Moderne Tests der Lorentzinvarianz

Moderne Tests d​er Lorentzinvarianz dienen z​ur Überprüfung d​er grundlegenden Aussagen d​er speziellen Relativitätstheorie bzw. d​es Äquivalenzprinzips d​er allgemeinen Relativitätstheorie. Die m​it der Lorentzinvarianz zusammenhängenden Effekte betreffen v​or allem d​as Relativitätsprinzip, d​ie Konstanz d​er Lichtgeschwindigkeit i​n allen Inertialsystemen, CPT-Symmetrie, u​nd die d​amit verbundenen Aussagen d​es Standardmodells d​er Teilchenphysik. Eine wesentliche Motivation dieser Experimente s​ind mögliche Verletzungen d​er Lorentz- u​nd CPT-Invarianz, d​ie aus diversen Variationen d​er Quantengravitation o​der anderen Alternativen z​ur speziellen u​nd allgemeinen Relativitätstheorie folgen könnten.

Mögliche Verletzungen d​er Lorentz- u​nd CPT-Invarianz werden d​urch Testtheorien d​er speziellen Relativitätstheorie o​der effektive Feldtheorien (EFT) w​ie die Standardmodellerweiterung (SME) theoretisch dargelegt. Hier w​ird das Standardmodell a​ls grundsätzlich gültig angesehen, jedoch können d​arin lorentzverletzende Effekte d​urch Annahme e​ines bevorzugten Bezugssystems graduell eingeführt werden. Beispielsweise würden Verletzungen d​er Dispersionsrelation z​u einer Abweichung zwischen d​er Lichtgeschwindigkeit u​nd der Grenzgeschwindigkeit d​er Materie führen.

Es wurden sowohl terrestrische als auch astronomische Experimente (an Photonen, Nukleonen, Elektronen, Neutrinos etc.) durchgeführt. In den veröffentlichten Arbeiten konnte bislang keine Verletzung der Lorentzinvarianz festgestellt werden, und Ausnahmefälle, bei denen positive Ergebnisse vermeldet wurden, konnten bislang nicht bestätigt werden. Für eine detaillierte Übersicht siehe Mattingly (2005),[1] und für detaillierte Datenangaben siehe Kostelecký & Russell (2013).[2] Für einen aktuellen und historischen Überblick, siehe Liberati (2013).[3] Für einen allgemeinen Überblick siehe Tests der speziellen Relativitätstheorie.

Einschätzungen von Verletzungen der Lorentzinvarianz

Frühe Modelle m​it denen d​ie Möglichkeit v​on geringen Abweichungen v​on der Lorentzinvarianz eingeschätzt wurde, reichen b​is in d​ie 1960er zurück. Vor a​llem wurden e​ine Reihe v​on Testtheorien d​er speziellen Relativitätstheorie u​nd effektiven Feldtheorien entwickelt, d​ie zur Analyse v​on Experimenten verwendet werden können:[4][3]

  • Der „parametrisierte post-newtonschen Formalismus“ (PPN) wird als Testtheorie für die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) und ihrer Alternativen verwendet, und enthält auch Parameter für lorentzverletzende Effekte durch bevorzugte Bezugssysteme oder Felder.
  • Der Robertson-Mansouri-Sexl-Formalismus (RMS) enthält drei Parameter mit denen Abweichungen von der Isotropie der Lichtgeschwindigkeit bezüglich eines bevorzugten Bezugssystems angegeben werden können.
  • Der c2-Formalismus (ein Spezialfall des allgemeineren THεμ-Formalismus) benutzt eine modifizierte Dispersionsbeziehung und beschreibt Lorentzverletzungen im Sinne einer Diskrepanz zwischen der Lichtgeschwindigkeit und der Grenzgeschwindigkeit von Materie in Anwesenheit eines bevorzugten Bezugssystems.[5]
  • Doubly special relativity (doppelt-spezielle Relativitätstheorie, DSR) lässt die Planck-Energie bzw. die Planck-Länge invariant als minimale Skalen, ohne ein bevorzugtes Bezugssystem anzunehmen.
  • Very special relativity (sehr spezielle Relativitätstheorie, VSR) enthält Raumzeitsymmetrien, die bestimmte Teilgruppen der Poincarégruppe darstellen. VSR ist nur im Kontext der lokalen Quantenfeldtheorie oder im Falle von CP-Erhaltung äquivalent zur SRT.
  • Lorentzverletzungen werden auch im Zusammenhang mit alternativen Formulierungen zur Quantengravitation und der ART diskutiert, mit Ansätzen wie Schleifenquantengravitation, Emergente Gravitation, Einstein-Äthertheorie, Hořava-Lifshitz-Gravitation, oder Nichtkommutative Geometrie.

In vielen modernen Experimenten werden mögliche Lorentzverletzungen jedoch hauptsächlich mittels d​er Standardmodellerweiterung (SME) analysiert. Es w​urde von Kostelecky u​nd Mitarbeitern 1997 u​nd danach entwickelt, v​or allem u​m mögliche Effekte e​iner Theorie d​er Quantengravitation einschätzen z​u können. Es enthält a​lle möglichen Lorentz- u​nd CPT-verletzenden Koeffizienten, welche d​ie Eichsymmetrie n​icht verletzen, w​obei diese Effekte d​urch Spontane Symmetriebrechung eingeführt werden. Sie betrifft n​icht nur d​ie SRT, sondern a​uch die ART u​nd das Standardmodell.[6][7] Modelle, d​eren Parameter i​n Beziehung z​ur SME gesetzt u​nd somit a​ls SME-Spezialfälle angesehen werden können, s​ind die älteren RMS u​nd c2-Modelle[8], d​as Coleman-Glashow-Modell w​o die SME-Koeffizienten a​uf Dimension-4-Operatoren u​nd Rotationsinvarianz beschränkt werden,[9] u​nd das Gambini-Pullin-Modell[10] bzw. d​as Meyers-Pospelov-Modell,[11] welche Dimension-5-Operatoren v​on SME o​der höhere enthält.[12]

Lichtgeschwindigkeit

Terrestrisch

Experimente zur Messung von Abweichungen von der Isotropie der Lichtgeschwindigkeit werden mit optischen Resonatoren durchgeführt. Sie können als moderne Varianten des Michelson-Morley-Experiments aufgefasst werden. Ausgewertet werden diese Experimente häufig mit der Robertson-Mansouri-Sexl-Testtheorie (RMS), die eine Unterscheidung zwischen richtungs- und geschwindigkeitsbedingten Anisotropien erlaubt. Bei Michelson-Morley-Experimenten wird die Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Orientierung des Messaparats bzw. das Verhältnis der Längen in longitudinaler und transversaler Richtung überprüft. Hingegen bei Varianten des Kennedy-Thorndike-Experiments wird die Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Geschwindigkeit des Messapparats bzw. das Verhältnis der Längenkontraktion zur Zeitdilatation überprüft. Die aktuelle Genauigkeit, mit der eine Anisotropie der terrestrisch gemessenen Lichtgeschwindigkeit zwischen gleichförmig bewegten Reflektoren ausgeschlossen werden kann, liegt bei , bezogen auf die Relativgeschwindigkeit zwischen dem Sonnensystem und dem Ruhesystem der kosmischen Hintergrundstrahlung von ca. 368 km/s.

Ebenso wird die Standardmodellerweiterung (SME) für die Eingrenzung vieler Isotropie-Koeffizienten benutzt. Dabei werden beispielsweise gerade- und ungerade Paritätskoeffizienten (3x3-Matrizen) , and benutzt.[8] Diese können folgendermaßen interpretiert werden: steht für anisotrope Verschiebungen in der Zweiweg-(hin und zurück)-Lichtgeschwindigkeit, steht für anisotrope Einweg-Geschwindigkeitsdifferenzen von entgegengesetzten Strahlen,[13][14] und steht für isotrope (richtungsunabhängige) Verschiebungen der Phasenlichtgeschwindigkeit in einer Richtung.[15] Bei diesen Variationen und Anisotropien der Lichtgeschwindigkeit muss allerdings beachtet werden, dass sie abhängig sind von der Wahl der Koordinaten, und bei passender Wahl von Koordinatentransformationen und Feldneudefinitionen zum Verschwinden gebracht werden können. Das führt allerdings nicht dazu, dass die damit verbundenen Lorentzverletzungen ebenfalls verschwinden, sondern sie werden nur vom Photonensektor in den Materiesektor von SME verschoben, wodurch die Aussagekraft der Tests als Überprüfung der Lorentzverletzung nicht eingeschränkt wird.[8] Gewöhnliche optische Resonatoren sind hauptsächlich für Tests der Effekte mit gerader Parität geeignet, und haben nur geringe Aussagekraft für Effekte mit ungerader Parität. Um letztere genauer zu testen werden asymmetrische Resonatoren benutzt.[15] Weitere Koeffizienten im Photonsektor, welche nicht in den Materiesektor umdefiniert werden können, da die Lichtausbreitung verschiedener Strahlen direkt miteinander verglichen wird, führen zu Vakuumdispersion und Vakuumdoppelbrechung.

Bocquet et al. (2010) suchten auf eine andere Weise nach einer -Anisotropie der Lichtgeschwindigkeit. Es wurden dabei Veränderungen im Dreierimpuls von Photonen während der Erdrotation durch Messung der Comptonstreuung von relativistischen Elektronen ins Auge gefasst.[16]

AutorJahrRMSSME
RichtungGeschwindigkeit
Michimura et al.[17]2013
Baynes et al.[18]2012
Baynes et al.[19]2011
Hohensee et al.[13]2010
Bocquet et al.[16]2010 [20]
Herrmann et al.[21]2009
Eisele et al.[22]2009
Tobar et al.[23]2009
Tobar et al.[24]2009
Müller et al.[25]2007
Carone et al.[26]2006 [27]
Stanwix et al.[28]2006
Herrmann et al.[29]2005
Stanwix et al.[30]2005
Antonini et al.[31]2005
Wolf et al.[32]2004
Wolf et al.[33]2004
Müller et al.[34]2003
Lipa et al.[35]2003
Wolf et al.[36]2003
Braxmaier et al.[37]2002
Hils and Hall[38]1990
Brillet and Hall[39]1979

Sonnensystem

Neben terrestrischen werden a​uch astrometrische Tests m​it Lunar Laser Ranging (LLR), a​lso dem Lasersignalaustausch zwischen Erde u​nd Mond, durchgeführt. Gewöhnlich werden d​iese Messungen z​war als Tests d​er allgemeinen Relativitätstheorie aufgefasst u​nd mittels d​es „parametrisierten post-newtonschen Formalismus“ analysiert[40] – d​och diese Messungen können a​uch als Tests d​er speziellen Relativitätstheorie dienen, d​a die Konstanz d​er Lichtgeschwindigkeit d​abei angewendet w​ird und Abweichungen d​avon sich a​ls Distanz- bzw. Orbitalveränderungen zeigen würden. Beispielsweise konnten Zoltán Bay u​nd White (1981) d​urch Analyse d​er planetaren Radardaten u​nd LLR d​ie empirischen Grundlagen d​er Lorentz-Gruppe u​nd somit d​er speziellen Relativitätstheorie aufzeigen.[41]

Müller et al. (1995, 1999) führten eine Variante des oben erwähnten Kennedy-Thorndike-Experiments mit LLR durch. Eine Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Geschwindigkeit des Beobachters relativ zu einem bevorzugten Bezugssystem müsste zu Veränderungen der Laufzeit und somit zu Variationen in der gemessenen Entfernung Erde-Mond führen. Das kann nur ausgeglichen werden wenn Längenkontraktion und Zeitdilatation die exakt relativistischen Werte annehmen. Das Ergebnis war negativ, mit einer maximalen RMS-Geschwindigkeitsabhängigkeit von , was vergleichbar ist mit den Experimenten von Hils und Hall (1990, siehe Tabelle oben rechts).[42][43]

Vakuumdispersion

Neben d​en oben erwähnten Isotropiemessungen w​ird in astronomischen Experimenten Dispersion, a​lso die Abhängigkeit d​er Geschwindigkeit d​es Lichts entfernter Lichtquellen v​on seiner Energie bzw. Frequenz untersucht. Gewöhnlich w​ird angenommen, d​ass wenn Abweichungen auftreten, d​ann sollten d​iese bei Photonenenergien beginnend a​b der Planck-Energie v​on ca. 1,22 × 1019 GeV messbar werden. In folgenden Arbeiten w​urde bei Untersuchungen v​on Gammablitzen u​nd anderen astronomischen Quellen n​ach solchen Abweichungen gesucht. Es konnte allerdings, b​ei immer größerer Genauigkeit, k​eine Energieabhängigkeit bzw. Verletzungen d​er Lorentzinvarianz festgestellt werden, w​obei die Fermi-Gruppe[44] s​ogar Photonenenergien v​on bis z​u 31 GeV untersuchte. Da e​s in diesem Bereich längst z​u Abweichungen hätte kommen sollen, i​st diese Klasse v​on Theorien d​er Quantengravitation praktisch ausgeschlossen.

NameJahr Untere Grenze in GeV
95 % C.L.99 % C.L.
Vasileiou et al.[45]2013
Fermi-LAT-GBM-Gruppe[44]2009
H.E.S.S.-Gruppe[46]2008
MAGIC-Gruppe[47]2007
Lamon et al.[48]2008
Martinez et al.[49]2006
Ellis et al.[50][51]2006/8
Boggs et al.[52]2004
Ellis et al.[53]2003
Ellis et al.[54]2000
Schaefer[55]1999
Biller[56]1999
Kaaret[57]1999

Vakuumdoppelbrechung

Durch Verletzungen der Lorentzinvarianz (wie beispielsweise beim Vorhandensein eines bevorzugten Bezugssystems) könnte es auch zu Doppelbrechung im Vakuum und Paritätsverletzungen kommen. Geforscht wird nach den damit zusammenhängenden Abweichungen der Polarisation von Photonen, beispielsweise der Drehung der Polarisationsebene durch Geschwindigkeitsunterschiede zwischen rechts- und linkspolarisierten Photonen. Hierbei werden Gammablitze, Galaxienstrahlung, und die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung überprüft. Folgende Arbeiten enthalten einige durch die Standardmodellerweiterung vorgegebenen Koeffizienten bzw. für Lorentzverletzungen durch Doppelbrechung, wobei 3 bzw. 5 die benutzten Massendimensionen darstellen. Letzteres entspricht dem Ausdruck in der Meyers-Pospelov EFT[11] durch ,[58] wo die Planckmasse ist. Bislang wurden keine Verletzungen der Lorentzinvarianz festgestellt. Die ESO hat jedoch erste Hinweise zum Vorhandensein der Vakuumdoppelbrechung gefunden.[59]

NameJahrSME-GrenzenEFT-Grenzen ()
in GeV in GeV−1
Götz et al.[60]2013
Toma et al.[61]2012
Laurent et al.[62]2011
Stecker[58]2011
Kostelecký et al.[12]2009
QUaD Collaboration[63]2008
Kostelecký et al.[64]2008
Maccione et al.[65]2008
Komatsu et al.[66]2008 [12]
Kahniashvili et al.[67]2008 [12]
Xia et al.[68]2008 [12]
Cabella et al.[69]2007 [12]
Fan et al.[70]2007 [58]
Feng et al.[71]2006 [12]
Gleiser et al.[72]2001 [58]
Carroll et al.[73]1990

Grenzgeschwindigkeit von Materie

Schwellenenergie-Effekte

Veränderte Dispersionsbeziehungen d​urch Lorentzverletzungen können z​u Schwellenenergie-(Threshold)-Effekten führen, d​ie ansonsten n​icht möglich wären. Dies i​st beispielsweise d​er Fall, w​enn die Grenzgeschwindigkeit v​on Teilchen d​ie eine Ladungsstruktur besitzen (wie Protonen, Elektronen, Neutrinos), u​nd Photonen unterschiedlich ausfällt. Abhängig davon, welche v​on diesen Teilchenarten Überlichtgeschwindigkeit erreicht, w​ird vor a​llem nach folgenden Effekten gesucht:[74][75]

  • Photonenzerfall, wenn die Geschwindigkeit der Photonen größer als die Grenzgeschwindigkeit anderer Teilchen ist. Die Photonen zerfallen in sehr kurzer Zeit in verschiedene Teilchen, was bedeutet, dass hochenergetisches Licht aus sehr großen Entfernungen die Erde nicht mehr erreichen könnte. Das bloße Vorhandensein von hochenergetischem Licht aus entfernten astronomischen Regionen schränkt mögliche Unterschiede zwischen der Lichtgeschwindigkeit und der Grenzgeschwindigkeit anderer Teilchen ein.
  • Vakuum-Tscherenkow-Effekt, wenn die Grenzgeschwindigkeit geladener Teilchen größer als die Lichtgeschwindigkeit ist. Hier kann es zur Emission von Bremsstrahlung in verschiedenen Formen kommen bis die Schwellenenergie unterschritten wird. Dies ist analog zur bekannten Tscherenkow-Strahlung in Medien, in dem sich Teilchen schneller bewegen als die Phasenlichtgeschwindigkeit in diesem Medium. Lorentzverletzungen aufgrund dieses Effektes können eingeschränkt werden, wenn Teilchen wie beispielsweise ultrahochenergetische kosmische Strahlung (UHECR) aus entfernten astronomischen Regionen auf der Erde ankommen. Je größer die Energie, desto geringer die Möglichkeit von Abweichungen ihrer Grenzgeschwindigkeit von der Lichtgeschwindigkeit.
  • Veränderung der Synchrotronstrahlung aufgrund von unterschiedlicher Grenzgeschwindigkeit zwischen geladenen Teilchen und Licht.
  • Der GZK-Cutoff könnte durch entsprechende Lorentzverletzungen ebenfalls aufgehoben werden. Da der Cutoff in neueren Messungen jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wurde, können mögliche Lorentzverletzungen erheblich eingeschränkt werden.

Diese Effekte grenzen zusammen mögliche Abweichungen zwischen Grenzgeschwindigkeit u​nd Lichtgeschwindigkeit beidseitig ein, w​ie in folgender Tabelle z​u sehen ist. Da astronomische Messungen jedoch a​uch Zusatzannahmen – betreffend d​ie oft n​ur annähernd bekannten Verhältnisse b​ei der Emission – enthalten, ergeben terrestrische Messungen e​ine größere Sicherheit, allerdings fallen d​ie bestimmten EFT-Grenzwerte für Abweichungen i​n den Grenzgeschwindigkeiten e​twas geringer aus:

NameJahrEFT-GrenzwerteTeilchenAstr./Terr.
PhotonenzerfallTscherenkowSynchrotronGZK
Stecker[76]2014ElectronAstr.
Stecker & Scully[77]2009UHECRAstr.
Altschul[78]2009ElectronTerr.
Hohensee et al.[75]2009ElectronTerr.
Bi et al.[79]2008UHECRAstr.
Klinkhamer & Schreck[80]2008UHECRAstr.
Klinkhamer & Risse[81]2007UHECRAstr.
Kaufhold et al.[82]2007UHECRAstr.
Altschul[83]2005ElectronAstr.
Gagnon et al.[84]2004UHECRAstr.
Jacobson et al.[85]2003ElectronAstr.
Coleman & Glashow[9]1997UHECRAstr.

Uhrenvergleich und Spinmessungen

Diese oft als Hughes-Drever- oder Uhrenvergleichsexperimente („Clock comparison experiments“) bezeichneten spektroskopischen Tests untersuchen Abweichungen von der Lorentzinvarianz bei Protonen, und Neutronen. Es werden dabei Untersuchungen des Energieniveaus durchgeführt, wobei Anisotropien in den Frequenzen („Uhren“) festgestellt werden können, welche beispielsweise durch das Vorhandensein eines bevorzugten Bezugssystems gemäß SME auftreten sollten. Untersucht werden Vektorspin- und Tensorwechselwirkungen[86] und werden oft beschrieben mittels CPT-odd/even-Termen der SME, besonders bezüglich der Parameter von und . Diese Experimente gehören zu den präzisesten überhaupt, da Abweichungen von bis zu GeV feststellbar wären. Durch Benutzung von spinpolarisierten Torsionswaagen konnten entsprechende Grenzen auch bei Elektronen erreicht werden.

Auch mit diesen Experimenten kann die Grenzgeschwindigkeit von Materie untersucht werden,[4] besonders im Zusammenhang mit den Parametern von analog zu den Schwellenenergie-Effekten.[78]

Autor Jahr SME-Grenzen Parameter
ProtonNeutronElektron
Allmendinger et al.[87]2013
Hohensee et al.[88]2013
Peck et al.[89]2012
Smiciklas et al.[86]2011
Gemmel et al.[90]2010
Brown et al.[91]2010
Altarev et al.[92]2009
Heckel et al.[93]2008
Wolf et al.[94]2006
Canè et al.[95]2004
Heckel et al.[96]2006
Humphrey et al.[97]2003
Hou et al.[98]2003
Phillips et al.[99]2001
Bear et al.[100]2000

Zeitdilatation

Die klassischen Experimente zum Nachweis der Zeitdilatation bzw. des relativistischen Dopplereffekts, wie das Ives-Stilwell-Experiment, die Mößbauer-Rotor-Experimente, und die Zeitdilatation bewegter Teilchen, werden ebenfalls wiederholt. Dabei werden beispielsweise Lithium-Ionen in Speicherringen verwendet. Sogar bei alltäglichen Geschwindigkeiten von 36 km/h konnten Chou et al. (2010) eine entsprechende Frequenzverschiebung von rund 10−16 aufgrund der Zeitdilatation messen.[101]

AutorJahrGeschwindigkeitMax. Abweichung
von der Zeitdilatation
RMS-Grenzen
vierter Ordnung
Novotny et al.[102]20090,34c
Reinhardt et al.[103]20070,064c
Saathoff et al.[104]20030,064c
Grieser et al.[105]19940,064c

CPT- und Antimaterietests

Die Lorentz-Invarianz i​st eng verknüpft m​it der CPT-Symmetrie i​n lokalen Quantenfeldtheorien (mit nicht-lokalen Ausnahmen).[106][107] Daraus f​olgt u. a. e​ine strenge Symmetrie i​n der Masse v​on Teilchen u​nd ihren Antiteilchen w​ie auch gleiche Zerfallszeiten (für ältere Tests dieser Art s​iehe Zeitdilatation bewegter Teilchen). Bei modernen Tests werden v​or allem neutrale Mesonen untersucht. In großen Teilchenbeschleunigern werden darüber hinaus a​uch Massendifferenzen zwischen Top- u​nd Antitopquarks untersucht.

Neutrale B-Mesonen
AutorJahr
Belle[108]2012
Kostelecký et al.[109]2010
BaBar[110]2008
Belle[111]2003
Neutrale D-Mesonen
FOCUS[112]2003
Neutrale Kaonen
AutorJahr
KTeV[113]2011
KLOE[114]2006
CPLEAR[115]2003
KTeV[116]2003
NA31[117]1990
Top- und Antitopquarks
AutorJahr
CDF[118]2012
CMS[119]2012
D0-Experiment[120]2011
CDF[121]2011
D0[122]2009

Gemäß der Standardmodellerweiterung sind zusätzlich folgende Faktoren von Bedeutung: die das System bestimmenden elektromagnetischen, gravitativen, und nuklearen Felder müssen ebenso wie die Rotation und der Orbit der Erde berücksichtigt werden. Neben obigen Experimenten können solche Effekte beispielsweise mit Penning-Fallen festgestellt werden. Dabei werden einzelne, geladene Teilchen und deren antimaterielle Gegenstücke festgehalten. Dazu werden ein starkes Magnetfeld, um die Teilchen nahe der Zentralachse zu halten, und ein elektrisches Feld, das die Teilchen entsprechend ausrichtet, sollten sie zu weit entlang der Achse verstreut sein, benutzt. Die Bewegungsfrequenzen der festgehaltenen Teilchen können mit erheblicher Präzision überwacht und gemessen werden. Gabrielse et al. (1999) führten Proton-Antiproton-Messungen durch. Dabei wurden die Zyklotronfrequenzen der festgehaltenen Teilchen verglichen, wobei eine Genauigkeit von erreicht wurde.[123] Hans Dehmelt et al. (1999) überprüften mit Penningfallen die Anomaliefrequenzen, welche eine wichtige Rolle in der Messung des gyromagnetischen Verhältnisses des Elektrons spielt, wobei die maximale Abweichung auf 10−24 GeV eingegrenzt werden konnte.[124] [125]

Daneben werden auch Tests an Myonen durchgeführt. Da die Lebenszeit von Myonen nur wenige Millisekunden beträgt, unterscheiden sich diese Experimente erheblich von denen mit Elektronen und Positronen. Hughes et al. (2001) veröffentlichten Daten über deren Suche nach siderischen Signalen im Spektrum von Myonium. Es konnten keine Abweichungen von der Lorentzinvarianz gefunden werden, wobei die maximale Grenze dafür auf eingegrenzt werden konnte.[126] Die „Muon g−2“-Gruppe des Brookhaven National Laboratory forschte nach Abweichungen in den Anomaliefrequenzen von Myonen und Antimyonen. Ebenso suchten sie nach siderischen Variationen unter Berücksichtigung der Orientierung der Erde relativ zu einem sonnenzentrierten Inertialsystem. Auch hier konnten keine Abweichungen von der Lorentzinvarianz gefunden werden.[127]

Andere Teilchen und Wechselwirkungen

Teilchen der dritten Generation wurden ebenfalls auf mögliche Lorentzverletzungen untersucht und im Rahmen der SME analysiert. Altschul (2007) forschte nach anomaler Absorption von kosmischen Hochenergiestrahlen, und fand eine Obergrenze für Lorentzverletzungen für das τ-Lepton von 10−8.[128] Während des BaBar-Experiment (2007) wurde anhand von B-Mesonen (und somit Bottom-Quarks) nach siderischen Variationen während der Erdrotation geforscht. Lorentz- und CPT-Verletzungen konnten ausgeschlossen werden mit einer Obergrenze von .[110] Auch Top-Quark-Paare wurden während des D0-Experiments untersucht (2012), wobei gezeigt wurde dass die Erzeugung dieser Paare nicht von der siderischen Zeit während der Erdrotation abhängt.[129]

Grenzen für Lorentzverletzungen bei Bhabha-Streuung (der quantenelektrodynamischen Elektron-Positron-Streuung) wurden von Charneski et al. (2012) ermittelt.[130] Sie zeigten, dass die differentiellen Querschnitte für die vektoriellen und axialen Kopplungen in der Quantenfeldtheorie bei Anwesenheit von Lorentzverletzungen richtungsabhängig werden. Die Abwesenheit dieses Effekts ergaben eine Obergrenze von .

Gravitation

Da die SRT und somit auch Lorentzinvarianz lokal im Rahmen der allgemeinen Relativitätstheorie (ART) erfüllt sein müssen, können Verletzungen der Lorentzinvarianz auch durch Analyse der Auswirkungen von Gravitationsfeldern untersucht werden. Allgemein wurde zur Analyse von Abweichungen von der ART der parametrisierte post-newtonsche Formalismus (PPN) entwickelt. Dieser enthält auch die Parameter , und zur Beschreibung von Effekten eines „bevorzugten Bezugssystems“, welche Lorentzverletzungen entsprechen. Dazu wurden eine Reihe von Tests durchgeführt, siehe Tests der allgemeinen Relativitätstheorie. Lorentzverletzungen werden dabei auch in Rahmen diverser Alternativen zur ART wie der Schleifenquantengravitation, Emergente Gravitation, Einstein-Äthertheorie, oder Hořava-Lifshitz-Gravitation diskutiert.

Der Einfluss von Lorentzverletzungen auf Gravitationsfelder wurde auch im Rahmen von SME untersucht. Bailey and Kostelecky (2006) schränkten die Möglichkeit von Lorentzverletzungen auf bis zu 10−9 ein, indem sie die Apsidendrehung von Merkur untersuchten, und bis zu 10−13 durch Untersuchung von solarer Spinpräzession.[131] Battat et al. (2007) studierten Lunar-Laser-Ranging-Daten und fanden keinerlei oszillatorische Veränderungen im Mondorbit. Sie erreichten dabei eine Obergrenze für Lorentzverletzungen von bis zu .[132] Iorio (2012) ermittelte Grenzen auf dem 10−9-Niveau durch Überprüfung der keplerschen Orbitalelemente eines Testteilchens unter dem möglichen Einfluss von lorentzverletzenden gravitomagnetischen Beschleunigungen.[133] Xie (2012) analysiert das Voranrücken des Periastron von Doppelpulsaren, mit Obergrenzen für Lorentzverletzungen auf dem 10−10-Niveau.[134]

Neutrinotests

Neutrinooszillationen

Obwohl Neutrinooszillationen experimentell nachgewiesen wurden, s​ind die theoretischen Grundlagen n​och umstritten, w​as Voraussagen möglicher Abweichungen v​on der Lorentzinvarianz, bzw. d​eren Interpretation, sollten experimentelle Befunde e​ine solche nahelegen, schwierig m​acht (wie beispielsweise d​ie Problematik u​m sterile Neutrinos). Während m​an gewöhnlich annimmt, d​ass diese Oszillationen d​as Vorhandensein e​iner Neutrinomasse beweisen, g​ibt es a​uch Annahmen, wonach d​ie Neutrinos masselos sind, u​nd die Oszillationen d​as Produkt v​on Verletzungen d​er Lorentzinvarianz sind. D.h. d​as Auftreten v​on Oszillationen a​n sich wäre bereits a​ls Lorentzverletzung z​u verstehen. Jedoch liegen befriedigende lorentzinvariante Erklärungsmodelle, welche d​as Standardmodell ergänzen, bereits vor, sodass etwaige Lorentzverletzungen w​ohl nur n​och als Abweichungen v​on diesen Modellen z​u verstehen sind.[9][135]

Lorentz- u​nd CPT-Verletzungen, beispielsweise aufgrund e​iner Anisotropie d​es Raumes b​ei Vorhandensein e​ines bevorzugten Hintergrundes, könnten z​u einer siderischen Abhängigkeit d​er Wahrscheinlichkeit d​es Auftretens v​on Neutrinooszillationen führen. Anisotropiemessungen konnten d​en Spielraum für solche Anisotropien erheblich einschränken:

NameJahrSME-Grenzen in GeV
Double Chooz[136]2012
MINOS[137]2012
MiniBooNE[138]2012
IceCube[139]2010
MINOS[140]2010
MINOS[141]2008
LSND[142]| 2005

Geschwindigkeit

Es wurde eine Reihe von Messungen der Geschwindigkeit der Neutrinos durchgeführt. Wird angenommen, dass Neutrinos masselos sind, müssten sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Seit der Entdeckung von Neutrinooszillationen wird jedoch angenommen, dass sie Masse besitzen und folglich (unwesentlich) langsamer als Lichtgeschwindigkeit sind. Bisherige Tests zeigen keine signifikanten Abweichungen von der Lichtgeschwindigkeit, mit einer Obergrenze von . Für Details siehe Messungen der Neutrinogeschwindigkeit.

Gemäß effektiver Feldtheorien w​ie SME g​ibt es darüber hinaus a​uch bei überlichtschnellen Neutrinos indirekte Methoden d​er Geschwindigkeitsbegrenzung, w​ie die Anwendung d​es Vakuum-Tscherenkow-Effekts. So k​ommt hier Elektron-Positron-Erzeugung i​n Frage, wodurch überlichtschnelle Neutrinos i​n kurzer Zeit e​inen großen Teil i​hrer Energie verlieren würden.[143] Eine andere Auswirkung gemäß demselben Modell wäre d​ie Verlängerung d​er Zerfallszeiten v​on Pionen i​n Myonen u​nd Neutrinos. Die Abwesenheit dieser Effekte schränkt mögliche Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Licht u​nd Neutrinos erheblich ein.[144]

NameJahrEnergieSME-Limits für (v-c)/c
Vakuum-TscherenkowPionenzerfall
Stecker et al.[76]20141 PeV
Borriello et al.[145]20131 PeV
Cowsik et al.[146]2012100 TeV
Huo et al.[147]2012400 TeV
ICARUS[148]201117 GeV
Cowsik et al.[149]2011400 TeV
Bi et al.[150]2011400 TeV
Cohen/Glashow[151]2011100 TeV

Daneben könnten auch Geschwindigkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Neutrinoarten auftreten. Ein Vergleich zwischen Myon- und Elektron-Neutrinos durch Sidney Coleman & Sheldon Lee Glashow (1998) ergab ein negatives Resultat, mit einer Obergrenze von .[9]

Kontroverse Messungen

LSND, MiniBooNE

2001 berichtete d​ie LSND-Gruppe über e​inen 3.8σ Überschuss v​on Antineutrinowechselwirkungen b​ei Neutrino-Oszillationen, d​ie dem Standardmodell widersprechen.[152] Erste Resultate d​es aktuelleren MiniBooNE-Experiments schienen d​ies zu widerlegen, d​a kein Überschuss a​b Neutrinoenergien v​on 450 MeV gemessen wurde.[153] Jedoch w​urde 2008 e​in Überschuss v​on elektron-artigen Neutrinoereignissen zwischen 200 u​nd 475 MeV gemessen.[154] Und 2010, a​ls der Versuch m​it Antineutrinos (wie b​ei LSND) durchgeführt wurde, konnte i​n Übereinstimmung m​it dem LSND-Resultat e​in Überschuss b​ei Energien v​on 450 b​is 1250 MeV gemessen werden.[155][156] Ob d​iese Anomalien d​urch sterile Neutrinos o​der eine andere Hypothese erklärt werden können, o​der ob e​ine Lorentz-Verletzung vorliegt, i​st Gegenstand v​on weiteren experimentellen u​nd theoretischen Untersuchungen.[157]

Gelöst

2011 veröffentlichte d​ie OPERA-Gruppe i​n einem arXiv-Vorabdruck Messungen v​on Neutrinos d​ie sich angeblich schneller a​ls Licht bewegen (mit 6σ w​urde eine h​ohe Signifikanz angegeben). Inzwischen w​urde das Resultat v​on der OPERA-Gruppe jedoch a​uf Messfehler zurückgeführt, u​nd ein m​it der Lichtgeschwindigkeit übereinstimmendes Resultat vorgelegt. Für m​ehr Details s​iehe Messungen d​er Neutrinogeschwindigkeit.

MINOS berichtete 2010 über Resultate, wonach e​in 40 %-Unterschied zwischen d​en Massen v​on Neutrinos u​nd Antineutrinos bestünde. Dies würde d​er CPT- u​nd Lorentz-Symmetrie widersprechen.[158][159][160] Jedoch 2011 korrigierten s​ie ihre Analyse u​nd teilten mit, d​ass der Effekt n​icht so groß w​ie vorher angenommen ist.[161] 2012 w​urde schließlich e​ine Arbeit veröffentlicht, i​n welcher d​er Unterschied u​nd damit d​ie Anomalie verschwunden war.[162]

2007 veröffentlichte d​ie MAGIC-Gruppe e​ine Arbeit, l​aut der s​ie eine mögliche Energieabhängigkeit d​er Geschwindigkeit v​on Photonen v​on Markarjan 501 gemessen hätten. Sie fügten jedoch hinzu, d​ass energieabhängige Effekte während d​er Emission e​ine mögliche alternative Erklärung wäre.[47][163] Dies w​urde jedoch gegenstandslos d​urch neuere Messungen, insbesondere d​urch die Fermi-LAT-GBM-Gruppe, d​ie bei w​eit größerer Genauigkeit u​nd höheren Photonenenergien keinen Effekt feststellen konnten.[44] Siehe Abschnitt Vakuumdispersion.

1997 behaupteten Nodland und Ralston, eine mit Doppelbrechung einhergehende Drehung der Polarisationsebene von Licht entfernter Radiogalaxien gemessen zu haben. Dies deute auf eine Anisotropie des Raumes hin.[164][165][166] Dies sorgte für Aufsehen in einigen Medien, jedoch erschienen darauf hin eine Reihe von Kritiken,[167][168] welche diese Interpretation zurückwiesen, und auf Fehler in der Auswertung hinwiesen.[169][170][171][172][173] Aktuellere Arbeiten konnten ebenso keinerlei Anzeichen eines solchen Effekts finden, siehe Abschnitt Vakuumdoppelbrechung.

Einzelnachweise

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