Radom (Antennenkuppel)
Ein Radom (engl. radome, ein Kofferwort aus radar dome; Plural: Radoms oder Radome), auch Radarkuppel, ist eine geschlossene Schutzhülle, die Antennen für Messungen (z. B. Radarantennen) oder für Datenübertragungen (z. B. Richtfunkantennen) vor äußeren mechanischen und chemischen Einflüssen wie Wind oder Regen schützt.
Verwendung
Radoms finden sich an fest installierten Großradaranlagen (z. B. Flugsicherungsradar) und auf Schiffen. Kleinere Radoms kommen bei Richtfunkstrecken, bei Satellitenantennen auf Fahrzeugen oder kleinen Schiffen und auch für meteorologische Messgeräte zum Einsatz. Sie nehmen die Windlast von der (üblicherweise zwecks Nachführung beweglich ausgeführten) Antennenanlage und schützen auf Schiffen die Antennen gegen die korrosiven Einflüsse von Seewasser. Auch die Bugverkleidung von Flugzeugen, die in der Flugzeugnase ein Navigations- oder Wetterradar besitzen, wird Radom genannt.
Radoms halten insbesondere Witterungseinflüsse (Wind, Niederschläge) von den Antennen ab. Bei Flugzeugen müssen sie dem Luftwiderstand standhalten. Auf Marineschiffen schützen sie auch vor unerwünschtem Einblick. Antennenanlagen der Radioastronomie können genauer positioniert werden, wenn ein Radom den Einfluss von Wind abhält. Demgegenüber wird die zusätzliche Dämpfung durch die Radomhülle (materialabhängig etwa 1–2 dB) in Kauf genommen.
Für die Schutzhülle um ein Radar müssen Materialien verwendet werden, die für Funkwellen (kurzwellige elektromagnetische Wellen) besonders gut durchlässig sind. Sie sollen Strahlung möglichst wenig reflektieren, absorbieren, brechen, streuen oder deren Polarisation ändern. Materialien für Radome, die sowohl die erforderlichen mechanischen als auch elektrischen Eigenschaften erfüllen, sind im Wesentlichen glasfaserverstärkte Kunststoffe (organische Harze, wie z. B. Epoxy-Harze, Polycarbonate oder Polyethylenterephthalate[1]) für Anwendungen im niedrigeren Temperaturbereich und Keramiken (Aluminiumoxid, Berylliumoxid) für hohe Temperaturbeanspruchung. Für Sandwich-Kernschichten finden auch schaumstoffartige Materialien Verwendung.[2] Am Boden werden dazu in der Regel drei- bis sechseckige Elemente aus glasfaserverstärkten Kunststoffen genutzt, die dann zu einer selbsttragenden kugelartigen Form, oft einer geodätischen Kuppel zusammengefügt werden. Das erste Radom wurde 1941 aus Plexiglas für ein experimentelles S-Band Radar einer Douglas B-18A hergestellt.[3]
Gut geeignet sind auch Traglufthallen aus flexiblen Materialien. Sie erhalten ihre Form durch einen leichten Überdruck im Inneren und sind durch Druckschleusen zu betreten. Ihr Nachteil ist, dass diese Traglufthallen sich bei starkem Wind oder Sturm deformieren und somit die Hülle in den Bereich der sich drehenden Antenne gerät. Aus Sicherheitsgründen muss dann ab einer gegebenen Windgeschwindigkeit die Antennendrehung abgeschaltet werden, um Schäden an der Antenne zu vermeiden.
Ein Radom kann auch benutzt werden, um die darin befindliche Antennenanlage zu verbergen. Äußere Beobachter können dann nicht auf die technische Einrichtung im Inneren schließen. Gerade militärische Einrichtungen werden häufig von Radoms optisch geschützt (Bsp. Großer Arber, das tieferliegende Radom für den ehemaligen Funkhöhenmesser).
Das weltweit größte Radom, das der Fraunhofer-Gesellschaft (vormals FGAN), steht im kleinen Dorf Werthhoven in der Gemeinde Wachtberg.
Trotz der meist hellen Färbung der Radoms entstehen durch Sonneneinstrahlung und der Abwärme der beherbergten Systeme innerhalb des Radoms Temperaturen, die durch Zwangsbelüftung oder Klimaanlagen auf ein für Mensch und Technik erträgliches Maß reduziert werden müssen.
Radoms in Europa
Deutschland
- Radom Raisting, Antenne 1 der Erdfunkstelle Raisting, Denkmal
- Fernsehturm Müggelberge, Berlin-Köpenick
- Alter Fernsehturm am Brocken (Radar, seit ≈1995 als Ersatz für den Antennenträger)
- Die ehemalige US-amerikanische Abhöranlage und Flugüberwachungsstation auf dem Teufelsberg in Berlin (insgesamt 5 Kuppeln); einige Kuppeln wurden danach zeitweise für zivile Flugsicherungsradar-Anlagen verwendet
- Einige Radoms der zivilen Flugsicherung, u. a.
- Nahbereichsradare auf größeren Flughäfen, z. B. Radarkuppel auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof
- Bundeswehr-Radarstationen:
- auf der Wasserkuppe (Rhön, Landkreis Fulda), siehe auch Fulda Gap (errichtet Ende der 1950er Jahre durch die US Air Force und der französischen Armée de l’air, 1979 als Standort eines NATO-Radars durch die Bundeswehr übernommen) mittlerweile Kulturdenkmal und öffentlich zugänglich
- weitere in Nord- und Mitteldeutschland: bei Putgarten (Rügen), Auenhausen (NRW), Cölpin und Elmenhorst (Mecklenburg), Döbern (Brandenburg), Nobitz-Gleina (Thüringen)
- in Süddeutschland: am Großen Arber (höchster Gipfel des Bayerwaldes) und nördlich von Freising in Haindlfing (Oberbayern)[4]; auf dem Weichenwang bei Meßstetten (Schwäbische Alb) und nördlich Bad Mergentheim-Löffelstelzen (Württemberg)
- Weitere Bundeswehr-Radarstationen, u. a. in der Mercator-Kaserne in Euskirchen (NRW), beim Einsatzführungsbereich 2 Erndtebrück (NRW), und Radarstellung bei Brekendorf (Hüttener Berge, Schleswig-Holstein)
- Frühere Radarstationen am Erbeskopf (Rheinland-Pfalz) und bei Brakel-Auenhausen (NRW, ehem. britische Radarzentrale)
- Radom der Bad Aibling Station
- Ionosphäreninstitut in Rheinhausen-Niederhausen (Breisgau). Abhöranlage des BND[5][6] 48° 15′ 30,6″ N, 7° 42′ 2,8″ O
- Sternwarte Bochum
- Radom Wachtberg (NRW), Experimentalradar des Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik
- Radoms des Deutschen Wetterdienstes auf einigen seiner 16 Wetterradar-Anlagen, u. a. Putbus auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern), Flechtdorf in Nordhessen, bei Dreieich-Offenthal und auf dem Feldberg (Schwarzwald)
- BND-Anlage in der Hohensaaß bei Hof
- Egelsbach Transmitter Facility
Österreich
- drei zivile Großraum-Flugsicherungsradare der Austro Control (Leiser Berge (NÖ), Feichtberg (OÖ) und Koralpe (Ktn))
- Nahbereichsradare von Flughäfen (Wien und Salzburg)
- vier Weitbereichsradare Goldhaube des Bundesheeres (Niederösterreich, Salzburg, Kärnten)
- weitere lokale Radarstationen
- Radoms der Satellitenstation Graz-Lustbühel (Steiermark)
- Radoms einiger Wetterdienste und Sternwarten
Schweden
- Radarturm in Bromma, Flugüberwachung beim Flughafen Stockholm/Bromma, wegen seines Aussehens auch „der Golfball“ genannt.
Schweiz
- Radarstation der Flugüberwachung Skyguide, oberhalb von Boppelsen ZH auf der Lägern (Teil des Jura; schmaler Höhenrücken zwischen Baden und Dielsdorf in den Schweizer Kantonen Aargau und Zürich)
- Hagenturm auf dem Randen bei Merishausen im Kanton Schaffhausen
- Wetterradare von MeteoSwiss auf der Dôle, auf dem Albis, auf dem Monte Lema, auf der Pointe de la Plaine Morte (seit Winter 2013/2014) und seit Ende 2016 auch auf dem Weissfluhgipfel.[7]
Frankreich
Der Radom von Pleumeur-Bodou mit seinen Einrichtungen wurde für die Übertragungen der ersten “Telstar”-Satelliten 1961 gebaut (erste Übertragung am 11. Juli 1962). Die Gegenstation war in den USA in der Stadt Andover (Maine).
Der Radom hat eine Höhe von 50 m und besteht aus einer 2 mm dicken Hülle aus Dacron. Die überdeckte Fläche beträgt ca. 10.000 Quadratmeter (und würde damit Platz für den Triumphbogen in Paris bieten).
Im Inneren des Radom befindet sich eine dreh- und schwenkbare Hornantenne (54 m lang, 30 m hoch, Masse 340 t) für die Frequenz von 137 MHz. Empfangene Signale wurden direkt an der Antenne mit tiefgekühlten Verstärkern vorverstärkt und weiteren Stufen zugeführt.
Heute befindet sich auf dem Gelände ein Kommunikations-Museum. Der Radom kann besucht und die Antenne besichtigt werden. Im Radom finden auch Filmvorführungen statt. Der Radom steht unter Denkmalschutz.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Florian Pfeiffer: Analyse und Optimierung von Radomen für automobile Radarsensoren. 1. Auflage. Cuvillier, Göttingen 2010, ISBN 978-3-86955-333-7.
- Erwin Baur: Einführung in die Radartechnik. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-663-01400-3, S. 43 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- D. J. Kozakoff: Analysis of Radome-enclosed Antennas. Artech House, 2010, ISBN 978-1-59693-442-9, S. 3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Christian Magerl: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl Windenergieanlagen und Radar. (PDF; 26 kB) S. 1, abgerufen am 16. Juni 2011.
- Erich Schmidt-Eenboom, Schnüffler ohne Nase: Der BND – die unheimliche Macht im Staate, Econ Verlag, 3. Auflage, 1993, S. 227, Bundestagsdrucksache: BTD 11/7669 vom 13. August 1990
- Patrik Müller: BND-Horchposten in Rheinhausen erlaubt erstmals Einblicke, Badische Zeitung, 11. Februar 2015
- Das Schweizer Wetterradarnetz. Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, 29. November 2016, abgerufen am 23. März 2017.
Besucherinformationen des "Parc du Râdome" Pleumeur-Bodou/Bretagne