Finnmark (Fylke)
Finnmark (deutsch „Feld der Samen“[2][3], nordsamisch Finnmárku, finnisch (kvenische Dialekte) Ruija) ist eine ehemalige norwegische Provinz, die am 1. Januar 2020 in die Provinz Troms og Finnmark übergegangen ist. Zuvor war es der flächenmäßig größte und mit nur 1,5 Einwohnern pro Quadratkilometer zugleich am dünnsten besiedelte Verwaltungsbezirk (Fylke) Norwegens. Der Bezirk lag im äußersten Nordosten des Landes und hatte hier die einzige direkte Grenze Norwegens mit Russland.
Wappen | Karte |
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Basisdaten | |
Land: | Norwegen |
Verwaltungszentrum: | Vadsø |
Fläche: | 48.631,07 km² |
Einwohner: | 75.865 (1. Januar 2019) |
Bevölkerungsdichte: | 1,5 Einwohner/km² |
Kommunen: | 19 |
ISO 3166-2: | NO-20 |
Politik | |
Fylkesordfører: | Ragnhild Vassvik Kalstad[1] |
Fylkesmann: | Gunnar Kjønnøy |
Bekannt ist das Verwaltungsgebiet u. a. durch die Möglichkeit, Vögel auf der Varanger-Halbinsel im Osten zu beobachten. Diese Region zählt zu den bedeutendsten Vogelgebieten in Norwegen.[4]
In der Finnmark lebt auch fast die Hälfte aller norwegischen Samen (Sámi), die Angehörigen einer Volksgruppe, die schon vor etwa 10.000 Jahren nach Nord-Skandinavien einwanderte. In Norwegen leben heute offiziell 11.500 für das Sami-Parlament wahlberechtigte erwachsene Samen (gemäß Samemanntallet), sich selbst zählen aber mehr als 60.000 erwachsene Einwohner zu den Sami.
Einige Tausend Menschen, Nachkommen finnischer Einwanderer in der Finnmark, sprechen Kvenisch.
Kommunen
Gemeinde | Einwohner 1. Januar 2019 |
---|---|
Alta | 20.665 |
Berlevåg | 981 |
Båtsfjord | 2.270 |
Gamvik | 1.169 |
Hammerfest | 10.536 |
Hasvik | 1.045 |
Karasjok | 2.673 |
Kautokeino | 2.924 |
Kvalsund | 988 |
Lebesby | 1.328 |
Loppa | 917 |
Måsøy | 1.235 |
Nesseby | 941 |
Nordkapp | 3.218 |
Porsanger | 3.944 |
Sør-Varanger | 10.156 |
Tana | 2.900 |
Vadsø | 5.894 |
Vardø | 2.081 |
Geschichte
Die Finnmark ist seit circa 10.000 Jahren besiedelt. Die Samen sind die älteste bekannte Bevölkerungsgruppe, die heute noch hier lebt. Aus der Frühzeit finden sich etwa 6000 bis 2000 Jahre alte Spuren der Komsa-Kultur (Felsmalereien bei Alta), einer Rentierjäger- und Fischerkultur.
Finnmark ist schon vor dem Jahre 1000 n. Chr. als norwegisch dokumentiert. Ab dem 13. Jahrhundert bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war Nordnorwegen den Raubzügen der Karelier ausgesetzt. Ab dem 14. Jahrhundert gab es eine stärkere norwegische Einwanderung. Vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt die älteste Kirche der Finnmark, die Kirche von Trondenes. Die Region war frühzeitig fest eingebunden in das europäische Handelssystem. Viele Auswärtige führte der Handel in den Norden. Die Samen im Binnenland trieben Pelzhandel ostwärts mit der Kola-Halbinsel sowie mit dem Baltikum. Samen an der Küste nahmen am Handelssystem der Hanse teil. An der Küste entwickelte sich schnell eine lebendige internationale Küstenkultur.
Ab dem 16./17. Jahrhundert, als sich in Europa Nationalstaaten bildeten, wuchs das Interesse von Schweden, Dänemark und Russland, die Finnmark territorial zu kontrollieren. Die Küste der Region sollte Ausgangspunkt für die Kontrolle der Handelswege nach Russland und in den Fernen Osten dienen. Von 1611 bis 1613 führten Dänemark und Schweden den Kalmarkrieg, an dessen Ende die Finnmark unter dänische Oberheit fiel.
Im 17. Jahrhundert galt die Provinz Finnmark in Norwegen als Verbannungsort, was bis heute für viele Norweger noch der Fall ist, weswegen mit der Versetzung in den hohen Norden des Landes sehr hohe Gehaltszuschläge winken.[5] Im 18. Jahrhundert begann die Kolonisierung samischer Gebiete durch die Norweger. Dennoch blieb Hammerfest lange eine vielsprachige Stadt.[6] Im 19. Jahrhundert setzte eine deutliche ökonomische Entwicklung ein.
In den 1920er und 1930er Jahren wirkten finnische faschistische Bewegungen auf die Eingliederung der finnischsprachigen Gebiete der Finnmark nach Finnland hin.[7]
Nach der deutschen Besetzung Norwegens 1940 versuchte der Gouverneur der Finnmark, Hans Gabrielsen (1891–1965), einen Teil der norwegischen Truppen dem Zugriff der Deutschen zu entziehen und sie an der Narvik-Front gegen die Invasoren einzusetzen. Nach der Kapitulation der norwegischen Truppen am 10. Juni 1940 kam er in das deutsche Konzentrationslager Grini bei Oslo. Im Rahmen des Unternehmens Nordlicht erfolgte 1944 die vollständige und rücksichtslose Deportation (Zwangsevakuierung) von 50.000 Menschen und die Zerstörung aller Unterkünfte ostwärts des Lyngenfjords durch die Wehrmacht.[8] Weitere 25.000 Menschen konnten sich der Deportation entziehen und flohen in die Berge. Zerstört wurden u. a. 11.000 Wohnhäuser und 350 Brücken.
Die Ereignisse dieser Zeit und der des Wiederaufbaus werden im Wiederaufbaumuseum (Museene for Kystkultur og gjenreisning i Finnmark IKS) in Hammerfest dokumentiert.[9] In Kiberg (Gemeinde Vardø) befindet sich ein Partisanenmuseum, in Narvik ein Kriegsmuseum.[10]
Zusammenlegung von Finnmark und Troms
Seit einigen Jahren gab es im Rahmen einer Verwaltungsreform Planungen zur Zusammenlegung des Fylke Finnmark mit dem benachbarten Fylke Troms zu einem neuen Fylke Troms og Finnmark. Dieses Vorhaben stieß in Finnmark auf erheblichen Widerstand. Am 15. März 2018 votierte der Fylkesting (Kreistag) von Finnmark mit 21 gegen 11 Stimmen gegen die geplante Fusion und sprach sich mit nur 4 Gegenstimmen für eine Volksabstimmung über diese Frage aus.[11] Die Volksabstimmung über die Zusammenlegung von Finnmark und Troms wurde am 14. Mai 2018 in Finnmark abgehalten. Von den 59.625 Stimmberechtigten stimmten 87 % gegen die Zusammenlegung. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,5 %.[12] Zum 1. Januar 2020 wurde die Zusammenlegung zur Provinz Troms og Finnmark vollzogen.
Verkehr
Flugverkehr
Die Finnmark hatte 2009 elf Flughäfen[13],
Flughafen | ICAO | IATA | Lage |
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Alta | ENAT | ALF | 69° 58′ 34″ N, 23° 22′ 18″ O |
Båtsfjord | ENBS | BJF | 70° 36′ 5″ N, 29° 41′ 46″ O |
Berlevåg | ENBV | BVG | 70° 52′ 16″ N, 29° 1′ 50″ O |
Hammerfest | ENHF | HFT | 70° 40′ 47″ N, 23° 40′ 7″ O |
Hasvik | ENHK | HAA | 70° 29′ 10″ N, 22° 8′ 34″ O |
Honningsvåg | ENHV | HVG | 71° 0′ 35″ N, 25° 59′ 1″ O |
Kirkenes | ENKR | KKN | 69° 43′ 30″ N, 29° 53′ 16″ O |
Lakselv | ENNA | LKL | 70° 4′ 0″ N, 24° 58′ 26″ O |
Mehamn | ENMH | MEH | 71° 1′ 42″ N, 27° 49′ 35″ O |
Vardø | ENSS | VAW | 70° 21′ 19″ N, 31° 2′ 42″ O |
Vadsø | ENVD | VDS | 70° 3′ 55″ N, 29° 50′ 41″ O |
Eisenbahn
In der Finnmark gab es keine Eisenbahn.
Straßenverkehr
Die Europastraße 6 durchquerte die gesamte Finnmark und folgte dabei grob dem Küstenverlauf. Lediglich zwischen Lakselv und dem Varangerfjord ist das nicht der Fall. Von der E 6 zweigen mehrere Europastraßen in verschiedene Himmelsrichtungen ab.
Weblinks
Einzelnachweise
- Finnmark nekter å møte Troms og Mæland: – Det vil være det samme som å gi opp (Die Finnmark weigert sich, sich mit Troms und [der Ministerin für Kommunen und Modernisierung] Monica Mæland zu treffen: - Es ist dasselbe wie aufzugeben). NRK (norwegisch), 14. August 2018, abgerufen am 19. August 2019
- Bokmålsordboka/Nynorskordboka „finn“ (Memento vom 25. März 2016 im Internet Archive)
- Bokmålsordboka/Nynorskordboka „mark“ (Memento vom 25. März 2016 im Internet Archive)
- Reiseziele / Nordnorwegen. Kirkenes & die Ostfinnmark. Finden Sie Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten. Website des Fremdenverkehrsamts Norwegen, abgerufen am 19. August 2019.
- Gesichter Europas: Norwegen und Russland. ab min. 19:46. In: Deutschlandfunk. 26. September 2020, abgerufen am 27. September 2020.
- Zu Kultur und Ethnologie der Finnmark: Lorenz Kazaleh: Wessen Kultur bewahren? Lizenziatsarbeit, Universität Basel 2000,
- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Gesellschaftlich-kulturelle Bewegungen, Uni Rostock; abgerufen am 28. April 2013.)
- Arnim Lang: Operation Nordlicht – Die Zerstörung Nordnorwegens durch deutsche Truppen …, in: Kriegsende im Norden: vom heißen zum kalten Krieg, Hrsg. Robert Bohn und Jürgen Elvert, Franz Steiner Verlag, 1995, ISBN 3-515-06728-0.
- Webseite des Küstenkultur- und Wiederaufbaumuseums (norwegisch, englisch).
- Webseite des Kriegsmuseums in Narvik (norwegisch, englisch).
- Frank Ertesvåg: Finnmark fylkesting sa nei til avtalen om sammenslåing – og ja til folkeavstemning. 15. März 2018, abgerufen am 18. Mai 2018 (norwegisch).
- Stian Eliassen: Her er de endelige resultatene fra folkeavstemningen om fylkessammenslåing. Nordlys, 16. Mai 2018, abgerufen am 18. Mai 2018 (norwegisch).
- Fakta. 13. Januar 2009, abgerufen am 19. Juli 2019 (norwegisch).