Den Kongelige Grønlandske Handel
Den Kongelige Grønlandske Handel war ein dänisches Staatsunternehmen, das 200 Jahre lang als Monopolist den Handel mit Grönland betrieb und die Siedlungen auf der Insel verwaltete. Über mehr als 130 Jahre regierte es die dänischen Kolonien auf Grönland durch Inspektoren, Landsfogeder und Landshøvdinge.
Bereits 1912 verlor Den Kongelige Grønlandske Handel die Aufgabe der politischen Verwaltung Grönlands. 1950 wurde ihr Monopol für den Handel mit grönländischen Produkten eingeschränkt. Nach der grönländischen Autonomie 1979 ging Den Kongelige Grønlandske Handel zunächst in den Besitz der Autonomieregierung über und wurde ab 1985 in mehrere Staatsunternehmen aufgeteilt.
Vorläufer: Det Bergen Grønlandske Compagnie und Det almindelige Handelskompagni
Det Bergen Grønlandske Compagnie war eine von Hans Egede gegründete private Handelsgesellschaft, die von 1721 bis zu ihrem Bankrott 1727 bestand und auf Grönland die Siedlung Håbets Ø (nahe dem späteren Kangeq) errichtete. Die überlebenden Siedler von Håbets Ø gehörten später zu den Gründern von Godthåb, dem heutigen Nuuk. Eine weitere Gründung der Bergen Grønlandske Compagnie war eine Walfängersiedlung auf der Insel Nipisat, die heute zur Qeqqata Kommunia gehört. Diese Station wurde nach wenigen Jahren von den Niederländern zerstört.[1]
Det almindelige Handelskompagni (deutsch: Die allgemeine Handelsgesellschaft) war eine ebenfalls private dänisch-norwegische Handelsgesellschaft, die die Handelsniederlassungen des Königreichs in Grönland verwaltete. Sie wurde am 4. September 1747 durch königliches Dekret gegründet, erster Präsident wurde der Geheimrat Christian August von Berkentin. Grönland wurde von 1749 bis zu deren Zusammenbruch 1774 von der Almindelige Handelskompagni regiert. Die Gesellschaft hatte ein Handelsmonopol für die Siedlungen, das von Kriegsschiffen unter dem Danebrog gegen die bewaffnete Konkurrenz der Niederländer mit ihren besseren und billigeren Gütern verteidigt wurde. Das Kerngeschäft der Gesellschaft war der Kauf von Robbenfellen, Tran und anderen Produkten des Walfangs bei den einheimischen Jägern und der Verkauf dieser Güter in Europa. Da ihr Handelsmonopol räumlich auf einen festgelegten Radius um ihre Niederlassungen beschränkt war, lag die Gründung weiterer Siedlungen im Interesse der Gesellschaft. So entstand eine Vielzahl bis heute bestehender Siedlungen an der Westküste Grönlands. Det almindelige Handelskompagni geriet wegen der Übernahme des defizitären Handels mit Island und der Finnmark in Schieflage und wurde im Mai 1774 vom Staat übernommen.[2][3]
Gründung
Mit einer königlichen Resolution wurde am 16. Mai 1774 festgelegt, dass der grönländische Handel und die Schifffahrt zukünftig von einem staatlichen Unternehmen betrieben würden. Dieses Datum betrachtete die KGH als ihr Gründungsdatum. Dem Unternehmen wurden die zuvor von der Handelskompagni verwalteten Siedlungen in Grönland übertragen, darunter Gründungen durch Missionare der evangelisch-lutherischen Kirche und der Herrnhuter Brüdergemeine. Durch eine weitere königliche Resolution vom 13. April 1775 wurde Den Kongelige Grønlandske Handel auch der Handel mit den Färöern übertragen. Gleichzeitig wurde eine weitere Gesellschaft für den Handel mit Island und der Finnmark gegründet. Am 18. März 1776 untersagte die dänische Krone jeglichen unautorisierten Handel mit Grönland, womit die KGH eine bis 1950 währende Monopolstellung erhielt. Der Firmensitz der KGH war während ihres gesamten Bestehens Den Kongelige Grønlandske Handels Plads in Christianshavn, heute ein Stadtviertel von Kopenhagen.[3]
1781 wurden beide Unternehmen zu Den Kongelige Grønlandske, Islandske, Finmarkske og Færøske Handel og Fiskefangst fusioniert und eine Privatisierung angestrebt. Da keine privaten Interessenten für das Unternehmen gefunden werden konnten, musste der dänische Staat selbst den Betrieb aufrechterhalten. Leitende Direktoren wurden die Staatsbeamten Christian Ludvig Stemann und Ove Høegh-Guldberg. Der Name der Gesellschaft wurde in Den Kongelige Grønlandske, Islandske, Finmarkske og Færøske Handel geändert. Dass dem Vorstand der Gesellschaft direkter Zugang zum König gewährt wurde, ist ein Beleg für die große Bedeutung, die dem Unternehmen beigemessen wurde.[3]
Handelstätigkeit
Zunächst hatte die KGH nur das Monopol für den Handel in unmittelbarer Umgebung der Handelsstationen und Missionen. Doch bereits 1776 wurde das Monopol auf jeglichen Handel in Grönland zwischen dem 60. und 73. Breitengrad ausgedehnt. Zwischen 1776 und 1782 wurden mit dem Kapital verschiedener Geldgeber 123 Schiffe für die Grönlandfahrt ausgerüstet. Zu diesem Zeitpunkt stammten von acht Commandeuren der Gesellschaft sieben von der Insel Föhr, die damals zu Dänemark gehörte und auf der mehrere Seefahrerschulen betrieben wurden.[4]
Im Zusammenhang mit dem Bankrott der Dänischen Westindien-Kompanie im Jahr 1776 wurden zwischen 1778 und 1783 – während des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs – 38 Schiffe des Kongelige Grønlandske Handel und zwei Schiffe des Kongelige Islandske, Finmarkske og Færøske Handel nach Dänisch-Westindien geschickt.[5]
1782 wurden von der KGH Grundsätze für den Handel mit Grönland aufgestellt, die im Kern bis 1950 Bestand hatten. Was den Ankauf grönländischer Produkte betraf, so hatte die KGH mit der Festlegung der Ankaufspreise einen großen Einfluss auf das neugebildete Wirtschaftsleben Grönlands. Die Preisfestsetzung erfolgte durchaus nach politischen Gesichtspunkten und stellte den Versuch nachhaltigen Wirtschaftens dar. So zahlte die KGH den Jägern in ganz Grönland einheitliche Preise, ohne ihre eigenen Transportkosten zu berücksichtigen. Damit wollte die Gesellschaft sicherstellen, dass die Jagd und der Verkauf der Produkte an die KGH auch für Grönländer in den abgelegenen Gebieten attraktiv waren. Auch mit der Festlegung der Verkaufspreise für nach Grönland exportierte Güter machte die KGH Politik. In die Kalkulation floss ein Aufschlag für den Transport und den Unterhalt der Infrastruktur in Grönland ein. Es wurden aber auch Überlegungen angestellt, inwieweit eine gelieferte Ware langfristig die Produktivität der Empfänger beeinflusst. Waffen, Blei, Schießpulver, Eisen und Stahl wurden nur mit einem geringen Aufschlag von 12 Prozent versehen, da die Nutzung dieser Güter im Interesse der KGH lag. Kohle und Kohleöfen wurden sogar subventioniert, damit die Grönländer nicht zum Heizen mit dem kostbaren Blubber gezwungen waren. Für Luxusgüter wurde mit einem Aufschlag von 40 Prozent kalkuliert. Wie bei den Ankäufen für den Export galten auch bei den nach Grönland eingeführten Waren Einheitspreise, ohne Rücksicht auf die Kosten des Transports zu abgelegenen Regionen.[6][7]
Die seit 1782 als Den Kongelige Grønlandske, Islandske, Finmarkske og Færøske Handel firmierende Gesellschaft stellte den Handel mit Island und der Finnmark zum 1. Januar 1790 ein.[3] Dennoch blieb das Geschäft der KGH defizitär und das Unternehmen stellte 1792 den Walfang und die Robbenjagd ein. Die Walfänger wurden verkauft und dem größten dänischen Schiffseigner, Andreas Bodenhoff, eine Lizenz für die Grönland-Schifffahrt erteilt. Sie wurde nach dessen Tod im Jahr 1794 auf seinen gleichnamigen Sohn übertragen, doch bereits am 1. Januar 1797 kaufte die Gesellschaft der Witwe des jüngeren Bodenhoff, Giertrud Birgitte Rosted, neun Schiffe ab und nahm den Verkehr in eigener Regie wieder auf.[7]
1814 trat die dänische Krone im Kieler Frieden Norwegen an Schweden ab. Die ehemals norwegischen Kolonien Grönland, Färöer und Island blieben bei Dänemark. Noch im 20. Jahrhundert kam es zu einem Konflikt mit Norwegen, das darauf bestand dass entsprechend dem Kieler Vertrag nur wirtschaftlich genutzte Gebiete Grönlands unter dänischer Verwaltung standen. Norwegen versuchte eine Niederlassung an der grönländischen Ostküste zu gründen, unterlag aber im Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
1856 erlosch das Handelsmonopol für die Färöer, so dass die KGH nur noch im Handel mit Grönland begünstigt war.[8]
1871 bis 1882 war Hinrich Johannes Rink Direktor der KGH. Unter seiner Leitung wurde 1872 ein Fonds eingerichtet, in den die KGH ein Fünftel der für die grönländischen Produkte bezahlten Preise einzahlte. Ein Teil des Geldes wurde an die lokalen Verwaltungen weitergeleitet, die damit die Unterstützung der Bedürftigen und Verwaltungsausgaben bestritten. Ein anderer Teil wurde von der KGH durch ein Prämiensystem an die Jäger ausgezahlt, um den produktivsten Mitarbeitern einen finanziellen Anreiz zu bieten. Dieses Prämiensystem berücksichtigte nicht nur die gezeigte Produktivität im Sinne gelieferter Jagdbeute, sondern auch Faktoren wie das Vorhandensein einer Familie, den Besitz von Hunden oder Umiaks und die Inanspruchnahme wirtschaftlicher Unterstützung. Neben den finanziellen Vergünstigungen hing von der Einordnung in das Prämiensystem auch ab, ob der Jäger an der lokalen Selbstverwaltung teilhaben durfte.[9]
Die Mitarbeiterstruktur der KGH gegen Ende des 19. Jahrhunderts war dreigeteilt und von Chancenungleichheit geprägt. Die Führungspositionen, das waren die beiden Inspektoren und die Leiter der Verwaltungen in den einzelnen Bezirken, waren stets Dänen. Die niederen Positionen, Arbeiter, Mannschaften und Diener, waren immer Grönländer, oft nur als Tagelöhner oder vorübergehend beschäftigt. Die mittlere Ebene waren die qualifizierten Handwerker, die ausgebildeten Seeleute und die Leiter der Handelsposten. Hier waren sowohl Dänen als auch Grönländer vertreten, aber es war auch hier eine Tendenz sichtbar, dass höher qualifizierte und besser bezahlte Mitarbeiter meist Dänen waren. Um den Bedarf an qualifizierten einheimischen Mitarbeitern zu decken, wurden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Grönländer zur Ausbildung nach Dänemark gebracht. Von 1880 bis 1896 bestand in Kopenhagen mit dem Grønlænderhjemmet (deutsch: Grönländerheim) eine Ausbildungsstätte des KGH, ähnlich einem Internat.[10]
Während der Besetzung Dänemarks im Zweiten Weltkrieg war der Schiffsverkehr zwischen Dänemark und Grönland eingestellt. Da Grönland seit 200 Jahren nur durch Dänemark mit der übrigen Welt verbunden war und der gesamte Warenverkehr über Dänemark abgewickelt wurde, bestand für die Menschen in Grönland eine große Abhängigkeit vom Mutterland. Angeführt vom dänischen Botschafter in den Vereinigten Staaten, Henrik Kauffmann, und den Landsfogedern Eske Brun und Aksel Svane musste die Wirtschaft Grönlands neu organisiert und auf die Vereinigten Staaten ausgerichtet werden. Das gelang, und die KGH setzte ihre Geschäftstätigkeit während der Kriegsjahre fort.[11]
1950 wurde der Grönlandhandel neu strukturiert. Die KGH behielt ihre Zuständigkeit für den Groß- und Einzelhandel, allerdings konnten andere Unternehmen Lizenzen für den Handel mit Grönland erwerben. Das Monopol auf Importe nach Grönland wurde aufgehoben, mit Ausnahme bestimmter Güter wie Alkohol und Tabakwaren, die zudem mit hohen Zöllen belegt wurden. Eine Reihe von Aufgaben wurde der KGH übertragen, wie der Unterhalt von Postwesen, Banken, Hotels, Rentierzucht und dem Flughafen Søndre Strømfjord. in den folgenden Jahrzehnten wurden wiederholt neue Handelsbeschränkungen eingeführt, so im Oktober 1957 ein Monopol der KGH auf Tabak, Schokolade, Süßigkeiten und Malz, und 1965 eine Sondersteuer auf Zucker, Kaffee, Tee, Limonaden und Mineralwasser. Für die KGH war von besonderer Bedeutung, dass sie sich zunehmend dem Wettbewerb stellen musste. Sie konnte auch dadurch bestehen, dass sie ihre Konzentration auf den Einzelhandel aufgab und als Großhändler private Unternehmen in Grönland bediente. Eine Reihe von Unternehmensbereichen wurden nach und nach an private Unternehmer ausgegliedert, beginnend mit kleinen Geschäften in abgelegenen Orten bis zu großen Produktionsbetrieben.[12][13]
Seit ihrer Gründung nahmen die Vereinten Nationen eine überaus kritische Haltung gegenüber dem Kolonialismus ein. Auch Dänemark musste den UN über sein Verhältnis zu Grönland berichten. Anders als typische Kolonialmächte wie das Vereinigte Königreich und Frankreich, die ihre Kolonien in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg nach und nach in die Unabhängigkeit entließen, strebte Dänemark die Einbindung Grönlands in das Königreich an. 1953 endete die dänisch-grönländische Kolonialgeschichte.[14]
Den Kongelige Grønlandske Handel wurde mit dem Ende der Kolonialzeit aus dem Innenministerium herausgelöst und erhielt einen eigenen Vorstand als Geschäftsführung, dem Vertreter grönländischer und dänischer Parlamente und Behörden und dänischer Wirtschaftsverbände angehörten.[15] Mit dem Inkrafttreten des dänischen Autonomiestatuts am 1. Mai 1979 erhielt Grönland politisch die volle innere Autonomie mit eigenem Parlament und eigener Regierung. Das hatte Auswirkungen auf die KGH, da das Autonomiestatut die Übertragung ihrer Verwaltung und der Verantwortung für die grönländische Wirtschaft auf die Autonomiebehörde vorsah.[16]
Am 1. Januar 1985 erfolgte die Abspaltung mehrerer Tochterunternehmen von der KGH, die 1990 zur Royal Greenland A/S fusionierten:
- Kalaallit Tunisassiorfiat (KTU, Lebensmittelproduktion);
- Grønlands Hjemmestyres Trawlervirksomhed (GHT, die staatliche Trawlerflotte);
- Royal Greenland A/S, Handel.
Der 1. Januar 1986 ist das Gründungsdatum der KNI A/S (Kalaallit Niuerfiat), eines Mischkonzerns mit dem Schwerpunkt Handel und Versorgung. Die KNI wurde 1993 in drei Unternehmen aufgespalten, die Einzelhandelskette KNI Detail A/S (später Pisiffik), die Einzelhandelskette KNI Service A/S (später Pilersuisoq) und die Royal Arctic Line A/S, ein Transportunternehmen, dass sowohl den Frachtversand von und nach Grönland als auch den innergrönländischen Transport durchführt.[16]
Verwaltung Grönlands
Von 1774 bis 1908 oblag der Gesellschaft neben dem Grönlandhandel auch die politische Verwaltung der Insel. Sie wurde durch die Inspektoren ausgeübt.
1782 erließ die Gesellschaft Bestimmungen, in denen das Verhältnis zwischen den christlichen Missionaren und den Händlern geregelt wurde. Darin wurden für die Mitarbeiter der Gesellschaft auch Verhaltensmaßregeln für den Umgang mit den Grönländern aufgestellt. Grönland wurde in ein südliches und ein nördliches Inspektorat geteilt. An der Spitze der Verwaltung beider Provinzen stand ein Inspektor der Gesellschaft. Das Inspektorat Nordgrönland reichte vom 67. bis zum 72. Breitengrad und umschloss die Bezirke Upernavik, Omenak, Jakobshavn, Christianshaab, Egedesminde und Godhavn. Der erste Inspektor war Johan Friedrich Schwabe. Das Inspektorat Südgrönland umfasste den südlich des 67. Breitengrads liegenden Teil Grönlands mit den Bezirken Holsteinsborg, Sukkertoppen, Godthaab, Fiskenæsset, Frederikshaab und Julianehaab. Hier war Bendt Olrik der erste Inspektor.[17][3]
Die Bezirke waren nach ihren größten Niederlassungen benannt worden, den Kolonien. Die Kolonien regelten wirtschaftliche Angelegenheiten direkt mit der KGH in Kopenhagen. Politisch wurden sie in Grönland regiert, die Leiter der Kolonien waren Beamte, die den Inspektoren unterstellt waren.[6]
Die Regeln für das Verhalten der europäischen Siedler und Mitarbeiter der KGH und auch für die Missionare hatte einen wirtschaftlichen Hintergrund. Zum Ende des 18. Jahrhunderts ging bereits der Gewinn aus dem Walfang mit den Beständen der Wale zurück. Der Grönlandhandel war dennoch profitabel, weil grönländische Jäger die erbeuteten Felle von Robben und Eisbären und den Blubber der Robben an die KGH verkauften.[17]
Es bestand die Sorge, dass der Kontakt der einheimischen Jäger mit den Europäern zu ihrer Zivilisierung und Europäisierung und zum Verlust ihrer Fähigkeit und ihres Willens zur Jagd führen könnte. Der Handel mit alkoholischen Getränken war streng reguliert, den Grönländern durfte kein Alkohol verkauft werden. Das galt zunächst auch für Kaffee und Tabak, doch 1837 wurde der Verkauf von Luxusgütern wie Kaffee, Tee, Zucker und Getreide an die Grönländer freigegeben.[18]
Ein zeitgenössischer Bericht aus dem späten 19. Jahrhundert zeigt, wie berechtigt die Furcht vor negativen Auswirkungen des Kontakts mit den Europäern war. 1887 erschien ein Reisebericht mit einer Schilderung der Verhältnisse in Godthåb. Darin wurde die indigene Bevölkerung als arme und verelendete Robbenfänger beschrieben, die nicht mehr in der Lage seien, das wichtigste grönländische Produkt zu beschaffen, den Robbenblubber. Die in Godthåb besonders stark ausgeprägte Verelendung der Grönländer führte der Autor darauf zurück, dass hier auch der längste Kontakt mit den Europäern bestanden hatte. Die einheimischen Jäger gaben sich dem Konsum von Kaffee und Tabak hin, der von der KGH importiert wurde und teuer bezahlt werden musste. Um diese Güter kaufen zu können, verkauften die Grönländer sogar die für die Anfertigung von Kajaks und Kleidung benötigten Robbenfelle und das Fleisch und den Blubber für die eigene Ernährung.[19]
Neben gezielten Versuchen, die ursprüngliche Lebensweise der Grönländer vor europäischen Einflüsses zu schützen, ergriffen nicht nur die Missionare, sondern auch die KGH Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der Bildung (im europäischen Sinn) und der medizinischen Versorgung abzielten und von der KGH finanziert wurden. So wurden 1845 zwei Lehrerseminare für die Ausbildung einheimischer Grundschullehrer eingerichtet, und zunehmend wurden auch Grönländer zur Ausbildung nach Dänemark gebracht. Ebenfalls 1845 stellte die KGH einen Arzt für die Versorgung der Grönländer ein.[18]
Nachdem in Dänemark bereits 1841 eine lokale Selbstverwaltung durch Gemeinderäte unter Vorsitz des Pfarrers eingeführt hatte, richtete man auch in Grönland 1857 versuchsweise und 1862 auf Dauer mit den Forstanderskaberne eine lokale Selbstverwaltung auf Bezirksebene ein. Die Räte wurden, wie in Dänemark, von einem Pfarrer geleitet, hier einem Missionar, und an zweiter Stelle stand ein Angestellter der KGH. Weitere Mitglieder waren dänische Mitarbeiter der KGH und für dieses Amt ernannte Grönländer. Die Plätze ausgeschiedener Grönländer wurden von den Räten selbst neu besetzt, wobei schlechte Jäger und verarmte Grönländer nicht wählbar waren. Die Aufgabe der Räte bestand vornehmlich in der Fürsorge für die Armen, aber sie konnten nach eigenem Ermessen Mittel für das Gemeinwohl einsetzen. Hierzu stand ein Betrag von einem Viertel der von der KGH gezahlten Preise für grönländische Waren bereit, zusätzlich wurde eine Steuer auf Luxusgüter wie Kaffee, Zucker und auf Brot erhoben. Die nicht genutzten Gelder flossen in ein Prämiensystem für die grönländischen Jäger.[18][8]
Ein bedeutender Aspekt war das Polizei- und Justizwesen. Im Grundsatz wurde bereits in der Frühzeit der Kolonialisierung davon Abstand genommen, sich in die internen Angelegenheiten der Grönländer einzumischen. Das hatte zur Folge, dass von der KGH selbst schwerste Verbrechen (nach europäischen Maßstäben) innerhalb der grönländischen Gemeinschaften nicht verfolgt wurden. Es gab kein kodifiziertes Recht im Sinne eines Strafenkatalogs, der für einzelne Delikte das Strafmaß festgelegt hätte, und es gab weder eine Polizei noch Haftanstalten, um Rechtsbrecher zu verfolgen und sie einzusperren. Anders verhielt es sich bei Straftaten von Dänen, die auch auf Grönland der Verfolgung nach dem dänischen Recht unterlagen. Bei Grönländern, die im Dienst der KGH standen, galten während der Kolonialgeschichte unterschiedliche Regelungen.[20] Seit 1909, als der lokale Rat von Julianehåb den nordgrönländischen Inspektor Jens Daugaard-Jensen um die Einführung von Haftstrafen und eines Gefängniswesens bat, war der KGH bekannt, dass die Grönländer ein Rechtssystem anstrebten. Die Verwaltung der KGH teilte ihren Inspektoren in einem Schreiben mit, dass sie die Grönländer nunmehr – wegen des von ihnen selbst vorgetragenen Wunschs danach – als reif genug für strafrechtliche Reformen betrachte. Erst Daugaard-Jensens Nachfolger Harald Lindow verfasste den ersten Entwurf eines grönländischen Strafgesetzbuchs, der jedoch nicht umgesetzt wurde.[21]
Eine Ausnahme war lediglich die Tätigkeit der lokalen Räte seit 1857. Sie durften zwar keine Strafen aussprechen, abgesehen von geringfügigen Vergehen, aber sie fungierten als Untersuchungsgremium und hatten dem Inspektor der KGH ihre Ermittlungsergebnisse und einen Vorschlag für die Bestrafung des Täters vorzulegen. Ihre Tätigkeit war auf wenige Fälle beschränkt:
- Unbefugte Benutzung oder Beschädigung fremden Eigentums wie Waffen und Werkzeuge, Einbehalten einer fremden Jagdbeute ohne Bezahlung und das Fortnehmen von Treibholz, das jemand anderes bereits über die Hochwassermarke gezogen hat;
- einfacher Diebstahl und Ungehorsam gegenüber den Behörden;
- Tötungsdelikte, einschließlich des Neonatizids.
Alle anderen Straftaten wurden von den Grönländern nach ihrem traditionellen Recht selbst verfolgt.[18]
Am 27. Mai 1908 trat nach jahrelangen Auseinandersetzungen, die vornehmlich unter Dänen geführt wurden, ein neues Gesetz zur Verwaltung der grönländischen Kolonien in Kraft. Damit wurden Handel und Kolonialverwaltung getrennt, die Verwaltung wurde im dänischen Innenministerium der Abteilung Styrelsen af Kolonierne i Grønland übertragen. Den Kongelige Grønlandske Handel blieb zunächst als Handelsgesellschaft in staatlichem Eigentum unabhängig, wurde aber 1912 mit ihrem Leiter der Styrelsen af Kolonierne i Grønland unterstellt. Die Aufsicht über die Geschäfte der KGH wurde in Grönland weiter durch die Inspektoren ausgeübt.[22]
Geldwesen
Die Gesellschaft der Grönländer kannte kein Geld. Die Geschäfte mit den Grönländern waren seit der Frühzeit des Walfangs Tauschgeschäfte, bei denen die Grönländer für ihre Felle, den Blubber oder Walknochen einen Gegenwert in begehrten Gütern wie Waffen, Munition und Kleidung erhielten. Es gab keine einheitlichen Preise auf der Insel, und häufig wurden die Grönländer bei diesen Geschäften deutlich übervorteilt. Bereits die beiden ersten Inspektoren der KGH, Johan Friedrich Schwabe und Bendt Olrik, sorgten für ein Ende dieser Machenschaften. Sie führten einheitliche Gefäße zum Abmessen des Blubbers ein und veröffentlichten jährlich Listen der Tauschkurse. Als Grundlage diente der Blubber, in Gewichts- oder Volumenmaßen. So hatte beispielsweise ein Pfund Schießpulver einen Wert von zwei Pfund Blubber. Der Grundsatz des Einheitspreises für die ganze Insel wurde von der KGH bis zuletzt beibehalten.[7]
Der Tauschhandel war trotz der einheitlich festgesetzten Preise umständlich, häufig blieben Restbeträge offen. Es entstand ein wachsender Bedarf ein einem Medium, das die Abrechnung vereinfachte und es ermöglichte, den Erlös eines Verkaufs aufzubewahren. Ohne dass die Grönländer Frühformen wie Primitivgeld kennengelernt hätten, wurde in Grönland ein Fiatgeld eingeführt. Den Anfang machte man 1801 mit handschriftlichen Zetteln die bei der Rückgabe vernichtet wurden, ab 1803 folgten gedruckte Banknoten. Darüber hinaus wurden von der KGH und anderen Unternehmen Token ausgegeben, 1894 und 1905 auch von der KGH.[7][23]
Banknoten
Die ersten Banknoten Grönlands wurden 1801 in Godhavn von Inspektor Claus Bendeke ausgegebene beschriebene Spielkarten zur Bezahlung des angekauften Walfangs. Sie hatten Wertstufen von sechs Skilling bis 10 Rigsdaler und wurden bei der Rückgabe vernichtet. Ab 1803 folgten gedruckte Banknoten, die nur in Julianehaab gültig waren, und ab 1804 Ausgaben für die ganze Insel. Das Design der Banknoten wurde im 19. Jahrhundert wiederholt geändert. 1926 wurden die umlaufenden Banknoten eingezogen und an ihrer Stelle solche der Grönlandverwaltung Grønlands Styrelse ausgegeben, die in Dänemark gedruckt worden waren. Mit der Eingliederung Grönlands in das Königreich Dänemark erhielt die KGH wieder das alleinige Recht zur Ausgabe von grönländischen Banknoten und Münzen, die nur dort gesetzliches Zahlungsmittel waren. 1967 wurden die grönländischen Banknoten und Münzen eingezogen, seither ist die dänische Krone das einzige gültige Zahlungsmittel.[7]
Die Akzeptanz der Banknoten als Zahlungsmittel war ausgesprochen gering, und sie mussten von den Grönländern nicht angenommen werden, wenn sie den Tausch gegen Waren bevorzugten. Im Handeln der Grönländer untereinander spielten sie keine Rolle. Es gab wiederholt besorgte Stimmen von leitenden dänischen Beamten, die wegen des Umgangs der Grönländer mit den Banknoten besorgt waren. Im Zuge der Entwicklung der grönländischen Selbstverwaltung wurde – von Dänen – die Sorge vorgetragen, dass das bloße Vorhandensein eigener grönländischer Banknoten für die Grönländer eine Erinnerung an die Kolonialverwaltung sein müsse. Andere widersprachen und hielten fest, dass auch die Grönländer Banknoten, egal wer sie ausgegeben hat, als praktisch ansahen. Der grönländische Politiker Hans Lynge äußerte während einer Debatte in Grønlands Landsråd 1961, dass er auch als Befürworter dänischer Banknoten nachvollziehen könne, wenn Menschen Geld mit Motiven aus dem eigenen Land sehen möchten. Tatsächlich hatten die Darstellungen auf den in Grönland kursierenden Banknoten der KGH nur selten einen Bezug zur Insel, und der war wie beim Kolonialgeld anderer Staaten auf stereotype Darstellungen „exotischer“ Tiere beschränkt.[23]
1967 wurde die dänische Krone – auch als Reaktion auf das Problem nicht vorhandener grönländischer Münzen für Verkaufsautomaten – das gesetzliche Zahlungsmittel in Grönland. Bis dahin waren Banknoten im Umlauf, die auf dem Rand Den Kongelige Grønlandske Handel als Herausgeber nannten.[23]
- 12 Skilling von 1804
- 1 Krone von 1874
- 1 Krone von 1911
- 1 Krone von 1911 für die Kolonie Holsteinsborg
- 25 Öre von 1913
Münzen
Den Kongelige Grønlandske Handel gab 1894 eigene Münzen aus Zink heraus. Sie dienten in der neu gegründeten Handels- und Missionsstation Ammassalik als Token für den Handel innerhalb der Siedlung. Es existieren Token in den Wertstufen 1, 5, 10, 25, 50, 100 und 500 Øre. Auf der Vorderseite zeigen sie innerhalb der Umschrift „ANGMAGSSALIK“ eine Krone über einer Wertangabe in Ziffern. Bis auf zwei Münzen zu 100 und 500 Øre, die es auch mit der rückseitigen Aufschrift „Am“ gibt, sind sie nur einseitig geprägt. Mit Auflagen von maximal 205 Stück sind sie äußerst selten. 1905 erschien noch ein Token zu 500 Øre im gleichen Design, das aus Aluminium gefertigt wurde. Von den anderen Wertstufen existieren Probestücke aus Aluminium, die aber nicht in Umlauf gebracht wurden.[24][25]
1957 prägte die Gesellschaft eine Münze zu einer dänischen Krone aus Aluminiumbronze. Die Bildseite zeigte die königliche Krone über den beiden Wappenschilden von Dänemark und Grönland, mit der Umschrift „DEN KONGELIGE GRØNLANDSKE HANDEL“ und der Jahreszahl am Unterrand. Die Wertseite zeigt die Wertziffer „1“, darunter die Währungsangabe „KRONE“ und am Rand einen umlaufenden Kranz aus zwei Zweigen mit Blättern und jeweils einer Blüte. 1960 und 1964 wurde die Münze noch einmal in Kupfernickel geprägt. 1967 wurden die grönländischen Münzen durch gewöhnliche dänische Kronen abgelöst.[25]
Direktoren
- 1781–1816: Hartvig Marcus Frisch
- 1816–1821: Friedrich Martini
- 1821–1831: Hans Leganger Wexelsen
- 1831–1850: Wilhelm August Graah
- 1850–1866: Peter Bentzen
- 1866–1870: Christian Søren Marcus Olrik
- 1871–1882: Hinrich Johannes Rink
- 1882–1889: Hugo Egmont Hørring
- 1889–1902: Hannes Peter Stephensen
- 1902–1912: Carl Julius Peter Ryberg (1902–1912) (ab 1908 mit Oskar Wesche)
- 1912–1938: Jens Daugaard-Jensen
- 1938–1951: ???
- 1951–1956: Anthon Wilhelm Nielsen
- 1956–1976: Hans C. Christiansen
- 1977–1981: Jens Fynbo
- 1981–1985: Aage Chemnitz
Siehe auch
Literatur
- Jan I. Faltings: Föhrer Grönlandfahrt im 18. und 19. Jahrhundert (=Schriftenreihe des Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museums (Neue Folge), Band 25). Quedens, Wittdün auf Amrum 2011, ISBN 978-3-924422-95-0;
- Erik Gøbel: Danske oversøiske handelskompagnier i 17. og 18. århundrede. En forskningsoversigt. In: Fortid og Nutid 1979-1980, Band 28, Nr. 4, S. 535–569, ISSN 0106-4797;
- Søren Rud: Colonialism in Greenland. Tradition, Governance and Legacy. Cambridge Imperial and Post-Colonial Studies Series. Palgrave Macmillan, Cham, Schweiz 2017, ISBN 978-3-319-46157-1;
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century (=Meddelelser om Grønland, Man and Society 34). Danish Polar Center, Kopenhagen 2006, ISBN 978-87-90369-89-7;
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department. In: Polar Record, Band 18, No. 116, 1977, S. 451–474, doi:10.1017/s0032247400000942.
Weblinks
- KNI’s history – Trading in Greenland for centuries. Website der KNI A/S, Nachfolgeunternehmen als Mischkonzern, insbesondere Handel;
- History. Website der Royal Arctic Line, Nachfolgeunternehmen für Seetransporte, einschließlich Reederei und Betrieb von Häfen (seit 1992);
- Unser Erbe. Website der Royal Greenland A/S, Nachfolgeunternehmen für Fang und Verarbeitung von Fisch und Meeresfrüchten.
Einzelnachweise
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 452.
- Erik Gøbel: Danske oversøiske handelskompagnier i 17. og 18. århundrede, S. 559–560.
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 454–456.
- Erk Roeloffs: Walfang. Nur für Offiziere ein lukratives Geschäft. In: Der Insel-Bote, 10. September 2013, abgerufen am 23. Dezember 2018.
- Erik Gøbel: Danske oversøiske handelskompagnier i 17. og 18. århundrede, S. 540.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 15–19.
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 456–458.
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 459–460.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 44–49.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 63–66.
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 464–466.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 123.
- Aage V. Strøm Tejsen: The History of the Royal Greenland Trade Department, S. 466–467.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 108–110.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 111–112.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 157–163.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 36–37, S. 56–59.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 11–15.
- Gustav Frederik Holm und Vilhelm Garde: Den danske Konebaads-Ekspedition til Grønlands Østkyst. Populært beskreven. Forlagsbureauet, Kopenhagen 1887; archive.org. Zitiert nach: Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 22–24.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 97–98.
- Søren Rud: Colonialism in Greenland, S. 103–105.
- Axel Kjær Sørensen: Denmark-Greenland in the twentieth Century, S. 24–27.
- Anders R. Sørensen: Penge og national identitet i Grønland. Et blik på den grønlandske pengehistorie. In: Birgit Kleist Pedersen et al. (Hrsg.): Grønlandsk kultur- og samfundsforskning 2010-12. Forlaget Atuagkat, Nuuk 2012, ISBN 978-87-92554-41-3, S. 129–146.
- Colin R. Bruce, George S. Cuhaj, Merna Dudley (Hrsg.): Standard Catalog of World Coins 1801–1900. 5th Edition. Krause Publications, Iola WI 2012, ISBN 978-0-89689-373-3, S. 504.
- George S. Cuhaj (Hrsg.): 2013 Standard Catalog of World Coins. 1901–2000. 40th Edition. Krause Publications, Iola WI 2012, ISBN 978-1-4402-2962-6, S. 1012–1013.