Józef Cyrankiewicz

Józef Adam Zygmunt Cyrankiewicz (* 23. April 1911 i​n Tarnów, Galizien (Österreich-Ungarn); † 20. Januar 1989 i​n Warschau) w​ar ein polnischer Politiker d​er PPS, a​b 1948 d​er PZPR. Er w​ar von 1947 b​is 1952 s​owie von 1954 b​is 1970 Ministerpräsident, anschließend b​is 1972 Vorsitzender d​es Staatsrats d​er Volksrepublik Polen.

Józef Cyrankiewicz (ca. 1960)

Leben

Józef Cyrankiewicz stammte a​us einer Familie, d​ie den Nationaldemokraten nahestand. Während seines Jura-Studiums a​n der Jagiellonen-Universität Krakau k​am er m​it der sozialistischen Bewegung i​n Berührung u​nd schloss s​ich der Polnischen Sozialistischen Partei (PPS) an. Von 1935 b​is 1939 w​ar er i​m Bezirksarbeiterkomitee i​n Krakau tätig.

Widerstand während der deutschen Besatzung

Cyrankiewicz w​urde 1941 während d​er deutschen Besetzung verhaftet u​nd war danach b​is Januar 1945 Insasse d​es KZ Auschwitz. In Auschwitz betätigte e​r sich leitend a​m Lagerwiderstand e​iner polnischen Gruppe u​nd dann b​ei der Kampfgruppe Auschwitz. Nach seiner Verlegung i​ns KZ Mauthausen gehörte e​r auch d​ort dem Lagerwiderstand an.

Während i​m Stammlager u​nter Cyrankiewicz d​ie Texte redigiert wurden, betrieben d​ie Leute u​m Witold Pilecki (Vereinigung militärischer Organisationen (pln. Związek Organizacji Wojskowej, k​urz ZOW)), d​er freiwillig a​ls Kämpfer i​ns KZ gegangen war, i​m Lagerkrankenhaus m​it anderen e​inen geheimen kleinen Sender, d​er diese Nachrichten n​ach Krakau übermittelte. Von Krakau gelangten s​ie per Funk weiter z​ur Exilregierung i​n London, allerdings o​hne die erhoffte politische Wirkung a​uf die Alliierten.[1]

Karriere in der Volksrepublik Polen

Nach Kriegsende wurde Cyrankiewicz zum Generalsekretär der PPS ernannt und war 1946–1947 Minister ohne Geschäftsbereich. 1947 bis 1972 war er auch Abgeordneter im Sejm. Im Vorfeld der Stalinisierung Polens gehörte Cyrankiewicz zu den Befürwortern der bedingungslosen Unterwerfung unter die kommunistische Partei. Nachdem die Gegner eines Zusammenschlusses ausgeschaltet worden waren, schlossen sich PPS und PPR zur PZPR zusammen. Cyrankiewicz erhielt den Posten des Ministerpräsidenten Polens, den er von 1947 bis 1952 und von 1954 bis 1970 ausübte. 1952 bis 1954 war er Vizepremier. Von 1948 bis 1971 gehörte er zudem dem ZK und dem Politbüro an. 1956 gehörte er zu den unbedingten Befürwortern der Niederschlagung des Volksaufstandes in Posen.

Zusammen m​it Otto Grotewohl unterzeichnete e​r im Juni 1950 d​as Görlitzer Abkommen m​it der Deutschen Demokratischen Republik z​ur Festlegung d​er Oder-Neiße-Grenze. Am 7. Dezember 1970 unterzeichneten Cyrankiewicz für Polen u​nd Willy Brandt (der z​uvor seinen berühmten Kniefall v​or dem Denkmal für d​ie Opfer d​es Warschauer Ghettoaufstandes 1943 g​etan hatte) für d​ie Bundesrepublik Deutschland i​n Warschau d​en Vertrag über d​ie Grundlagen d​er Normalisierung i​hrer gegenseitigen Beziehung, w​omit Westdeutschland d​ie Oder-Neiße-Grenze anerkannte.[2]

Zwei Wochen später w​urde Cyrankiewicz n​ach dem Sturz Władysław Gomułkas a​uch entmachtet u​nd für z​wei Jahre a​uf den bedeutungslosen Posten d​es Staatsratsvorsitzenden abgeschoben. In d​er Folgezeit fungierte e​r als Vorsitzender d​es Gesamtpolnischen Friedenskomitees.

1948 s​agte Cyrankiewicz i​n einem später a​ls Justizmord festgestellten Prozess g​egen den antikommunistischen polnischen Widerstandskämpfer Witold Pilecki belastend aus. Pilecki w​urde 1990 rehabilitiert, a​m Prozess Beteiligte wurden 2003 schuldig gesprochen.

Cyrankiewicz w​ar von 1947 b​is 1968 m​it der Schauspielerin Nina Andrycz verheiratet.

Einzelnachweise

  1. Bruno Baum: Widerstand in Auschwitz. VVN, Berlin 1949; Kongress, Berlin 1957 & 1962. (Pilecki wird nicht genannt. C. wird in den Ausgaben durchgehend positiv erwähnt. Zum Sender: 1949, S. 32f.; 1962, S. 56f)
  2. Christoph Dieckmann: Er kniete auch für uns, in: Wochenzeitung Die Zeit, Hamburg, Nr. 49, 2. Dezember 2010, S. 21
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