Buch Nehemia
Das Buch Nehemia (auch 2. Buch Esra) ist ein Buch im jüdischen Tanach und im christlichen Alten Testament der Bibel.
Ketuvim (Schriften) des Tanach |
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Sifrei Emet (poetische Bücher) |
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חמש מגילות – Megillot (Festrollen) |
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Übrige |
Gliederung und Inhalt
Seit dem Mittelalter wird das Buch Nehemia in 13 Kapitel unterteilt.
- Kap. 1: Nehemia in Susa (Persien)
- Kap. 2,1–7,3: Reise Nehemias nach Jerusalem und Wiederaufbau der Stadtmauer
- Kap. 7,4–72: Namenslisten
- Kap. 8–10: Verlesung der Tora durch Esra, Bußgebet und Verpflichtung des Volkes
- Kap. 11–12: Namenslisten
- Kap. 12,27–43: Weihe der Stadtmauer
- Kap. 13: Reformen Nehemias
Hauptthemen des Buches sind der Wiederaufbau der Mauer und der Stadt Jerusalems unter dem Statthalter Nehemia sowie die Verlesung der Tora durch den Schriftgelehrten Esra und die daran anschließenden Reformen während der achämenidischen Herrschaft in Juda (Jehud).
Zusammenhang mit dem Buch Esra
Das Buch Nehemia ist in der Hebräischen Bibel ein integraler Teil des Buches Esra–Nehemia, und auch in der Septuaginta gehören beide Teile zusammen. In der Vulgata wurde Nehemia allerdings als „Zweites Buch Esra“ bezeichnet und damit von dem „Ersten Buch Esra“ abgetrennt. Später hat man diesen zweiten Teil nach Nehemia benannt, so dass Buch Esra nun nur noch den ersten Teil des Buches bezeichnet. Dass es sich bei Esra–Nehemia ursprünglich um ein einziges Buch gehandelt hat, belegen nicht nur sämtliche mittelalterlichen hebräischen und griechischen Handschriften, sondern das bezeugen auch Josephus, der Talmud und Hieronymus. Evangelische und moderne hebräische Bibeln enthalten jedoch im Gefolge der Vulgata zwei Bücher, benannt nach ihren Hauptpersonen: Esra und Nehemia. Auf jeden Fall hängen beide Bücher eng zusammen; Esra tritt in beiden Teilen auf. Zu den verschiedenen Zählweisen weiterer mit dem Namen Esra verbundenen Bücher siehe die Liste biblischer Bücher#Geschichtsbücher.
Die erzählte Reihenfolge der Ereignisse in den Büchern Esra und Nehemia stimmt nicht mit der durch andere antike Quellen bekannten Reihenfolge der persischen Könige überein. Im griechischen 3. Esra ist der Text deshalb teilweise anders angeordnet. Ein besonderes Problem bildet die Frage, welcher der persischen Könige, die den Namen Artaxerxes trugen, an den verschiedenen Stellen in Esra–Nehemia jeweils gemeint ist. Der Wechsel von Ich- und Er-Berichten, von hebräischen und aramäischen Abschnitten, von Erzählungen, Berichten, Listen und Gebeten dürfte mindestens zum Teil auch mit der Verwendung älterer Teilvorlagen zu erklären sein.
Autorschaft und Einordnung
In der modernen historisch-kritischen Forschung werden seit Martin Noth die Bücher Esra–Nehemia häufig als Teil eines auch 1./2. Chronik umfassenden „chronistischen Geschichtswerks“ verstanden.[1] In jüngerer Zeit wird diese These seltener vertreten, weil die Unterschiede zwischen Esr–Neh einerseits und Chronik andererseits stärker betont werden.[2] Das Buch Esra–Nehemia kann nicht vor 400 v. Chr. verfasst worden sein, wobei die Meinungen auseinandergehen, ob mit einer Entstehung noch in der persischen oder erst in der hellenistischen Periode (nach den Feldzügen Alexanders des Großen) gerechnet werden darf.[1] Vermutet wird zudem, dass der Autor bzw. die Autoren oder Endredaktoren des Nehemiabuches auf umfangreiche Quellenschriften, z. B. die in Neh 1,1 erwähnte sog. Nehemiaquelle oder -denkschrift und die sog. Esraquelle (Neh 8–10), zurückgreifen konnten und das auch getan haben.[3] Die Authentizität dieser Quellen wird allerdings zunehmend in Frage gestellt, was wiederum Auswirkungen auf die Datierung hat.[4]
- Zeitspanne der erzählten Zeit (Esra–Nehemia): 538–430 v. Chr. (108 Jahre)
- Datierung (Zeit der Niederschrift): 4. Jahrhundert v. Chr. (oder später)[5]
Historischer Kontext
Die Zeit Esras und Nehemias war eine Zeit gewaltiger philosophischer Strömungen und Umbrüche, die bekannte Denker, Philosophen und Religionsstifter hervorbrachte. Bekannte ungefähre Zeitgenossen waren: Buddha, Konfuzius, Sokrates, Plato, Aristoteles. Esra als Erneuerer und teilweise sogar als Schöpfer des Judentums, wie wir es heute kennen, passt gut in diese Reihe hinein.
„Ein sehr starker Faktor ist die Überlebens-Leidenschaft, die dieses Volk [die Juden] beherrscht und es tatsächlich hat überleben lassen. Die ganze Gesetzgebung von Esra und Nehemia hat kein anderes Ziel, und sie war, weiß Gott, erfolgreich.“
Die Person Nehemia
Nehemia (hebräisch נְחֶמְיָה neçämjah, deutsch ‚Jah hat getröstet‘; in der Septuaginta: Νεεμιας Neëmias) war ein babylonischer Jude. Wenn die Datierung in Neh 5,14 sich, wie meist angenommen, auf Artaxerxes I. bezieht und historisch zuverlässig ist, wurde Nehemia, der zunächst Mundschenk des Königs in der achämenidischen Residenzstadt Susa gewesen sein soll, im Jahr 444 v. Chr. zum Statthalter der persischen Provinz Jehud ernannt. Nehemia sorgte dafür, dass die Stadtmauern von Jerusalem wieder aufgebaut wurden und entwarf eine Reform der religiösen Vorschriften. Für die Durchsetzung der Reformen sorgte der Priester Esra. Zentrale Aspekte seiner Reform waren die Einhaltung des Sabbat, das Verbot, „fremde“ Frauen zu heiraten, und die Erhebung des Zehnten.
Siehe auch
- Artaxerxes I.
- Sukkot (Laubhüttenfest)
- Jerusalemer Tempel
Literatur
- Klaus Grünwaldt: Nehemia. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 564–573.
- U. Kellermann: Nehemia. Quellen, Überlieferung und Geschichte. Berlin 1967.
- Werner H. Schmidt: Einführung in das Alte Testament. 3. Auflage, Berlin 1985.
- Klaus-Dietrich Schunck: Nehemia (Biblischer Kommentar Altes Testament XXIII/2), Neukirchen-Vluyn 2009.
Weblinks
- Das Buch Nehemia (Neh 1 ) in verschiedenen Übersetzungen online lesen und vergleichen auf Bibleserver.com (z. B. Einheitsübersetzung, Luther 1984, Rev. Elberfelder und Neues Leben Bibel), auch andere Sprachen.
- Thomas Hieke: Nehemia. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Thomas Hieke: Esra-Nehemia-Buch. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
Einzelnachweise
- W. H. Schmidt: Einführung in das AT, S. 162.
- Antje Labahn: Chronistisches Geschichtswerk (ChrG). In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff..
- W. H. Schmidt: Einführung in das AT, S. 163–164.
- Thomas Hieke Esra-Nehemia-Buch (WiBiLex), Abschnitt 2.2. Mögliche Quellen für Esra-Nehemia.
- Zur Datierung des Esra-Nehemia-Buches in WiBiLex