Straßenbahn Liberec
Die Straßenbahn Liberec ist eines von sieben Straßenbahnnetzen in Tschechien. Betrieben wird es vom kommunalen Verkehrsunternehmen Dopravní podnik měst Liberce a Jablonce nad Nisou. Ursprünglich war das Netz meterspurig, seit 1990 erfolgt eine schrittweise Umstellung auf Regelspur, seit dem 18. Juli 2021 verkehren ausschließlich normalspurige Linien.
Straßenbahn Liberec | |
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Basisinformationen | |
Staat | Tschechien |
Stadt | Liberec |
Eröffnung | 25. August 1897 |
Betreiber | Dopravní podnik měst Liberce a Jablonce nad Nisou, a. s. |
Infrastruktur | |
Spurweite | 1435 mm (Normalspur) |
Stromsystem | 600 V = Oberleitung |
Betrieb | |
Linien | 2 |
Fahrzeuge | T3, EVO2 |
Streckenplan (2020), seit Juli 2021 ist die Strecke nach Jablonec wegen Umbauarbeiten außer Betrieb. |
Geplant ist der Bau von mehreren neuen Strecken (Rochlice–Vesec und Ruprechtice–Pavlovice). In Betrieb sind zwei Linien.
Linien
Heute sind zwei reguläre und eine historische Linie in Betrieb, wobei die Linie 2 einer verkürzten Linie 3 entspricht.[1]
Linie | Strecke |
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1 | Historische Linie: Lidové Sady – Fügnerova – Viadukt (Zwischenhaltestellen wie Linie 3) |
2 | Lidové Sady – Fügnerova – Viadukt – Dolní Hanychov (Zwischenhaltestellen wie Linie 3) |
3 | Lidové Sady – Riegrova – Botanická-ZOO – Muzeum-výstaviště – Průmyslová škola – 5. května – Šaldovo nám. – Fügnerova – Soukenné náměstí – Rybníček – Nádraží – Viadukt – Krkonošská – Staré pekárny – Vápenka – Janův Důl – Kubelíkova – Dolní Hanychov – Malodoubská – Hanychov kostel – Spáleniště – Horní Hanychov |
Alle Linien sind nutzbar mit dem Euro-Neiße-Ticket für den Nahverkehr im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien.[2]
Geschichte
Die meterspurige Straßenbahn im damals österreichischen Reichenberg wurde am 25. August 1897 eröffnet. Sie fuhr zwischen dem Bahnhof und dem heutigen Zoo. Der Bau ging auf die Initiative zweier Fabrikanten im Jahr 1894 zurück. Diese Strecke entspricht weitestgehend der heutigen Linie 1. Im November desselben Jahres wurde sie bis zum Gasthaus Volksgarten (heute Lidové sady) am nördlichen Stadtrand verlängert. Sie wies eine Länge von 3,5 Kilometern auf und führte bis an den Rand des Isergebirges. Die Strecke war zweigleisig konzipiert worden. Aufgrund der engen Straßen verlief sie aber teilweise in zwei Straßen parallel und hatte bis zu 10 % Steigung. 1899 wurde eine zweite Linie bis in den damaligen Vorort Röchlitz (heute Rochlice) verlegt. 1904 kam eine Verlängerung dieser Strecke bis Rosenthal (heute Růžodol) hinzu. Somit war diese Linie 4,2 Kilometer lang.
1900 wurde ein einheitlicher Tarif von 12 Hellern montags bis samstags und von 20 Hellern sonntags eingeführt. Die Wagen der Linie 1 verkehrten alle fünf, die der Linie 2 alle zehn Minuten.
Am 16. Dezember 1912 ging die 5,7 Kilometer lange Linie vom Tuchplatz durch die Färbergasse und die Adlergasse und den Viadukt nach Oberhanichen in Betrieb. Sie weist bis zu sieben Prozent Steigung auf. Die Konzession für diese Linie wurde nachträglich am 16. Februar 1915 erteilt.[3]
Am 1. November 1932 wurde die kurze Verbindung vom Bahnhof durch die Zittauer Straße zum Viadukt eröffnet und die Strecke durch die Adler- und Färbergasse wieder aufgegeben. Damit war nun eine durchgende Linienführung vom Volksgarten über den Bahnhof nach Oberhanichen möglich.
Am 24. Dezember 1934 verkehrten in der Stadt vier Linien:
- 1 Bahnhof (Nádraží) − Tuchplatz (Soukenné náměstí) − Volksgarten (Lidové sady)
- 2 Röchlitz (Rochlice) − Tuchplatz (Soukenné náměstí) − Rosenthal I (Růžodol I)
- 3 Oberhanichen (Horní Hanychov) − Bahnhof (Nádraží) − Tuchplatz (Soukenné náměstí) − Volksgarten (Lidové sady)
- 4 Oberrosenthal (Vápenka) − Bäckerei (Pekárny) − Bahnhof (Nádraží) − Tuchplatz (Soukenné náměstí) − Volksgarten (Lidové sady)
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden deutschsprachige Mitarbeiter aufgrund der Beneš-Dekrete entlassen und alle deutschsprachigen Beschriftungen entfernt. Als letzter verließ der Direktor Anton Schlupek 1946 die Bahn und wechselte zur SWU Verkehr GmbH in Ulm.
Zwischen 1948 und 1960 bestanden die Verkehrsbetriebe der Städte Liberec und Jablonec nad Nisou. Zwischen den drei Städten Liberec, Vratislavice und Jablonec wurde am 26. Dezember 1956 die 12,5 Kilometer lange Überlandstraßenbahn Liberec–Jablonec nad Nisou eröffnet. In dieser Zeit wurden auch alle Endpunkte der Linien mit Wendeschleifen ausgestattet. Auf der anderen Seite war diese Periode aber auch vom Zerfall der bestehenden Substanz gekennzeichnet. So durften beispielsweise ab 1960 am Benešovo náměstí die Wagen aufgrund der Einsturzgefahr einiger Gebäude nur mit Schrittgeschwindigkeit und ohne Fahrgäste fahren. Die Passagiere legten diesen Weg zu Fuß zurück.
Zwischen dem 27. März 1972 und dem 29. Dezember 1976 wurde die Strecke nach Jablonec nad Nisou modernisiert. Damit wurde eine Verkürzung der Fahrtzeit von 39 auf 27 Minuten erreicht. Am 1. September 1990 begann die Umstellung der Gleise in der Stadt auf Regelspur. Bis 1995 wurde auf dem Abschnitt Lidové sady–Viadukt eine dritte Schiene verlegt. Am 30. August 1998 ging der erste rein regelspurige Abschnitt in Betrieb, seitdem kann der gesamte innerstädtische Straßenbahnverkehr mit Regelspurfahrzeugen abgewickelt werden.[4] Da diese Maßnahme auf die Stadtlinien begrenzt blieb, verkehrt seitdem die Straßenbahn in der Stadt mit zwei verschiedenen Spurweiten. Die Überlandlinie blieb in Meterspur. Ende der 1990er Jahre begann man dann auch über eine Umspurung der Überlandbahn nachzudenken. In diesem Zuge sollte die Bahn auch bis zur Seilbahn in Horní Hanychov verlängert werden.
Am 18. März 2021 wurde der Betrieb der Überlandlinie und damit der meterspurige Straßenbahnverkehr für die Bauarbeiten zur Umspurung eingestellt. Die Inbetriebnahme des Abschnittes Liberec–Vratislavice in Regelspur ist für November 2021 vorgesehen. Anschließend soll die Umspurung des verbleibenden Abschnitts bis Jablonec erfolgen. Im Dezember 2022 soll der regelspurige Betrieb auf der gesamten Strecke bis Jablonec aufgenommen werden.
Geplante Regiotram Nisa
Im Jahr 2000 fiel die Entscheidung, eine Stadtbahn nach dem Vorbild des Karlsruher Modells als „Regiotram Nisa“ zu realisieren. Kernstücke in diesem Projekt waren zum Einen, die zum großen Teil sehr desolate und nur eingleisig-meterspurige Straßenbahnlinie zwischen Liberec und Jablonec nad Nisou durch eine zweigleisige-regelspurige schnelle Stadtbahnstrecke zu ersetzen. Ein weiteres Ziel war, die ebenso nur eingleisige lokale Bahnverbindung Zittau ↔ Liberec ↔ Harrachov, deren Haltepunkte zum Teil in sehr bergigem Gelände einige Busstationen von den Ortskernen entfernt liegen, zweigleisig auszubauen und somit auch in die Ortszentren einzugliedern. Ein drittes Ziel im Projekt war der bessere Anschluss der Wintersportgebiete Harrachov und Jakuszyce (PL) an die großen Stadtgebiete von Liberec und des polnischen Jelenia Góra. Dazu sollte die ehemalige eingleisige Bahnlinie über den Neuweltpass (Novosvětský průsmyk) zweigleisig und elektrifiziert als Regiontramstrecke wieder hergerichtet werden. In mehreren Ausbaustufen war eine Ausweitung des elektrifizierten Trameinsatzgebiets vorgesehen: Zunächst sollten die Streckenabschnitte bis Tanvald und Josefův Důl fertiggestellt werden. In späteren Abschnitten sollte das Netz bis nach Jelenia Góra (PL), Železný Brod, Frýdlant v Čechách, Zittau (D) und in Richtung Rumburk ausgeweitet werden[5]. Die Investorsko inženýrská a.s. gewann im September 2003 die öffentliche Ausschreibung des tschechischen Landkreises Liberec zur Koordination des Projekts bis 2009. Hauptaufgabe in der Koordination war die Sicherstellung einer ganzen Reihe von Aktivitäten, angefangen von der Projektleitung, über den Vorschlag eines Finanzierungsmodells, den Nachweis über die Durchführbarkeit des Projekts, die Sicherstellung der Bauinvestoren und Ingenieurtätigkeit für die Bauten und das Marketing, bis hin zur Vorbereitung des ganzen Systems[6]. Eine Realisierung ist jedoch unter gegenwärtigen Gesichtspunkten in nächster Zeit nicht mehr zu erwarten, da dieses Vorhaben vom tschechischen Verkehrsministerium aus finanziellen Gründen in seiner Vordringlichkeit zurückgestuft wurde[7][8].
Literatur
- Gerhard Bauer: Straßenbahnen in der Tschechischen und Slowakischen Republik. Von der Pferdebahn zum Tatrawagen. Die Geschichte der Strassenbahnbetriebe in Wort und Bild. Verlag für Verkehrsliteratur Bauer, Dresden 1995, ISBN 3980430308.
Weblinks
Einzelnachweise
- Streckennetz Stand Januar 2011. (1,3 MB) Archiviert vom Original am 26. Juli 2011; abgerufen am 13. März 2012 (PDF).
- Euro-Neisse-Ticket. Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien, abgerufen am 16. Dezember 2012.
- Kundmachung des Eisenbahnministeriums vom 7. Februar 1915
- Liberec auf Regelspur in: Straßenbahn Magazin 6/98, S. 8.
- ALEJ architektonický atelier – Regiotram Nisa: 2000, 2001, 2003 (tschechisch)
- iias.cz (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) – Zuschlag der öffentlichen Ausschreibungen zum Entwicklungsprojekt Regiotram Nisa für den Zeitraum 2003–2009
- liberecky.denik.cz – Regiotram Nisa verschwendet 78 Millionen Kronen (tschechisch)
- doprava.kraj-lbc.cz (Memento vom 5. November 2009 im Internet Archive) – Information zur Regiotram Nisa (tschechisch)