August von Trott zu Solz
August von Trott zu Solz (Taufname August Clemens Bodo Paul Willi) (* 29. Dezember 1855 auf dem Trottschen Familiensitz in Imshausen bei Bebra; † 27. Oktober 1938 ebenda), hoher deutscher Verwaltungsbeamter und Staatsmann. Er war königlich preußischer Staatsminister (Kultusminister 1909–1917) und Oberpräsident der preußischen Provinzen Brandenburg (1905–1909) und Hessen-Nassau (1917–1919).
Ausbildung
Trott besuchte Gymnasien in Dresden und Kassel und studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Würzburg, Heidelberg und Leipzig. Er war Mitglied der Corps Rhenania Würzburg und Guestphalia Heidelberg. Nach dem Studium trat er 1884 als Regierungsassessor in Oppeln in den preußischen Staatsdienst ein.
Familie
August von Trott entstammte einer Familie des hessischen Uradels, die seit vielen Jahrhunderten – urkundlich nachweisbar seit 1253[1] – im heutigen Landkreis Hersfeld-Rotenburg ansässig ist. Stammsitze der Familie sind die Dörfer Solz und Imshausen, heute zur Stadt Bebra gehörend. Über Generationen sind Mitglieder der Familie von Trott zu Solz im Landes- oder Staatsdienst hervorgetreten. August von Trott zu Solz war der Sohn des kurhessischen Legationsrates Werner Levin von Trott zu Solz (* 1. Juni 1819 in Stuttgart; † 10. Oktober 1858 in Kennenburg bei Esslingen) und dessen Frau Sophie geborene von Lehsten-Dingelstedt (* 8. Mai 1831 in Lessendorf; † 8. August 1880 in Imshausen).
Trott heiratete am 28. Februar 1901 in Kassel Eleonore von Schweinitz (* 21. Februar 1875 in Wien, Österreich; † 11. März 1948 Imshausen), die Tochter des königlich preußischen Generals der Infanterie und Generaladjutanten Hans Lothar von Schweinitz (1822–1901), kaiserlich deutscher Botschafter, und der Amerikanerin Anna Jay (1849–1925), die die Urenkelin von John Jay, einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten, war.
August und Eleonore von Trott zu Solz hatten acht Kinder, fünf Töchter und drei Söhne. Einer der Söhne war der Widerstandskämpfer Adam von Trott zu Solz (1909–1944).
Laufbahn und Wirken
1886 wurde August von Trott zu Solz zum Landrat des neu geschaffenen Kreises Höchst berufen. 1892 wechselte er als Landrat nach Marburg. 1887 (als Nachrücker für Friedrich Christian Wirth) vertrat er den Landkreis Höchst im Nassauischen Kommunallandtag. Seit 1894 war er Geheimer Regierungs- und Vortragender Rat im preußischen Innenministerium. Im selben Jahr wurde er für den Wahlkreis 10 (Marburg) in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Er gehörte der konservativen Fraktion an. Wegen seiner dienstlichen Beförderung legte er das Mandat 1898 nieder.
Im März 1898 wurde er Regierungspräsident in Koblenz und im Januar 1899 Regierungspräsident in Kassel. 1905 war er als Oberpräsident der Provinz Brandenburg und des Stadtkreises Berlin tätig, womit er zugleich Chef der staatlichen Provinzialverwaltung in Potsdam war.
Von 1909 bis 1917 gehörte August von Trott als Kultusminister der preußischen Regierung unter Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg an. Er zeichnete unter anderem für den Erlass vom 22. August 1911 verantwortlich, der festlegte, dass „an allen höheren Lehranstalten die Dauer der Unterrichtsstunde allgemein auf 45 Minuten festzusetzen ist“.[2] Dies markiert den historischen Beginn der einheitlichen 45-Minuten-Stunde im deutschsprachigen Schulwesen.
In die Amtszeit Trotts fällt die Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften im Jahr 1911. Entscheidenden Anteil hatte er zudem an der Gründung der Stiftungsuniversität Frankfurt 1914.
Im Juli 1917 trat Trott als Minister zurück. Sein Rücktritt stand im Zusammenhang mit dem Ringen des Kabinetts Bethmann Hollweg um die Reform des rückständigen Dreiklassenwahlrechts. Zwar konnte die Regierung sich darauf einigen, dass die Reform des Wahlrechts notwendig sei und dass die Wahlen in Preußen zukünftig geheim und direkt sein sollten, das gleiche Wahlrecht blieb jedoch strittig. Zu den Gegnern des gleichen Wahlrechts gehörte, neben vier seiner Kabinettskollegen, auch August von Trott. Er befürchtete eine Radikalisierung des preußischen Abgeordnetenhauses mit negativen Folgen für Kirche und Schule. Nachdem Bethmann Hollweg den Kaiser von der Proklamation des gleichen Wahlrechts hatte überzeugen können, erklärten die fünf unterlegenen Minister ihren Rücktritt. Noch bevor Trotts Entlassung offiziell erfolgen konnte, hatte sich die Julikrise 1917 – benannt in Anlehnung an die kriegsauslösende Julikrise – um den Reichskanzler zugespitzt. Bethmann Hollweg trat am 13. Juli 1917 zurück.[3]
Von 1917 bis 1919 amtierte Trott als Oberpräsident der preußischen Provinz Hessen-Nassau in Kassel. Wegen der politischen Umwälzungen in Deutschland stellte er 1919 sein Amt zur Verfügung und zog sich nach Imshausen in den Ruhestand zurück. Von 1921 bis 1926 vertrat er die Provinz Hessen-Nassau im Reichsrat, der durch die Weimarer Verfassung neu geschaffenen Ländervertretung. Zwischen 1917 und 1933 war er Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.
Ehrungen
- Königlich preußischer Kammerherr
- Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Kommendator des Johanniterordens
- Vizemarschall der Althessischen Ritterschaft
Literatur
- Thomas Klein: Leitende Beamte der allgemeinen Verwaltung in der preußischen Provinz Hessen-Nassau und in Waldeck 1867 bis 1945 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Bd. 70), Hessische Historische Kommission Darmstadt, Historische Kommission für Hessen, Darmstadt/Marburg 1988, ISBN 3-88443-159-5, S. 225.
- Benigna von Krusenstjern: Trott zu Solz, August Bodo Wilhelm Klemens Paul. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-5, S. 457 f. (Digitalisat).
- Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 384–385.
- R. Lüdicke: Die preuß. Kultusminister u. ihre Beamten 1817–1917. 1918, S. 1
- Bernhard Mann: Biographisches Handbuch für das preußische Abgeordnetenhaus. 1867–1918 (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Bd. 3). Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, S. 390 f.
- Nassauische Parlamentarier. Teil 2: Barbara Burkardt, Manfred Pult: Der Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden 1868–1933 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau. 71 = Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen. 17). Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 2003, ISBN 3-930221-11-X, S. 347–348.
Weblinks
- Trott zu Solz, August Bodo Wilhelm Klemens von. Hessische Biografie. (Stand: 17. März 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Benigna von Krusenstjern: „daß es Sinn hat zu sterben – gelebt zu haben“. Adam von Trott zu Solz. 1909–1944. Biographie. Wallstein-Verlag, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8353-0506-9, S. 11 f.
- Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen. Bd. 53, Nr. 10, 1911, ZDB-ID 201152-9, S. 528–529.
- Benigna von Krusenstjern: „daß es Sinn hat zu sterben – gelebt zu haben“. Adam von Trott zu Solz. 1909–1944. Biographie. Wallstein-Verlag, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8353-0506-9, S. 48.