Alain Berset
Alain Berset (* 9. April 1972 in Freiburg; heimatberechtigt in Misery-Courtion) ist ein Schweizer Politiker (SP). Er ist seit 2012 Bundesrat und steht dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) vor. Im Amtsjahr 2018 war er Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Im Jahr 2022 ist er Vizepräsident des Bundesrates.
Leben, Ausbildung, Berufstätigkeit
Berset verbrachte seine Jugend in Belfaux im Kanton Freiburg, wo er auch heute noch lebt.[1]
Er stammt aus einer Familie von Laufsportlern. Seine Mutter Solange Berset wurde 1987 Vize-Schweizermeisterin im Marathonlauf, sein Vater erreichte 55 Minuten im Murtenlauf, ein Onkel (Jean-Pierre, 5000 m) und ein Cousin (Nicolas, 1500 m) waren Läufer auf internationalem Niveau.[2] Mit 17 Jahren wurde er Westschweizer Junioren-Meister im 800-Meter-Lauf.[3] Zusammen mit Verwandten erzielte er zahlreiche noch heute bestehende Club-Rekorde für seinen Verein, den CA Belfaux.[4] Seine Mutter Solange Berset ist politisch aktiv, seit 1996 ist die Buchhändlerin für die SP Mitglied im Grossen Rat, dem Kantonsparlament von Freiburg.[5][6]
Er besuchte die Mittelschule in Freiburg und studierte an der Universität Neuenburg, wo er sein Studium 1996 mit einem Lizentiat in Politikwissenschaft (Lic. ès sc. pol.) respektive 2005 mit einem Doktorat in Wirtschaftswissenschaften abschloss.
Von 1996 bis 2000 war er Assistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Neuenburg und danach bis 2001 Gastforscher am HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung in Hamburg. Ab 2006 war er als selbständiger Strategie- und Kommunikationsberater tätig.
Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.[7]
Politik
Alain Berset entstammt einer SP-Familie. Bereits sein Grossvater und auch seine Mutter amtierten auf Kantonsebene für die sozialdemokratische Partei. Sie gehörten beide dem Freiburger Kantonsparlament, dem Grossen Rat, an.[1] Von 2000 bis 2004 war Alain Berset Mitglied des Verfassungsrats des Kantons Freiburg, wo er die SP-Fraktion präsidierte. Von 2001 bis 2003 vertrat er die SP im Generalrat in Belfaux. Zudem war er politischer Berater des Neuenburger Volkswirtschaftsdirektors Bernard Soguel.[8]
Bei den Wahlen 2003 wurde Berset als Vertreter des Kantons Freiburg als jüngstes Mitglied der Kleinen Kammer in den Ständerat gewählt.[9] Er setzte sich im zweiten Wahlgang gegen den bisherigen Standesvertreter, Jean-Claude Cornu (FDP), durch. Im Dezember 2005 wurde er Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion der Bundesversammlung. Bei den Wahlen 2007 verfehlte er im ersten Wahlgang das absolute Mehr. Da seine Konkurrenten (darunter erneut Cornu) aber darauf verzichteten, im zweiten Wahlgang anzutreten, wurde Berset in stiller Wahl für vier weitere Jahre bestätigt.[10] 2008/2009 war er Ständeratspräsident.[7] Bei den eidgenössischen Wahlen 2011 wurde er im ersten Wahlgang als Ständerat wieder gewählt.[11]
Bei den Bundesratswahlen im Dezember 2011 wurde er als einer der beiden offiziellen SP-Kandidaten als Nachfolger der zurücktretenden Bundesrätin Micheline Calmy-Rey im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen, bei einem absoluten Mehr von 123 Stimmen, als 115. Bundesrat der Schweiz gewählt.[12] Er trat sein Amt am 1. Januar 2012 als Vorsteher des Departements des Innern EDI an, während sein Vorgänger Didier Burkhalter im EDI Nachfolger Calmy-Reys im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wurde.[13] Bei den Bundesratswahlen im Dezember 2015 wurde er mit 210 Stimmen wiedergewählt. Am 6. Dezember 2017 wurde Berset mit 190 von 210 gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten für das Amtsjahr 2018 gewählt. Am 8. Dezember 2021 wählte ihn die Vereinigte Bundesversammlung für das Jahr 2022 zum Vizepräsidenten des Bundesrats.[14]
Auslandbesuche als Bundespräsident 2018
Datum | Ort | Staat | Hauptgrund |
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8. und 9. Januar | Wien | Österreich | Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz, sowie Treffen mit IAEO-Generaldirektor Yukiya Amano, OSZE-Generalsekretär Thomas Greminger und Harlem Désir, OSZE-Beauftragter für Medienfreiheit. |
4. bis 7. Februar | Dhaka und Cox’s Bazar | Bangladesch | Treffen mit Präsident Abdul Hamid und Premierministerin Hasina Wajed sowie Besuch des Lagers Kutupalong für Flüchtlinge aus dem benachbarten Myanmar, die der Volksgruppe der Rohingya angehören. |
8. bis 10. Februar | Seoul und Pyeongchang | Südkorea | Treffen mit Präsident Moon Jae-in und Besuch der Eröffnungsfeier und von Wettkämpfen der Olympischen Winterspiele 2018 |
5. März | Vaduz | Liechtenstein | Treffen mit Erbprinz Alois von Liechtenstein und Regierungschef Adrian Hasler |
12. bis 14. April | Tokio | Japan | Treffen mit Präsident Shinzō Abe sowie Gesundheitsminister Katsunobu Katō und Teilnahme an einem internationalen Gipfel zur Patientensicherheit |
11. Mai | Cannes | Frankreich | Besuch der Internationalen Filmfestspiele von Cannes |
13. und 14. Mai | Riga | Lettland | Treffen mit Präsident Raimonds Vējonis und Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum der Unabhängigkeit Lettlands |
16. und 17. Juni | Rostow am Don | Russland | Besuch des WM-Gruppenspiels zwischen der Schweiz und Brasilien |
25. Juni | Luxemburg | Luxemburg | Treffen mit Premierminister Xavier Bettel und dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer Mars Di Bartolomeo sowie Höflichkeitsbesuch bei Grossherzog Henri |
9. und 10. Juli | Nairobi und Kakuma | Kenia | Treffen mit Präsident Uhuru Kenyatta und Besuch des Flüchtlingslagers Kakuma |
26. bis 28. August | Beirut | Libanon | Treffen mit Präsident Michel Aoun, Ministerpräsident Saad Hariri und Parlamentspräsident Nabih Berri |
12. September | Paris | Frankreich | Treffen mit Präsident Emmanuel Macron |
24. bis 27. September | New York City und Philadelphia | Vereinigte Staaten | Teilnahme an der UNO-Generalversammlung und Rede an der University of Pennsylvania |
11. und 12. Oktober | Jerewan | Armenien | Teilnahme am Frankophonie-Gipfel |
18. und 19. Oktober | Brüssel | Belgien | Teilnahme am ASEM-Gipfel |
1. November | Bukarest | Rumänien | Treffen mit Präsident Klaus Johannis |
11. November | Paris | Frankreich | Teilnahme an den Gedenkfeierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs |
12. November | Rom und Palermo | Italien und Vatikanstadt | Audienz bei Papst Franziskus und Treffen mit Kardinalsekretär Pietro Parolin sowie Teilnahme an einer internationalen Konferenz zu Libyen |
2. und 3. Dezember | Katowice | Polen | Teilnahme an der UNO-Klimakonferenz |
Literatur
- Alain Berset im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Felix E. Müller: Wie ich die Krise erlebe: Bundesrat Alain Berset im Gespräch mit Felix E. Müller. NZZ Libro, Zürich 2020, ISBN 978-3-907291-35-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Der rosarote Mittelstreckenläufer. Der Freiburger Alain Berset wird neuer Ständeratspräsident. In: Neue Zürcher Zeitung. 1. Dezember 2008, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Alain Berset: «Une très belle école de vie». In: Le Matin. 12. August 2017, abgerufen am 29. August 2018.
- Zwei Männer sind favorisiert. In: St. Galler Tagblatt. 8. September 2011, abgerufen am 29. August 2018.
- Records du club. In: Club athlétique de Belfaux. 2018, abgerufen am 29. August 2018.
- Berset höchste Freiburgerin. In: Berner Zeitung, 13. November 2009.
- Solange Berset auf der Website des Grossen Rat Freiburg. Abgerufen am 12. November 2021.
- Bundesrat Alain Berset. Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern EDI. Abgerufen am 12. Dezember 2020.
- Polittalent vs. pragmatischer Romand. In: Tages-Anzeiger. 25. November 2011, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Alain Berset: Vielleicht diesmal ganz vorne. In: SR DRS. Archiviert vom Original; abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Kanton Freiburg. Ständerat. 2 Sitze (2007). Bundesamt für Statistik, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Kanton Freiburg. Ständerat. 2 Sitze (2011). Bundesamt für Statistik, abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Gesamterneuerungswahl des Bundesrates vom 14. Dezember 2011. Die Bundesversammlung – Das Schweizer Parlament, archiviert vom Original am 3. Dezember 2011; abgerufen am 14. Dezember 2011.
- Burkhalter wird Aussenminister, Berset rückt nach. In: Handelszeitung.ch. 16. Dezember 2011, abgerufen am 12. Dezember 2020.
- Ignazio Cassis folgt auf Guy Parmelin: Der Bundespräsident der Schweiz für 2022 ist gewählt. In: NZZ.ch. 29. November 2021, abgerufen am 3. Januar 2022.
Vorgängerin | Amt | Nachfolger |
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Micheline Calmy-Rey | Mitglied im Schweizer Bundesrat seit 2012 | — |