Bahnsteig
Ein Bahnsteig (in der Schweiz, früher auch in Österreich und Deutschland üblich: der/das Perron, französisches Lehnwort, jedoch für Zustiegsplattformen jeglicher Verkehrsart wie z. B. Busperrons benutzt) ist eine befestigte Plattform, die parallel und mit geringem Abstand zu einem Eisenbahngleis angelegt ist, um bei Zügen das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Man findet sie deshalb in Bahnhöfen oder an Haltepunkten (Haltestellen). Ähnliche Konstruktionen gibt es als Arbeitsbühnen neben Bereitstellungsgleisen.
Die Deutsche Bahn betreibt in Deutschland Bahnsteige mit einer Gesamtlänge von 2300 Kilometern.[1]
Bahnsteige befinden sich darüber hinaus an den Haltestellen von Straßenbahnen, U-Bahnen und Seilbahnen.
Bauweise
Während früher einfache, eventuell asphaltierte Schüttungen aus Schotter mit mehr oder minder befestigter Vorderkante als ausreichend betrachtet wurden, sind die heutigen Hochbahnsteige wesentlich massivere Konstruktionen. Die Kanten bestehen üblicherweise aus Winkelstützmauern (L-Steinen) aus Beton, deren senkrechter Teil oben profiliert ist und so einen ertastbaren Randstein bildet. Der Körper des Bahnsteigs ist angeschüttet und/oder betoniert und nimmt meist Regenwasserkanalisation sowie Leitungen für die Bahnsteigbeleuchtung und eventuell die Leit-, Sicherungs- und Fernmeldetechnik der Betriebsstelle auf. Die Oberfläche ist meist mit Beton-Verbundsteinpflaster belegt und, falls nicht überdacht, mit Mittelentwässerungen versehen. Im Innenbereich werden auch Natursteinbeläge verwendet.
Zu den Enden und, sofern es sich nicht um einen Mittelbahnsteig handelt, zur Rückseite hin geht der Bahnsteig entweder fließend in eine Verkehrsfläche über (so an Kopfbahnhöfen) oder ist durch Brüstungen begrenzt. Von Bahnsteig-Enden, die sich frei auf das Gleisfeld öffnen, führt meistens eine für die Öffentlichkeit gesperrte Treppe zum Schienenniveau hinab.
Zunehmend werden Bahnsteige nicht mehr aus Kantensteinen, Erd- bzw. Betonkörper und Pflaster aufgebaut, sondern in Plattenbauweise vorgefertigt. Pflasterung, Blindenleitstreifen, Sicherheitsmarkierung etc. sind dabei schon eingearbeitet. Diese Platten können innerhalb weniger Stunden mit Kränen auf Pfahlfundamente aufgelegt werden, was vor allem beim Bauen unter dem rollenden Rad die nötigen Sperrpausen reduziert und so die Kosten für Warnanlagen und Sicherungsposten erheblich senkt.
Verkehrliche Einrichtungen
Bahnsteige werden abhängig von ihrer Größe und Frequentierung mit unterschiedlichen Elementen möbliert.
Sofern sie nicht in einer Bahnhofshalle liegen, verfügen oberirdische Bahnsteige häufig über ein eigenes Bahnsteigdach. Dabei handelt es sich in der Regel um Versionen von Flugdächern. Es gibt sie in unterschiedliche Konstruktionen. Heute werden sie häufig als von einer mittleren Stützenreihe beidseitig auskragende Schmetterlings- oder Flachdächer realisiert. Alternativ finden auch einseitig auskragende Pultdächer Verwendung. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren auch flach geneigte Satteldächer auf zwei Reihen von Stützen (in Form historisierender Gusseisen-Säulen) anzutreffen, wie heute beispielsweise noch bei der Berliner S-Bahn. Dieses Grundprinzip mit zwei Stützenreihen, allerdings mit geschwungenem Flugdach verwendet heute die Deutsche Bahn als Teil ihres Corporate Design.
Lautsprecher und Beleuchtung werden entweder in die Bedachung integriert oder an in regelmäßigen Abständen aufgestellten Masten montiert.
Praktisch immer sind Sitzgruppen und – falls kein Bahnsteigdach existiert – Wetterschutzeinrichtungen vorgesehen. Unter dem Bahnsteigdach werden teilweise nur nach oben offene Windschutzwände gebaut. Seitdem Rauchen auf Bahnhöfen generell verboten ist, werden auch unter Dach kleine oben und mit Tür geschlossene, relativ niedrige Warteräume errichtet, die einen gewissen Kälteschutz bieten.
Pro Bahnsteigkante wird normalerweise mindestens ein Zugzielanzeiger aufgestellt; bei Zugangsstellen ohne jede betriebliche Variation reichen feste Schilder „Richtung XY“. Jeder Bahnsteig erhält außerdem mindestens eine Bahnhofsuhr sowie eine ausreichende Zahl von Bahnhofsnamensschildern.
Weiter können hinzukommen: Abfallbehälter, Aschenbecher, Leuchtkästen für Fahrplan-Aushänge, Karten, Wagenstandanzeiger und andere Informationen, Fahrscheinautomaten, Großbildschirme für Werbung und Information, Abschnittsmarkierungen, Stellplätze für Gepäckwagen und mobile Hublifte, öffentliche Telefone, Vermarktungsflächen (Plakatwände), Überwachungskameras, Notruf- und Informations-Gegensprechanlagen, Getränke- und Süßigkeitenautomaten, Schließfächer. Auf breiten Bahnsteigen können Pavillons aufgestellt werden, um Kioske und Gewerbe- oder Diensträume aufzunehmen.
Am Hausbahnsteig, stationsmittig am Gebäude findet sich traditionell eine etwa zentimetergenaue Höhenangabe, die sich auf den Schienenkopf des anliegenden Gleises bezieht als Basis für Vermessungsarbeiten.
Ebenfalls am Hausbahnsteig war lange Zeit eine öffentliche Waschmöglichkeit für Hände und etwa Obst üblich. Zumeist als Becken und ein Stück Wand dahinter aus Kunststein mit einem aus der Wand tretenden Hahn für Kaltwasser. Später, um 1965/1970, kamen in Österreich auf zahlreichen Bahnhöfen auf Mittelbahnsteigen, so etwa in Wels oder Velden am Wörthersee runde Mehrfach-Brunnen aus rötlich weißem Kunststein auf. Etwa 4 Wasserhähne ragten rundum aus einer Säule, die in der Mitte eines kreisrunden Beckens brusthoh aufragte. Sie wurden vor allem in den nicht überdachten Endbereichen der Bahnsteige installiert und dienten im Sommer auch zum Abkühlen von Kopf und Armen. Zumindest nachträglich wurden diese Brunnen mit Taferln "Kein Trinkwasser" versehen. Während die Toiletten mit Waschbecken in Zügen und Bahnhöfen attraktiver gestaltet wurden, verschwanden die Bahnsteigbrunnen bis etwa 1990 wieder.
Damit Schnee, Regen und der Rauch von Dampf- und Dieselloks und Tauben weniger unter das Dach des Bahnsteig gelangen, waren die hochliegenden Dachränder oft mit etwa fast 1 m nach unten reichenden Schürzen aus Glasplatten versehen.
Um am neuen Hauptbahnhof Graz Tauben vom Sitzen unterhalb des Daches auszusperren wurde nachträglich aufwendig Vogelschutznetz verlegt.
Betriebliche Einrichtungen
Für den Bahnbetrieb finden sich an einem Bahnsteig fast immer ein oder mehrere Haltetafeln, oft Vorsignalwiederholer, Gegensprechanlagen und Streckenfernsprecher, Abfertigungsanlagen mit Bedientafel und Abfahrsignal, mitunter auch Bremsprobeanlagen. Um Hochgeschwindigkeitsvorbeifahrten zu sichern, muss ggf. eine Reisendensicherungsanlage installiert werden. In den oben genannten Pavillons findet man zuweilen noch örtliche Bahnsteigaufsicht mit betrieblicher Funktion.
Zutritt
Der Bahnsteig ist als Teil des Bahnhofsgeländes Privateigentum des Bahnhofsbetreibers, d. h. bei der DB AG ist dies die DB Station&Service AG. Der Zutritt wurde früher von den Bahngesellschaften durch sogenannte „Bahnsteigsperren“ reglementiert. Heute ist es in Deutschland, Österreich und der Schweiz möglich, sich auf den frei zugänglichen Bahnsteigen von Nebenbahnen aufzuhalten, sie gelten nach dem Gewohnheitsrecht als öffentlicher Verkehrsraum, obwohl sie es mitnichten sind. Im Grunde sind sie nur dem Anliegen des Hol- und Bringverkehrs vorbehalten, sofern nicht eine Nutzung eines Verkehrsmittels ansteht.
Für die Benutzung der Bahnsteige innerhalb von einigen Verkehrsverbünden ist ein Fahrschein bzw. eine Bahnsteigkarte notwendig. Es ist so möglich, Fahrkarten-Kontrollen auch außerhalb der Bahnsteige an der gekennzeichneten „Sperrenanlage“ am Zugangsbauwerk durchzuführen. Davon wird z. B. in Hamburg oft Gebrauch gemacht.
In sehr vielen Metropolen ist der Zugang zu den Metro-Stationen (zumindest in der Innenstadt) durch Sperrenanlagen mit automatisierter Fahrscheinprüfung üblich.
Bahnsteigtypen
Bahnsteige werden nach ihrer Lage und Ausführung in verschiedene Typen eingeteilt.
Hausbahnsteig
Ein Hausbahnsteig ist ein Bahnsteig, der sich direkt vor dem Empfangsgebäude eines Bahnhofs befindet und daher von dort ohne Queren von Gleisen durch die Fahrgäste erreicht werden kann.
Zwischenbahnsteig
Ein Zwischenbahnsteig liegt zwischen zwei Gleisen, hat aber nur eine Verkehrskante und ist vom Hausbahnsteig nur durch Überschreiten eines oder mehrerer Gleise (Reisendenübergang) erreichbar. Der Gleisabstand für diesen Bahnsteig ist geringer als für einen Mittelbahnsteig mit zwei Verkehrskanten. Diese Bauart ist noch verbreitet. Sie hat aber den Nachteil, dass die Reisenden Gleise überschreiten und dabei gesichert werden müssen, so dass Fahrzeugbewegungen auszuschließen sind. Das schränkt die Leistungsfähigkeit des Bahnhofes ein. Des Weiteren sind wegen der nötigen Übergänge die möglichen Höhen begrenzt. Besonders im alten Österreich-Ungarn war häufig der gesamte Bahnsteigbereich neben einer Bahnsteigkante am Hausbahnsteig nur mit Kies eingeebnet, aus dem die Schienenköpfe herausragten. In den letzten Jahrzehnten wurden viele Zwischenbahnsteige durch niveaufrei erreichbare Insel- oder Außenbahnsteige ersetzt. In Deutschland dürfen Zwischenbahnsteige nicht neu eingerichtet werden.
Außen- und Mittelbahnsteige
Weitere Bahnsteige sind entweder als Seitenbahnsteige oder Mittelbahnsteige ausgeführt.
Außenbahnsteig
Außenbahnsteige (auch: Seitenbahnsteige oder Randbahnsteige) bedienen nur ein Gleis und liegen daher in der Regel an einer „Seite“ des Bahnhofes. Seitenbahnsteige erfordern keine Aufweitung des Gleisabstandes. Daher sind sie insbesondere bei nachträglicher Anlage an bestehenden Strecken kostengünstiger anzulegen als Mittelbahnsteige.
Mittelbahnsteig
Bei einem Mittelbahnsteig (auch: Inselbahnsteig) gibt es Gleise auf beiden Seiten des Bahnsteigs, das Bahnsteigmobiliar inklusive Informationsausrüstung kann für beide Gleise genutzt werden.
Sofern mehr als ein Mittelbahnsteig vorhanden ist, gibt es unterschiedliche Konzepte, diesen zu bedienen. Welches Konzept gewählt wird, kann zum Beispiel davon abhängen, ob die anschließenden Strecken im Richtungs- oder Linienbetrieb befahren werden. Es gibt Zuordnungen nach:
- Linie, Strecke
- Die Züge einer Linie oder einer Auswahl von Linien halten am selben Mittelbahnsteig. Oft halten die Züge der Hinrichtung an der einen, in Rückrichtung an der zweiten Bahnsteigkante des Mittelbahnsteigs. Liegt die Station an mehreren Strecken, können stattdessen die Züge einer eingleisigen Strecke in Hin- und Rückrichtung immer an derselben Bahnsteigkante halten. In jedem Fall ist jedem weiteren Mittelbahnsteig ebenfalls eine oder mehrere Linien zugeordnet. Diese Varianten ergeben sich in der Regel auf Trassen, die im Linienbetrieb geführt werden oder wo unabhängige Strecken sich berühren, als einfachste Lösung mit den geringsten Baukosten.
- Richtung
- An jedem Mittelbahnsteig halten die Züge unterschiedlicher Linien, die in die gleiche Richtung weiterfahren. Diese Variante bietet vor allem zusteigenden Passagieren den Vorteil, dass sie gegebenenfalls die Züge mehrerer Linien zur Auswahl haben, ohne den Bahnsteig wechseln zu müssen und so einfach auf den nächsten Zug warten können, anstatt erst auf dem Fahrplan bzw. der elektronischen Tafel für die Zugbewegungen den richtigen Bahnsteig des nächsten Zuges zu suchen.
- Umsteigebeziehung
- An den beiden Seiten eines Mittelbahnsteigs halten jeweils die Züge der Linien, zwischen denen die meisten Fahrgäste umsteigen. Diese Variante ist auf kurze Umsteigewege und -zeiten hin optimiert. So gibt es z. B. bei der Hamburger U-Bahn mehrere solcher Richtungsbahnsteige, an denen zeitgleich die Züge zweier Linien halten (Kellinghusenstraße, Berliner Tor, Barmbek).
Insbesondere bei kurzen Taktzeiten sind für Züge häufig teure und platzintensive Überwerfungsbauwerke erforderlich, um die Bahnsteige in der gewünschten Weise anzusteuern.
Zungenbahnsteig
Zungenbahnsteige schließen an einem Bahnsteig oder der Zulauffläche an und enden am anderen Ende zwischen Gleisen. Zungenbahnsteige sind zum Beispiel bei Kopfbahnhöfen an den Querbahnsteig angeschlossen.[2][3][4] Ein Zungenbahnsteig an einem Mittelbahnsteig kann dessen erste Bahnsteigkante verlängern und erschließt ein drittes Gleis, ein Stumpfgleis, das vor dem Anfang der zweiten Bahnsteigkante des Mittelbahnsteigs endet, wie es in Hanau Hauptbahnhof geplant ist. Endet vor dem Anfang eines Haus- oder Außenbahnsteig ein Stumpfgleis, kann der Zungenbahnsteig dessen Bahnsteigkante verlängern und das Stumpfgleis erschließen, die andere Bahnsteigkante kann das Hausgleis verlängern[5] oder ein zweites Stumpfgleis erschließen. Im Kieler Hauptbahnhof, einem Kopfbahnhof, wurden 2013–2014 zwei der regulären Bahnsteige, die ja bereits Zungenbahnsteige sind, auf halber Länge verschmälert, so dass jeweils die eine Bahnsteigkante verkürzt wurde und sich dort jeweils ein weiterer Zungenbahnsteig anschließt, um jeweils ein zusätzliches, kürzeres, dort endendes Stumpfgleis zu erschließen. Es kann dort also eine höhere Zahl von jedoch kürzeren Zügen abgefertigt werden.[6]
Zwillingsbahnsteig
Wird beidseits des Gleises eine Bahnsteigkante genutzt, so spricht man von Zwillingsbahnsteigen.[7] Diese Anordnung wurde in Spanien angewendet, daher auch die Bezeichnung „Spanische Lösung“, obwohl sie bereits früher in New York zu sehen war.
- mit Trennung der Ein- und Aussteigenden, zum Beispiel S-Bahn München und Métro Paris:
An drei der fünf Stationen des S-Bahn-Stammstreckentunnels, Hauptbahnhof, Karlsplatz (Stachus) und Marienplatz, werden Zwillingsbahnsteige zur strikten Trennung der Ein- und Aussteiger benutzt: Der eingefahrene Zug öffnet die in Fahrtrichtung rechten Türen, um Passagiere aussteigen zu lassen, und mit geringer Zeitverzögerung auch die linken Türen, um Personen zusteigen zu lassen. Mit dieser Trennung des Ein- und Aussteigeverkehrs auf unterschiedliche Bahnsteige sind kürzere Taktzeiten möglich, da die Haltedauer der Züge hierdurch reduziert werden kann. Eine ähnliche Lösung besteht an den beiden Endpunkten Retiro und Constitución der U-Bahn-Linie C von Buenos Aires. Diese verbindet an Stelle einer S-Bahn-Stammstrecke die Bahnhöfe im Norden und Süden durch das Stadtzentrum, was zu einem besonders starken Umsteigeaufkommen führt. In den Stationen Nation und Charles de Gaulle Étoile der U-Bahn-Linie M6 von Paris wird gleichermaßen vorgegangen. - ohne Trennung der Ein- und Aussteiger, zum Beispiel Metro Barcelona, New York City Subway, London Underground, MRT (Singapur)
- für bahnsteiggleiche Umstiege zu zwei anderen Gleisen, zum Beispiel Bahnhof Ulzburg Süd und Bahnhof Norderstedt Mitte
Querbahnsteig
Eine Sonderform des Bahnsteigs bildet der so genannte Querbahnsteig bei Kopfbahnhöfen, auch Kopfbahnsteig genannt. Ihm sind meist ein oder zwei Empfangshallen vorgelagert. Als wichtigster Bahnsteig in einem Kopfbahnhof ist er in der Regel auch der breiteste.
Ein Querbahnsteig ist rechtwinklig zu den anderen Bahnsteigen vor den Gleisenden angeordnet und daher im eigentlichen Sinne kein Bahnsteig, da an ihm keine Züge halten; er hat vielmehr eine Verteiler-Funktion: Von hier aus sind alle anderen Bahnsteige höhengleich erreichbar. Er ersetzt die bei Durchgangsbahnhöfen erforderlichen Bahnsteigzugänge, die dort oft in Form von Fußgängerüber- oder -unterführungen angelegt sind. Selten finden sich trotzdem noch weitere Über- oder Unterführungen in der Mitte oder am äußeren Ende der regulären Bahnsteige, z. B. in Frankfurt (Main) Hauptbahnhof und in Leipzig Hauptbahnhof.
Kombibahnsteig
Ein Kombibahnsteig ist meist ein Inselbahnsteig, bei dem an den beiden Seiten zwei verschiedene Verkehrsmittel halten. Diese Bauweise existiert häufig an Busbahnhöfen, an den Straßenbahnen halten.
Gepäckbahnsteig
Solange der Service der Bahnbetreiber die Verladung von Gepäck und von Expressgut in Reisezügen einschloss, gab es auf großen Bahnhöfen Gepäckbahnsteige, die nicht für den Zugang durch die Reisenden bestimmt waren. Diese Bahnsteige waren niedriger als die Personenbahnsteige angelegt, so dass das Gepäck zwischen Eisenbahngepäckwagen und Gepäckkarren niveaugleich umgeladen werden konnte. Diese Bahnsteige sind in vielen älteren Bahnhöfen noch ohne Nutzung zu finden, solange das Gleisbild unverändert bleibt (beispielsweise Leipzig Hauptbahnhof).
Sonderformen
Darüber hinaus existieren Sonderformen der genannten Bahnsteigtypen, wie zum Beispiel:
- beweglicher Bahnsteig: Bahnsteig bewegt sich abhängig von den zu bedienenden Zügen, zum Beispiel Einschienenbahn Seattle[8]
- Ein Kombibord ist eine besonders konstruierte Bahnsteigkante, die einen barrierefreien Einstieg zu zwei unterschiedlichen Fahrzeugtypen bzw. Verkehrsmitteln ermöglicht, wie zum Beispiel der „Dresdner Combibord“.
Bahnsteigkante
Die Bahnsteigkante, schweizerisch auch Perronkante, ist der Rand des Bahnsteigs, von welcher aus Fahrgäste einen Zug besteigen und verlassen. Die Kante des Bahnsteigs definiert sich besonders als bauliche Begrenzungslinie.[9] Die Bahnsteigkanten haben eine international definierte Höhe, um Wagentypen je nach Bauart möglichst effektiv einsetzen zu können.
Neben der Bahnsteighöhe muss weiterhin ein ausreichender Abstand zur Gleismitte eingehalten werden, um das Lichtraumprofil freizuhalten. Dieses sogenannte Einbaumaß ist abhängig von Bahnsteighöhe, der Gleisüberhöhung und dem Lichtraumprofil. In Deutschland beträgt das Einbaumaß ungefähr 1,65 m.[10]
Bauweise
Bahnsteigkanten werden heute meist aus Beton gefertigt. Die Höhe der Bahnsteigkante – gemessen von der Schienenoberkante – ist ein Qualitätsmerkmal für Bahnsteige. Die DB Station&Service gibt die Bahnsteighöhe bei ihren Bahnhofsinformationen zusammen mit der Bahnsteiglänge für jeden Bahnsteig an.
Im Laufe der Bahngeschichte haben sowohl die Höhe der untersten Trittstufen der Personenwagen als auch die Höhe der Bahnsteige kontinuierlich zugenommen. Durch diese Maßnahme hat die Verweildauer der Züge in den Bahnhöfen abgenommen, da ein schnellerer Ein- und Ausstieg möglich wird. Insbesondere Personen mit Gehhilfe oder Gepäck benötigen für das Überwinden nur einer Stufe mehr als doppelt so viel Zeit gegenüber einem niveaugleichen Übergang. Besonders bei Zügen des Pendlerverkehrs ist eine gleiche Höhe von Bahnsteigkante und Fahrgastraum sinnvoll, auch um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen.
Ähnlich verhält es sich bei der Niederflurtechnik, bei der sich im Laufe der Zeit die Höhe des Fahrgastraumes dem Straßenniveau angenähert hat, weil Bahnsteige in großer Höhe baulich aufgrund enger Platzverhältnisse meist nicht realisierbar sind.
Trivia
Die beiden kürzesten Bahnsteigkanten im Netz der Deutschen Bahn mit einer Länge von nur 15 Metern befinden sich am Haltepunkt Wieslensdorf an der Bahnstrecke Crailsheim–Heilbronn, die längste Bahnsteigkante befindet sich am Gleis 4 in Essen Hauptbahnhof mit 667 Metern.[11]
Bahnsteighöhe
Um den bequemen und sicheren Zustieg zu ermöglichen, sind die Bahnsteige gegenüber der Schienenoberkante (SO) je nach Strecke um bis zu etwa einen Meter erhöht. Die genauen Bahnsteighöhen richten sich nach den überwiegend eingesetzten Fahrzeugen sowie den angewendeten gesetzlichen Regelungen. Hierbei sind weltweit verschiedene Bahnsteighöhen anzutreffen, die nur regional normiert sind. Einen Bahnsteig, der höher als etwa 40 Zentimeter über Schienenoberkante liegt, wird meist als Hochbahnsteig bezeichnet. Abgrenzend dazu spricht man bei herkömmlichen Anlagen vom Tiefbahnsteig oder Niedrigbahnsteig.
Die TSI „Infrastruktur“ benennt als Regelbahnsteighöhe für Fernbahnen innerhalb der EU, dass für die Bahnsteigkante entweder 550 Millimeter oder 760 Millimeter über Schienenoberkante mit einer Höhentoleranz −30 mm/+0 mm einzuhalten ist. Die nutzbare Bahnsteiglänge soll dabei 400 Meter betragen. Die Umsetzung der TSI INS soll bis 2020 abgeschlossen sein.
Bauliche und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen
In Deutschland gibt es meist keine mechanischen Sicherungseinrichtungen gegen den beabsichtigten oder unbeabsichtigten Zugang zum Gleisraum. In vielen anderen Industriestaaten werden die Bahnsteige von neueren U-Bahn-Strecken durch sogenannte Bahnsteigtüren mechanisch vom Gleisraum abgetrennt. Diese Türen befinden sich auf der Höhe der Wagentüren und werden erst nach Halt des Zuges geöffnet. In Singapur existiert dieses System, wobei der Fahrer nicht ganz auf 0 km/h bremsen muss, sondern die letzten Meter bis zur Tür von einem automatischen Programm übernommen werden. Drei der MRT-Linien (äquivalent zur U-Bahn in Deutschland) sind ganz fahrerlos.
Aufgrund der Bahnsteighöhe ist es verletzten oder älteren Personen, die in den Gleisraum gelangt sind, oft nur schwer oder gar nicht möglich, wieder auf den Bahnsteig zurückzusteigen. Daher werden insbesondere bei U-Bahn-Systemen in deutschsprachigen Ländern direkt unterhalb der Bahnsteigkante Schutzräume (sogenannte Krauchnischen) geschaffen, in die sich Personen aus dem Gleisraum in Schutz bringen können (z. B. U-Bahn Wien).
Bei automatischen U-Bahnen wird der Gleisraum vor dem Bahnsteig elektronisch auf dort befindliche Personen überwacht (z. B. U-Bahn Nürnberg).
Die Bahnsteige werden regelmäßig durch Videokameras überwacht, um bei Unglücksfällen und anderen besonderen Ereignissen rasch Unterstützung leisten zu können.
Als Orientierungshilfe für blinde und sehbehinderte Fahrgäste können im Boden Blindenleitstreifen eingelassen sein. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung solcher Leitstreifen besteht nicht; einige U-Bahn-Betreiber (z. B. in München) haben sie freiwillig eingerichtet; die DB AG konnte sich bisher nicht dazu entscheiden, Leitstreifen an allen Stationen einzurichten.
Auch die Linie, die den einzuhaltenden Sicherheitsabstand zu durchfahrenden Zügen markiert, kann als ein solcher optisch und taktil hervorgehobener Streifen aus Betonelementen markiert sein. Solche Linien sind in Deutschland überwiegend an Eisenbahn-Bahnsteigen anzutreffen, da hier ohne Halt durchfahrende Züge mit hohen Geschwindigkeiten gefahren werden dürfen – anders als U- und Straßenbahnen, die mit maximal 40 km/h den Bahnsteig ohne Halt passieren dürfen (BOStrab).
Rechtliche Anforderungen an Bahnsteige
Die BOStrab regelt in Deutschland rechtliche Minimalanforderungen für Bahnsteige an Straßen- und U-Bahnen sowie Bussen. Darin sind praktisch keine Schutzvorkehrungen für Passagiere zwingend vorgeschrieben.
Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung wurden im Mai 1991 zusätzliche Bestimmungen für Schnellfahrten an Bahnsteigen eingeführt (§ 13). Für Vorbeifahrten mit mehr als 160 km/h und bis 200 km/h wurden Lautsprecherdurchsagen, die Kennzeichnung der freizuhaltenden Bahnsteigflächen und höhenfreie Bahnsteigzugänge vorgeschrieben. Für Vorbeifahrten mit mehr als 200 km/h wurden zusätzliche Vorkehrungen vorgeschrieben, um zu verhindern, dass sich Reisende im Gefahrenbereich aufhalten. Anfang der 1990er Jahre liefen bei der Deutschen Bundesbahn aerodynamische Untersuchungen, inwieweit Vorbeifahrten an Bahnsteigen mit mehr als 200 km/h möglich sind.[12]
Das Eisenbahn-Bundesamt erwartet nach einer 2020 veröffentlichten Fachmitteilung unter anderem, dass Bahnsteige in jedem Fall mindestens 5 m länger sind als der Abstand von der ersten bis zur letzten Tür eines Reisezuges.[13]
Österreich
Bei den Österreichischen Bundesbahnen wird in der Fahrgastinformation als Bahnsteig die Bahnsteigkante bezeichnet. Bis Anfang der 1990er Jahre wurde dafür, wie es bei vielen anderen Bahnunternehmen bis heute der Fall ist, der Begriff Gleis verwendet. Da die bahnintern verwendeten Gleisnummern mit jenen an den Bahnsteigen angeschriebenen Gleisbezeichnungen nicht immer übereinstimmten beziehungsweise die Anordnung der Gleisnummern für den Fahrgast nicht immer nachvollziehbar war, entschlossen sich die ÖBB zur Umbezeichnung. Hieß es früher beispielsweise Bahnsteig 2, Gleis 4, so wird nun einheitlich Bahnsteig 4 verwendet.
Es wird jede Bahnsteigkante gesondert bezeichnet. Durchgehende Bahnsteige werden vom Aufnahmsgebäude weg mit „1“ beginnend fortlaufend nummeriert. Bahnsteigkanten an Stumpfgleisen werden gruppenweise jeweils fortlaufend innerhalb einer Dekade bezeichnet. Sind Gleise an einer Bahnsteigkante durch Zwischen- oder Schutzsignale unterteilt, so wurde bis 2004 der Bahnsteigbezeichnung abschnittsweise ein Kleinbuchstabe in Richtung Endbahnhof mit „a“ beginnend zugefügt. Im Gegensatz dazu werden die im Wagenstandanzeiger angegebenen Sektoren mit Großbuchstaben bezeichnet. Seit 2004 werden die Bahnsteige nur mehr mit Sektoren bezeichnet und falls sie durch ein Schutzsignal getrennt sind zu Gruppen zusammengefasst (z. B. Bahnsteig 1A-C).[14]
In Bahnhöfen mit mehreren Gleisebenen werden die Bahnsteige zu Gruppen zusammengefasst (Wien Südbahnhof 1–9, 11–19 und 21–22 sowie Wien Handelskai 1–2 und 11–12, jedoch nicht am Wiener Hauptbahnhof).
Bei den Bahnsteigtypen unterscheiden die ÖBB Infrastruktur AG Randbahnsteig (dazu zählt auch der unmittelbar vor dem Aufnahmsgebäude gelegene Hausbahnsteig), Inselbahnsteig mit schienenfreiem Zugang (Unter- bzw. Überführung), Mittelbahnsteig mit schienengleichem Zugang, Zungenbahnsteig und Querbahnsteig.[15]
Weblinks
- Literatur von und über Bahnsteig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bahnsteiginformationen auf der Homepage der Deutschen Bahn
- Weltweit realisierte und geplante U-Bahn-Bahnsteige mit Bahnsteigtüren
- BT-Drs. 17/5382 (PDF; 90 KiB) Antwort der Bundesregierung vom 6. April 2011 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Hofreiter, Hermann u. a. und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betreffend Angemessene Bahnsteighöhen für eine benutzerfreundliche Eisenbahninfrastruktur
Einzelnachweise
- Das macht die Deutsche Bahn für Sie – jeden Tag!. In: mobil. September 2011, S. 38 f.
- Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Zweite, vollständig neu bearbeitete Auflage 1912–1923 in 10 Bänden, Urban & Schwarzenberg, Berlin/Wien, Stichwort Bahnsteig
- Beispiel Wien Westbahnhof
- Dominik Bugschat: Bad Endorf. 5. August 2012, abgerufen am 20. Dezember 2015.
- Beispiel Bahnhof Locarno
- Mehr Züge nach Hamburg und zum Strand: Zwei neue Gleise für Kieler Hauptbahnhof. In: shz. Abgerufen am 20. Dezember 2015.
- R. Müller: Beitrag zur Leistungssteigerung von Personenverkehrsanlagen / Aspekte des Einsatzes, der Gestaltung und Bemessung von Zwillingsbahnsteigen. Cottbus, 2005
- beweglicher Bahnsteig Seattle. Abgerufen am 24. November 2011.
- Duden „Bahnsteigkante“
- Lothar Fendrich, Wolfgang Fengler (Hrsg.): Handbuch Eisenbahninfrastruktur. 2., neu bearb. Aufl. 2013. Berlin, Heidelberg, ISBN 978-3-642-30021-9.
- Bahnsteigdaten (Stand 03/2019)
- Walter Mittmann, Fritz Pätzold, Dieter Reuter, Hermann Richter, Klaus-Dieter Wittenberg: Die Dritte Verordnung zur Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO). In: Die Bundesbahn. Nr. 7–8, 1991, ISSN 0007-5876, S. 759–770.
- Halten von Reisezügen an Bahnsteigen. In: eba.bund.de. Eisenbahn-Bundesamt, 28. Juli 2020, abgerufen am 17. September 2020 (Fachmitteilung 20/2020).
- ÖBB Zusatzbestimmungen zur Signal- und Betriebsvorschrift ZSB2 § 5
- ÖBB Dienstvorschrift B 50, Punkt 13