Schalschelet
Schalschelet ׀ ֓ (hebräisch שַלְשֶלֶת, deutsch: Kette) ist eine Trope in der jüdischen Liturgie und zählt zu den biblischen Satz-, Betonungs- und Kantillationszeichen Teamim, die im Tanach erscheinen.
Betonungszeichen oder Akzent Unicodeblock Hebräisch | |
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Zeichen | ׀ ֓ |
Unicode | U+0593 |
Schalschelet (aschk. + seph.) | שַׁלְשֶׁ֓לֶת׀ |
In der aschkenasischen, sephardischen und italienischen Tradition wird es Schalschelet genannt.
Schalschelet gedola und Schalschelet qetanna
Schalschelet | |||||||
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Biblische Betonungszeichen | |||||||
Sof pasuq | ֽ ׃ | Paseq | ׀ | ||||
Etnachta | ֑ | Segol | ֒ | ||||
Schalschelet | ֓ | Zakef katan | ֔ | ||||
Zakef gadol | ֕ | Tipcha | ֖ | ||||
Rewia | ֗ | Zinnorit | ֘ | ||||
Paschta | ֙ | Jetiw | ֚ | ||||
Tewir | ֛ | Geresch | ֜ | ||||
Geresch muqdam | ֝ | Gerschajim | ֞ | ||||
Qarne para | ֟ | Telischa gedola | ֠ | ||||
Pazer | ֡ | Atnach hafuch | ֢ | ||||
Munach | ֣ | Mahpach | ֤ | ||||
Mercha | ֥ | Mercha kefula | ֦ | ||||
Darga | ֧ | Qadma | ֨ | ||||
Telischa qetanna | ֩ | Jerach ben jomo | ֪ | ||||
Ole we-Jored | ֫ ֥ | Illuj | ֬ | ||||
Dechi | ֭ | Zarqa | ֮ | ||||
Rewia gadol | ֗ | Rewia mugrasch | ֜ ֗ | ||||
Rewia qaton | ֗ | Mahpach legarmeh | ֤ ׀ | ||||
Azla legarmeh | ֨ ׀ | Kadma we-asla | ֨ ֜ | ||||
Maqqef | ־ | Meteg | ֽ | ||||
Schalschelet kann in zwei verschiedenen Funktionen auftauchen und sowohl konjunktiv als auch disjunktiv verwendet werden. Somit gibt es zwei Varianten: Schalschelet gedola, das große Schalschelet in trennender Funktion mit Paseq sowie Schalschelet qetanna, das kleine Schalschelet mit verbindender Funktion ohne Paseq. Schalschelet gedola besteht aus zwei Teilen: einer senkrechten Zickzacklinie, dem eigentlichen Schalschelet über dem ersten Buchstaben der betonten Silbe und Paseq, einem senkrechten Strich nach dem Wort.[1] Das Paseq[2] wurde zur Betonung der disjunktiven Funktion hinzugefügt. In den poetischen Büchern kann Schalschelet konjunktiv und disjunktiv verwendet werden kann. Beispielsweise ist es in Psalm 3,3 konjunktiv, so dass dort das Paseq fehlt. In den übrigen 21 Büchern kommt das Schalschelet nur disjunktiv vor.[3][4]
Beschreibung
Symbolik
Die Symbolik soll die innere Dualität und Zerrissenheit des handelnden Subjekts der Erzählung verdeutlichen, was sich im Zögern in seinen äußeren Handlungen ausdrückt.[5][6]
Grammatik
Grammatikalisch ist Schalschelet gedola ein disjunktives (trennendes) Zeichen der zweiten Ebene an Stelle eines Segol-Segments.[2] Im Gegensatz zum Segol geht dem Schalschelet weder ein konjunktiver Akzent noch ein disjunktiver Akzent der niedrigeren Ebene voraus, es steht immer alleine am Versanfang. Schalschelet ersetzt ein Segol, das das Ende eines Segments der zweiten Ebene signalisiert. Während ein Segol nie auf dem ersten Wort eines Satzes erscheinen kann, übernimmt das Schalschelet die Funktion eines Segols in solchen Fällen.[2]
Melodie
Die Länge von Schalschelet variiert bis zu circa 30 Tönen; die Anzahl ändert sich aber je nach dem Wort, auf dem sie verwendet wird. Solomon Rosowsky nennt eine Variante mit 18 Noten und schreibt dazu: „Von allen Tropen hat Schalschelet die kompliziertesten Phoneme“.[8]
- Johannes Reuchlin: Schalschelet
- Jewish Encyclopedia: Schalschelet
Einsatz
Worte mit Schalschelet erscheinen ausschließlich am Anfang des Verses. Es erscheint in den 21 Büchern nur in Gen 19,16; Gen 24,12; Gen 39,8; Lev 8,23; Jes 13,8; Es 5,15 und Am 1,2.[9][10] Ein mit Schalschelet betontes Wort bekommt musikalisch gesehen eine ganz besondere Aufmerksamkeit.
Genesis 19,16
In Gen 19,16 mit der Betonung auf dem Wort „wajitmahmah“ (hebräisch וַיִּתְמַהְמָ֓הּ; dt.: und er verweilte): Es handelt sich dabei um den Moment, als Lot sich gerade in der Stadt Sodom befindet, die zerstört werden soll. Die Betonung soll dabei Lots Gefühl der Unsicherheit verdeutlichen.[11][12]
Genesis 19,16 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּמִח֥וּץ לָעִֽיר ׃
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1. Ebene |
וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּ מִח֥וּץ לָעִֽיר׃ |
וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו | ||||||
2. Ebene |
מִח֥וּץ לָעִֽיר׃ |
וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּ |
וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו |
וַיִּתְמַהְמָ֓הּ׀ |
Esra 5,15
In Esra 5,15 mit der Betonung auf dem Wort „lehu“ (biblisch-aramäisch לֵ֓הּוּ ‚zu ihm‘): Es handelt sich dabei um den Moment der Beauftragung mit dem Wiederaufbau des Jerusalemer Tempels unter Serubbabel und Jeschua.
Esra 5,15 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀ אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃
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1. Ebene |
וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃ ׃ |
וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀ אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם | ||||||
2. Ebene |
יִתְבְּנֵ֥א עַל־אַתְרֵֽהּ׃ |
וּבֵ֥ית אֱלָהָ֖א |
אֵלֶּה מָֽאנַיָּ֔א שֵׂ֚א אֵֽזֶל־אֲחֵ֣ת הִמֹּ֔ו בְּהֵיכְלָ֖א דִּ֣י בִירוּשְׁלֶ֑ם |
וַאֲמַר־לֵ֓הּ׀ |
Jesaja 13,8
In Jesaja 13,8 mit der Betonung auf dem Wort „weniwhalu“ (hebräisch וְֽנִבְהָ֓לוּ; dt.: „und erschreckt werden sie“[13]): Es handelt sich dabei um den Moment, wo Gericht über die Völker gehalten wird. Die Betonung liegt dabei auf dem Gefühl der Bestürzung.
Jesaja 13,8 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וְֽנִבְהָ֓לוּ׀ צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן אִ֤ישׁ אֶל־רֵעֵ֨הוּ֙ יִתְמָ֔הוּ פְּנֵ֥י לְהָבִ֖ים פְּנֵיהֶֽם׃
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1. Ebene |
אִ֤ישׁ אֶל־רֵעֵ֨הוּ֙ יִתְמָ֔הוּ פְּנֵ֥י לְהָבִ֖ים פְּנֵיהֶֽם׃ |
וְֽנִבְהָ֓לוּ׀ צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן | ||||||
2. Ebene |
צִירִ֤ים וַֽחֲבָלִים֙ יֹֽאחֵז֔וּן כַּיֹּולֵדָ֖ה יְחִיל֑וּן |
וְֽנִבְהָ֓לוּ׀ |
Vorkommen
Die Tabelle zeigt das Vorkommen von Schalschelet in den 21 Büchern.[14]
Teil des Tanach | Schalschelet |
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Tora | 4 |
Vordere Propheten | 0 |
Hintere Propheten | 2 |
Ketuvim | 1 |
Gesamt | 7 |
Schalschelet in den poetischen Büchern
Die beiden Formen von Schalschelet gedola und Schalschelet qetanna zählen auch zu den Ta’amei Sifrei Emet טַעֲמֵי סִפְרֵי אֱמֶ"ת. „Emet“ ist ein Akronym bestehend aus den hebräischen Anfangsbuchstaben der Bücher Ijob אִיוֹב = Aleph, Sprichwörter מִשְלֵי (Mischle) = Mem und Psalmen תְהִלִּים (Tehilim) = Taw, dazu kommen noch Vokale, um den Begriff aussprechen zu können. Schalschelet qetanna ist eine seltene Konjunktion, die ausschließlich in den poetischen Büchern vorkommt. Es erscheint dort immer in einer Reihe von mehreren konjunktiven Zeichen.[15]
Literatur
- Francis L. Cohen: Cantillation. In: Isidore Singer (Hrsg.): The Jewish Encyclopedia. Band III. KTAV Publishing House, New York, S. 542–548 (1901–1906).
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible. Band I: Concordance of the Hebrew Accents used in the Pentateuch. Edwin Mellon Press, Lewiston, New York 1996, ISBN 0-7734-2395-8.
- Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. The art of cantillation. 1. Auflage. Jewish Publication Society, Philadelphia 2002, ISBN 0-8276-0693-1.
- Solomon Rosowsky: The Cantillation of the Bible. The Five Books of Moses. The Reconstructionist Press, New York 1957.
- Israel Yeivin: Introduction to the Tiberian Masorah. Hrsg.: E. J. Revell. Scholars Press, Missoula, Montana 1980, ISBN 0-89130-374-X.
- Page H. Kelley, Daniel S. Mynatt, Timothy G Crawford: The Masorah of Biblia Hebraica Stuttgartensia. Introduction and annotated glossary. W.B. Eerdmans Publishing Company, Grand Rapids (Michigan) 1998, OCLC 38168226.
- Elyse Goldstein: The Women’s Torah Commentary. New Insights from Women Rabbis on the 54 Weekly Torah Portions. Jewish Lights Publishing, Woodstock (Vermont) 2000, OCLC 43706613.
- Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. Student Edition. The Jewish Publication Society, Philadelphia 2005, ISBN 0-8276-0816-0 (books.google.co.uk – eingeschränkte Vorschau).
- Ronald H. Isaacs: A Taste of Torah. An Introduction to Thirteen Challenging Bible Stories. URJ Press, New York City 2006, OCLC 62755617.
- William Wickes: A treatise on the accentuation of the three so-called poetical books on the Old Testament, Psalms, Proverbs, and Job. 1881 (archive.org).
- William Wickes: A treatise on the accentuation of the twenty-one so-called prose books of the Old Testament. 1887 (archive.org).
- Arthur Davis: The Hebrew accents of the twenty-one Books of the Bible (K"A Sefarim) with a new introduction. 1900 (archive.org).
Einzelnachweise
- Jacobson (2005), S. 60:«its symbol has two parts: a pile of three left-pointing arrowheads placed over the first letter of the stressed syllable, and a vertical line placed after the word.»
- Jacobson (2002), S. 105.
- Yeivin, S. 272 (im Original S. 371).
- Jacobson (2002), S. 105 [Fußnote 14].
- Under Duress in VaYeshev: The Shalshelet | Jewish Boston Blogs. jewishboston.com, abgerufen am 8. April 2015.
- On Not Trying to Be What You Are Not – Covenant & Conversation – Parsha. chabad.org, abgerufen am 8. April 2015.
- Cohen, S. 546.
- „Of all the tropes Shalshaelaeth has the most complicated phonema“ Rosowsky, S. 236.
- Jacobson (2002), S. 107–108.
- Kelley u. a., The Masorah of Biblia Hebraica Stuttgartensia, S. 147 books.google.co.uk
- Jacobson, S. 65.
- Goldstein, S. 64.
- Rita Maria Steurer: Das alte Testament. Interlinearübersetzung Hebräisch – Deutsch und Transkription des hebräischen Grundtextes nach der Biblia Hebraica Stuttgartensia 1986. Band 3. Jesaja – Jeremia – Ezechiel. Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1986, ISBN 3-7751-1275-8, S. 68.
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible: Concordance …. 1. Band, S. 5.
- Price, Bd. V, S. 1279–1280.
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible, Band V S. 1095.