Bahnhof Strasbourg-Ville
Der Bahnhof Strasbourg-Ville (französisch Gare de Strasbourg-Ville, deutsch auch oft „Straßburg Hauptbahnhof“ genannt) ist der zentrale Bahnhof der elsässischen Hauptstadt Straßburg. Er ist als Denkmal (französisch Monument historique) besonders geschützt. Mit 20 Millionen Reisenden im Jahr gehört er zu den wichtigsten Bahnhöfen Frankreichs.
Strasbourg-Ville | |
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Der Vorplatz des Straßburger Bahnhofs liegt hinter und unter einer gewölbten Glaswand | |
Daten | |
Lage im Netz | Knotenbahnhof |
Bauform | Durchgangsbahnhof |
Bahnsteiggleise | 14 |
Abkürzung | XFSTG |
IBNR | 8700023 |
Eröffnung | 1883 |
Profil auf SNCF.fr | Code: fraeg |
Architektonische Daten | |
Architekt | (1883) Johann Eduard Jacobsthal (1900) Hermann Eggert (2007) Jean-Marie Duthilleul |
Lage | |
Stadt/Gemeinde | Straßburg |
Département | Département Bas-Rhin |
Europäische Gebietskörperschaft | Elsass |
Staat | Frankreich |
Koordinaten | 48° 35′ 6″ N, 7° 44′ 4″ O |
Höhe (SO) | 143 m |
Eisenbahnstrecken | |
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Liste der Bahnhöfe in Frankreich |
Geschichte
Der heutige Straßburger Bahnhof ist bereits der zweite Bahnhof der Stadt. Der erste, am 15. September 1854 eingeweihte Bahnhof war ein Kopfbahnhof und befand sich an der heutigen place des halles. Er wurde im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teilweise zerstört und unter deutscher Verwaltung nach militärischen Gesichtspunkten wieder aufgebaut. 1974 wurde er abgerissen,[1] auf dem Gelände befindet sich heute ein Einkaufszentrum.
Der Bau des heutigen Bahnhofs geht auf die Bautätigkeit der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen zurück. Der Bahnhof wurde auf dem Gelände der Straßburger Vauban-Befestigungen errichtet. Die Bauarbeiten für das Empfangsgebäude begannen 1878 nach Entwurf des Berliner Architekten Johann Eduard Jacobsthal. Neben dem Empfangsgebäude entstanden zwei parallele Bahnsteighallen. Der Bahnhof wurde am 15. August 1883 eingeweiht und ersetzte den alten Straßburger Kopfbahnhof. Der neue Bahnhof war hoch modern und der erste Großbahnhof, der komplett elektrisch beleuchtet wurde – eine Sensation, sogar für die Reisenden des Orient-Expresses.[2] Endgültig abgeschlossen wurden die Bauarbeiten allerdings erst 1898. Der Bahnhof diente ursprünglich nicht nur als Personen-, sondern auch als Güter- und Rangierbahnhof.
Ende des 19. Jahrhunderts trug der Bahnhof den Namen Strassburg Centralbahnhof,[3] ab spätestens 1905 die Bezeichnung Straßburg Hbf.[4]
Zwischen 1901 und 1906 wurde beiderseits des Empfangsgebäudes ein Post- und ein Polizeigebäude hinzugefügt. Der Haupt-Güterbahnhof wurde 1906 an den (damaligen) Straßburger Stadtrand verlagert (Bahnhof Hausbergen). Bis 1936 kamen dafür drei neue Bahnsteiggleise hinzu.
Empfangsgebäude
Das Empfangsgebäude ist zweistöckig, 128 Meter lang und besteht aus Buntsandstein aus den Vogesen. Das Erdgeschoss befindet sich in Höhe des Bahnhofsvorplatzes. Treppen führen von dort zu den Bahnsteigen hinauf. Die Gleisanlagen werden durch zwei Bögen aus Stahl überspannt. Die Fassade ist in Neorenaissance gestaltet. Es war das erste größere öffentliche Gebäude in Straßburg, das die neuen deutschen Machthaber nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 errichteten und sollte groß genug sein, eine ganze deutsche Armee abfertigen zu können. Es war von Anfang an elektrisch beleuchtet und mit einer Zentralheizung versehen. Lastenaufzüge beförderten ursprünglich das Gepäck an den Bahnsteig.
Bis zur Rückgabe Straßburgs an Frankreich 1918 war das Gebäude mit den Fresken zweier deutscher Herrscher geschmückt: Eines zeigte den Einzug Friedrich Barbarossas in Hagenau 1164, das andere stellte Kaiser Wilhelm I. in Straßburg 1877 dar. Beide sollten die Zugehörigkeit Elsass-Lothringens zum Deutschen Reich symbolisieren. Eine Besonderheit sind die bis heute bestehenden Räumlichkeiten für die deutsche Kaiserfamilie im Bahnhof. Es wurde je ein reich dekorierter Salon für den Kaiser und die Kaiserin eingerichtet, den diese aber nie nutzten und der heute Ehrengäste beherbergt. Architekt dieser imperialen Räumlichkeiten, die um 1900 angebaut wurden, war Hermann Eggert, der bereits den Straßburger Kaiserpalast entworfen hatte.[5] Das Empfangsgebäude mit seiner reichen Dekoration hat sich seit der Fertigstellung Ende des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur wenig verändert. Allerdings verschwanden die beiden Fresken von Hermann Knackfuß, mit denen dieser 1885 die seitlichen Wände der großen Empfangshalle verziert hatte, im Laufe des 20. Jahrhunderts unwiederbringlich. Die Wandgemälde „Im alten Reich“ (Ankunft Friedrichs I. 1164 in Hagenau) und „Im neuen Reich“ (Besuch der Feste Kronprinz in Hausbergen durch Wilhelm I. am 3. Mai 1877) waren aufgrund ihres unverhohlenen Nationalismus und Imperialismus nach 1918 nicht mehr tragbar gewesen.[6]
Die Fassade wird von zwei Reliefs und die Haupthalle mit zwei allegorischen Frauenstatuen („Landwirtschaft“ und „Industrie“) verziert, die allesamt dem Meißel von Otto Geyer entspringen und 1882 angebracht wurden.
- Große Empfangshalle (2013)
- Signiertes Relief von Otto Geyer
- Allegorische Frauenstatue „Landwirtschaft“
- Allegorische Frauenstatue „Industrie“
Umbaumaßnahmen 2006/2007
Im Zuge des Anschlusses an den TGV-Verkehr erlebte der Bahnhof in den Jahren 2006 und 2007 bedeutende Umbaumaßnahmen. Mit einer vor das Empfangsgebäude gesetzten Glaswand, die oben gewölbt ist und an die Fassade des Gebäudes anschließt, wurde ein neuer Vorraum geschaffen, unter dem auch ein zusätzliches Untergeschoss erstellt wurde. Das alte Empfangsgebäude sowie der neue Vorraum erhielten eine Multibeton-Fußbodenheizung.[7] Ein neues computergesteuertes Stellwerk, das größte Frankreichs, wurde bereits am 4. und 5. November 2006 eingebaut, was eine 30-stündige Unterbrechung des Bahnbetriebes zur Folge hatte. Täglich arbeiteten 300 Arbeiter am Bahnhofsumbau, der Gesamtkosten von 150 Millionen Euro verursachte. Neben den Bahnanlagen wurde auch der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet und ein Fahrradstellplatz für 850 Räder eingerichtet. Der neu gestaltete Bahnhof wurde am 5. November 2007 mit viermonatiger Verspätung eingeweiht.[8]
- Umbaumaßnahmen, Januar 2007
- Nach Fertigstellung
(Foto: 2014)
Betrieb
Der Straßburger Bahnhof ist einer der wichtigsten Bahnhöfe im Osten Frankreichs und befindet sich im Eigentum der französischen Staatsbahn SNCF. Neben der SNCF fahren auch deutsche Eisenbahnunternehmen wie die Deutsche Bahn und die SWEG den Bahnhof regelmäßig an. Seit der Inbetriebnahme der LGV Est européenne am 10. Juni 2007 hat sich sowohl der Fernverkehr als auch der Nahverkehr erheblich verbessert. Es fahren seitdem erstmals TGVs den Bahnhof Straßburg an. Seit 2011 haben sich mit der Inbetriebnahme der LGV Rhin-Rhône auch die Anschlüsse Richtung Süden wesentlich verbessert. Im Jahr 2018 nutzten über 20,1 Millionen Reisende den Bahnhof.[9] Der Bahnhof Straßburg verfügte früher über eine Verladestelle für Autoreisezüge.
Fernverkehr
In Straßburg treffen zwei wichtige Fernverkehrslinien aufeinander. Straßburg ist zum einen Station auf der Magistrale für Europa, die Paris über Straßburg mit Karlsruhe, Stuttgart, München und Wien sowie mit Bratislava und Budapest verbindet. Neben dieser Ost-West-Achse liegt Straßburg auch an der Nord-Süd-Achse von Brüssel über Luxemburg, Straßburg nach Mülhausen weiter in die Schweiz bzw. von Mülhausen weiter nach Nizza an das Mittelmeer. Seit dem 9. April 2013 verkehrt zudem das Zugpaar EuroNight EN 452/453 Paris–Moskau (über Berlin, Warschau und Minsk) über den Straßburger Bahnhof.[10]
Seit Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Paris verkehren TGV-Züge im Stundentakt nach Paris Est, wovon insgesamt vier Zugpaare bis Stuttgart Hbf, davon eines bis München Hbf durchgebunden sind. Der als Orient-Express benannte EuroNight-Zug nach Wien Westbahnhof wurde zum Fahrplanwechsel 2009/2010 im Dezember 2009 eingestellt. Seit Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke LGV Rhin-Rhône 2011 bestehen zudem täglich sechs TGV-Verbindungen von Straßburg nach Lyon und zum Teil weiter nach Marseille oder Montpellier. Dazu kommen mehrere französische Schnellzüge, die die Côte d’Azur mit Straßburg verbinden. Je ein Euro- bzw. InterCity-Zugpaar stellen Direktverbindungen mit Brüssel her. Außerdem verkehren täglich ein Zugpaar zwischen Frankfurt Hbf und Marseille sowie mehrere Zugpaare der Linie Frankfurt – Paris Est über Straßburg.
Nahverkehr
In die Schweiz verkehren auch Fernverkehrszüge zum Bahnhof Basel SBB, mehrheitlich aber Nahverkehrsleistungen im Halbstundentakt zum Bahnhof SNCF. Die Europabahn verbindet Straßburg zur Hauptverkehrszeit im Halbstundentakt mit dem deutschen Offenburg (über Kehl und Appenweier). Darüber hinaus gibt es zahlreiche TER-Verbindungen innerhalb des Elsasses, zum Flughafen Straßburg sowie ins deutsche Saarbrücken (über Sarreguemines).
Straßenbahn
Die Straßenbahnlinien A und D, die im Tunnel 17 Meter unter dem Bahnhof verkehren, verbinden den Bahnhof mit verschiedenen Zielen in der Stadt und ihrer Umgebung. Oberirdisch endet die Linie C seit Ende 2010 auf dem Bahnhofsvorplatz.
- Nördliches Gleisvorfeld mit abgestelltem TER-Wendezug
- Gleisanlagen und Halle des Personenbahnhofs von Süden
Literatur
- La France des gares, collection Gallimard, 2001, S. 168–169.
- Willkommen im Elsass: Gare de Strasbourg-Ville. In: Dein Bahnhof – Magazin der Deutschen Einkaufsbahnhöfe, Herbst 2017, S. 32–34
Weblinks
- Bahnhof Straßburg vor dem Umbau. In: Structurae
- Bahnhof Straßburg während und nach dem Umbau. In: Structurae
- Praktische Informationen zum Bahnhof Straßburg (französisch)
- Geschichte des Bahnhofs und aktuelle Bauarbeiten (Seite der Stadt Straßburg) (Memento vom 19. Oktober 2007 im Internet Archive) (französisch; PDF; 15,6 MB)
- Virtueller Rundgang auf gares360.com
Einzelnachweise
- Ancienne gare de Strasbourg - 1 rue de Sébastopol - Architecture et photos à Strasbourg. Abgerufen am 25. Mai 2015.
- Jean-Georges Trouillet: Les Chemins de fer Impériaux d'Alsace-Lorraine – Reichs-Eisenbahnen in Elsass-Lothringen. Éditions Drei Exen Verlag, Husseren-les-Châteaux 2018. ISBN 978-2-9565934-0-9, S. 131.
- Reichs-Kursbuch Mai 1897. Ausgabe Nr. 3, Berlin 1897, Nr. 216.
- Reichs-Kursbuch Juli 1905. Ausgabe Nr. 5, Berlin 1905, Nr. 216.
- Gare de Strasbourg auf archi-strasbourg.org
- Die Fresken von Hermann Knackfuß auf archi-strasbourg.org (französisch)
- multibeton.de: Bahnhof in Strasbourg (Memento vom 11. Februar 2017 im Internet Archive; PDF; 2,61 MB)
- http://www.territorial.fr/PAR_TPL_IDENTIFIANT/3137/TPL_CODE/TPL_HYPERBREVE_FICHE/PROV/RSSALAUNE_SIT_TERRITORIAL/803-actualite.htm Nachricht von territoiral.fr abgerufen am 25. Dezember 2007
- Fréquentation en gares – Strasbourg auf SNCF Open Data (französisch)
- Strasbourg-Moscou en train, c'est désormais possible, France 3 Alsace, 10. April 2013