Škoda 100
Der Škoda 100 (kurz Š100) sowie die stärker motorisierte Variante Škoda 110 (kurz Š110) ist ein Pkw von AZNP (Škoda), der ab 1969 das Modell Škoda 1000 MB/1100 MB ablöste. Die wesentliche Neuerung war die Zweikreisbremsanlage mit Scheibenbremsen vorn, hinzu kamen Veränderungen am äußeren Erscheinungsbild.
Škoda | |
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Škoda 100 | |
100/110 | |
Produktionszeitraum: | 1969–1977 |
Klasse: | Untere Mittelklasse, Mittelklasse |
Karosserieversionen: | Limousine |
Motoren: | Ottomotoren: 1,0–1,2 Liter (35–88 kW) |
Länge: | 4155 mm |
Breite: | 1620 mm |
Höhe: | 1380 mm |
Radstand: | 2400 mm |
Leergewicht: | 805–820 kg |
Vorgängermodell | Škoda 1000 MB |
Nachfolgemodell | Škoda 742 |
Modellgeschichte
Škoda war rückblickend betrachtet zu einem ungünstigen Zeitpunkt auf das Heckmotor-Konzept umgestiegen. Schon wenige Jahre nach Erscheinen des Vorläufers 1000 MB ging die Tendenz im Automobilbau weg vom Heckmotor, sodass Ende der 1960er Jahre erneut eine komplette Umstellung des Fahrzeugkonzepts erforderlich gewesen wäre. Dies lehnte die damalige Regierung ab. 1964 war eigens für den 1000 MB ein neues Werk gebaut worden, für ein wiederum neues Fahrzeug mit Frontmotor hätten erneut umfangreiche Investitionen getätigt werden müssen. Dies erschien der Regierung unwirtschaftlich. Zudem war das alte Montagewerk vom Octavia kurz vor Produktionsende abgebrannt, der Schaden wurde auf 320 Millionen Kronen geschätzt.
Motor und Fahrwerk des Š100 entsprechen weitgehend denen des Vorgängermodells. Der größte Unterschied besteht aus den Dunlop-Scheibenbremsen vorn und einer Zweikreisbremsanlage. Während der Produktion des 100/110 gab es mehrere Änderungen, die vor allem das Äußere betrafen. So wurden 1972 die vom 1000 MB bekannten Tankeinfüllstutzen an den vorderen Kotflügeln durch eine einfache Tankklappe ersetzt. Teilesätze wurden nach Neuseeland exportiert und dort zusammengebaut. Der 110 LS hatte wie der Škoda 110 R vier Scheinwerfer. Mit dem stärksten Motor erreichte er eine Geschwindigkeit von 140 km/h. Nach der staatlichen Preisliste kostete die Basisversion Standard im Jahr 1972 45.000 Kronen.[1]
Der millionste Škoda seit Eröffnung der neuen Produktionslinien im Stammwerk Mladá Boleslav wurde auf der Internationalen Maschinenbaumesse Brno 1973 vorgestellt.[2]
Nachfolger dieser Modelle war ab 1976 die Škoda-105/120-Serie.
Versionen
Neben der Standardversion gab es den Škoda 110 R als sportliches Coupé.
Karosserie und Motor des Fahrzeugs waren mehrmals Basis für verschiedene Prototypen und Kleinstserien[3]:
- Škoda 1100 GT, 1970 entstandener Prototyp mit gleichen Heckleuchten
- Škoda 110 Super Sport, auf dem 1100 GT basierendes Fahrzeug. Der Sportwagen spielte im Horrorfilm Der Autovampir die Hauptrolle.
- Škoda Kirby, ein Offroader für den italienischen Markt
- Škoda V. F. Buggy, ähnliches Aussehen wie der Kirby, jedoch für Belgien
Ab 1971 gab es den Škoda 120S, eine Limousine mit größerem Motor, die in der Rallyeversion mit Schutzkäfig ausgestattet bis zu 220 km/h erreichte.
Export
Export in die DDR
Der Š100 wurde in großem Umfang von der Deutschen Demokratischen Republik importiert. Es sollen mehr als 142.000 Exemplare ins Land gekommen sein[4] – allerdings ausschließlich in der Grundausführung, sowie einige 110 R. 1975 waren 10,6 % aller in der DDR zugelassenen Pkw Škodas, zu einem Großteil Škoda 100. Neu kostete der Wagen 15.870 Mark[5] und war damit etwas preiswerter als der Wartburg. Die Fahrzeuge waren aufgrund ihres vergleichsweise sparsamen Viertaktmotors beliebt, jedoch auch für besonders starke Rostanfälligkeit berüchtigt. Zudem war der Š100 aufgrund des relativ kleinen Kofferraums (250 l im vorderen und 120 l hinter den umklappbaren Rücksitzen) nur begrenzt familientauglich, und ein Kombimodell wurde nicht produziert.
Technik und Aufbau
Der längs im Heck eingebaute, wassergekühlte Reihenvierzylindermotor mit Aluminiumdruckgussgehäuse, aber Grauguss-Zylinderkopf hat eine kettengetriebene, seitliche Nockenwelle und zwei hängende Ventile pro Zylinder. Ein Jikov-Fallstromvergaser mit Choke bereitete das Gemisch auf. Der Motor leistet 30 kW (41 PS), nach Modellpflege (noch 1976) mit Bomoro-Türschloßsystem 31 kW (42 PS) und treibt die hinteren Räder an. Das Getriebe hat eine lange Übersetzung, war vollsynchronisiert und hat vier Gänge.
Mit dem 100er Motor beschleunigt das Fahrzeug von 0 auf 100 km/h in 24 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 125 km/h, der Verbrauch bei maximal 9,2 Litern pro 100 Kilometer.
Die selbsttragende Karosserie aus Stahlblech hat vier Türen. Sie erhielt vom Werk aus eine Tauchbadphosphatierung als Rostschutz. Die Vorderräder waren einzeln an ungleich langen Doppelquerlenkern aufgehängt, die hinteren an einer Pendelachse mit Schubstreben. Fahrbahnunebenheiten wurden durch Schraubenfedern vorne und hinten mit Teleskopstoßdämpfern ausgeglichen. Das Lenkgetriebe des Kraftfahrzeugs arbeitet mit Spindel und Mutter. Hinten wird das Fahrzeug durch Trommel-, vorne durch Scheibenbremsen der Marke Dunlop abgebremst. Die Originalreifengröße ist 155 SR 14.
Der Wendekreis des Fahrzeugs ist elf Meter. Das Leergewicht beträgt 805 Kilogramm, die Zuladung 395 Kilogramm. Der Tank fasst 32 Liter Treibstoff. Eine Drehstrom-Lichtmaschine versorgt das Fahrzeug mit Elektrizität. Die elektrische Anlage hat wie beim Vorgängermodell eine Spannung von 12 Volt.[6]
Bezeichnung | Typ | Bauzeit | Produzierte Fahrzeuge | Karosserie | Motor |
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100/100 L | Typ 722 | 1969–1976 | 217.767 | 4-türige Limousine | 988 cm³, 35 kW (48 SAE-PS) |
110 L | Typ 717 | 1969–1976 | 219.864 | 4-türige Limousine | 1107 cm³, 39 kW (53 SAE-PS) |
110 LS | Typ 719 | 1971–1976 | 40.057 | 4-türige Limousine | 1107 cm³, 45,5 kW (62 SAE-PS) |
120 S/120 S Rallye | Typ 728 | 1971–1974 | 100 | 4-türige Sport-Limousine | 1174 cm³, 38–88 kW (52–120 PS) |
Einzelnachweise
- Preisliste der Mototechna aus dem Jahr 1972.
- Tschechoslowakische Motor-Revue 9/73
- skoda-auto.com: The first Škoda 100/110 produced forty years ago (Memento vom 17. August 2009 im Internet Archive)
- tschechoslowakische motor-revue Heft 8/74
- Werner Oswald, Kraftfahrzeuge der DDR, 2. Auflage (2000)
- Karsten Rehmann: Der Berg ruft. Test NSU 1000 C / Škoda 100 / VW 1302 S. In: Autozeitung Classiccar 2/2013. S. 16–27.
- Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt, ist auf volle 100 Euro gerundet und bezieht sich auf den vergangenen Januar.
- auto motor und sport Heft 16/1974 vom 3. August 1974