eine Simulationsanalyse verschiedener Grundsteuermodelle. (PDF) In: IW policy paper 32/2015. Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 14. Oktober 2015, abgerufen am 15. Januar 2019.
- BID warnt: Folgen des Gesetzentwurfs zur Grundsteuerreform gleichen einer Black Box: „Die Folgen der vorliegenden Grundsteuerreform für den Steuerzahler gleichen einer Black Box“, kritisiert der BID-Vorsitzende Andreas Ibel den Gesetzentwurf von Niedersachsen und Hessen. 16. September 2016, abgerufen am 1. Juli 2019 (Pressemitteilung BFW).
- Grundsteuerreform: Bodenwert ohne Gebäude. UmweltBriefe, Ausgabe Mai 2018, abgerufen am 1. Juli 2019.
- SPD-Vorschlag: Vermieter sollen Grundsteuer alleine zahlen. In: Frankfurter Allgemeine. 5. März 2019, abgerufen am 1. Juli 2019.
- SPD will Umlage auf Mieter verbieten lassen: Vermieter sollen Grundsteuer allein zahlen. In: Manager Magazin. 5. März 2019, abgerufen am 1. Juli 2019.
- Für regionale Besonderheiten: Sachsen will eigenes Grundsteuer-Gesetz. n-tv, 7. Juli 2019, abgerufen am 7. Juli 2019.
- Finanzministerin schlägt Grundsteuer-Modell vor. In: stimme. 12. November 2019, abgerufen am 20. Januar 2020.
- Einigung auf neue Grundsteuer macht Grundgesetz-Änderung notwendig. haufe.de, 27. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
- Grundsteuer-Reform in Kieler Koalition umstritten. In: Hamburger Abendblatt. 1. Juli 2019, abgerufen am 1. Juli 2019.
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- Reinhart Bünger: Grundsteuer: Reform kostet mehr als 530 Millionen Euro. In: Der Tagesspiegel. 1. Juli 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
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- Unterstützerliste Verbände | Grundsteuer: Zeitgemäß! Abgerufen am 10. Juli 2019.;
Ulrich Kriese, Dirk Löhr, Henry Wilke (Hrsg.): Grundsteuer: Zeitgemäß! Der Reader zum Aufruf. Münster 2019. - Resolutionen | Deutscher Evangelischer Kirchentag. Abgerufen am 10. Juli 2019.
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- Ist Hamburgs Grundsteuer-Plan verfassungswidrig? In: abendblatt. 30. Oktober 2019, abgerufen am 20. Januar 2020.
- Mit der neuen Grundsteuer riskiert Scholz den nächsten Verfassungsbruch. In: Die Welt. Online, 1. Februar 2019 (welt.de).
- Martin Ahlers: Grundsteuer-Reform: Das bringt die Grundsteuer-Reform den Duisburgern. Funke Mediengruppe WAZ, 8. Juli 2019, abgerufen am 11. Juli 2019.
- Jens Anker: Finanzsenator Matthias Kollatz senkt die Grundsteuer. Der Finanzsenator Matthias Kollatz rechnet mit nur geringen Änderungen für Eigentümer – und tritt anderslautenden Prognosen entgegen. In: Berliner Morgenpost. 11. Juli 2019, abgerufen am 11. Juli 2019.
- Kollatz erwartet Steuersenkung bei Mietwohnungen: Berliner Finanzsenator will Hebesatz für Grundsteuer senken. rbb24, 11. Juli 2019, abgerufen am 11. Juli 2019.
- Grundsteuer: Bekommen Mieter ein weiteres Geschenk? wallstreet:online, 2. Juli 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
- Deutscher Bundestag: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD – Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG). BT-Drs. 19/11085, S. 4 (132 Seiten pdf), 25. Juni 2019, abgerufen am 24. Januar 2022.
- Landesgrundsteuergesetz (LGrStG)
- Bayerisches Grundsteuergesetz (BayGrStG)
- Hamburgisches Grundsteuergesetz (HmbGrStG)
- Hessisches Grundsteuergesetz (HGrStG)
- Niedersächsisches Grundsteuergesetz (NGrStG)
- Saarländisches Grundsteuergesetz (GrStG-Saar)
- Sächsisches Grundsteuermesszahlengesetz (SächsGrStMG)