Lokomotivschuppen
Lokschuppen, Lokomotivschuppen oder auch Lokremise, Lokomotivdepot ist die Bezeichnung des Unterstellplatzes von Lokomotiven in Bahnbetriebswerken oder Lokomotivstationen der Eisenbahn. Im Wesentlichen haben sich drei Bauformen ergeben; der Rechteckschuppen, das Rundhaus und der Ringlokschuppen.
Um im Lokschuppen Instandhaltungsarbeiten am Fahrwerk der Lokomotiven vornehmen zu können, gibt es häufig Gruben unter den Gleisen. Lokschuppen, in denen Dampfloks angeheizt werden (daher die österreichische Bezeichnung Heizhaus), haben über jedem Gleis einen Rauchabzug.
Rechteckschuppen
Die einfachste Bauform ist der Rechteckschuppen, der für die Unterbringung von einer einzigen bis zu einer zweistelligen Anzahl von Lokomotiven dienen kann. Der Rechteckschuppen wird auch heute noch gebaut. Die meisten Rechteckschuppen, die im 19. Jahrhundert entstanden, waren über eine Weichenstraße zu befahren. Größere Schuppen wurden gelegentlich mit einer vorgelagerten Drehscheibe oder Schiebebühne versehen. Bei den Rechteckschuppen, die im Zuge des staatlich erleichterten Nebenbahnbaues in Deutschland ab etwa 1900 gebaut wurden, war dies nicht nötig, weil auf Nebenbahnen normalerweise nur Tenderlokomotiven verkehrten, die nicht gedreht werden mussten.
Große Schuppen finden sich auch in Verbindung mit vorgelagerten oder innen liegenden Schiebebühnen, etwa in Ausbesserungswerken oder wo nur Fahrzeuge untergebracht werden, die nicht gedreht werden müssen. Es gab aber auch Kastenschuppen mit Schiebebühnen für Dampflokomotiven, wie in Hagen oder Lehrte, wobei sich auf dem Gelände dann eine separate Drehscheibe befand.
Rundhaus
Das Rundhaus, auch Rotunde, Heizhausdom, Kreis-, Rund- oder Zentralschuppen genannt, besteht aus einem kreisrunden Gebäude, in dessen Mitte sich die Drehscheibe befindet, um die sich sternförmig die Abstellgleise für die Lokomotiven anschließen. Das Rundhaus hat eine oder mehrere Zufahrten von außen und ist ansonsten komplett überdacht. Auf diese Weise war auch die Drehscheibe vor schlechter Witterung geschützt. Gelegentlich wurden die Bauwerke zu Beginn des Eisenbahnzeitalters auch mit einem Ausschlackplatz mit Wasserkran am Einfahrgleis ausgestattet. Die Bauzeit des Rundhauses beschränkte sich im Wesentlichen auf das 19. Jahrhundert. In Deutschland wurde das letzte Rundhaus 1893 in Berlin-Pankow mit 24 Gleisen erbaut. Rundhäuser waren in Bahnknotenpunkten Europas und Nordamerikas durchaus verbreitet. Mit der Beschaffung längerer Lokomotiven wurden die meisten Rundhäuser aufgegeben, weil eine Verlängerung der Drehscheibenbrücken und der Abstellgleise aufgrund der vergleichsweise kompakten Baukörper noch schwieriger war als bei Ringschuppen. Erhalten blieben Rundschuppen daher eher in den Einsatzbereichen von kürzeren Tenderlokomotiven, insbesondere Rangierlokomotiven. In Deutschland gibt es nur noch zwei Rundhäuser: eines am Güterbahnhof Berlin-Pankow und den Rundlokschuppen Rummelsburg. Das drittletzte Rundhaus wurde im April 1978 in Paderborn abgerissen. Weitere Rundhäuser preußischer Bauart stehen noch in Polen (z. B. Rundlokschuppen Piła), zwei auf der nordöstlichen Seite des Bahnhofs Luxemburg und im ehemaligen ostpreußischen Insterburg in der russischen Oblast Kaliningrad (dem Nordteil der ehemaligen preußischen Provinz Ostpreußen).
Ringschuppen
Der Ringschuppen ist eine Bauform des Lokomotivschuppens, die sich aus den Erfahrungen mit den Rundhäusern ergab. Der Ringschuppen ist grundsätzlich einer Drehscheibe angegliedert und kreissegmentartig um diese herumgebaut. Nur in seltenen Fällen konnte man bei kleinen Ringschuppen auch über eine Weichenverbindung zu den Lokschuppengleisen gelangen, auf eine Drehscheibe wurde in diesen Fällen verzichtet. Heute trifft man diese Situation bei einigen Ringschuppen erneut an, da man die Drehscheibe aus Gründen der Wartungskostenersparnis ausgebaut hat.
In Deutschland wurden in der Regel zunächst vier- bis sechsständige Ringschuppen gebaut, die dann im Laufe der Jahre mit dem Anwachsen des Verkehrs erweitert wurden; oft halbkreisförmig. In seltenen Fällen baute man auch zwei Ringschuppen direkt aneinander, oder wie im Bahnbetriebswerk Hamburg-Altona die beiden Ringschuppen zu einem großen, fast geschlossenen Oval, bei dem ursprünglich zwei dicht nebeneinander liegende unterschiedlich große Drehscheiben die Zufahrtsgleise zu den unterschiedlich langen Lokschuppen bedienten. Später entwickelten sich in Altona die beiden einzelnen Drehscheiben zu zwei ineinandergreifenden, großen Drehscheiben. Der Lokschuppen wurde abgerissen.
Ringschuppen wurden in vielen Fällen auch teilweise oder komplett nach außen hin verlängert, wenn dort längere Lokomotiven beheimatet wurden. Sie entstanden auch noch im 20. Jahrhundert neu; zum Beispiel im Bahnbetriebswerk Rheine oder 1972 im Bahnbetriebswerk Saalfeld.
In den meisten Lokschuppen können zumindest kleinere Reparatur- und Wartungsarbeiten durchgeführt werden, wobei größere Lokschuppen auch eigene Werkstattanbauten und -gleise besitzen. Oft steht nunmehr jedoch nicht die Eisenbahn, sondern eine kulturelle Nutzung, so als Museum oder Veranstaltungshalle, im Mittelpunkt.
Beispiele
- Ringlokschuppen Marburg
- Ringlokschuppen Chemnitz-Hilbersdorf
- Ringlokschuppen Mülheim
- Ringlokschuppen Skierniewice
- Ringlokschuppen Bielefeld[1]
Weiternutzung alter Gebäude
Zahlreiche (Ring-)Lokschuppen, die heute nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck dienen, sind durch Umbau in Kultur- und Veranstaltungszentren dem endgültigen Verfall entgangen. Da diese Bauten aufgrund ihrer Bauform oft eine gute Akustik besitzen, eignen sie sich sehr für Konzerte. Bekannte Vertreter dieser Gruppe sind einer der beiden Ringlokschuppen des ehemaligen Bahnbetriebswerks Augsburg, heute Bahnpark Augsburg, der Ringlokschuppen in Bielefeld, der Lokschuppen in Rosenheim, die Lokwelt Freilassing als Außenstelle des Deutschen Museums, die Lokremise in St. Gallen, der ehemalige Lokschuppen in Klaus an der Pyhrnbahn, das Heizhaus Stammersdorf in Wien und das Bahnbetriebswerk Engers.
Siehe auch
- Lokomotivdepot (Schweiz)
Literatur
- Markus Tiedtke: Bahnbetriebswerke. Teil 3, Drehscheiben und Lokschuppen. (= EK Special, Nr. 34.) EK-Verlag, Freiburg o. J.
- Bernard Huguenin, Karl Fischer: Ottbergen – Klassiker der Dampflokzeit. Band 1: Von den Anfängen bis 1960er. Band 2: 1970er bis heute. Eigenverlag Modellbundesbahn, 2011, ISBN 978-3-00-033745-1.
Weblinks
Virtueller 360° Rundgang durch den historischen LOKSCHUPPEN MARBURG