Olympische Geschichte Norwegens
Norwegische Sportler nahmen an 24 der 27 Olympischen Sommerspiele der Neuzeit sowie an sämtlichen Olympischen Winterspielen teil. Lediglich bei den Sommerspielen 1896 und 1904 war Norwegen nicht vertreten, genauso wie bei den Spielen 1980 in Moskau, die Norwegen als NATO-Mitglied boykottierte.
Norwegen ist neben Österreich und Liechtenstein eines von nur drei Ländern, die bei Winterspielen mehr Medaillen gewonnen haben als bei Sommerspielen. Siebenmal konnte die norwegische Abordnung bereits den Medaillenspiegel bei Olympischen Winterspielen für sich entscheiden und liegt im ewigen Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele an zweiter Stelle. Zweimal war Norwegen bisher Ausrichter von Winterspielen – 1952 mit Oslo und 1994 mit Lillehammer.
Ausrichtungen
Bisher fanden zweimal Olympische Winterspiele in Norwegen statt. Die Hauptstadt Oslo bekam den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 1952, nachdem die beiden Kandidaturen für 1932 und die später abgesagten Spiele von 1944 nicht berücksichtigt wurden. Dabei bekam Oslo kurioserweise den Vorzug gegenüber den beiden Orten, die für 1932 und 1944 ausgewählt wurden, nämlich Lake Placid und Cortina d’Ampezzo. Eine weitere Kandidatur Oslos für die Winterspiele 1968 war nicht erfolgreich.
Die nächste Bewerbung reichte das Norwegische Olympische Komitee (NIF) erst wieder für die Winterspiele 1992 ein. Nachdem zahlreiche Bewerbungen schwedischer und finnischer Städte in den 1970er- und 1980er-Jahren hauptsächlich aufgrund großer Distanzen zwischen den Hauptveranstaltungsorten und für Alpinbewerbe geeigneter Skigebiete gescheitert waren, erkannte Norwegen die Chance, kompakte Spiele in Skandinavien abzuhalten. Die Anregung des IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch anlässlich der nordischen Ski-WM 1982 in Oslo eine neuerliche Kandidatur der norwegischen Hauptstadt zu befürworten, stieß dort auf wenig Interesse. Ganz im Gegensatz zu Lillehammer. In der Kleinstadt im Gudbrandsdalen standen 58 Prozent der Bevölkerung hinter einer Bewerbung. Eine Staatsgarantie in Höhe von 1,5 Milliarden Kronen und eine Investition von 700 Millionen Kronen für infrastrukturelle Maßnahmen ermöglichte die Kandidatur im Oktober 1986. Dort schied man aber als vierter von sieben Kandidaten aus und die Spiele wurden nach Albertville vergeben. Schon zwei Jahre später bekam Lillehammer aber die nächste Chance, da das IOC die Spiele von nun an zwei Jahre versetzt zu den Sommerspielen veranstaltet. Auch aufgrund sinkendem Interesses der Bevölkerung und gesenktem Etat galt die Bewerbung Lillehammers aber nur als Außenseiter gegenüber der gemeinsamen Bewerbung Östersunds und Åres für die Spiele 1994. Überraschend konnte sich Lillehammer aber in der finalen Abstimmung mit 45 zu 39 Stimmen durchsetzen.[1]
Gelobt wurden die Spiele 1994 vor allem aufgrund der familiären und freundlichen Atmosphäre. Sie gelten heute als Musterbeispiel maßvoller Spiele und Gegenpol zum Gigantismus späterer Ausrichtungen in Großstädten wie Vancouver oder Sotschi.[2]
Nur etwas mehr als zehn Jahre später gab es in Norwegen neuerlich Überlegungen Olympische Winterspiele ins Land zu holen. Das NIF plante eine Bewerbung um die Spiele 2018, wobei drei mögliche Austragungsorte ihr Interesse bekundeten. Im März 2007 einigten sich das NIF und die norwegischen Sportverbände, Tromsø ins Rennen zu schicken. Die 344 km nördlich des Polarkreises gelegenen Stadt erhielt dabei den Vorzug gegenüber Trondheim und der gemeinsamen Bewerbung der früheren Ausrichter Oslo und Lillehammer.[3] Eineinhalb Jahre später musste aber aufgrund fehlender politischer Unterstützung von einer Bewerbung abgesehen werden.[4]
Stattdessen entschied man, sich für die weniger kostenintensiven Olympischen Winter-Jugendspiele zu bewerben und schickte dafür wieder Lillehammer ins Rennen. Im Bewerbungsverfahren um die erstmalige Ausrichtung dieser Veranstaltung 2012 wurde Lillehammer nicht in die engere Auswahl gezogen und die Spiele wurden an Innsbruck vergeben. Knapp vier Jahre später war Lillehammer der einzige Kandidat und erhielt so auch den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Jugend-Winterspiele 2016, die im Februar 2016 an den Wettkampfstätten der Winterspiele 1994 ausgetragen werden sollen.
Nachdem Oslo die Nordische Ski-WM 2011 erfolgreich durchgeführt hatte, dachte man in der Stadt über eine Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2022 nach.[5] Am 5. Juni 2013 entschied sich der Stadtrat für die Kandidatur. Die alpinen Skirennen wie die Bob- und Rodelwettkämpfe sollten dabei in der Region Lillehammer, an den Schauplätzen der Spiele 1994, ausgetragen werden. Bei der Volksbefragung für die Olympischen Winterspiele am 9. September 2013 stimmten 53,45 Prozent der Osloer Bevölkerung für eine Kandidatur.[6] Daher reichte das NIF Oslos Bewerbungsunterlagen offiziell beim IOC ein. Nach den negativen Volksentscheiden von München und St. Moritz ging Oslo als Favorit ins Rennen, eine Rolle, die sich, nachdem auch Stockholm, Krakau und Lemberg ihre Bewerbungen zurückgezogen hatten, verstärkte. Am 7. Juli 2014 ernannte das IOC Oslo wie die anderen beiden verbliebenen Kandidaten Almaty und Peking zu offiziellen Bewerberstädten.[7] Doch die sinkende Zustimmung in der Bevölkerung zwang das Bewerbungskomitee im Herbst 2014 auch Oslos Kandidatur zurückzuziehen.[8]
Erfolgreiche Kandidaturen
- Oslo 1952 (Winterspiele)
- Lillehammer 1994 (Winterspiele)
- Lillehammer 2016 (Winterspiele der Jugend)
Erfolglose Kandidaturen
- Oslo 1932 (Winterspiele)
- Oslo 1944 (Winterspiele)
- Oslo 1968 (Winterspiele)
- Lillehammer 1992 (Winterspiele)
- Lillehammer 2012 (Winterspiele der Jugend)
- Oslo 2022 (Winterspiele; Bewerbung zurückgezogen)
Nicht weitergereichte Kandidaturen
- Tromsø 2018 (Winterspiele)
Erfolgreichste Spiele
Norwegen war gemessen an Medaillen bisher sieben Mal die erfolgreichste Nation bei Olympischen Winterspielen, nämlich 1924 in Chamonix, 1928 in St. Moritz, 1936 in Garmisch-Partenkirchen, 1948 in St. Moritz, 1952 zuhause in Oslo 1968 in Grenoble sowie das bisher letzte Mal 2002 in Salt Lake City. Die Spiele von Salt Lake City waren mit 13 Gold-, fünf Silber- und sieben Bronzemedaillen die bisher erfolgreichsten Winterspiele in der Geschichte Norwegens. Eine Medaille mehr als 2002, nämlich 26, konnte man aber bei den Heimspielen 1994 in Lillehammer (zehn Gold-, elf Silber-, fünf Bronzemedaillen) sowie 2014 in Sotschi (elf Gold-, fünf Silber-, zehn Bronzemedaillen) gewinnen.
Die erfolgreichsten Spiele für das Wintersport geprägte Norwegen waren aber bemerkenswerter Weise keine Winterspiele, sondern die Sommerspiele 1920 in Antwerpen, wo das 194 Sportler umfassende Rekordaufgebot 13 Gold- sowie je neun Silber- und Bronzemedaillen, insgesamt daher 31 Medaillen, gewinnen konnte.
Medaillenspiegel
→ Siehe: Liste der olympischen Medaillengewinner aus Norwegen#Medaillenbilanz
Medaillenspiegel nach Sportarten
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Eiskunstlaufwettbewerbe wurden 1908 und 1920 bei den Olympischen Sommerspielen ausgetragen. 1920 gewannen norwegische Sportler zwei Silber- und eine Bronzemedaille. Daher weicht die Zahl der bei Sommer- bzw. Winterspielen gewonnenen Medaillen zu der Zahl der in Sommer- bzw. Wintersportarten gewonnenen Medaillen ab.
Nicht enthalten sind in diesem Medaillenspiegel jene beiden Medaillen der Zwischenspiele 1906 in Athen:
Medaillengewinner
Der erfolgreichste norwegische Athlet ist der Biathlet Ole Einar Bjørndalen, der zwischen 1998 und 2014 dreizehn Medaillen, davon acht aus Gold, vier aus Silber und eine aus Bronze, gewinnen konnte. Er ist auch der erfolgreichste Athlet bei Olympischen Winterspielen. Mit seinen Erfolgen 2014 in Sotschi löste er dabei den Skilangläufer Bjørn Dæhlie, der im Gegensatz zu Bjørndalen keine Bronzemedaille gewonnen hatte, als erfolgreichsten Winterolympioniken wie auch als erfolgreichsten Norweger bei Olympischen Spielen ab.
Die erfolgreichste norwegische Athletin – und gleichzeitig erfolgreichste norwegische Olympionike überhaupt – ist die Skilangläuferin Marit Bjørgen, die zwischen 2002 und 2018 fünfzehn Medaillen, davon acht aus Gold, vier aus Silber und drei aus Bronze gewinnen konnte. Die erfolgreichsten Sommerolympioniken Norwegens sind die Sportschützen Ole Lilloe-Olsen mit fünf Gold- und einer Silbermedaille sowie Otto Olsen mit acht Medaillen, davon vier in Gold. Der erfolgreichste norwegische Sommersportler der jüngeren Vergangenheit ist der Kanute Knut Holmann, der zwischen 1992 und 2000 sechs Medaillen, davon drei goldene, gewann.
Neben Bjørndalen im Biathlon, sowie Dæhlie und Björgen im Skilanglauf sind auch Kjetil André Aamodt im alpinen Skilauf und Kari Traa im Freestyle-Skiing die jeweils erfolgreichsten Athleten ihrer Sportart.
Die folgende Tabelle führt alle norwegischen Olympioniken an, die entweder mindestens zwei Goldmedaillen oder mindestens eine Gold-, eine Silber- und eine weitere Medaille gewonnen haben.
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Einzelnachweise
- Volker Kluge, Olympische Winterspiele, Die Chronik. Sportverlag, Berlin 1999, S. 770
- kurier.at: Olympia-Nostalgie im hohen Norden
- Handelsblatt: Norwegen schickt Tromsö für 2018 ins Rennen
- nrk.no: Sa nei til Tromsø 2018
- Focus: Nach WM-Erfolg: Oslo denkt an Olympia-Bewerbung
- Süddeutsche: Sportpolitik – Oslo sagt ja
- Spiegel: IOC-Kandidaten: Almaty, Oslo und Peking bewerben sich für Winterspiele 2022
- Frankfurter Allgemeine: Oslo will nicht mehr dabeisein
Weblinks
- Norwegisches Olympisches Komitee (englisch)
- Norwegen in der Datenbank von Sports-Reference (englisch; archiviert vom Original)
- Norwegen auf Olympics.com – The Official website of the Olympic movement (englisch)