Nachhaltiges Bauen

Nachhaltiges Bauen bezeichnet e​inen Planungs- u​nd Bauausführungsprozess u​nd eine Nutzungsweise, d​ie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind; d. h. a​uf Bewahrung d​es Ökosystems u​nd der Umwelt, a​uf den Nutzen für Mensch u​nd Gesellschaft u​nd auf Optimierung u​nd Steigerung d​er ökonomischen Potenziale e​ines Gebäudes. Aufgrund d​er großen Bedeutung, d​ie ökologische, ökonomische u​nd sozio-kulturelle Faktoren i​m Bausektor besitzen, integriert nachhaltiges Bauen d​iese Faktoren i​n ein Gesamtkonzept für d​as Bauwerk. Dabei werden d​ie Faktoren a​ls einander gleichwertig u​nd miteinander i​n Wechselwirkung stehend betrachtet.

Die Entstehung des Begriffs und seine Bedeutung

Das nachhaltige Bauen bezeichnet e​ine ökonomische u​nd ökologische Differenzierung d​es bisher i​n Deutschland u​nter der Bezeichnung d​es ökologischen Bauens verstandenen Begriffs. Der Nachhaltigkeitsgedanke entstand bereits i​m 18. Jahrhundert i​n der Forstwirtschaft u​nd wurde d​urch den Bergbauhauptmann Hans Carl v​on Carlowitz geprägt. Er erkannte e​inen Zusammenhang zwischen d​er aus massiver Rodung resultierenden Holzknappheit u​nd negativen ökologischen u​nd gesellschaftlichen Verhältnissen. Als Resultat seiner Beobachtungen forderte e​r einen sorgsamen Umgang m​it der Ressource Holz, worunter e​r das ausgeglichene Verhältnis zwischen Anbau u​nd Rodung d​es Holzes verstand.[1]

Dieses Denken h​atte Auswirkungen b​is ins 20. u​nd 21. Jahrhundert hinein. Die v​on den Vereinigten Nationen gegründete Brundlandt-Kommission formulierte 1987 d​as Leitbild e​iner nachhaltigen Entwicklung. Dieses Konzept sollte e​inen Wandlungsprozess initiieren, d​er auf negative Veränderungen i​n Natur u​nd Klima u​nd im Energie- u​nd Ressourcenhaushalt m​it der Forderung n​ach Generationengerechtigkeit reagiert. Damit w​ird eine Wirtschaftsweise propagiert, d​ie neben ökonomischem Profit sowohl Umweltverträglichkeit a​ls auch soziale Verantwortung einschließt u​nd die Bedürfnisse jetziger m​it denen kommender Generationen vereinbart.

Definition

Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich durch seine hohe ökologische, ökonomische und sozio-kulturelle Qualität aus. Diese drei Aspekte bilden die drei Hauptsäulen der Nachhaltigkeit.[2] Die sie charakterisierenden Kriterien werden nicht isoliert, sondern in einem Gesamtzusammenhang betrachtet. Ausgangspunkt und wichtige Voraussetzung, um objektive Aussagen über die nachhaltige Qualität eines Gebäudes machen zu können, ist die Betrachtung der gesamten Lebensdauer eines Bauwerks. Die Lebensdauer eines Gebäudes umfasst die Phasen der Planung, der Errichtung, der Nutzung, des Betriebs und des Abrisses bzw. des Rückbaus. Diese unterschiedlichen Phasen eines Gebäudes stellen gemeinsam seinen Lebenszyklus dar. Der Lebenszyklus bildet so den zeitlichen Rahmen zur Beurteilung der Nachhaltigkeit.[3] Alle Phasen des Lebenszyklus müssen bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes einbezogen werden.

Der Nachweis d​er nachhaltigen Qualität e​ines Gebäudes erfolgt m​eist mittels e​iner Gebäudezertifizierung.[4] In Deutschland h​aben sich folgende Zertifizierungs- u​nd Bewertungssysteme durchgesetzt:

Ökologische Qualität: Ziele, Kriterien und Maßnahmen

Ökologie g​ilt als e​ine der d​rei Hauptsäulen d​er Nachhaltigkeit. Sie beinhaltet d​ie Aspekte Ressourcenschonung, Schutz d​er globalen u​nd lokalen Umwelt u​nd Reduzierung d​es Gesamtenergiebedarfs d​es Gebäudes. Die Berücksichtigung dieser Faktoren i​st aufgrund d​es Klimawandels, steigender Energiepreise u​nd schwindender Ressourcenvorräte v​on großer Bedeutung. Die folgenden ökologischen Kriterien bestimmen maßgeblich d​ie nachhaltige Qualität e​ines Gebäudes.

Flächeninanspruchnahme

Die Gewährleistung e​iner möglichst langen Lebensdauer e​ines Gebäudes a​ls wichtiges Ziel d​es nachhaltigen Bauens schließt d​ie Möglichkeit d​er Nachnutzung v​on Gebäuden ein. Die Gebäudenachnutzung h​at zur Folge, d​ass die Flächeninanspruchnahme d​urch Neubauten verringert wird. Eine Reduzierung i​st notwendig, d​a mit d​er zunehmenden Bebauung v​on Flächen d​er Verlust d​es natürlichen Lebensraums für d​ie ansässige Flora u​nd Fauna u​nd damit d​as Artensterben einhergeht.[5] Sie verursacht außerdem e​in verstärktes Verkehrsaufkommen, d​as wiederum Lärm, Emissionen u​nd einen h​ohen Energieverbrauch z​ur Folge hat. Ebenso greift d​ie mit d​em Ausbau einhergehende Versiegelung v​on Flächen erheblich i​n den natürlichen Wasserhaushalt ein, i​ndem sie d​ie Grundwasserneubildung stört u​nd die Gefahr v​on Hochwasser steigert. Dagegen werden Boden u​nd Naturräume d​urch eine flächenschonende Steuerung d​er Siedlungsentwicklung geschont. Eine effiziente Maßnahme z​ur Verringerung d​er Neuinanspruchnahme stellt beispielsweise d​as Flächenrecycling dar, b​ei dem Brachland, w​ie etwa ungenutzte Industrie- u​nd Gewerbegebiete o​der Militärstandorte, erneut genutzt werden.

Dauerhaftigkeit

Ein nachhaltiges Gebäude ist auf Dauerhaftigkeit angelegt. Dem Anspruch nach Dauerhaftigkeit wird vor allem bei der Vorplanung Rechnung getragen und betrifft hauptsächlich die Baukonstruktion und die Baumaterialien. Eine möglichst lange Nutzungsdauer kann dadurch gewährleistet werden, dass Mehrfachnutzung möglich ist und sich die Gebäude ohne allzu großen baulichen Aufwand an veränderte Nutzungsart(en) anpassen lässt. Gegenüber dem Neubau erweist sich die Umnutzung des Bestands häufig als ökologisch vorteilhafter, da durch sie schädliche Umweltwirkungen reduziert werden können. Denn in der Regel – dies kann im Rahmen einer Ökobilanz und der Lebenszykluskostenberechnung ermittelt werden – fallen bei der Nutzung bestehender Gebäude (Bestandsnutzung) deutlich geringere Energie- und Stoffströme im Bereich der eingesetzten Baumaterialien an als beim Neubau.[6] Besonders hohe Flexibilität bieten etwa eine modulare Bauweise und der Einsatz vorgefertigter Bauteile.[7]

Gebäudeform und Gebäudeorientierung

Auch die Gebäudeform und die Gebäudeausrichtung sind wichtige Kriterien für die Nachhaltigkeit eines Gebäudes. Beide Faktoren tragen wesentlich zur Energieeffizienz des Gebäudes bei. Eine kompakte Bauweise stellt eine wesentliche Voraussetzung für einen geringen Heizwärmebedarf dar. Je kompakter ein Gebäude ist, desto geringer ist der Energiebedarf, da in diesem Fall das Verhältnis von wärmeabgebenden Flächen, d. h. der Gebäudehülle, zum beheizten Gebäudevolumen relativ gering ist. Dies verhindert Wärmeverluste. Zu einer energieeffizienten Bauweise trägt auch eine hohe Bauteilmasse im Innenbereich bei, die als thermische Speichermasse dient, indem sie für eine ausreichende Wärmespeicherung im Winter und eine gute Kältespeicherung im Sommer sorgt. Bestimmende Faktoren für den Wärmebedarf eines Gebäudes sind ebenso seine Orientierung und die Ausrichtung der Fenster. In der Hauptausrichtung sind die größten Fensterflächen des Gebäudes im Süden angeordnet, um so die natürliche Sonnenenergie optimal passiv nutzen zu können. Zu hohe Wärmeeinträge durch Solarstrahlung werden durch entsprechende Verschattungssysteme verhindert (sommerlicher Wärmeschutz). Auch das Dach ist nach Süden hin ausgerichtet, wodurch die Möglichkeit der Nutzung einer Solaranlage optimal gewährleistet ist.

Baustoffe

Nachhaltige Gebäude zeichnen sich durch eine ökologisch nachhaltige Optimierung in den Bereichen Ressourcen, Energie, Wasser und Abwasser aus. Sie bedeutet im Wesentlichen die Reduzierung des Einsatzes natürlicher Ressourcen. Deshalb wird im nachhaltigen Bauen bereits in der Planungsphase auf den Einsatz von Gebäudekonstruktionen, Bauteilen und Bauprodukten geachtet, zu deren Herstellung ein geringer Energieaufwand – die Bewertung der Stoff- und Energieflüsse bei der Herstellung, dem Transport und der Bearbeitung von Baustoffen erfolgt über die Berechnung des Primärenergieinhalts der Baustoffe an nicht erneuerbaren Energien, ihrem Anteil an der globalen Erwärmung und an der Versauerung – nötig ist und die aus möglichst nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind. Die Rohstoffe wiederum sollen aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammen. Zu ökologisch nachhaltigen Baustoffen gehören beispielsweise Holz- und Lehmbaustoffe. Viele Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen eignen sich zur Wärmedämmung, wie z. B. Hanffaser, Flachsfaser oder Schafwolle.[8] Ökologisch nachhaltiges Bauen ist weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass die Transportwege der Baustoffe zu ihrem Einsatzort möglichst kurz sind, um so die dazu benötigte Energie gering und die Stoffkreisläufe eng zu halten. Im Falle des Rückbaus des Gebäudes können nachhaltige Bauprodukte und -konstruktionen weitgehend wiederverwendet oder wiederverwertet werden. Sie können somit gefahrlos in die natürlichen Stoffkreisläufe rückgeführt werden. Der Einsatz von Baustoffen und -konstruktionen mit diesen Stoffen, die schädliche Effekte auf die Umwelt und den Menschen haben, wird deshalb im nachhaltigen Bauen vermieden bzw. stark reduziert. Zu diesen gehören beispielsweise Halogene, die etwa in Kältemitteln eingesetzt werden, Schwermetalle wie Zink, Chrom, Kupfer, Blei und Cadmium, die z. B. in Kunststoffen oder Holzschutzmitteln vorkommen, oder flüchtige organische Verbindungen (VOC) oder Kohlenwasserstoffe, die für Teppiche, Bodenbeläge und Beschichtungen verwendet werden. Diese Stoffe zeigen ihre negative Wirkung auf der Baustelle oder während der Nutzung des Gebäudes, beispielsweise wenn die Materialien längerfristiger Witterung ausgesetzt sind. Demgegenüber sind die in einem nachhaltigen Gebäude eingesetzten Baustoffe und -konstruktionen emissionsarm, besitzen geringe negative Auswirkungen auf die globale als auch auf die lokale Umwelt und sind nicht gesundheitsschädlich.

Dämmung und Wärmeschutz

Ein wichtiges Kriterium, das den Heizwärme- und damit auch den Energiebedarf eines Gebäudes beeinflusst, ist die Wärmedämmung. Die Optimierung des baulichen Wärmeschutzes trägt dazu bei, den Energiebedarf des Gebäudes zu reduzieren, womit die Einsparung fossiler Energieträger einhergeht. Dies wiederum bewirkt, dass natürliche Ressourcen geschont und CO2-Emissionen reduziert werden. Wärmeschutz lässt sich im nachhaltigen Bauen vor allem über die thermische Gebäudehülle erzielen. Meist kommen dabei Wärmedämmverbundsysteme zum Einsatz. Bei diesen wird ein Wärmedämmstoff an der Außenwand des Gebäudes mittels Kleber befestigt. Optimale Wärmedämmung lässt sich durch den Einsatz von Dämmmaterialien mit niedriger Wärmeleitfähigkeit und mit einer hohen Gesamtdicke erzielen. Bei den Wärmedämmverbundsystemen verzeichnen expandiertes Polystyrol mit und ohne Graphit, Steinwolle und Kork die besten Werte in der Ökobilanz.[9] Eine weitere Maßnahme zur Verhinderung von Wärmeableitung und damit von Energieverlusten mittels optimierter Wärmedämmung stellt die Wärmeschutzverglasung dar, die seit der Einführung der 3. Wärmeschutzverordnung in Deutschland im Jahr 1995 zum Standard gehört.[10] Wärmeschutzgläser bestehen aus zwei bzw. drei Scheiben. Sie besitzen Wärmefunktionsbeschichtung(en) aus Metall. Die Scheibenzwischenräume sind mit einem Edelgas (meist Argon) befüllt. Bei der Errichtung eines nachhaltigen Gebäudes wird außerdem auf die Vermeidung von Wärmebrücken geachtet. Diese entstehen vor allem an den Übergängen von unterschiedlichen Bauteilen sowie an Stellen, an denen konstruktionsbedingt weniger Dämmstoff aufgebracht werden kann als am übrigen Gebäude.

Energieträger

Der Betrieb eines nachhaltigen Gebäudes ist auf die Schonung natürlicher Ressourcen ausgerichtet. Dies gilt vor allem für die Energieversorgung. Denn mit 40 % des Gesamtenergiebedarfs der EU im Jahr 2009[11] weisen Gebäude einen sehr hohen Energieverbrauch auf. Neben einer effizienten Wärmedämmung wird im nachhaltigen Bauen zur Reduzierung des Energiebedarfs die Gebäudetechnik optimiert, z. B. mittels des Einsatzes erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Geothermie und Biomasse (sowie selten Wind- und Wasserkraft). Dadurch wird der Verbrauch der fossilen, nicht erneuerbaren und zunehmend knapper werdenden Ressourcen Steinkohle, Braunkohle, Erdöl, Erdgas und Uran vermindert. Der Einsatz regenerativer Energien trägt so zur Verringerung des Primärenergiebedarfs und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bei (siehe dazu auch Anlagentechnik). Neben der Ressourcenschonung hat ökologische Nachhaltigkeit im Bausektor das Ziel, die durch Gebäude und ihre Baustoffe verursachten Schadstoffemissionen zu reduzieren. Ein wesentlicher Beitrag des nachhaltigen Bauens zur Reduzierung der negativen Belastungen für die Umwelt und das Klima besteht in der Verminderung der Treibhausgase durch den Einsatz regenerativer Energien. Die Hauptursache für die Vermehrung der Treibhausgase und damit für den Treibhauseffekt sind Verbrennungsprozesse von fossilen Energieträgern zur Energiegewinnung. Bei diesen Prozessen werden Kohlenstoffdioxid (CO2) und weitere Gase mit ähnlich schädigender Wirkung freigesetzt, was zu einer Erwärmung der Erdoberfläche und damit einhergehend zur Klimaerwärmung führt. Im Gegensatz dazu sind erneuerbare Energien fast vollständig CO2-neutral. Der Einsatz regenerativer Energien vermindert auch die Emissionen von Schwefel- und Stickstoffverbindungen, die zur Versauerung der Luft und des Bodens führen und Negativeffekte auf Gewässer, Lebewesen und Gebäuden haben. Wärme- und Stromerzeugung erfolgt im nachhaltigen Bauen häufig mittels folgender erneuerbarer Energien:

Solarenergie

Thermische Solaranlagen werden in Form von Solarkollektoren vor allem zur Wassererwärmung eingesetzt. Da allerdings die für die Trinkwassererwärmung erforderliche Sonnenenergie nicht ganzjährig zur Verfügung steht, kann der Bedarf in der Regel nur durch die Kombination von Solarkollektoren und bestehenden Heizungsanlagen gedeckt werden. Neben der Trinkwarmwasserbereitung können Solaranlagen auch zur Heizunterstützung eingesetzt werden. Außerdem lässt sich Solarenergie zur Gebäudeklimatisierung gut mit einer Absorptionskältemaschine kombinieren. Zur Stromversorgung mittels Sonnenenergie werden zunehmend Photovoltaikanlagen eingesetzt. Sie wandeln die Strahlenenergie des Sonnenlichts direkt in Strom um. Mit der Photovoltaik-Technik kann das Gebäude Strom sowohl zur eigenen Versorgung als auch zur Einspeisung ins öffentliche Stromnetz produzieren.

Geothermie

Diese Alternative zu fossilen Energieträgern ist inzwischen recht verbreitet. Die Vorteile des Energieträgers Erdwärme bestehen darin, dass sie – anders als Solarenergie – jederzeit zur Verfügung steht und dass sie keinen Temperaturschwankungen unterliegt, die zu einem Leistungsabfall der Geothermieanlagen führen können. Geothermie nutzt die in der Erde gespeicherte Energie. Die gängigste Methode der geothermischen Nutzung ist die Umwandlung der oberflächennahen Erdwärme in Heizenergie mittels Wärmepumpe(n).

Biomasse

Der Begriff Biomasse umfasst die Menge der lebenden und toten Pflanzen und Tiere sowie deren Stoffwechselprodukte, Erzeugnisse und Rückstände auf organischer Basis, im Rahmen der Nutzung und Verwertung wird auch von biogener Rohstoff gesprochen. Die Umwandlung von Pflanzen in Energieträger erfolgt mittels unterschiedlicher thermochemischer Verfahren, so dass Biomasse als fester, flüssiger oder gasförmiger Energieträger zur Verfügung steht. Während fossile Umwandlungsprodukte wie Kohle, Erdöl oder Erdgas bei ihrer Verbrennung Kohlendioxid an die Atmosphäre abgeben, beeinflusst die Nutzung nachhaltiger Biomasse den Kohlenstoffkreislauf nicht, da Pflanzen lediglich das für ihr Wachstum benötigte CO2 aus der Luft wieder an diese abgeben können. Die Nutzung der Biomasse-Technologie trägt so zur Reduzierung der von Gebäuden verursachten CO2-Emissionen bei. Außerdem stärkt sie die heimische Land- und Forstwirtschaft. Allerdings weist sie auch ökologische und soziale Nachteile auf: So droht die verstärkte Produktion von Energiepflanzen den Nahrungsmittelanbau zu verdrängen und Wälder zu zerstören. Zudem wird durch die Verbrennung von Biomasse, wie etwa Altholz, das Treibhausgas N2O ausgestoßen.[12]

Anlagentechnik

Neben der Reduzierung des Energiebedarfs von Gebäuden durch Dämmung spielt die Anlagentechnik die größte Rolle bei der Reduzierung des Gesamtenergiebedarfs und damit von schädlichen Emissionen sowie bei der Schonung natürlicher Ressourcen.[13] Zur Reduzierung der schädlichen Wirkungen von Gebäuden auf die Umwelt ist eine effiziente Anlagentechnik unabdingbar. Die für die Emissionen verantwortliche Anlagentechnik in Gebäuden wird unterteilt in:

  • Anlagen zur Wärmeerzeugung und -verteilung,
  • Anlagen zur Trinkwasserbereitstellung,
  • Anlagen zur Lüftung und Klimatisierung,
  • elektrische Anlagen,
  • Anlagen zur Druckluftversorgung sowie
  • nutzungsspezifische Anlagen.

Folgende Anlagenkonzepte s​ind dabei grundsätzlich geeignet, schädliche Emissionen z​u reduzieren u​nd die natürlichen Ressourcen z​u schonen:

Nutzung und Speicherung von erneuerbaren Energien

(siehe Energieträger)

Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung

Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind Anlagen, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen. Dies wird u. a. durch Verbrennungsmotoren (Gas- oder Diesel-Aggregate) in Verbindung mit elektrischen Generatoren zur Stromerzeugung erreicht. Die Abwärme des Motors wird dabei z. B. für Heizzwecke und zur Trinkwarmwasserbereitung genutzt. Anlagen dieser Art werden auch als Blockheizkraftwerke (BHKW) bezeichnet.[14] Eine erweiterte Form der Kraft-Wärme-Kopplung ist die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung, bei der mittels Absorptionskältemaschinen aus der von einem BHKW erzeugten Wärme Kälte produziert wird, z. B. für die Gebäudeklimatisierung. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind gegenüber einer Stromproduktion z. B. aus konventionellen Kraftwerken dadurch im Vorteil, dass die Abwärme bei der Stromproduktion in BHKWs zum großen Teil genutzt wird. Deshalb ist der Gesamtwirkungsgrad von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen höher als bei einer getrennten Erzeugung von Strom und Wärme auf Basis der gleichen Energieträger.

Nutzungsangepasste Bereitstellung von Energie, Luft und Wasser

Durch e​ine möglichst e​xakt an d​ie Nutzung angepasste Bereitstellung v​on Energie, Luft u​nd Wasser lässt s​ich der Gesamtenergie- u​nd Wasserbedarf v​on Gebäuden deutlich senken. Dies w​ird z. B. erreicht d​urch eine genaue Einstellung d​er Zeitprogramme v​on Heizkesseln, Zirkulations- u​nd sonstigen Pumpen u​nd von Lüftungs- u​nd Druckluftanlagen. Darüber hinaus können z. B. drehzahlregelbare Motoren i​n Pumpen, Lüftungsanlagen etc. d​abei helfen, d​ie Bereitstellung v​on Heizenergie, frischer Luft usw. möglichst g​enau an d​ie Anforderungen d​er Nutzer anzupassen.

Wärme- und Kälterückgewinnung

Durch Kälte- u​nd Wärmerückgewinnung w​ird die Gesamtenergieeffizienz v​on Anlagen gesteigert. Dies k​ann beispielsweise d​urch die Rückgewinnung v​on Abwärme a​us Abgasen v​on Verbrennungsprozessen i​n Heizkesseln mittels Wärmetauscher o​der durch Nutzung d​er anfallenden Kühlenergie a​us Wärmepumpenanlagen für Gebäudeklimatisierung o​der für Nutzkälte erfolgen. Auch d​ie Abwärme v​on Kälteanlagen k​ann nutzbringend eingesetzt werden, z. B. b​ei der Trinkwarmwasserbereitung.

Regelmäßige Wartung und Inspektion der Anlagentechnik

Eine regelmäßige Wartung u​nd Inspektion d​er Anlagentechnik führt dazu, d​ass Defekte u​nd Fehlfunktionen frühzeitig erkannt u​nd behoben werden können. Eine regelmäßige Reinigung u​nd die Prüfung v​on Einstellungen b​ei der Wartung d​er Anlagentechnik i​st Voraussetzung für e​inen dauerhaft effizienten Betrieb d​er Anlagentechnik.

Sorgfältige Inbetriebnahme und Einregulierung der Anlagentechnik

Auch eine sorgfältige Inbetriebnahme und Einregulierung trägt zu einem effizienten Betrieb der Anlagentechnik bei. Im einfachsten Fall bedeutet dies die exakte Inbetriebnahme eines Heizungskessels nach Herstellerangaben mit der korrekten Einstellung aller Regelparameter und Zeitprogramme und deren Anpassung an die Nutzung, an die örtlichen Rahmenbedingungen und an die angeschlossene Heizungstechnik (Fußbodenheizung oder Radiatoren, Trinkwarmwasserbereitung usw.). Auch die Kontrolle der Einregulierung nach einer Einlaufphase (z. B. nach Beginn der Heizperiode) ist Bestandteil einer sorgfältigen Inbetriebnahme und Einregulierung der Anlagentechnik. Bei größeren Anlagen ist die Inbetriebnahme deutlich aufwändiger und bedingt ein sogenanntes Inbetriebnahmemanagement, z. B. nach VDI-Richtlinie 6039.

Einweisung und Schulung der Nutzer und des Bedienpersonals

Eine umfassende Einweisung u​nd Schulung d​er Nutzer u​nd des Bedienpersonals s​orgt für e​ine energieeffiziente Bedienung d​er Anlagentechnik. Hier s​ind insbesondere d​ie Abschaltung d​er Anlagentechnik b​ei Nichtnutzung u​nd die fortwährende Anpassung v​on Zeitprogrammen a​n eine s​ich verändernde Nutzung z​u nennen. Mit d​er Schulung d​es Bedienpersonals k​ann darüber hinaus e​ine Optimierung d​er Anlagentechnik i​m laufenden Betrieb erreicht werden u​nd durch d​ie Ausrichtung a​uf ein energieeffizientes Nutzerverhalten können weitere Einsparpotenziale nutzbar gemacht werden.

Wassertechnik und Wassernutzung

Auch d​ie Schonung d​er Ressource Wasser spielt i​m nachhaltigen Bauen e​ine große Rolle. Die Reduzierung d​es Trinkwasserverbrauchs erfolgt v​or allem d​urch den Einsatz Wasser sparender Technik, w​ie etwa effizienter Installationen (Einhandmischer, Spülstopps u. a.). Auch d​ie Reduzierung d​es Abwasseraufkommens i​st ein effizientes Mittel, d​en Wasserbedarf z​u reduzieren. So können e​twa Grauwasser (gering verschmutztes Abwasser d​urch etwa Duschen) o​der Niederschlagswasser für d​ie Toilettenspülung verwendet werden.[15]

Abfallaufkommen und umweltgerechte Entsorgung

Ein hoher Anteil am Gesamtabfallaufkommen entfällt auf Bau- und Abbruchabfälle.[16] Um diesen Anteil zu minimieren und damit die Negativeffekte des Abfalls auf die Umwelt zu reduzieren, ist die Entwicklung von Konzepten für Mülltrennung, umweltgerechte Entsorgung und Recycling notwendig. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Planung eines nachhaltigen Gebäudes. Ein Abfallkonzept umfasst z. B. Erhebungen zum Abfallaufkommen für das Gebäude, Planung der Mülltrennung und Bereitstellung von Wertstoffsammelbehältern. Da nachhaltiges Bauen die Optimierung der Faktoren anstrebt, die den Lebenszyklus beeinflussen, wird die Möglichkeit des Rückbaus besonders berücksichtigt. Er dient vor allem dem Schutz natürlicher Ressourcen und der Vermeidung eines hohen Abfallaufkommens. Eine hohe Rückbaufähigkeit ermöglicht die Rückführung der Teile des Gebäudes in den natürlichen Energie- und Stoffkreislauf. Die höchste Stufe dieses Recyclings ist die Wiederverwendung der Baustoffe. Auf diese folgt die Wiederverwertung von Baumaterialien für ein Neuprodukt des gleichen Materials, wie dies etwa bei Kupferrohren häufig der Fall ist, oder der Einsatz der aufgearbeiteten Materialien und Bauteile für ein nicht-gleichartiges Produkt. Wiederverwertete Bauteile und Baustoffe sind beispielsweise Tragkonstruktionen, Außenwände, Innenwände, Decken und Dachkonstruktionen.[17] Nachhaltiges Bauen strebt den Einsatz von Baumaterialien an, die wiederwendet bzw. –verwertet werden können. Die letzten Stufen bilden die thermische Verwertung und die Deponierung der Baustoffe. Die Materialmenge dieser Stufen wird im nachhaltigen Bauen durch den Einsatz recyclefähiger Baustoffe minimiert.

Ökonomische Qualität

Wirtschaftlichkeit bildet eine weitere Säule der Nachhaltigkeit. Die Optimierung des ökonomischen Aspekts im Sinne der Nachhaltigkeit bedeutet im Bereich des Bauens, dass alle Phasen des Lebenszyklus des Gebäudes bei seiner ökonomischen Bewertung berücksichtigt werden. Im Gegensatz zur konventionellen Planungs- und Bauweise erfassen Wirtschaftlichkeitsberechnungen im nachhaltigen Bauen nicht nur die Investitionskosten für den Bauprozess, d. h. seine Anschaffungs- und Baukosten. Vielmehr wird ein nachhaltiges Gebäude auf der Grundlage seines gesamten Lebenszyklus beurteilt. Die Kosteneffizienz eines geplanten Bauprojekts wird anhand einer so genannten Lebenszykluskostenanalyse (Life cycle cost analysis, LCCA) bewertet.[18] Diese Gesamtkostenberechnung umfasst folgende Faktoren:

  • die Kosten für die Herstellung des Gebäudes, die auch die Grundstücks- und Planungskosten einschließt, d. h. die Investitionskosten,
  • die Kosten der Baunutzung, die die Betriebskosten (d. h. den Medienverbrauch von Heizwärme, Warmwasser, Strom, Wasser, Abwasser) beinhaltet, und
  • die gebäude- und bauteilspezifischen Kosten, etwa für Reinigung, Pflege und Instandhaltung. Darin inbegriffen sind auch die für den Rückbau notwendigen Aufwendungen, wie z. B. für Abriss, Abtransport, Wiederverwendung bzw. -verwertung und Entsorgung.

Auf der Basis der Lebenszykluskostenberechnungen lässt sich Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes erkennen und beurteilen. Die Basis der Kostenermittlung für die unterschiedlichen Lebenszyklusphasen bilden Regelwerke wie DIN 276 und DIN 18960, in denen die Aufwendungen für die einzelnen Phasen ermittelt und gegliedert sind. Vor allem die Nutzungskosten basieren auf Prognosedaten, da die Entwicklung der Kosten von unterschiedlichen Faktoren, wie etwa der Gebäudenutzungsart oder dem Nutzerverhalten, abhängig ist. Meist übersteigen die Baufolgekosten, die in der Nutzungs- und Rückbauphase entstehen, die Kosten der Errichtung. Da eine verlängerte Nutzungsdauer der Gebäude angestrebt ist, wird die Senkung der Betriebs- und Nutzungskosten zur Minimierung der Lebenszykluskosten bedeutend. Hier zeigen sich die Wechselwirkungen zwischen ökologischen und ökonomischen Faktoren: In einem nachhaltigen Gebäude können durch ökologisch ausgerichtete Maßnahmen, wie etwa einer verbesserten Wärmedämmung im Zusammenhang mit einer energetisch optimierten Anlagentechnik unter Nutzung erneuerbarer Energien, die Betriebskosten gesenkt werden. Dies verlangt einen erhöhten Planungsbedarf, der die Kosten für diese Phase erhöht. In dieser Phase ist andererseits die Möglichkeit, die Kosten für die Erstellung, die Nutzung und den Abbruch zu steuern, mittels einer integralen Planung am effektivsten gegeben. Die Optimierung der Lebenszykluskosten ist in dieser Phase vor allem durch den Vergleich unterschiedlicher Gebäudeentwürfe in ihren Varianten möglich. Der Vergleich möglicher Alternativen im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit macht die Einsparpotentiale evident und dient so als Entscheidungsgrundlage für die kosteneffizienteste Planungsvariante. Dies kann sowohl das komplette Gebäude als auch Teilsysteme, wie etwa die technische Gebäudeanlage (strategische Bauteile), betreffen. Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die die Lebenszykluskosten umfassen, sind außerdem relevant für die Entscheidung entweder für einen Neubau oder für die Umnutzung eines bestehenden Gebäudes. Weiterhin helfen sie bei der Feststellung der wirtschaftlichsten Beschaffungsvariante (PPP, Leasing, Contracting, o. ä.).

Im Sinne der Nachhaltigkeit als Schutz der Ressource Kapital bildet eine möglichst konstante Wertstabilität ein wichtiges Kriterium für die ökonomische Qualität eines Gebäudes. Dessen Wertentwicklung ist sehr stark von äußeren Faktoren, wie Markt- und Standortentwicklung, abhängig. Diese Faktoren bergen das Risiko der Wertminderung, das bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden muss. Um diesem Risiko entgegenzuwirken und somit die Wertstabilität auf lange Sicht zu gewährleisten, muss sich ein nachhaltiges Gebäude schnell und kosteneffektiv an veränderte Nutzungsanforderungen anpassen lassen können. Durch den Fokus auf die Verlängerung der Lebensdauer beim nachhaltigen Bauen erhält der Aspekt der Drittverwendungsfähigkeit eine besondere Bedeutung. Sie beeinflusst entscheidend die Entwicklung des Gebäudewertes, da durch die Möglichkeit der Umnutzung die dauerhafte Auslastung und somit Wertstabilität gewährleistet werden kann. Einen Beitrag zur ökonomischen Optimierung leistet auch die Flächeneffizienz des Gebäudes. Flächeneffizienz ist dann gegeben, wenn die Gebäudefläche so effektiv aufgeteilt und genutzt wird, dass Bau- und Betriebskosten reduziert werden können.

Sozio-kulturelle und funktionale Qualität

Die dritte Säule d​er Nachhaltigkeit v​on Gebäuden bilden sozio-kulturelle u​nd funktionale Faktoren. Sie stellen d​ie Grundlage für d​ie Akzeptanz u​nd Wertschätzung e​ines Gebäudes d​urch seine Nutzer u​nd durch d​ie Gesellschaft i​m Allgemeinen dar. Dabei werden soziale Werte w​ie Integration, Gesundheit, Lebensqualität, Sicherheit u​nd Mobilität u​nd ästhetisch-kulturelle Werte w​ie Gestaltung i​n das Baukonzept integriert.

Komfort, Gesundheitsschutz und Nutzerfreundlichkeit

Damit Menschen ihre Wohn- und Arbeitsumgebung als angenehm empfinden, müssen optimale Nutzungsbedingungen gelten. Diese werden im nachhaltigen Bauen durch Maßnahmen geschaffen, die vor allem die Anforderungen an den Gesundheitsschutz, die Behaglichkeit und die Nutzerfreundlichkeit erfüllen. Folgende Kriterien entscheiden über die sozio-kulturelle und funktionale Qualität eines Gebäudes:[19]

Thermischer Komfort

Der thermische Komfort e​ines Gebäudes i​st abhängig v​on einer optimal-behaglichen Raumtemperatur. Diese i​st im Winter b​ei ca. 21 °C u​nd im Sommer b​ei etwa 24 °C gegeben. Auch d​ie Strahlungstemperatur d​er die Räume begrenzenden Flächen d​arf nicht z​u stark v​on der Raumtemperatur abweichen (±4 °C). Die Raumluft sollte w​eder als z​u feucht n​och als z​u trocken empfunden werden. Zugluft k​ann durch entsprechende bauliche o​der technische Maßnahmen vermieden werden.

Innenraumhygiene

Ein hoher Standard der Innenraumluftqualität lässt sich durch die optimale Auswahl der verwendeten Baustoffe erzielen. Diese Auswahl trägt zur Gesundheitsvorsorge der Nutzer bei und beeinflusst ihre Geruchswahrnehmung positiv. Bauprodukte wie Farben, Lacke, Holzschutzmittel, Holzwerkstoffe, Bodenbeläge und Klebstoffe, Wand- und Deckenverkleidungen, Abdichtungen, Putz, Mauersteine, Zement und Beton enthalten flüchtige organische Verbindungen (VOC, Volatile Organic Compounds) und Formaldehyd.[20] Die Emissionen aus diesen Baumaterialien sind gesundheitsschädlich und beeinträchtigen den Nutzerkomfort, da sie aufgrund ihrer hohen Geruchsintensität als unangenehm empfunden werden. Der Einsatz dieser Stoffe wird im nachhaltigen Bauen möglichst vermieden bzw. stark reduziert. Negative Geruchswahrnehmungen entstehen auch durch die Nutzer selbst, die Sauerstoff verbrauchen und dabei CO2 und biologische Ausdünstungen produzieren. Deshalb muss die Möglichkeit eines häufigen Luftwechsels („Lüften“) gegeben sein. Der Luftaustausch kann durch natürliche Belüftung, die die Thermik innerhalb des Gebäudes nutzt, oder auf mechanische Weise mittels energieeffizienten Lüftungsanlagen erfolgen. Hier zeigt sich, dass die Ansprüche des nachhaltigen Bauens einander entgegenstehen können: Zwar dient eine hohe Lüftungsrate der Verbesserung der Luftqualität, ist aber andererseits mit Energieverlusten verbunden. Diese Widersprüchlichkeit lässt sich nicht immer auflösen. Vielmehr geht es im nachhaltigen Bauen darum, einen Ausgleich und die Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Anforderungen zu schaffen.

Akustischer Komfort

Auch d​ie Akustik innerhalb e​ines Raumes w​irkt auf d​as Wohlbefinden u​nd die Leistungsfähigkeit d​es Nutzers ein. Akustischer Komfort i​st dann gegeben, w​enn der Nutzer möglichst wenigen äußeren u​nd inneren Lärmquellen ausgesetzt ist, d​a akustische Emissionen d​ie Konzentrationsfähigkeit beeinflussen u​nd Stress verursachen können. Konzepte z​um Schallschutz s​ind von d​er jeweiligen Raumnutzungsart abhängig. Gerade b​ei offenen Bürostrukturen, w​ie Mehrpersonenbüros, können d​ie Sprachverständlichkeit, d​ie Kommunikation u​nd die Konzentrationsfähigkeit erheblich eingeschränkt sein. Dieser Umstand m​acht eine bestmögliche Schallabsorption notwendig. Dazu werden a​n Decken u​nd Raumteilern Schallabsorptionsflächen angebracht. Glasschallschirme o​der -stellwandabsorber können d​en Raum strukturieren, o​hne dabei d​en Sichtkontakt d​er Mitarbeiter untereinander einzuschränken. Bei d​er Nutzung a​ls Besprechungsraum i​st hingegen e​ine Kombination a​us schallreflektierenden u​nd schallabsorbierenden Maßnahmen notwendig, d​a diese Nutzungsart e​ine verstärkte Schallübertragung erfordert.

Visueller Komfort

Auch d​ie visuellen Eigenschaften v​on Wohn- u​nd Arbeitsräumen spielen b​ei der Beurteilung d​er Behaglichkeit d​urch den Nutzer e​ine wichtige Rolle. Die Beleuchtungssituation i​n einem Gebäude s​etzt sich sowohl a​us natürlichem Tageslicht a​ls auch a​us Kunstlicht zusammen. Wesentlich für d​as Wohlbefinden u​nd die Leistungsfähigkeit d​er Nutzer i​st das Vorhandensein v​on ausreichend Tageslicht. Dieses lässt s​ich mittels d​es Tageslichtquotienten ermitteln u​nd ist für verschiedene Raumnutzungsarten quantifizierbar. Auch e​ine gute Sichtverbindung n​ach außen i​st wichtig. Diese Kriterien können z. B. d​urch ausreichend große Fenster m​it optimaler Ausrichtung erfüllt werden.[21]

Die natürlichen Lichtquellen sollten dabei mit einer Schutzvorrichtung vor Blendung und Überhitzung ausgestattet sein und für eine ausreichende Verschattung sorgen. Diese Verschattungssysteme dürfen jedoch nicht bzw. nur gering die Durchsicht nach außen verhindern. Auch das Belichtungssystem für viel benutzte Flächen, wie Arbeitsflächen, wird im nachhaltigen Bauen in das visuelle Konzept integriert. Hier empfiehlt sich eine Kombination aus direkter und indirekter Beleuchtung. Diese gleicht die nachteiligen Effekte beider Beleuchtungsarten aus. So wird die Reflexblendung oder die Schattenbildung, die bei der Direktbeleuchtung entstehen können, durch indirekte Beleuchtung reduziert. Bei dieser wird der Lichtstrom an die Decke oder die Wände des Raumes abgelenkt, von wo aus er auf die benötigten Flächen reflektiert wird. Es entsteht diffuses Licht, das die räumliche Wahrnehmung einschränken kann. Dieser nachteilige Effekt kann wiederum durch direkte Beleuchtung ausgeglichen werden, die die Kontraste schärft.

Einflussmöglichkeit des Nutzers

Die o​ben genannten sozio-kulturellen Kriterien bestimmen d​ie Zufriedenheit d​es Nutzers. Da d​ie Bedürfnisse d​es Nutzers jedoch individuell sind, m​uss er a​uf die Regulierung v​on Lüftung, Sonnen- u​nd Blendschutz, Temperatur während u​nd außerhalb d​er Heizperiode u​nd auf Kunstlicht selbst Einfluss nehmen können, u​m so seinen individuellen Komfort z​u gewährleisten. Dies schafft e​ine hohe Akzeptanz d​er genutzten Räumlichkeiten. Die Installationen z​ur Regulierung d​er Anlagen müssen außerdem einfach z​u bedienen sein.

Sicherheitsaspekte

Sozio-kulturelle Kriterien, d​ie das Gefühl d​er Behaglichkeit b​eim Nutzer steigern, betreffen a​uch die Sicherheit. Ein subjektives Sicherheitsempfinden w​ird etwa d​urch technische Alarmierungseinrichtungen w​ie Brand- u​nd Einbruchsmeldeanlagen, d​urch eine ausreichende Ausleuchtung d​er Außenanlagen u​nd durch e​ine übersichtliche Wegeführung erzeugt. Auch d​as Vorhandensein e​ines Sicherheitsdienstes, beispielsweise außerhalb d​er regulären Arbeitszeiten, verstärkt d​as Sicherheitsempfinden. Diese Maßnahmen dienen d​er Vermeidung v​on Gefahren, Übergriffen, Katastrophen u​nd Unfällen. Ein optimales Sicherheitskonzept beinhaltet ebenso d​ie Planung v​on Fluchtwegen u​nd Evakuierungsmöglichkeiten für d​en Fall v​on Unfällen u​nd Katastrophen, Maßnahmen z​ur Reduzierung v​on Brandgas u​nd Rauch.

Barrierefreiheit

Im Sinne d​er Integration behinderter Menschen i​n den Berufs- u​nd Lebensalltag i​st ein nachhaltiges Gebäude s​o konzipiert, d​ass behinderten Menschen d​ie Nutzung d​es Gebäudes o​hne fremde Hilfe möglich ist. Dies bedeutet e​twa den Bau barrierefreier Eingangsbereiche u​nd schwellenloser Raumübergänge. Zu diesem Qualitätskriterium zählt a​uch die Einrichtung behindertengerechter Arbeitsplätze, Parkplätze u​nd ausreichender Bewegungsflächen, w​ie etwa ausreichend breite Flure s​owie ausreichende Verfügbarkeit v​on Behindertentoiletten.

Zugänglichkeit

Die allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz v​on Gebäuden innerhalb e​ines Stadtquartiers u​nd der Stadt w​ird durch d​as Kriterium d​er Zugänglichkeit gesteigert. Diesem Konzept entspricht, d​ass ein Gebäude k​ein hermetisch abgeschlossenes Bauwerk darstellt, sondern d​ass Teile d​es Gebäudes möglichst vielen Nutzern offenstehen, w​ie etwa d​ie Außenanlagen o​der gebäudeinterne Bereiche w​ie Kantinen o​der Bibliotheken. Nachhaltige Gebäudeplanung i​m Sinne sozio-kultureller Nachhaltigkeit gewährleistet a​uch die öffentliche Nutzung v​on Cafés, Restaurants o​der Ateliers. Nachhaltiges Bauen strebt e​ine Mischnutzung dieses öffentlichen Raumes an, d​er sich leicht a​n eine veränderte Umnutzung anpassen lässt.

Mobilität

Zur Steigerung d​er ökologischen u​nd energieeffizienten Mobilität w​ird bei e​inem nachhaltigen Gebäude e​ine gute Erreichbarkeit d​es Gebäudes m​it öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) u​nd mit d​em Fahrrad erzielt. Die Fahrradinfrastruktur i​st so konzipiert, d​ass eine ausreichende Anzahl a​n Fahrradabstellplätzen vorhanden ist. Diese werden optimal angeordnet, i​ndem sie s​ich etwa i​n Nähe d​es Eingangsbereichs befinden. Außerdem stehen Dusch- u​nd Umkleidemöglichkeiten für d​ie Fahrradnutzer z​ur Verfügung. So werden d​ie Attraktivität d​es Gebäudes gesteigert u​nd gleichzeitig ökologische Anforderungen erfüllt.

Gestalterische und städtebauliche Faktoren

Im nachhaltigen Bauen spielt auch der ästhetische Aspekt eines Gebäudes eine große Rolle. Dies bedeutet die Integration des Gebäudes in städtebauliche und architektonische Konzepte. Die gestalterische und städtebauliche Qualität wird durch die Durchführung von Planungswettbewerben gewährleistet. Die Vorteile von Planungswettbewerben liegen zum einen in der Expertise der Jury, die die hohe architektonische Qualität des Bauprojekts sicherstellt. Außerdem wird durch sie gewährleistet, dass der Auftraggeber des Bauprojekts in einem transparenten Wettbewerbsverfahren einen gut geeigneten Auftragnehmer finden kann.

Neben d​em klassischen Projektwettbewerb, g​ibt es n​och Ideenwettbewerbe, Testplanungen, Studienaufträge u​nd partizipative Verfahren. Gemeinsames Ziel dieser Verfahren i​st das Aufzeigen e​iner Varianz möglicher Lösungsansätze.

Ebenfalls qualitätssteigernd w​irkt der öffentliche Diskurs über Bauprojekte. Einerseits werden i​n Fachzeitschriften Projekte besprochen u​nd so u​m Konsens gerungen w​as gestalterische Qualität ausmacht, andererseits s​ind Vereine w​ie BDA (Deutschland) o​der BSA (Schweiz) e​in Qualitätsindikator für g​ute Architekten. Auch e​in guter Indikator für g​ute Architektur s​ind Auszeichnungen (z. B.: goldener Hase, g​ute Bauten …).

Kunst am Bau

Auch d​ie Kunst a​m Bau besitzt e​ine wichtige Rolle z​ur Steigerung d​er baulichen Qualität e​ines Gebäudes. Kunstwerken k​ommt die Aufgabe zu, e​inen direkten Bezug zwischen Ort u​nd Bauobjekt z​u schaffen u​nd so d​ie Akzeptanz u​nd Identifikation d​er Nutzer m​it dem Gebäude z​u stärken. Ebenso gelten s​ie als Schnittstelle zwischen Gebäude u​nd Öffentlichkeit. Dementsprechend werden Aspekte, w​ie ihre Funktion gegenüber d​er Öffentlichkeit, z. B. i​n Veranstaltungen o​der Führungen kommuniziert.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Siehe dazu: Ulrich Grober: Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. Kulturgeschichte eines Begriffs. Kunstmann, München 2010.
  2. Neben diesem Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bestehen weitere Modelle, die jeweils eine unterschiedliche Gewichtung der Qualitäten vornimmt. So priorisiert etwa das Ein-Säulen-Modell die ökonomische Dimension, das Pyramiden-Modell hingegen die ökologische. Siehe dazu: Lexikon der Nachhaltigkeit unter http://www.nachhaltigkeit.info, konzipiert von der Aachener Stiftung Kathy Beys.
  3. Leitfaden Nachhaltiges Bauen. Hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011. S. 44. Abrufbar unter: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 12. Mai 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nachhaltigesbauen.de
  4. siehe dazu: http://www.greenstars-consulting.de
  5. Nachhaltiges Bauen und Wohnen. Ein Bedürfnisfeld für die Zukunft gestalten. Herausgegeben vom Umweltbundesamt, 2010, abrufbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3952.pdf, S. 13f.
  6. Nachhaltiges Bauen. Strategien – Methodik – Praxis. BBSR-Berichte KOMPAKT 14/2010. Hrsg. v. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumforschung. S. 11. ISBN 978-3-87994-400-2, urn:nbn:de:101:1-201101193193. Abrufbar unter: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_542104/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BerichteKompakt/2010/BK142010.html
  7. siehe dazu: Nachhaltiges Bauen für Ein- und Zweifamilienhäuser . Hrsg. v. Kompetenzzentrum „kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der Universität Berlin, 2005. S. 39. Abrufbar unter: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 11. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bbsr.bund.de
  8. Zur positiven Ökobilanz dieser Baustoffe siehe: Forum Nachhaltiges Bauen, hrsg. v. Nikolaus Kolb. URL http://www.nachhaltiges-bauen.de/baustoffe/
  9. http://www.nachhaltiges-bauen.de/baustoffe/W%C3%A4rmed%C3%A4mmverbundsysteme%20%28WDVS%29
  10. siehe dazu: Typologie und Bestand beheizter Nichtwohngebäude in Deutschland. BMVBS-Online-Publikation, Nr. 16/2011. Hrsg. v. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), S. 29–31. Download unter: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 15. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bbsr.bund.de
  11. Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden(Neufassung).
  12. Globale Landflächen und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen. Hrsg. vom Umweltbundesamt. Abrufbar unter: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 5. November 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.umweltbundesamt.de.
  13. Siehe dazu: Lenz, Bernhard; Schreiber, Jürgen; Stark, Thomas (2010): Nachhaltige Gebäudetechnik. Grundlagen, Systeme, Konzepte. München: Inst. für Internat. Architektur-Dokumentation, Edition Detail Green Books und Kursbuch: Von der Energieeffizienz zur Nachhaltigkeit. Hrsg. v. Dorsch, Lutz; Jung, Ulrich. Bundesanzeiger, 2013.
  14. Lenz, Bernhard; Schreiber, Jürgen; Stark, Thomas (2010): Nachhaltige Gebäudetechnik. Grundlagen, Systeme, Konzepte. München: Inst. für Internat. Architektur-Dokumentation, Edition Detail Green Books, S. 70–72.
  15. Nachhaltiges Bauen für Ein- und Zweifamilienhäuser, S. 27 und Streck, Stefanie (2011): Wohngebäudeerneuerung. Nachhaltiges Bauen im Wohnungsbestand. Heidelberg: Springer, S. 148–154.
  16. So belief sich der Anteil von Bau- und Abbruchabfällen im Jahr 2009 auf 54,4 %; siehe dazu Statistisches Jahrbuch 2011, hrsg. v. Statistischen Bundesamt, 2011, S. 309. Download unter https://www.destatis.de/DE/Publikationen/StatistischesJahrbuch/StatistischesJahrbuch2011.pdf?__blob=publicationFileURL
  17. Nachhaltiges Bauen für Ein- und Zweifamilienhäuser, S. 37.
  18. Siehe dazu: König, Holger; Kohler, Niklaus; Kreißig, Johannes; Lützkendorf, Thomas (2009): Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. Grundlagen, Berechnung, Planungswerkzeuge. München: Inst. für Internat. Architektur-Dokumentation. Edition Detail Green Books.
  19. Die Beschreibung dieser Kriterien orientiert sich an den Richtlinien für Bundesbauten, die das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegeben hat (Leitfaden Nachhaltiges Bauen), und an den Kriteriensteckbriefen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, nach denen privatwirtschaftliche Gebäude bewertet und zertifiziert werden, siehe dazu: http://www.dgnb-system.de/de/system/kriterien/.
  20. siehe dazu: http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit/innenraumhygiene/bauprodukte.htm
  21. Siehe dazu: Gossauer, Elke (2008): Nutzerzufriedenheit in Bürogebäuden. Eine Feldstudie. Analyse von Zusammenhängen zwischen verschiedenen Komfortparametern am Arbeitsplatz. (Diss.). Stuttgart: Fraunhofer-IRB-Verlag, S. 94–109.
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