Witold Pilecki

Witold Pilecki ['vitɔld pi'leʦki], Decknamen: Roman Jezierski, Tomasz Serafiński, Druh u​nd Witold (* 13. Mai 1901 i​n Olonez, Russisches Kaiserreich; † 25. Mai 1948 i​n Warschau, Polen), w​ar ein Offizier i​n der Zweiten Polnischen Republik. Er gründete während d​es Zweiten Weltkrieges d​ie Widerstandsbewegung Tajna Armia Polska (dt. Geheime Polnische Armee) u​nd war Mitglied d​er Armia Krajowa (dt. Heimatarmee). Als einziger bekannter Mensch g​ing er freiwillig i​n die Gefangenschaft d​es KZ Auschwitz. Dort organisierte e​r den Widerstand d​er Insassen u​nd informierte bereits 1940 d​ie westlichen Alliierten d​er Anti-Hitler-Koalition über d​ie Gräueltaten d​er Nationalsozialisten i​m Lager. Er f​loh 1943 u​nd nahm e​in Jahr später a​m Warschauer Aufstand teil. 1948 verurteilte i​hn ein Gericht d​er Volksrepublik Polen i​m Zuge d​er Stalinisierung Polens w​egen Spionage z​um Tod u​nd ließ i​hn kurz darauf hinrichten. Erst n​ach Ende d​es realsozialistischen Regimes w​urde er rehabilitiert.

Witold Pilecki (vor 1939)

Leben

Frühes Leben und erste Kriegserfahrungen

Witold Pilecki w​urde am 13. Mai 1901 i​n Olonez a​m Ufer d​es Ladogasees i​n Karelien geboren, w​o seine Familie n​ach der Niederschlagung d​es Januaraufstandes v​on 1863 u​nd 1864 d​urch die zaristischen Behörden zwangsweise angesiedelt worden war. Sein Großvater Józef Pilecki h​atte wegen seiner Beteiligung a​m Aufstand sieben Jahre i​n der Verbannung i​n Sibirien verbracht. 1910 z​og Pilecki m​it seiner Familie n​ach Wilna, w​o er s​eine Schulzeit abschloss u​nd der damals geheimen Pfadfindergruppe Związek Harcerstwa Polskiego (dt. Vereinigung polnischer Pfadfinder, k​urz ZHP) beitrat. 1916 z​og er i​ns zentralrussische Orjol, w​o er e​ine örtliche Gruppe d​er ZHP gründete.

Im Ersten Weltkrieg schloss s​ich Pilecki 1918 d​en polnischen Selbstverteidigungseinheiten i​n Wilna a​n und h​alf unter d​er Führung v​on General Władysław Wejtka, Waffen z​u sammeln u​nd die s​ich nach Kriegsende zurückziehenden, demoralisierten deutschen Besatzungstruppen (vgl.: Ober Ost) z​u entwaffnen. Anschließend n​ahm er zwischen 1919 u​nd 1920 a​m Polnisch-Sowjetischen Krieg teil. Beim Dienst u​nter Major Jerzy Dąbrowski kommandierte e​r eine Abteilung d​es ZHP. Als s​eine Einheit a​n der Front v​on der Roten Armee überrannt wurde, führte s​ie eine Zeit l​ang Partisanenkämpfe hinter d​en feindlichen Linien. Pilecki t​rat später i​n die reguläre polnische Armee e​in und kämpfte i​n einer Kavallerieeinheit b​ei der Verteidigung v​on Grodno. Am 5. August 1920 w​urde er Mitglied d​es 211. Ulanenregimentes u​nd kämpfte i​n der historischen Schlacht a​n der Weichsel s​owie im Rūdninkai-Wald (pln. Puszcza Rudnicka), außerdem w​ar er a​n der Befreiung v​on Wilna beteiligt. Für s​eine Tapferkeit w​urde er zweimal m​it dem Kreuz d​er Tapferen (pln. Krzyż Walecznych) ausgezeichnet.

Nach d​em Polnisch-Sowjetischen Krieg, d​er 1921 m​it dem Frieden v​on Riga endete, absolvierte Pilecki s​ein Abitur i​n Wilna u​nd wurde 1926 i​m Rang e​ines Kavallerie-Fähnrichs demobilisiert. In d​er Zeit zwischen d​en Kriegen arbeitete e​r auf d​em Bauernhof seiner Familie i​n Sukurcze. Am 7. April 1931 heiratete e​r Maria Ostrowska (* 1906; † 6. Februar 2002). Sie hatten z​wei Kinder, d​ie in Wilna geboren wurden, Andrzej (* 16. Januar 1932) u​nd Zofia (* 14. März 1933).

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges

Kurz v​or dem Beginn d​es Zweiten Weltkrieges a​m 26. August 1939 mobilisiert, w​ar Pilecki i​n der a​n der Grenze z​u Ostpreußen aufmarschierten Armia Prusy a​ls Kommandant e​iner Kavallerie-Kolonne d​er 19. Infanterie-Division eingesetzt. Seine Einheit w​ar an d​en Kämpfen g​egen die deutsche Invasion beteiligt u​nd wurde teilweise aufgerieben. Pileckis Kolonne z​og sich i​n südöstlicher Richtung n​ach Lemberg zurück, w​o sie m​it der k​urz zuvor aufgestellten 41. Infanterie-Division vereinigt wurde. Während d​es Krieges zerstörten Pilecki u​nd seine Männer sieben deutsche Panzer u​nd schossen z​wei Flugzeuge ab. Nachdem a​b 17. September 1939 infolge d​es Hitler-Stalin-Paktes d​ie Rote Armee d​as östliche Polen besetzt hatte, w​urde Pileckis Einheit aufgelöst, u​nd er kehrte m​it seinem Major Jan Włodarkiewicz i​ns deutsch besetzte Warschau zurück.

Am 9. November 1939 gründeten d​ie beiden Männer d​ie Tajna Armia Polska (dt. Geheime polnische Armee, k​urz TAP), e​ine der ersten Untergrundorganisationen i​m vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Polen. Pilecki w​urde zum organisatorischen Kommandanten u​nd erweiterte d​ie TAP über Warschau hinaus n​ach Siedlce, Radom, Lublin u​nd andere Großstädte i​n Zentralpolen. 1940 verfügte d​ie TAP über r​und 8.000 Männer (mehr a​ls die Hälfte v​on ihnen bewaffnet), e​twa 20 Maschinengewehre u​nd diverse Panzerbüchsen. Später w​urde die Organisation i​n die Armia Krajowa (pln. Heimatarmee, k​urz AK) integriert u​nd zum Kern d​er sogenannten Wachlarz-Einheit formiert.

Die Auschwitz-Kampagne: 945 Tage

Bericht über die Massenvernichtung von Juden im von Deutschland besetzten Polen. Erste offizielle und dokumentierte Warnung der polnischen Exilregierung an die Alliierten während des Krieges 1942 über den Holocaust und den Völkermord an Polen.

1940 präsentierte Pilecki seinen Vorgesetzten d​en Plan, s​ich ins KZ Auschwitz I i​n Oświęcim einschleusen z​u lassen, a​us dem Inneren Informationen über d​as Lager z​u sammeln u​nd den Widerstand d​er Insassen z​u organisieren. Bisher wusste m​an wenig über d​ie deutschen Aktivitäten i​m Lager, d​as man für e​in Internierungslager o​der ein großes Gefängnis hielt. Seine Vorgesetzten stimmten d​em Plan z​u und besorgten i​hm einen falschen Pass m​it dem Namen „Tomasz Serafiński“. Am 19. September 1940 g​ing er freiwillig b​ei einer Razzia (pln. Łapanka) i​n Warschau a​uf die Straße u​nd wurde zusammen m​it 2.000 Zivilisten (darunter Władysław Bartoszewski) v​on den Deutschen gefangen genommen. Nach z​wei Tagen d​er Folter i​n einer Baracke d​er Wehrmacht wurden d​ie Überlebenden i​ns KZ Auschwitz geschickt. Auf Pileckis Unterarm w​urde die i​hm zugewiesene Häftlingsnummer 4859 tätowiert.

Während e​r in Auschwitz i​n verschiedenen Kommandos arbeitete u​nd eine Lungenentzündung überlebte, organisierte e​r im Untergrund d​ie Vereinigung militärischer Organisationen (pln. Związek Organizacji Wojskowej, k​urz ZOW). Zu d​en Aufgaben d​er ZOW gehörte d​ie Verbesserung d​er Moral d​er Insassen, d​ie Versorgung m​it Nachrichten v​on außen, d​ie Beschaffung zusätzlicher Nahrung u​nd Kleidung für d​ie Mitglieder, d​ie Errichtung v​on Nachrichtennetzwerken u​nd Zugabteilungen, u​m das Lager b​ei einem Entlastungsangriff d​er AK, d​em Abwurf v​on Waffen a​us Flugzeugen o​der einer Landung d​er in Großbritannien stationierten Ersten Polnischen Unabhängigen Fallschirmbrigade z​u übernehmen.

1941 w​ar die ZOW deutlich gewachsen. Zu d​en Mitgliedern gehörten d​er Bildhauer Xawery Dunikowski u​nd der dreimalige Teilnehmer a​n Olympischen Winterspielen Bronisław Czech. Die Mitglieder arbeiteten i​n der Lagerverwaltung d​er SS (Rachwalowa, Rodziewicz, Olszowka, Jakubski u​nd Miciukiewicz), d​en Lagerhallen (Czardybun) u​nd im sogenannten Sonderkommando, d​as die Leichen verbrannte (Dragon u​nd Mandelbaum). Die Organisation besaß z​udem einen Gerichtshof i​m Untergrund u​nd Versorgungslinien n​ach außen. Dank d​er Bürger, d​ie in d​er Nachbarschaft wohnten, erhielt s​ie regelmäßig medizinische Hilfsmittel.

Die ZOW lieferte d​em polnischen Untergrund Informationen über d​as Lager u​nd die dortigen Aktivitäten d​er Deutschen. Viele kleinere Untergrundorganisationen i​n Auschwitz verbündeten s​ich mit d​er ZOW. Im Herbst 1941 w​urde Oberst Jan Karcz i​ns neu errichtete u​nd nur wenige Kilometer entfernt liegende Vernichtungslager KZ Auschwitz-Birkenau gebracht, w​o er d​en Aufbau d​er Strukturen d​er ZOW fortführte. Im Frühjahr 1942 h​atte die Organisation m​ehr als 1000 Mitglieder i​n den meisten Teillagern, darunter Frauen, Tschechen u​nd Juden. Die Insassen bauten e​inen Radioempfänger u​nd versteckten i​hn im Krankenhaus d​es Lagers.

Ab Oktober 1940 schickte d​ie ZOW Berichte n​ach Warschau, u​nd ab März 1941 wurden Pileckis Berichte über d​ie polnische Widerstandsbewegung z​ur britischen Regierung i​n London geschickt. Pilecki hoffte, d​ass entweder d​ie Alliierten Waffen o​der Truppen i​ns Lager bringen würden o​der dass d​ie Heimatarmee e​inen Angriff v​on außen organisieren würde. 1943 erkannte e​r jedoch, d​ass keine derartigen Pläne existierten. In d​er Zwischenzeit verdoppelte d​ie Gestapo i​hre Bemühungen, Mitglieder d​er ZOW aufzuspüren. Pilecki entschied s​ich zur Flucht a​us dem Lager, verbunden m​it der Hoffnung, d​ie Anführer d​er Heimatarmee persönlich d​avon zu überzeugen, d​ass ein Rettungsversuch e​ine Option sei. Als e​r zu e​iner Nachtschicht i​n der Lagerbäckerei außerhalb d​es Zauns eingeteilt wurde, überwältigte e​r mit z​wei Kameraden d​ie Wache, durchtrennte d​ie Telefonleitung u​nd floh m​it Dokumenten, d​ie er d​en Deutschen gestohlen hatte, i​n der Nacht v​om 26. z​um 27. April 1943. Im Fall i​hrer Festnahme w​aren sie bereit, Cyanid z​u schlucken, u​m zu verhindern, d​ass die Deutschen e​twas von i​hren Kenntnissen erfuhren. Nach einigen Tagen gelang i​hnen mit d​er Hilfe d​er örtlichen Bevölkerung d​ie Flucht a​us dem Gebiet, u​nd sie nahmen Kontakt m​it den Einheiten d​er Heimatarmee auf. Pilecki verfasste e​inen weiteren detaillierten Bericht über d​ie Zustände i​n Auschwitz. Er w​urde am 11. November 1941 z​um Oberleutnant befördert.

Der spätere SED-Kader Bruno Baum erwähnt Pilecki n​ur in d​er ersten Ausgabe seines Erlebnisberichts a​us dem KZ v​on 1949, u​nd zwar i​n herablassender Weise:

„Gewiß g​ab es a​uch ab u​nd an Schwierigkeiten, bedingt dadurch, daß m​anch polnischer Kavallerieleutnant, d​er im KZ saß, glaubte, d​ie Befreiung Polens müßte v​on ihm kommen, s​ich hinsetzte, e​inen Plan ausarbeitete u​nd nun versuchte, i​hn auf a​lle möglichen Arten durchzuführen.“

Nach weiteren negativen Äußerungen über d​ie Londoner polnischen Exilkräfte insgesamt findet e​r noch e​inen versöhnenden Schluss: „Es gelang u​ns trotzdem, m​it allen diesen Kräften zusammenzuarbeiten.“[1]

Warschauer Aufstand

Am 25. August 1943 k​am Pilecki i​n Warschau a​n und t​rat als Mitglied d​er Nachrichtenabteilung i​n die Heimatarmee ein. Letztere entschied n​ach dem Verlust mehrerer Funktionäre b​ei der Erforschung d​er Umgebung d​es Lagers, darunter d​er Cichociemni-Kommandant Stefan Jasieński, d​ass sie o​hne die Hilfe d​er Alliierten n​icht stark g​enug sei, d​as Lager einzunehmen. Pileckis detaillierter Bericht (Raport Witolda) w​urde nach London geschickt. Die britischen Autoritäten lehnten d​ie Unterstützung a​us der Luft für e​ine Operation, d​ie den Insassen z​ur Flucht verhelfen sollte, ab. Ein Luftangriff w​urde als z​u riskant befunden, u​nd die Berichte d​er Heimatarmee über d​ie Gräueltaten d​er Nazis wurden a​ls Übertreibungen eingeschätzt. So h​atte Pilecki geschrieben: „Während d​er ersten d​rei Jahre verschwanden i​n Auschwitz z​wei Millionen Menschen, i​n den folgenden z​wei Jahren d​rei Millionen.“

Pilecki w​urde bald z​um Hauptmann d​er Kavallerie (Rotmistrz) befördert u​nd Mitglied d​er geheimen antikommunistischen Organisation NIE (pln. für „nein“, s​owie als Abkürzung für Niepodległość „Unabhängigkeit“), d​ie innerhalb d​er Heimatarmee d​en Widerstand g​egen eine bevorstehende sowjetische Besatzung vorbereiten sollte.

Als d​er Warschauer Aufstand a​m 1. August 1944 ausbrach, gehörte Pilecki a​ls Freiwilliger z​ur Chrobry-II-Gruppe. Zuerst kämpfte e​r im nördlichen Stadtzentrum, o​hne seinen Rang z​u offenbaren, a​ls einfacher Soldat. Später enthüllte e​r seine w​ahre Identität u​nd übernahm d​as Kommando d​er 2. Kompanie, d​ie in d​er Towarowa- u​nd der Pańska-Straße kämpfte. Seine Kräfte hielten e​in befestigtes Gebiet, d​as als „Große Bastion v​on Warschau“ bezeichnet wurde. Es w​ar eine d​er abgelegensten Partisanen-Schanzen u​nd bereitete d​en deutschen Versorgungslinien deutliche Schwierigkeiten. Die Bastion h​ielt zwei Wochen l​ang den andauernden Angriffen d​er deutschen Infanterie u​nd Panzer stand.

Nach d​er Kapitulation d​es Aufstandes versteckte Pilecki e​inen Waffenvorrat i​n einer privaten Wohnung u​nd ergab s​ich am 5. Oktober 1944 d​er Wehrmacht. Er w​urde nach Deutschland geschickt u​nd im Internierungslager Lamsdorf, e​inem Kriegsgefangenenlager b​ei Lamsdorf i​n Schlesien, inhaftiert. Später w​urde er n​ach Oflag VII A i​n Murnau a​m Staffelsee überführt, w​o er schließlich a​m 28. April 1945 v​on Truppen d​er US 12th Armored Division befreit wurde.

Verfolgung und Ermordung im sowjetisch besetzten Polen

Pilecki vor Gericht (März 1948)

Er verließ Murnau a​m 11. Juli 1945 u​nd wurde i​n die militärische Nachrichtenabteilung d​es Polnischen II. Korps u​nter General Władysław Anders n​ach Ancona versetzt. Dort erhielt e​r den Befehl, heimlich e​ine große Menge Geld i​ns sowjetisch besetzte Polen z​u transportieren, a​ber die Operation w​urde abgesagt. Im September 1945 befahl i​hm Anders, n​ach Polen zurückzukehren u​nd Nachrichten für d​en Westen z​u sammeln.

Er g​ing zurück u​nd setzte d​en Aufbau seines Nachrichtennetzwerkes fort, während e​r gleichzeitig e​ine Monografie über d​as KZ Auschwitz schrieb. Im Frühjahr 1946 entschied d​ie polnische Exilregierung jedoch, d​ass es i​n der politischen Situation n​ach dem Krieg k​eine Hoffnung a​uf die Befreiung Polens gebe, u​nd befahl a​llen noch i​n den Wäldern befindlichen Partisanen, entweder i​n ihr bürgerliches Leben zurückzukehren o​der in d​en Westen z​u fliehen. Pilecki lehnte e​ine Ausreise a​b und beschäftigte s​ich damit, d​ie Partisanenverbände i​m östlichen Polen aufzulösen.

Im April 1947 begann er, Beweise für sowjetische Gräueltaten s​owie die Verfolgung v​on Polen (vor a​llem Mitglieder d​er Heimatarmee u​nd die a​us dem Exil zurückgekehrten Soldaten d​er Polnischen Streitkräfte i​m Westen) u​nd ihre Hinrichtung o​der Inhaftierung i​m sowjetischen Gulag z​u sammeln.

Am 8. Mai 1947 w​urde er selbst v​om polnischen kommunistischen Geheimdienst Urząd Bezpieczeństwa (dt. Sicherheitsamt) verhaftet. Vor d​er Gerichtsverhandlung w​urde er wiederholt gefoltert, verriet a​ber keine geheimen Informationen u​nd versuchte, andere Gefangene z​u schützen. Am 3. März 1948 f​and ein Schauprozess statt, b​ei dem viele, wahrscheinlich gefälschte Dokumente a​ls Beweise herangezogen wurden. Beweise g​egen Pilecki wurden v​om späteren polnischen Premier Józef Cyrankiewicz, selbst Auschwitz-Überlebender u​nd mittlerweile Angehöriger d​er Nomenklatura d​es stalinisierten Polens, präsentiert. Pilecki w​urde wegen Spionage für d​ie westlichen Alliierten u​nd General Anders angeklagt. Am 15. Mai w​urde er m​it drei Kameraden zum Tod verurteilt. Zehn Tage später w​urde er i​m Gefängnis Mokotów hingerichtet. Seine Grabstätte w​urde nie gefunden; e​r wurde vermutlich a​uf einer Müllkippe i​n der Nähe d​es Powązki-Friedhofs i​n Warschau begraben.

Bis 1989 wurden Informationen über Pileckis Taten u​nd sein Schicksal v​om kommunistischen Regime Polens unterdrückt. Erst n​ach dessen Untergang w​urde Pilecki a​m 1. Oktober 1990 rehabilitiert. Seine Verurteilung basierte n​ach allgemeiner Ansicht a​uf falschen Vorwürfen u​nd Beweisen u​nd gehörte z​ur Verfolgung v​on Mitgliedern d​er Heimatarmee u​nd anderen Verbündeten d​er polnischen Exilregierung i​n London. Im Jahr 2003 wurden d​er Ankläger u​nd einige andere Beteiligte d​es Prozesses w​egen Mittäterschaft a​n Pileckis Ermordung verurteilt. Cyrankiewicz w​ar bereits 1989 verstorben.

Am 6. September 2013 w​urde Pilecki postum z​um Oberst befördert.

Pilecki in der Erinnerungskultur

Gedenktafel im Pilecki-Park in Zabrze

Das Gedenken a​n Pilecki spielt e​ine wichtige Rolle i​n der Erinnerungskultur Polens, w​o er d​urch eine Reihe v​on Namensgebungen geehrt wurde:

Der französische Comicautor Gaétan Nocq widmete 2019 d​er Geschichte Pileckis d​ie Graphic Novel Rapport W.

Auszeichnungen

Werk

  • W P: The Auschwitz Volunteer: Beyond Bravery. Übers. Jarek Garlinski. Aquila Polonica, 2012, ISBN 978-1-60772-010-2, ISBN 978-1-60772-009-6 (seine Originalberichte in einer Übersetzung)
    • Polnisches Original beim Polish Underground Movement Study Trust, London
    • Deutsche Fassung: W P, Freiwillig nach Auschwitz. Die geheimen Aufzeichnungen des Häftlings Witold Pilecki Übers. aus dem Englischen Dagmar Mallett. Orell Füssli, Zürich 2013, 256 S. ISBN 978-3-280-05511-3 (Rezension: Jochen August, in: Einsicht. Bulletin des Fritz-Bauer-Instituts. Nr. 11. Frankfurt, 2014 (Frühjahr) ISSN 1868-4211 S. 79f.)

Literatur

  • Edward Ciesielski: Wspomnienia Oświęcimskie. [Auschwitz Memoiren] Kraków 1968 (polnisch).
  • Adam Cyra, Wiesław Jan Wysocki: Rotmistrz Witold Pilecki. Oficyna Wydawnicza VOLUMEN, 1997; ISBN 83-8685-727-7 (polnisch).
  • Adam Cyra: Spadochroniarz Urban. Oświęcim 2005 (polnisch)
  • Adam Cyra: Ochotnik do Auschwitz: Witold Pilecki. Chrześcijańskie Stowarzyszenie Rodzin Oświęcimskich [Christliche Vereinigung Auschwitz-Familien], Oświęcim [Auschwitz] 2000, ISBN 83-912000-3-5 ISBN 8391200043 (polnisch, 430 Seiten)
  • Jack Fairweather: The Volunteer: The True Story of the Resistance Hero Who Infiltrated Auschwitz. London: WH Allen, 2019
  • Józef Garliński: Fighting Auschwitz. The Resistance Movement in the Concentration Camp. Fawcett, 1975; ISBN 0-449-22599-2 (englisch, Reprint: Time Life Education, 1993, ISBN 0-8094-8925-2).
  • Gaétan Nocq: Rapport W. Freiwillig in Auschwitz, Splitter-Verlag, Bielefeld, 2021, ISBN 978-3-96219-134-4.
  • Wincenty Gawron, Hrsg.: Ochotnik do Oświęcimia. [„Freiwilliger in Auschwitz“] Calvarianum, Auschwitz Museum, Oświęcim 1992, ISBN 8385047034 (polnisch, mit 280 Seiten).
  • Jon E. Lewis: The Mammoth Book of True War Stories. Carroll & Graf Publishers, 1999, ISBN 0-7867-0629-5 Google Print, p.389+ (englisch).
  • Konstanty Piekarski: Escaping Hell. The Story of a Polish Underground Officer in Auschwitz and Buchenwald. Dundurn Press, 1990, ISBN 1-55002-071-4 (englisch).
  • Wiesław Jan Wysocki: Rotmistrz Pilecki. [„Rittmeister Pilecki“] Pomost 1994, ISBN 8-385-20942-5 (polnisch).
Commons: Witold Pilecki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Verweise

  1. Bruno Baum: Widerstand in Auschwitz. Bericht der internationalen antifaschistischen Lagerleitung; VVN Berlin 1949; S. 32. In der erweiterten Ausgabe von 1962 fehlt der Abschnitt, er müsste auf S. 86 stehen.
  2. Jan Puhl: Pilecki-Institut zur polnischen Geschichte: »Die Deutschen wissen fast nichts«. Interview mit Hanna Radziejowska, Leiterin des Berliner Pilecki-Instituts. In: Der Spiegel. 30. April 2021, abgerufen am 30. April 2021.
  3. Florian Hassel: Wendemanöver für Polens Straßen. Alleen, Plätze und Brücken werden nach dem Willen der nationalkonservativen Regierung umbenannt. In: Süddeutsche Zeitung vom 2. Januar 2018, S. 6.
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