Iljuschin Il-86
Die Iljuschin Il-86 (russisch Ильюшин Ил-86, NATO-Codename: Camber) war das erste Großraumflugzeug, das in der damaligen UdSSR entwickelt wurde. Die Entwicklung der Il-86 wurde 1971 vorgestellt, zum 24. September 1979 nahmen die ersten Maschinen den Liniendienst auf.
Iljuschin Il-86 | |
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Iljuschin Il-86 der Armavia | |
Typ: | Vierstrahliges Großraumflugzeug |
Entwurfsland: | |
Hersteller: | OKB Iljuschin, Werk Nr. 64 Woronesch[1] |
Erstflug: | 22. Dezember 1976 |
Indienststellung: | 1980 |
Produktionszeit: | 1976 bis 1997 |
Stückzahl: | 106 |
Geschichte
Über die Entwicklung ist nur sehr wenig bekannt, da in der Sowjetunion nur wenige Informationen veröffentlicht wurden. Der Programmstart der Il-86 wurde 1971 auf der Pariser Luftfahrtschau bekanntgegeben. Die Entstehung zog sich aber in die Länge und nach dem Erstflug des ersten Prototyps am 22. Dezember 1976 dauerte es noch bis zum 24. September 1979, ehe die ersten Maschinen in den Liniendienst überstellt wurden.
Eigentlich sollte die Maschine eine Triebwerksanordnung ähnlich der Il-62 bekommen, aber die daraus resultierende schlechte Handhabung und das hohe Gewicht der Zelle ließen die Ingenieure davon Abstand nehmen. So wurde die Il-86 auch das erste Verkehrsflugzeug der Sowjetunion mit Strahltriebwerken unter den Tragflächen. Als Triebwerke kommen die eigens für diesen Flugzeugtyp entwickelten Kusnezow NK-86 zum Einsatz, die eine Weiterentwicklung des Kusnezow NK-8 sind.
Der erste Prototyp wurde 1976 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Erstflug des Prototyps mit dem Kennzeichen CCCP-86000 fand am 22. Dezember 1976 mit den Testpiloten E. Kusnezow und G. Wolochow, dem Bordingenieur I. Jakimez, dem Navigator W. Schetkin und dem Bordelektriker A. Stepanow statt.[2] Das erste für den Luftverkehr bestimmte Flugzeug hob am 24. Oktober 1977 ab, zuvor war im Juni des Jahres eine Il-86 auf der Pariser Luftfahrtschau erstmals gezeigt worden.[3] Im Dezember 1980 wurde der Zivilverkehr aufgenommen. Bei der Entwicklung und Produktion war das polnische PZL-Mielec-Werk einbezogen. Von dort stammen die Flügelvorklappen, das Leitwerk, die Triebwerksträger und die Heckflosse. Die Produktion fand ausschließlich im Werk Nr. 64 in Woronesch statt[1] und endete 1994, nachdem mehr als 100 Maschinen fertiggestellt waren.
Einzig die damals sowjetische Aeroflot setzte die Flugzeuge ein. Zeitweise wurde die eigentlich nicht für Langstreckenflüge gedachte Il-86 auch für Verbindungen nach Kuba, in die USA und nach Kanada genutzt, wobei eine Zwischenlandung eingelegt wurde, was zu dieser Zeit nur durch fehlende Konkurrenz machbar war. Dies änderte sich abrupt, als Aeroflot und Pan Am 1988 vereinbarten, diese Strecke nonstop mit der Boeing 747 zu fliegen. Mit der Bestellung einiger Airbus A310 durch Interflug und kurz darauf auch Aeroflot endete jede Hoffnung, dieses Baumuster exportieren zu können. Umso erstaunlicher war eine Bestellung von drei Flugzeugen 1993 durch China Xinjiang Airlines.
Aufgrund ihrer Geräuschentwicklung sind die Il-86 bereits seit den frühen 2000ern in den meisten westlichen Ländern mit einem Flugverbot belegt, weshalb sie nur noch in den GUS-Staaten von dortigen Fluggesellschaften eingesetzt werden. Zwischenzeitlich gab es mehrfach Pläne, die vier Kusnezow NK-86-Triebwerke durch wesentlich leisere und auch effizientere Turbofans aktueller Bauarten zu ersetzen.[4]
Über die Planungsphase kamen solche Ansätze jedoch nicht hinaus. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ab 2008 wurden entsprechende Pläne dann obsolet – weltweite Rückgänge der Passagierzahlen und ein drastisch gestiegener Kerosinpreis führten allgemein zur Abstellung vieler vierstrahliger Flugzeuge, selbst aktueller westlicher Muster – selbst die Produktion des modernen Airbus A340 wurde in dieser Phase eingestellt. Für die Il-86 bedeutete dies das Ende. Letzter ziviler Betreiber war Atlant-Soyuz Airlines, die im Jahr 2011 den Betrieb einstellen musste.
Einzig von den Russischen Luftstreitkräften werden weiterhin einige Maschinen im Kommunikationsbereich als Iljuschin Il-80 verwendet.[5]
Der am ehesten von Reichweite und Kapazität vergleichbare und ähnlich alte Airbus A300 war in gewisser Weise ein Vorbild für die Konstrukteure, die dem Flugzeugtyp auch den Beinamen „Aerobus“ gaben.[6] Der mit nur zwei (größeren) Triebwerken ausgestattete A300 wurde etwa zur gleichen Zeit als Passagiermaschine ausgemustert. Alle anderen Großraumflugzeuge dieser Art verfügen über eine mehr als doppelt so große Reichweite, so auch der Nachfolger Iljuschin Il-96.
Varianten
- Die Il-86 ist die Basisvariante. Ein Flugzeug wurde speziell für die staatliche Fluggesellschaft Rossija als Präsidentenmaschine umgebaut
- Die Il-80/Il-86/Il-87 sind drei Flugzeuge, die zu fliegenden Gefechtsständen für den Fall eines Nuklearkrieges umgebaut wurden. Auch als Il-86WKP (für Воздушный командный пункт, Wosduschny komandny punkt) bezeichnet.
- Die Il-86D war ein Versuchsflugzeug für die Entwicklung der Iljuschin Il-96
Besonderheiten
Die Il-86 verfügt auf dem Unterdeck über drei Passagiertüren mit ausfahrbaren Treppen. Die Passagierkabine auf dem Hauptdeck kann vom Unterdeck über breite Treppen erreicht werden. Somit ist die Passagierabfertigung auch ohne den Einsatz von Fluggastbrücken oder Gangways möglich.
Zwischenfälle
Bisher gab es zwei tödliche Zwischenfälle mit der Il-86:
- Am 8. März 1994 führte eine Boeing 737-24RC der indischen Sahara Airlines (VT-SIA) Testflüge am Indira Gandhi International Airport durch. Fünf Touch-and-Go-Anflüge erfolgten ohne besondere Vorkommnisse, beim sechsten neigte sich die Maschine plötzlich stark nach rechts und stürzte auf das Vorfeld des internationalen Terminals. Die brennenden Trümmer der Maschine rutschten gegen eine Iljuschin Il-86 der Aeroflot (RA-86119), welche daraufhin ebenfalls in Brand geriet. Bei dem Unfall starben alle vier Besatzungsmitglieder der Boeing, in der Iljuschin vier weitere Menschen sowie eine weitere Person auf dem Rollfeld (siehe auch Flugunfall am Flughafen Delhi 1994).[7]
- Am 28. Juli 2002 stürzte eine nur mit einer Crew besetzte Il-86 des Pulkovo Aviation Enterprise (RA-86060) kurz nach dem Start vom Flughafen Moskau-Scheremetjewo ab. Von den 16 Insassen kamen hierbei 14 ums Leben (siehe auch Pulkovo-Airlines-Flug 9560).[8]
Technische Daten
Kenngröße | Daten |
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Besatzung | 5 |
Passagierkapazität | 234 in drei Klassen, max. 350 |
Länge | 59,94 m |
Spannweite | 48,06 m |
Höhe | 15,81 m |
Flügelfläche | 320,00 m² |
max. Startmasse (MTOW) | 206.000 kg |
Triebwerke | 4 Kusnezow NK-86 mit je 127,5 kN |
Reisegeschwindigkeit | 900 km/h |
Höchstgeschwindigkeit | 950 km/h |
Reichweite | 5000 km |
Erstflug | 22. Dezember 1976 |
Erster kommerzieller Flug | 24. Dezember 1979 |
Anzahl der Exemplare | 103, davon noch ca. 4 im Dienst[9] |
Weblinks
Einzelnachweise
- Ulf Gerber: Das große Buch der sowjtischen Luftfahrt 1920–1990. Rockstuhl, Bad Langensalza 2019, ISBN 978-3-95966-403-5, S. 613.
- Flieger Revue 4/77, Rubrik „Flugzeugbau“, S. 141
- Ulrich Langer: Luftfahrtdaten 1977. In: Flieger-Jahrbuch 1979. Transpress, Berlin 1978, S. 166.
- Iljuschin-86 wird nach EU-Standards modernisiert. (Nicht mehr online verfügbar.) russlandonline.ru, 8. Juni 2006, archiviert vom Original am 27. September 2007; abgerufen am 2. Oktober 2019.
- nach World Air Forces 2013 (Memento vom 16. Dezember 2012 im Internet Archive) bei flightglobal.com, abgerufen am 27. Januar 2013
- Größerer Artikel dazu in: Aero 12/2008, Seite 32 ff.
- Unfallbericht Boeing 737-200 VT-SIA, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 23. Februar 2019.
- Unfallbericht IL-86 RA-86060, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 31. Juli 2019.
- Ilushin Il-86 production list. (Nicht mehr online verfügbar.) russianplanes.net, archiviert vom Original am 14. August 2010; abgerufen am 1. Mai 2012 (englisch).