Etnachta
Etnachta ֑ (hebräisch אֶתְנַחְתָּא) oder Atnach ist eine Trope in der jüdischen Liturgie und zählt zu den biblischen Satz-, Betonungs- und Kantillationszeichen Teamim, die im Tanach erscheinen.
Betonungszeichen oder Akzent Unicodeblock Hebräisch | |
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Zeichen | ֑ |
Unicode | U+0591 |
Etnachta (aschkenasisch) | אֶתְנַחְתָּ֑א |
Atnach (sephardisch) | אַתְנָ֑ח |
Atnach (italienisch) | אַתְנָ֑ח |
Etnaḥa/Atnocho (jemenitisch) | אֶתְנָחָ֑א |
In der aschkenasischen Tradition wird es „Etnachta“ genannt. In der sephardischen und italienischen Tradition wird es „Atnach“[1] (hebräisch אתְנָ֑ח) genannt. In der jemenitischen Tradition wird es auch „Atnocho“[2] (אתנ֑חא) genannt.
Beschreibung
Etnachta | |||||||
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Biblische Betonungszeichen | |||||||
Sof pasuq | ֽ ׃ | Paseq | ׀ | ||||
Etnachta | ֑ | Segol | ֒ | ||||
Schalschelet | ֓ | Zakef katan | ֔ | ||||
Zakef gadol | ֕ | Tipcha | ֖ | ||||
Rewia | ֗ | Zinnorit | ֘ | ||||
Paschta | ֙ | Jetiw | ֚ | ||||
Tewir | ֛ | Geresch | ֜ | ||||
Geresch muqdam | ֝ | Gerschajim | ֞ | ||||
Qarne para | ֟ | Telischa gedola | ֠ | ||||
Pazer | ֡ | Atnach hafuch | ֢ | ||||
Munach | ֣ | Mahpach | ֤ | ||||
Mercha | ֥ | Mercha kefula | ֦ | ||||
Darga | ֧ | Qadma | ֨ | ||||
Telischa qetanna | ֩ | Jerach ben jomo | ֪ | ||||
Ole we-Jored | ֫ ֥ | Illuj | ֬ | ||||
Dechi | ֭ | Zarqa | ֮ | ||||
Rewia gadol | ֗ | Rewia mugrasch | ֜ ֗ | ||||
Rewia qaton | ֗ | Mahpach legarmeh | ֤ ׀ | ||||
Azla legarmeh | ֨ ׀ | Kadma we-asla | ֨ ֜ | ||||
Maqqef | ־ | Meteg | ֽ | ||||
Grammatik
Grammatikalisch gesehen ist Etnachta eine Disjunktion und teilt auf der obersten Ebene den Satz in zwei Satzteile. Die erste Hälfte wird mit Etnachta abgeschlossen, die zweite Hälfte mit Sof pasuq/Silluq.[3][4] Das hebräische Wort heißt auf Deutsch Pause. Dieses Zeichen markiert das Ende eines größeren Sinnabschnitts mit einer Sprechpause, entsprechend finden sich an dieser Stelle manchmal die Pausalformen von Wörtern. In der Funktion als starker Trenner entspricht Atnach als Satzzeichen einem Komma, häufig auch einem Punkt oder Semikolon. Es kann in jedem Satz nur einmal vorkommen und fehlt manchmal in kurzen Sätzen.
Ein Beispiel ist der erste Vers des Buches Genesis. Die Erklärung über Gottes Schöpfung wird mit einem Etnachta gekennzeichnet, um die Vollständigkeit derselben anzuzeigen.[5]
Genesis 19,16
In Genesis 19,16 wird der Vers in ein Etnachta-Segment und ein Sof-Pasuq-Segment auf erster Ebene unterteilt.
Genesis 19,16 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּמִח֥וּץ לָעִֽיר ׃
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1. Ebene |
וַיֹּֽצִאֻ֥הוּ וַיַּנִּחֻ֖הוּ מִח֥וּץ לָעִֽיר׃ |
וַיִּתְמַהְמָ֓הּ | וַיַּֽחֲזִ֨יקוּ הָֽאֲנָשִׁ֜ים בְּיָ֣דוֹ וּבְיַד־אִשְׁתּ֗וֹ וּבְיַד֙ שְׁתֵּ֣י בְנֹתָ֔יו בְּחֶמְלַ֥ת יְהֹוָ֖ה עָלָ֑יו |
Genesis 24,12
- Auch in Genesis 24,12 wird der Vers in ein Etnachta-Segment und ein Sof-Pasuq-Segment auf erster Ebene unterteilt.
Genesis 24,12 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וַיֹּאמַ֓ר׀ יְהוָ֗ה אֱלֹהֵי֙ אֲדֹנִ֣י אַבְרָהָ֔ם הַקְרֵה־נָ֥א לְפָנַ֖י הַיֹּ֑ום וַעֲשֵׂה־חֶ֕סֶד עִ֖ם אֲדֹנִ֥י אַבְרָהָֽם׃
Gen 24,12 | |||||||
1. Ebene |
וַעֲשֵׂה־חֶ֕סֶד עִ֖ם אֲדֹנִ֥י אַבְרָהָֽם׃ |
וַיֹּאמַ֓ר׀ יְהוָ֗ה אֱלֹהֵי֙ אֲדֹנִ֣י אַבְרָהָ֔ם הַקְרֵה־נָ֥א לְפָנַ֖י הַיֹּ֑ום |
Genesis 39,8
Gen 39,8 nimmt ebenso eine Unterteilung auf erster Ebene in Sof-Pasuq-Segment und Etnachta-Segment vor.
Genesis 39,8 | ||||||||
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Gesamter Vers |
וַיְמָאֵ֓ן׀ וַיֹּ֨אמֶר֙ אֶל־אֵ֣שֶׁת אֲדֹנָ֔יו הֵ֣ן אֲדֹנִ֔י לֹא־יָדַ֥ע אִתִּ֖י מַה־בַּבָּ֑יִת וְכֹ֥ל אֲשֶׁר־יֶשׁ־לֹ֖ו נָתַ֥ן בְּיָדִֽי׃ | |||||||
1. Ebene |
וְכֹ֥ל אֲשֶׁר־יֶשׁ־לֹ֖ו נָתַ֥ן בְּיָדִֽי׃ |
וַיְמָאֵ֓ן׀ וַיֹּ֨אמֶר֙ אֶל־אֵ֣שֶׁת אֲדֹנָ֔יו הֵ֣ן אֲדֹנִ֔י לֹא־יָדַ֥ע אִתִּ֖י מַה־בַּבָּ֑יִת |
Gruppe
Die nach der Trope Etnachta benannte Tropengruppe besteht aus den Tropen Mercha, Tipcha, Munach und Etnachta, wobei nicht immer alle vorkommen müssen.
Etnachta und Munach
Wenn das Etnacht-Segment nur aus zwei Worten besteht, und sich das vorhergehende Wort in der Bedeutung auf das mit Etnachta betonte Wort bezieht, wird der Vorgänger mit Munach betont.[6]
Vorkommen
Die Tabelle zeigt das Vorkommen von Etnachta in den 21 Büchern.[7]
Teil des Tanach | Etnachta |
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Tora | 5483 |
Vordere Propheten | 4134 |
Hintere Propheten | 4796 |
Ketuvim | 2933 |
Gesamt | 17346 |
Melodie
- De accentibus, et orthographia, linguae Hebraicae (Reuchlin, Anshelm, 1518). Von rechts nach links zu lesen.
Etnachta in den poetischen Büchern
Grammatik
In den poetischen Büchern hat Etnachta eine etwas andere Funktion. Es ist nicht mehr Trennzeichen der obersten Ebene, sondern der zweiten Ebene, also nicht ein Kaiser, sondern ein König. Bei zweigliedrigen Sätzen teilt es den Satz in zwei Hälften, bei dreigliedrigen Sätzen jedoch trennt Ole we-Jored den ersten Teil des Satzes ab, der Rest wird durch Atnach unterteilt, so dass sich drei Teile ergeben. In diesem Fall ist Ole we-Jored der stärkere Trenner. Der letzte Teil wird jeweils durch Sof pasuq und Silluq abgeschlossen.
Ein Atnach-Segment kann nicht aus einem einzelnen Wort bestehen, kann somit auch nicht auf dem ersten Wort auftauchen.[8] Wenn das Segment nur aus zwei Worten besteht, kann auf dem vorangehenden Wort Mercha als Konjunktion erscheinen, es kann aber auch Dechi vorkommen, das dann seine trennende Funktion verliert und konjunktiv verwendet wird. Enthält das Segment drei oder mehr Worte, erscheint ein Dechi oder anstelle von Dechi ein Rewia gadol zur weiteren Unterteilung. Rewia Gadol kann auch zweimal auftauchen.[9]
Atnach kann ohne eigene Konjunktion vorkommen. Häufig vorkommende Konjunktionen sind Munach oder Mercha, mehr als eine Konjunktion kommt selten vor und ist häufig auf ein ausgefallenes Dechi zurückzuführen, von dem eine Konjunktion verblieben ist.[10]
Vorkommen
Etnachta zählt auch zu den Ta’amei Sifrei Emet טַעֲמֵי סִפְרֵי אֱמֶ"ת. „Emet“ ist ein Akronym bestehend aus den hebräischen Anfangsbuchstaben der Bücher Ijob אִיוֹב = Aleph, Sprichwörter מִשְלֵי (Mischle) = Mem und Psalmen תְהִלִּים (Tehilim) = Taw, dazu kommen noch Vokale, um den Begriff aussprechen zu können. Die Tabelle zeigt das Vorkommen Etnachta in den drei poetischen Büchern.[11]
Teil des Tanach | Etnachta |
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Psalmen | 2335 |
Ijob | 977 |
Sprüche | 904 |
Gesamt | 4216 |
Literatur
- Francis L. Cohen: Cantillation. In: Isidore Singer (Hrsg.): The Jewish Encyclopedia. Band III. KTAV Publishing House, New York, S. 542–548 (1901–1906).
- Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. The art of cantillation. 1. Auflage. Jewish Publication Society, Philadelphia 2002, ISBN 0-8276-0693-1.
- Joshua R. Jacobson: Chanting the Hebrew Bible. Student Edition. The Jewish Publication Society, Philadelphia 2005, ISBN 0-8276-0816-0 (books.google.co.uk – eingeschränkte Vorschau).
- Louis Jacobs: The Jewish Religion. A Companion. Oxford University Press, Oxford / New York 1995, OCLC 31938398.
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible. Band I: Concordance of the Hebrew Accents used in the Pentateuch. Edwin Mellon Press, Lewiston, New York 1996, ISBN 0-7734-2395-8.
- Martin Sicker: Aspects of Jewish metarational thought. iUniverse, New York City 2005, OCLC 61731632.
- William Wickes: A treatise on the accentuation of the three so-called poetical books on the Old Testament, Psalms, Proverbs, and Job. 1881 (archive.org).
- William Wickes: A treatise on the accentuation of the twenty-one so-called prose books of the Old Testament. 1887 (archive.org).
Weblinks
- First trope-group:etnachta auf YouTube.com
- Etnachta-Gruppe auf YouTube.com
Einzelnachweise
- לימוד טעמי המקרא נוסח ספרדי ירושלמי Sephardische Tradition auf YouTube.com
- נוסח תימן Jemenit. Tradition auf YouTube.com
- Jacobson (2005), S. 42.
- Jacobson (2002), S. 35–39.
- “An example is in the very first verse of the Book of Genesis, the statement that God created is marked with an Etnachta, showing the completion of God’s creation”, Sicker, S. 61.
- Jacobson (2005), S. 111.
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible: Concordance …. 1. Band, S. 5.
- Wickes, Poetical Books, S. 58.
- Wickes, Poetical Books, S. 59.
- Price, Band V, S. 1151–1153.
- James D. Price: Concordance of the Hebrew accents in the Hebrew Bible. Band V, S. 1095.