Iljuschin Il-28

Die Iljuschin Il-28 (russisch Ильюшин Ил-28, NATO-Codename: Beagle) war ein sowjetisches zweistrahliges Frontbombenflugzeug der Zeit des Kalten Krieges. Vom Konstruktionsbüro Iljuschin entwickelt, wurde es von den staatlichen Flugzeugwerken in Moskau, Irkutsk, Omsk und Woronesch in großer Stückzahl produziert. Die Il-28 stand außerhalb der Sowjetunion unter anderem in Afghanistan, Ägypten, Albanien, der ČSSR, der DDR, in Finnland, Indonesien, Nigeria, Polen, Rumänien und Ungarn im Dienst. In China wurde sie ab 1971 ebenfalls in großer Anzahl als Harbin H-5 in Lizenz gefertigt. Dieses Muster befindet sich in der Luftwaffe von Nordkorea immer noch im Einsatz, in Rumänien war es das Flugzeug bis 2001. Eine Weiterentwicklung mit der Bezeichnung Il-30 wurde vor ihrem Erstflug eingestellt.

Iljuschin Il-28

Iljuschin Il-28R
Typ:Mittelschwerer Bomber
Entwurfsland:

Sowjetunion 1923 Sowjetunion

Hersteller: Iljuschin
Erstflug: 8. Juli 1948[1]
Indienststellung: 1950
Produktionszeit:

1950 bis Ende der 1960er Jahre

Stückzahl: über 6700
Monument mit Iljuschin Il-28 in Tokmok, Kirgisistan

Entwicklung

Erste Entwürfe existierten seit dem Frühjahr 1947. Vorläufermodell war die Il-24, die wiederum auf der Il-22 basierte. Der erste Prototyp startete am 8. Juli 1948, geflogen von Wladimir Kokkinaki, zum Erstflug und war mit zwei britischen Rolls-Royce Nene-Turbinen ausgestattet. Am 30. Juli begann offiziell die Werkserprobung und nach der staatlichen Erprobung vom Februar bis April 1949 begann im selben Jahr der Serienbau.[2] Die ersten Exemplare erhielten noch das RD-45F-Triebwerk, welches jedoch bald durch das leistungsstärkere Klimow WK-1 ersetzt wurde. Am 8. Juli 1951 wurde die Il-28 auf der Luftparade auf dem Flugplatz Tuschino öffentlich vorgestellt.[3] Die Sowjetunion stellte von 1951 bis 1955 6316 Stück her,[4] davon den größten Teil (65 %) im Moskauer Werk Nr. 30 „Snamja Truda“. Die restliche Produktion wurde in den Werken Nr. 39 in Irkutsk (7 %), Nr. 64 in Woronesch (15 %) und Nr. 166 in Omsk (12 %) durchgeführt. Ein kleiner Teil entstand im während des Krieges nach Kuibyschew evakuierten Werk Nr. 1.[5] Der Typ wurde von 1950 bis 1964 in den unterschiedlichsten Varianten eingesetzt. Allein 1955 befanden sich 6100 Il-28 im Bestand der sowjetischen Streitkräfte.[6] Ab 1963 wurde sie von der Jak-28 abgelöst.[7] In der DDR wurden mit diesem Typ die Pirna-014-Triebwerke des ersten deutschen Nachkriegspassagierflugzeuges 152 getestet. Die Turbine befand sich dabei unter dem Rumpf und die drei dafür verwendeten Flugzeuge trugen ein ziviles Kennzeichen.

Beschreibung

Schulversion Il-28U

Die Il-28 ist ein freitragendes Ganzmetallflugzeug mit einem kreisförmigen Rumpfquerschnitt. Hinter dem Pilotensitz befinden sich fünf selbstabdichtende Kraftstofftanks. Der Navigator sowie der Pilot sind mit Schleudersitzen ausgestattet, der Heckschütze nicht. Die ungepfeilten Tragflächen sind in Schulterdecker-Anordnung mit dem Rumpf verbunden und weisen eine negative Pfeilform der Flügelhinterkante auf. Das Leitwerk ist ebenfalls freitragend, jedoch gepfeilt. Das Bugrad ist doppelt bereift und wird in den Rumpf eingezogen, während die einfach bereiften Haupträder mit einer Spurbreite von 7,40 m nach einer 90°-Drehung in die Triebwerksgondeln einfahren. Der Kraftstoffvorrat von 7908 l wird in drei Rumpf- und zwei Flächentanks mitgeführt.

Versionen

BezeichnungMerkmale
Il-28UAusführung für die Pilotenschulung. Das verglaste Cockpit des Navigators wurde dabei durch einen vollverkleideten Bug ersetzt; hinter der Kabine für den Fluglehrer befand sich die Normalkabine für den Schüler. Erstflug des Prototyps am 18. März 1950.
Il-28RAufklärungsversion mit drei bis fünf Reihenbildgeräten AFA 32/20 und 12 bis 18 Leucht- oder Blitzbomben FOTAB-50-35 sowie zusätzlichen Tanks im Bombenschacht. Einige Maschinen erhielten auch ein Radom unter dem Rumpf. Das Fahrwerk besaß größere Räder. Im Gegensatz zur Normalausführung erhielt die Il-28R nur eine statt zwei 23-mm-Kanonen im Rumpfbug. Erstflug am 19. April 1950.
Il-28TAb 1950 gebaute Torpedovariante mit um 2,20 m verlängertem Bombenschacht und zwei Flügelendtanks mit je 333 l. Eingesetzt wurde sie von den sowjetischen Seefliegerkräften.
Il-28SModifizierung mit Klimow-WK-5-Triebwerken und um 35° gepfeilten Tragflächen. 1949/50 erprobt, jedoch nicht in Serie gebaut.
Il-28SASpezialversion zur Untersuchung der Erdatmosphäre. SA steht für Sondirowschtschik Atmosfery, Atmosphärischer Beobachter.
Il-20
(Il-28P)
Eine unbewaffnete Ausführung, die ursprünglich von der Aeroflot zur Schulung von Zivilpiloten auf Strahlflugzeuge verwendet wurde. Später dann als Post- und Frachtmaschine auf der Strecke Moskau Swerdlowsk Nowosibirsk eingesetzt.
Harbin H-5
(BT-5)
Chinesischer Lizenzbau der Il-28 mit dem Heckstand des chinesischen Bombers H-6 (Tu-16). H steht für Hongshai, Bomber.
Harbin HJ-5Chinesische Lizenzversion der Il-28U. HJ steht für Hongshai Jiaoliani, Schulungsbomber.
Harbin HZ-5Chinesische Lizenzversion der Il-28R. HZ steht für Hongshai Zenchai, Bomber/Aufklärer.
Harbin HD-5Chinesische Version zur elektronischen Kriegsführung. HD steht für Hongshai Dian, Bomber/Elektronik.

Technische Daten

Risszeichnung der Il-28
Ägyptische Il-28U
KenngrößeIl-28Il-28U
KonzeptionFrontbombenflugzeugSchulflugzeug
Besatzung3
Länge17,65 m
Spannweite21,45 m
Höhe6,70 m
Flügelfläche60,80 m²
Flügelstreckung7,6
Leermasse12.890 kg12.500 kg
Startmasse normal 21.200 kg
maximal 23.200 kg
normal 17.000 kg
maximal 21.000 kg
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe 800 km/h
in 4.500 m Höhe 902 km/h
in 4.500 m Höhe 910 km/h
Marschgeschwindigkeit770 km/h700 km/h
Landegeschwindigkeit185 km/h
Steiggeschwindigkeit15 m/s
Gipfelhöhe12.500 m12.200 m
Steigzeit 6,5 min auf 5.000 m Höhe
21 min auf 10.000 m Höhe
18 min auf 10.000 m Höhe
Reichweite2180 km2260 km
Triebwerke zwei Radial-Turbinenluftstrahltriebwerke Klimow WK-1
mit je 26,46 kN Startschub
Startstrecke875–965 m500 m
Landestrecke960–1170 m400 m

Bewaffnung

Zwillingslafette in Drehkuppelturm mit 2 × 23-mm-Maschinenkanonen NR-23

Rohrbewaffnung zur Selbstverteidigung

  • 2 × 23-mm-Maschinenkanonen NR-23 starr im Bug hinter der Verglasung eingebaut. Jede MK verfügte über 80 Granaten an Munition. Die MK wurden über Visier auf Sicht abgefeuert.
  • 1 × Zwillingslafette in Drehkuppelturm mit 2 × 23-mm-Maschinenkanonen NR-23 im Heckstand IL-K-10. Jede MK verfügte über 225 Granaten an Munition. Die MK wurden über Visier vom Heckschützen auf Sicht abgefeuert.

Abwurfwaffen

Waffenzuladung bis maximal 3000 kg in einem internen Bombenschacht

Ungelenkte Bomben
  • 12 × FAB-100 (100-kg-Freifallbombe)
  • 8 × FAB-250M-46 (250-kg-Freifallbombe)
  • 2 × FAB-500M-46 (500-kg-Freifallbombe)
  • 1 × FAB-3000M-46 (3000-kg-Freifallbombe)
  • 1 × FAB-1500M-46 (1500-kg-Freifallbombe)
  • 1 × nukleare Freifallbombe
Torpedos (nur Il-28T)
  • 2 × 45-56NT-Torpedo (450 mm, akustisch gesteuert mit Elektro-Propellerantrieb)
  • 2 × RAT-52-Torpedo (450 mm, akustisch gesteuert mit Raketenantrieb)
Gelenkte Bomben
  • 1 × UB-2F „Tschaika“ (funkferngelenkte 2240-kg-Bombe)

Nutzerstaaten

Daten aus[8][9]

Literatur

  • Rudolf Höfling: Iljuschin. Flugzeuge seit 1933. Motorbuch, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-613-03604-8.
  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge. Transpress, Berlin 1989, ISBN 3-344-00391-7.
  • Wolfgang Zähle: Jetbomber Iljuschin II-28. (Titelgeschichte) In: FliegerRevue X Nr. 80 von 2019, S. 84–99
Commons: Iljuschin Il-28 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wilfried Kopenhagen: Der Bomber Il-28. In: Flieger Revue Nr. 1/1997, S. 42
  2. Michael Normann: Kampfflugzeuge der NVA. Motorbuch, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-613-04168-4, S. 162.
  3. Karl-Heinz Eyermann, Wolfgang Sellenthin: Die Luftparaden der UdSSR. Zentralvorstand der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, 1967. S. 37.
  4. Ulf Gerber: Das große Buch der sowjetischen Luftfahrt 1920–1990. Entwicklung, Produktion und Einsatz der Flugzeuge. Rockstuhl, Bad Langensalza 2019, ISBN 978-3-95966-403-5, S. 452.
  5. Gerber, S. 605, 610, 612/613 und 621.
  6. Gerber, S. 453 und 456.
  7. Gerber, S. 461.
  8. Trade Register auf sipri.org, abgerufen am 19. August 2021
  9. The International Institute for Strategic Studies (IISS): The Military Balance 1980–1981. Routledge, 1980, ISBN 0-85368-197-X.
  10. Manfred Meyer: Die Flugzeuge der DDR. Alle Typen, alle Daten, alle Fakten in 300 Zeichnungen. Bild und Heimat, Berlin 2013, ISBN 978-3-86789-439-5, S. 44
  11. Lutz Freundt (Hrsg.): MiG, Mi, Su & Co. Sämtliche Militär-Flugzeuge und -Hubschrauber der DDR. Aerolit, Diepholz 2002, ISBN 3-935525-07-9, S. 113
  12. Detlef Billig, Manfred Meyer: Flugzeuge der DDR. Typenbuch Militär- und Zivilluftfahrt. I Band bis 1962. TOM Modellbau, Friedland 2002, ISBN 3-613-02197-8, S. 162 und 189.
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