Gleis
Als Gleis oder Geleise (in der Schweiz und Südtirol) wird die Fahrbahn für Schienenfahrzeuge bezeichnet. Es bildet die Grundlage für den Bahnverkehr. Das Gleis besteht in der Regel aus parallel quer liegenden Schwellen, auf denen längs zwei parallel liegende, stählerne Schienen befestigt sind. Abhängig vom Verkehrsaufkommen können Bahnstrecken ein- oder mehrgleisig angelegt werden.
Gleis in Verbindung mit einer Zahl bzw. einer Nummer wird auf deutschen Bahnhöfen üblicherweise zur eindeutigen Kennzeichnung von einzelnen Bahnsteigkanten verwendet, auf die in den Zugfahrplänen oder auf Anzeige-Tafeln als Ankunft- oder Abfahrtsstelle eines Zuges hingewiesen wird.
Wortherkunft
Gleis und Geleis (Plural: Gleise und Geleise) haben ihre Wortherkunft im 14. Jahrhundert im spätmittelhochdeutschen geleis, eine Radspur oder ein getretener Pfad. Es ist eine Kollektivbildung des mittelhochdeutschen leis bzw. leise für Spur. Dies geht wiederum auf das althochdeutsche leisa zurück, in Verbindung mit Wagen als waganleisa, also Wagenspur.[1] Ursprünglich waren damit die von einachsigen Karren (u. a. Ochsenkarren) oder zweiachsigen Wagen (Pferdefuhrwerke) in den Boden eingedrückten, parallelen Spurrillen bezeichnet. Im römischen Straßenbau – und dann wieder ab dem Mittelalter – kannte man die in den Fels eingehauenen Spuren, die den Fahrzeugen besonders im Gebirge eine sichere Fahrt auf dem exponierten Weg ermöglichten. Diese Karrengeleise bedingten eine wenigstens regional normierte Spurweite der Fuhrwerke. Vereinzelt kamen schon in antiken Straßen weichenähnliche Verzweigungen vor.
Geleise kommt in der Bahnfachsprache in Deutschland seit über hundert Jahren nicht mehr zur Anwendung. Die Wortform gilt im deutschen Sprachgebrauch als „gehoben“ und ist im Standardsprachlichen in Österreich und der Schweiz noch üblich:[2] Im österreichischen Deutsch gilt die Wortform jedoch als veraltend,[3] im Schweizer Hochdeutsch ist es eine Nebenform.[4]
Aufbau
Die Schwellen aus Holz, Stahl oder Beton mit speziellen Befestigungselementen halten die Schienen im vorgesehenen, fortlaufend gleichbleibenden Abstand – der so genannten Spurweite – zueinander. Die Schwellen liegen in der Bettung, die meist aus Schotter besteht. Diese Bauform wird als „Schotteroberbau“ bezeichnet. Ihr Vorteil ist die gute Regulierbarkeit, eine leicht mögliche Anpassbarkeit bei Änderungen und die natürliche Elastizität. Elastizität und Lagesicherheit sind aber nur gewährleistet, wenn der Unterbau tragfähig und der Schotter sauber und wasserdurchlässig ist. Beides bedingt einen gewissen und regelmäßigen Instandhaltungsaufwand. Auf geringbelasteten Nebenbahnen wurde in der Vergangenheit auch Kiesbettung angewendet. Diese ist preisgünstiger, doch Lagestabilität und Tragfähigkeit fallen gegenüber dem Schotteroberbau deutlich ab.
Als weitere Bauform gibt es die sogenannte Feste Fahrbahn, bei der Schwellen oder andere Schienenbefestigungsträger in einer Oberbauplatte aus Beton oder Asphalt integriert sind. Diese wird in Deutschland bei Schnellfahr- und Hochgeschwindigkeitsstrecken verwendet. Die Lagesicherheit und Stabilität ist deutlich besser als beim Schotteroberbau, jedoch ist die feste Fahrbahn kaum elastisch, was durch aufwändigere Schienenauflagen und -befestigungen ausgeglichen werden muss. Zudem sind Änderungen, die nicht beim Bau vorbereitet wurden, sehr viel komplizierter.
Daneben gibt es auch Fahrbahnen, bei denen die Schienen ohne Schwellen mit Schrauben oder Klammerfedern auf einem stabilen flächigen Unterbau direkt befestigt werden. Diese Art des Oberbaus wird als „direkte Auflagerung“ bezeichnet.
Weiterhin gibt es die Variante Kreuzlängsschwellengleis (KLS). Hier erfolgt die Anordnung der Schwellen längs zur Gleisachse.
Die Schienen bilden die Fahrbahn, es sind Stahlprofile, die in zunächst einfacher Ausführung aufeinanderfolgend mit Laschen zusammengeschraubt wurden, in moderneren Ausführungen aber lückenlos verschweißt sind. Für Eisenbahnen werden heute in der Regel Vignolschienen verwendet, insbesondere für eingedeckte Straßenbahngleise auch Rillenschienen. Auf den Schienen laufen die Räder der Eisenbahnfahrzeuge. Ein Abrutschen vom Gleis wird beim Fahren durch den Spurkranz und Sinuslauf der Radsätze verhindert. Die Spurkränze gewährleisten in Weichen und Kreuzungen die Führung der Räder.
Die Gesamtheit von Schienen, Kleineisen, Schwellen und Bettung nennt man Oberbau. Dämme, An- und Einschnitte sowie Brücken gehören zum Unterbau von Gleisen, mit dem Unebenheiten des Geländes ausgeglichen werden. Ober- und Unterbau zusammen nennt man den Bahnkörper.
Das Gleis nimmt die Gewichtskraft und andere Belastungen auf, die die Schienenfahrzeuge auf die Schienen ausüben. Vom Ober- wie vom Unterbau hängen unter anderem die Höchstgeschwindigkeit einer Strecke und die maximal zulässige Achslast der Fahrzeuge ab.
Gleisbau und -konstruktion
Die Projektierung und Verlegung von Gleisen einschließlich Ober- und Unterbau sowie auch deren Unterhaltung und Pflege werden als Gleisbau bezeichnet. Hierzu kommen in der Regel spezielle Gleisbaumaschinen zum Einsatz.
Berücksichtigung von Steigungen und Gefällen
Landschaftlich und geologisch bedingt kann es erforderlich sein, die Gleise mit entsprechenden Neigungen oder Gefällen zu verlegen und zu sichern. Siehe hierzu Adhäsionsbahn.
Berücksichtigung von Temperatur und geologischen Veränderungen
Neue Schienen werden vom Hersteller in Regellängen von 30, 45, 60, 120 oder 180 Metern gewalzt. Beim Einbau der Schienen in den Gleiskörper werden die Schienen daraufhin entweder zu einem sogenannten Stoßlückengleis gelascht oder zu einem lückenlosen Gleis verschweißt.
Beim Stoßlückengleis werden die Enden zweier Schienen mit einer gewissen temperaturabhängigen Verlegelücke am sogenannten Schienenstoß, aneinandergesetzt und mittels Laschen verschraubt. Bei Verlegetemperaturen von mehr als 20 °C (bei 60-Meter-Schienen) wird keine Verlegelücke angelegt, bei weniger als 20 °C eine Lücke bis zu 19 Millimetern. Bei Temperaturen von mehr als 20 °C verschwindet somit die Schienenlücke und es treten Temperaturspannungen auch im Stoßlückengleis auf.
Stoßlückengleise werden gemäß Oberbauvorschrift der Deutschen Bahn AG (DS 820) nur noch auf rutschgefährdetem oder ungleichmäßig nachgiebigem Untergrund, beispielsweise in Bergschadensgebieten, verwendet.
In allen anderen Fällen wird ein lückenloses Gleis, auch als durchgehend geschweißtes Gleis bezeichnet, verwendet. Hierbei werden die Enden zweier Schienen ohne eine Verlegelücke miteinander verschweißt. Damit mechanische Spannungen aufgrund von Temperaturschwankungen innerhalb beherrschbarer Grenzen gehalten werden können, werden im Bereich der Deutschen Bahn AG Schienen in einem Temperaturbereich von 20 bis 26 °C verschweißt. Innerhalb dieses Temperaturbereiches sind die mechanischen Spannungen nahezu ausgeglichen.
Bei höheren oder niedrigeren Temperaturen treten jedoch aufgrund der Ausdehnung bzw. Schrumpfung der Schienen in Längsrichtung mechanische Spannungen im Gleis auf, sogenannte „Längsverschiebungen“. So treten z. B. sowohl in einem Stoßlückengleis als auch in einem lückenlosen Gleis bei Schienentemperaturen von 60 °C (die auch in Mitteleuropa im Sommer durchaus möglich sind) Druckkräfte von etwa 1500 kN (bei UIC-60-Schienen) auf.
Diese mechanischen Spannungen werden jedoch weder bei Stoßlückengleisen durch die Schienenstöße noch bei lückenlosen Gleisen durch Ausgleichsvorrichtungen (außer bei extremen Bedingungen oder auf Brücken, s. u.) kompensiert. Vielmehr verbleiben die Druckkräfte im Gleis an Ort und Stelle. Ein horizontales Ausweichen der Schienen erfolgt nicht. Durch die Verspannung der Schienen mit den Schwellen, die großen Reibungskräfte zwischen Schienenfuß und Schienenbefestigung sowie die Einschotterung bzw. das Eingießen in Beton werden die Druckkräfte direkt in den Untergrund übertragen. Insbesondere muss der seitlich neben den Schwellen angeordnete Schotter eine gewisse Mindestbreite umfassen, damit das Gleis in seiner Lage verbleibt und die Druckkräfte zuverlässig abgeleitet werden können. Zusätzlich ist die Unterseite der Schwellen für Schotteroberbau besonders rau ausgeführt, um die Reibung zwischen Schotter und Schwellenunterseite zu erhöhen.
Farbbehandlung
Im gesamten Netz der italienischen Staatsbahnen FS werden Schienen weiß angestrichen, um Verwerfungen durch hohe Temperaturen zu verhindern. Die Temperaturabsenkung beträgt 7–10 °C.
In der Schweiz wurden 2018 bei der Rhätischen Bahn ebenfalls testweise Schienen weiß eingefärbt.[5] 2019 haben die Schweizerische Bundesbahnen SBB ebenfalls entsprechende Versuche durchgeführt.[6]
Auch die Österreichische Bundesbahnen ÖBB hat 2019 ein Infrastrukturprojekt in Bludenz gestartet, um die durch steigenden Sommertemperaturen entstehenden Verwerfungen zu bekämpfen.[7]
Schienenauszüge
Bei besonders großen Temperaturunterschieden, betriebsbedingten Längskräften wie Bremsen oder Beschleunigen von Fahrzeugen und auf langen Beton- und Stahlbrücken werden Schienenauszüge eingebaut. Hierbei gleiten eine Backenschiene und eine Zunge in Längsrichtung gegeneinander, wobei die Ausziehlängen zwischen 200 und 830 mm betragen können.
Gleislagefehler
Ein Gleislagefehler ist ein Fehler der Lage eines Eisenbahngleises in horizontaler oder vertikaler Richtung oder in der gegenseitigen Höhenlage beider Schienen, der beim Bau, durch Betriebseinflüsse oder Veränderungen des Untergrunds entstehen kann.
Sie können einen längeren Abschnitt mit einer durchgehenden und homogenen Verschlechterung betreffen, die sich in erster Linie negativ auf den Fahrkomfort auswirkt. Daneben treten auch einzelne, kurze Bereiche auf, in denen sich die Gleislage im Vergleich zum umliegenden Bereich deutlich schneller verschlechtert. Derartige Einzelfehler können sicherheitsrelevant sein.[8]
Im Überwachungsbereich des deutschen Eisenbahn-Bundesamtes wurden 2019 insgesamt 37 Gleislagefehler registriert.[9]
Führungsschiene
Zur gezielten Führung von Schienenfahrzeugen nach dem Entgleisen sind an vielen Engstellen – insbesondere auf und unter Brücken – Führungsschienen angebracht. Diese bestehen meist aus herkömmlichen Vignolschienen, sodass das Gleis wie ein Vierschienengleis aussieht. Die Führungsschienen werden mindestens 10 Meter vor und hinter dem zu schützenden Bauwerk eingebaut und als Fangvorrichtung ausgebildet.
Schutzschiene
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Schutzschienen, die insbesondere in Bögen eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um spezielle Profile, die in einem Abstand von etwa 80 mm zur Innenschiene befestigt werden. Im Normalfall wird die Schutzschiene nicht vom Spurkranz des Rades berührt, jedoch wird durch die Wahl des Abstands das Aufsteigen des Spurkranzes auf der Außenschiene verhindert.
In noch engeren Bögen, meist bei Straßenbahnen, entlasten Leitschienen die Außenschienen, da an der Innenschiene die Innenseite des Spurkranzes an der Leitschiene ansteht. Dadurch wird das Risiko einer Entgleisung reduziert.
Verzweigungen und Kreuzungen
Verzweigungen von Gleisen werden mit Eisenbahnweichen realisiert. Ein weiteres wichtiges Konstruktionselement ist die Kreuzung. Trennt sich ein Schienenstrang vom anderen und wird einer über den anderen hinweggeführt, so spricht man bei diesem Kreuzungspunkt von einem Überwerfungsbauwerk.
Mehrschienengleise
Ein Dreischienengleis hat drei nebeneinander verlegte Schienen, um das Befahren mit Fahrzeugen unterschiedlicher Spurweite zu ermöglichen, wobei eine der äußeren Schienen von den Fahrzeugen beider Spurweiten genutzt wird. Dreischienengleise werden in Bahnhöfen verwendet, in denen Bahnen mit verschiedenen Spurweiten aufeinandertreffen, aber auch auf Werksgeländen von Fahrzeugherstellern oder während der Umstellungsphase einer Eisenbahn auf eine andere Spurweite (z. B. bei den Stuttgarter Straßenbahnen und der Straßenbahn Liberec). Längere Dreischienengleise existieren beispielsweise in Australien, in Spanien entstehen sie zunehmend durch den Ausbau des regelspurigen Schnellfahrnetzes. In Deutschland hat der Streckenabschnitt von Putbus nach Lauterbach Mole (Insel Rügen) ein Dreischienengleis zur gemeinsamen Nutzung mit der schmalspurigen Rügenschen Bäderbahn.
Wegen der gemeinsam genutzten Schiene sind zum Ein- und Ausfädeln insbesondere bei nur geringen Unterschieden beider Spurweiten und großen Bogenradien oder beim Mischbetrieb von Eisen- und Straßenbahnfahrzeugen mit schmaleren Radreifen wegen der sonst zu klein werdenden Auflagefläche der ablaufenden Räder spezielle Einzungenweichen erforderlich. Bei den sächsischen Schmalspurbahnen waren dagegen einfache Radlenker üblich, die im Bereich der Fahrkantenunterbrechung zur Reduzierung der notwendigen Rillenweite auch auf der Außenseite eingebaut werden. Eine Sonderform einer Weiche ist auch die sog. Gleisspurverziehung, bei der trotz verschiedener Fahrzeugtypen mit verschiedener Wagenkastenbreite ein bequemerer Ein- und Ausstieg erreicht werden soll. Die Fahrzeuge mit dem schmaleren Wagenkasten können durch die Verschiebung an die Bahnsteigkante herangeführt werden. Vor bzw. nach der Haltestelle nutzen alle Fahrzeuge das gemeinsame Stammgleis.
Wenn die Spurweitenmaßdifferenz zu gering ist, werden Vierschienengleise genutzt. Beispiele dafür sind das Zusammentreffen von Meter- und Kapspur beziehungsweise Regel- und russischer Breitspur. In diesem Fall ist ein Dreischienengleis nicht mehr möglich, weil die Differenz zwischen beiden Spurweiten geringer ist als die Breite einer Schiene einschließlich der Befestigungselemente. Mit vier Schienen lassen sich auch drei Spurweiten auf einem Gleis unterbringen, z. B. Regel-, Kap- und Meterspur. Derartige Lösungen existieren existieren derzeit nur auf den Prüfgleisen von Schiennfahrzeugherstellern, wenn für verschiedene Spurweiten geliefert wird.
Die ehemals gemeinsame Nutzung der Strecke Bad Ischl – Bad Ischl Frachtenbahnhof durch die Schmalspur der Salzkammergut-Lokalbahn und die Normalspur der Salzkammergutbahn führte zu einem – in Österreich einzigartigen – asymmetrischen Vierschienengleis: Eine Schiene der Schmalspurbahn war innerhalb der Normalspurschienen, die andere außerhalb verlegt.
Vierschienengleise können auch so ausgeführt sein, dass die Gleisachsen beider Spurweiten zusammenfallen. Dies erfordert eine ausreichend große Differenz der Spurweiten und hat den Vorteil, dass keine seitliche Erweiterung des Lichtraumprofils aufgrund der Seitenverschiebung erforderlich wird. Dies ist insbesondere wichtig, wenn auf dem Schmalspurgleis aufgebockte Regelspurwagen mittels Rollböcken oder Rollwagen transportiert werden. Gleichzeitig vereinfacht die gemeinsame Gleisachse die Regulierung einer für beide Spurweiten zu nutzenden Fahrleitung. Auch in zweigleisigen Tunneln mit eingeschränktem Profil wird ein spezielles Mittelgleis benutzt, wenn Züge mit Lademaßüberschreitungen passieren müssen.
Ein weiterer Vorteil des Vierschienen- gegenüber dem Dreischienengleis ist, dass hier auch bei unterschiedlichen Radsatzmaßen keine Zungenvorrichtungen zum Zusammenführen der Spurweiten benötigt werden (potenzielle Unfallquellen!); es genügt eine Gleisverschlingung. Eine solche kann auch bei nur einer Spurweite sinnvoll sein, beispielsweise vor schmalen Brücken oder Engstellen in einem Straßenbahnnetz (z. B. Haltestellenbahnsteig).
Sechsschienige Ausfädelungen sind erforderlich, wenn auf einer eingleisigen Eisenbahnstrecke zusätzlich Straßenbahnfahrzeuge in Einrichtungsbauart verkehren sollen und deshalb Bahnsteige auf beiden Seiten benötigt werden. Mit Hilfe einer solchen Ausfädelung, wie z. B. auf der Lossetalbahn von Kassel über Kaufungen nach Hessisch Lichtenau, können die Straßenbahnzüge jeweils an die in Fahrtrichtung rechts liegende Bahnsteigkante herangeführt werden. Fernbahnfahrzeuge verkehren in der Mitte, ohne die Bahnsteige zu überstreichen. Befinden sich alle Bahnsteige auf derselben Seite, reichen hier bereits vier Schienen.
Um eine besonders breite Gesamt-Schienenbreite für besonders hohe Fahrzeuge zu erzielen, werden mitunter Vierschienengleise als weit auseinanderliegendes Paar aus zwei (etwa) normalspurigen Gleisen aufgebaut. Die Fahrzeuge stehen dementsprechend auf paarweise nebeneinanderliegenden Fahrgestellen normaler Spurweite. Es braucht also keine extralangen Radachsen. Beispiele sind:
- Brighton and Rottingdean Seashore Electric Railway (1896–1901), England, Gleispaare mit 828 mm Spurweite und 5486 mm „Gesamtspurweite“.
- Very Large Array, Socorro, New Mexico, USA zum Positionieren von Radioteleskopen. Geschätzt Regelspurgleise mit 7 m Gleisachsabstand, also 8,5 m „Gesamtspur“.[10]
Siehe auch
- Dreischienengleise in Norwegen
- In der Liste der Schmalspurbahnen in der Schweiz und der Liste der ehemaligen Schweizer Eisenbahnstrecken sind alle bestehenden und ehemaligen Schweizer Bahnen mit Drei- und Vierschienengleis aufgeführt.
Zahnstangengleise
In Gleisen von Zahnradbahnen liegt in der Regel in Gleismitte eine Zahnstange, in die die Treibzahnräder der Triebfahrzeuge und die Bremszahnräder der übrigen Fahrzeuge eingreifen. Es gibt verschiedene Bauarten von Zahnstangen mit den Zähnen an der Oberseite (Systeme Abt und Strub), an den Seiten (System Locher) sowie mit einer Leiterzahnstange (System Riggenbach).
Begriffe im deutschsprachigen Raum
In Deutschland und in Österreich wird zwischen Haupt- und Nebengleisen unterschieden. Hauptgleise sind Gleise, die von Zugfahrten planmäßig befahren werden können. Alle anderen Gleise werden als Nebengleise bezeichnet. Die Streckengleise und ihre Fortsetzung im Bahnhof werden als durchgehende Hauptgleise bezeichnet.
In der Schweiz bezieht sich das Hauptgleis auf ein Gleis, in dem eine signalmäßig (nicht mit Rangiersignalen) gesicherte Zugfahrstraße eingestellt werden kann.
Streckenpflege
Gleise wurden und werden teilweise noch von einem Streckenwärter vor allem auf defekte Schienenbefestigung kontrolliert. Er führt entsprechende Schraubenschlüssel mit sich und passt seine Schrittweite dem Schwellenabstand von häufig 65 cm an, um wenig auf den unebeneren, groben Schotter zu treten. Um zu verhindern, dass der Gleisbereich verkrautet, findet darüber hinaus bis heute eine regelmäßige Vegetationskontrolle statt, das heißt, es werden von speziellen Sprengzügen Herbizide im Gleisbereich aufgetragen.
Historischer Rückblick
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterschied man noch vier Gleistypen nach dem verwendeten Material:
- Englische Schienen: heutige Eisenschienen, teuer, aber dauerhaft, auf Steinblöcken oder Holzschwellen verlegt, ersetzten bei Eisenbahnen bald die amerikanische Bauweise.
- Amerikanische Schienen: Holzschienen mit Metallbeschlag, billig beim Bau, aber aufwendig im Unterhalt, wurden auf Holzschwellen verlegt. Wurden auch bei Pferdebahnen (z. B. Budweis–Linz) verwendet.
- Holzschienen: aus Baumstämmen geschnitzte Schienen, schon seit dem Mittelalter vor allem in Bergwerken in Gebrauch.
- Steinschienen: Steinschienen auf gesetzter Steinunterlage, wurden überwiegend auf Versuchsstrecken in Frankreich eingesetzt.
Spurweiten und Gleisgeometrie
Wesentliches Merkmal der Gleisgeometrie ist die Spurweite. Beispiele sind
Literatur
- O. Estorff, M. Firuziaan: Simulation of the Dynamic Behavior of Bedding-Foundation-Soil in the Time Domain. Springer Verlag, 2002.
- Erich Ensinger: Der Gleisbau (Leitfaden für Eisenbahner). 3. Aufl. GdED Verlagsgesellschaft, Frankfurt a. M. 1962 (219 S.).
- August Haarmann: Das Eisenbahn-Geleise. Geschichtlicher Teil. Engelmann, Leipzig 1891 (XL, 852 S., m. zahlr. Abb. – das Standardwerk zum Thema).
- August Haarmann: Das Eisenbahn-Gleis. Kritischer Teil. Engelmann, Leipzig 1902 (277 S., m. zahlr. Abb. – das Standardwerk zum Thema).
- Robert Hanker: Eisenbahnoberbau. Die Grundlagen des Gleisbaues. Springer, Wien 1952 (VIII, 256 S., m. 258 Textabb. 8°).
- Klaus Knothe: Gleisdynamik (Bauingenieur-Praxis). Ernst, Berlin 2001, ISBN 3-433-01760-3 (VIII, 221 S., Ill., graph. Darst. 24 cm – Literaturverz. S. 187–214).
- Bernhard Lichtberger: Handbuch Gleis. Unterbau, Oberbau, Instandhaltung, Wirtschaftlichkeit. 2. Aufl. Tetzlaff, Hamburg 2004, ISBN 3-87814-804-6.
- Wolfgang Schiemann: Schienenverkehrstechnik: Grundlagen der Gleistrassierung. Teubner, Stuttgart / Leipzig / Wiesbaden 2002, ISBN 3-519-00363-5 (334 S., graph. Darst.).
- Volker Matthews: Bahnbau. 4. Aufl. Teubner, Stuttgart / Leipzig 1998, ISBN 3-519-30113-X (284 S., 55 Tabellen).
- Fritz Fastenrath (Hrsg.): Die Eisenbahnschiene. Ernst & Sohn, Berlin 1977, ISBN 3-433-00783-7 (437 S., m. zahlr. Abb.).
- Heinz E. Deckart: Herstellung lückenloser Gleise und Weichen. In: Heinrich Köstermann, Klaus Meißner, Herbert Sladek (Hrsg.): Handbuch der Schienentechnik. DVS Media, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-87155-218-2 (= Fachbuchreihe Schweißtechnik, Band 152).
- Karl Derlin: Lückenlose Gleise und Weichen. Herstellung und Bedeutung durchgehend geschweißter Gleise und Weichen. Dr.-Arthur-Tetzlaff-Verlag, Frankfurt (Main) und Berlin 1960 (55 S., 16 Abb., 6 Tabellen).
- John Wattmann: Längskräfte im Eisenbahngleis. 2. Aufl. Otto Elsner Verlagsgesellschaft, Darmstadt 1957 (234 S., zahlr. Abb., Tabellen und Formeln, Literaturverzeichnis).
Weblinks
Einzelnachweise
- Geleise in Rechtschreibung, Hrsg. Duden-Verlag. Vgl. auch: Gleis im Wiktionary.
- Geleise in Duden-Online, Hrsg. Duden-Verlag.
- Vgl. Österreichisches Wörterbuch, 41. Aufl., ÖBV, Wien 2009, S. 258.
- Vgl. Die deutsche Rechtschreibung. Duden Band 1, 25. Aufl., Duden-Verlag, Mannheim 2009, S. 475.
- Der Mobilitätsmanager https://www.dmm.travel/nc/news/zuege-auf-weissen-schienen/
- Zweite Hitzewelle: So hat sich die SBB vorbereitet, SBB News, abgerufen am 10. Februar 2021.
- ÖBB Pressemitteilung https://presse.oebb.at/de/presseinformationen/coole-schienen-oebb-faerben-schienen-gegen-hitze-weiss-ein
- Stefan Marschnig, Fabian Hansmann, Bernhard Antony, Michael Fellinger: Einzelfehler der Gleislage und ihre Behebung – ein internationaler Benchmark. In: ZEVrail, Glasers Annalen. Nr. 10, Oktober 2021, ISSN 1618-8330, ZDB-ID 2072587-5, S. 384–391.
- Bericht des Eisenbahn-Bundesamts gemäß Artikel 18 der Richtlinie über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (Richtlinie 2004/49/EG, „Sicherheitsrichtlinie“) über die Tätigkeiten als Sicherheitsbehörde. (PDF) Berichtsjahr 2019. In: eba.bund.de. Eisenbahn-Bundesamt, 15. September 2020, S. 30, abgerufen am 14. Oktober 2020.
- Satellitenansicht Very Large Array google.com/maps, abgerufen am 12. Juli 2020.