Elsbeere
Die Elsbeere (Sorbus torminalis)[1] ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Mehlbeeren (Sorbus) in der Subtribus Kernobstgewächse (Pyrinae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae).
Elsbeere | ||||||||||||
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Elsbeere (Sorbus torminalis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Sorbus torminalis | ||||||||||||
(L.) Crantz |
Beschreibung
Erscheinungsbild und Blatt
Die Elsbeere ist ein sommergrüner Laubbaum, der Wuchshöhen von 15 bis 25 Metern, im Wald manchmal über 30 Meter erreicht. Die Borke ist bei älteren Bäumen häufig asch-grau und kleinschuppig. Man kann die Borke der Elsbeere leicht mit einer Eichenrinde verwechseln.
Die wechselständig an den Zweigen angeordneten, einfachen Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der Blattstiel ist 2,5–5 Zentimeter lang. Die Blattspreite ist bei einer Länge von 5 bis 11 Zentimetern im Umriss eiförmig bis verkehrt-eiförmig. Der Blattrand ist spitz gelappt und ungleich gesägt, die Anzahl der Lappen beträgt drei bis fünf. Die Herbstfärbung der Laubblätter ist orange-rötlich.
- Habitus einer älteren Elsbeere
- Elsbeere mit Herbstlaub
- Winterknospen
- Blattunterseite
- Laubblatt im Herbst
Generative Merkmale
Die Blütezeit liegt zwischen Mai und Juli. Die zwittrigen, fünfzähligen Blüten sind weiß und bilden aufrechte, lockere und feinhaarige, vielblütige Schirmrispen. Die geöffneten Blütenstände verströmen einen Geruch.
Die ledrigen, kahlen, zweifächrigen und zwei bis viersamigen Apfelfrüchte (Scheinfrucht) mit der Kelchhöhlung an der Spitze, sind bei einer Größe von bis etwa 1,5–1,9 Zentimetern verkehrt-eiförmig bis rundlich; sie sind erst olivgrün, dann rötlich, später dann bräunlich mit hellen Punkten. Die abgeflachten, eiförmigen, rot-braunen und matten Samen sind bis 7–8 Millimeter lang.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34 oder 68.[2]
- Laubblätter und Blütenstand mit Blütenknospen
- Laubblätter und Blütenstände
- Blüte
- Quergeschnittene Blüte
- Fruchtstand
Ökologie
Bei der Elsbeere handelt es sich um einen mesomorphen, skleromorphen Nanophanerophyten oder Phanerophyten.[1] Eine vegetative Vermehrung erfolgt durch Wurzelsprosse. Sie ist ein Tiefwurzler. Manche Elsbeeren-Exemplare werden bis zu einhundert Jahre alt, in seltenen Fällen werden sie auch älter. Die Früchte erfahren eine Verdauungs- und Bearbeitungsausbreitung. Die Fruchtreife beginnt ab Oktober.
Die Jungbäume haben ein geringes Lichtbedürfnis, während ausgewachsene Bäume zur Entwicklung viel Licht benötigen,[3] aber schattentolerant sind. Die Verbreitung der Elsbeere war vielerorts mit der Niederwaldwirtschaft verknüpft. Es wurde vermutet, dass der regelmäßige Hieb die Voraussetzungen zur Verjüngung der Bestände verbesserte.[4]
Ein häufiger natürlicher Konkurrent ist die Buche, welche als hochwachsende Schattbaumart die Elsbeere verdrängen kann.[5]
Die Elsbeere ist eine Raupen-Wirtspflanze für die Pfeileule, die Trapezeule, den Rotbuchen-Gürtelpuppenspanner und den Gelbspanner.
Vorkommen
Das Hauptverbreitungsgebiet liegt in Mittel- und Südeuropa. Weitere Vorkommen sind in Asien und vereinzelt in Nordafrika anzutreffen. Das nördlichste Verbreitungsgebiet in Europa findet man in Dänemark. Die Elsbeere gehört wie auch der Speierling zum mittel- bis südeuropäischen Florenraum.[6]
Die Elsbeere wächst meist an wärmeren Lagen, südlich exponierten Hängen und Gebirgskämmen. Sie wird als Halblichtbaumart bezeichnet und verträgt in ihrer Jugend eine Beschattung recht gut. Sie ist eine Charakterart der pflanzensoziologischen Ordnung Quercetalia pubescenti, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Carpinion, Quercion roboris oder des Unterverbands Cephalanthero-Fagenion vor.[2] Seit einigen Jahren wird die Elsbeere wieder verstärkt angepflanzt, auch in Norddeutschland und im südlichen Skandinavien.[7]
In Deutschland findet man Elsbeerbestände in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, im südöstlichen Mecklenburg-Vorpommern, im südwestlichen und südöstlichen Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern (hier vor allem im wärmeren Mainfranken), Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Allerdings dominiert die Elsbeere in keiner Waldgesellschaft, sie tritt einzeln oder in Gruppen auf. Die damals höchste bekannte Elsbeere der Welt mit 35 Metern Höhe stand am Hengstberg östlich Groß Lengden in Süd-Niedersachsen,[8] bis sie im Februar 2017 durch Sturm zerbarst.[9]
Im Auftrag der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wurden im Rahmen des Projekts Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener Baumarten in Deutschland in den Jahren von 2010 bis 2013 die Vorkommen von zehn seltenen heimischen Baumarten in den deutschen Wäldern ermittelt. Von der Elsbeere wurden 80.000 Individuen erfasst, vor allem in Südwest- und Mitteldeutschland. Rund die Hälfte der deutschen Elsbeeren wächst in Franken.[10]
Solitärbäume außerhalb des Waldes sind in Deutschland – im Gegensatz etwa zu Österreich – sehr selten. Es sind nur rund ein Dutzend solcher Feld-Elsbeeren bekannt, darunter diejenige bei Weißenkirchen in Oberbayern und die Elsbeere am Ortsrand von Ripsdorf bei Blankenheim in der Eifel, ebenso das Exemplar innerhalb einer unter Naturschutz stehenden Baumgruppe in Marienrode. In Österreich gibt es einige sehr hohe Bäume in der Nähe von Brand-Laaben und Neulengbach im Wienerwald sowie in Stössing.
Systematik
Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Crataegus torminalis durch den schwedischen Naturforscher Carl von Linné in seinem Werk Species Plantarum.[11] Die Neukombination zu Sorbus torminalis (L.) Crantz wurde 1763 durch den deutschen Botaniker Heinrich Johann Nepomuk von Crantz veröffentlicht.[12][13][14] Das Art-Epitheton torminalis bedeutet „Leibschmerzen lindernd“. Weitere Synonyme für Sorbus torminalis (L.) Crantz ist Pyrus torminalis (L.) Ehrh., Sorbus orientalis Schönb.-Tem., Sorbus torminalis var. orientalis Gabr.[14]
Trivialnamen
Die Elsbeere hat im Laufe der Jahrhunderte viele Namen erhalten, wie beispielsweise den Namen Ruhrbirne, da die Früchte ein bekanntes Mittel gegen die Ruhr waren. Weiterhin werden oder wurden auch die Trivialnamen Alzbeere, Adlerbeere, Adlitzbeere, Atlasbaum, Atlasbeere, Arisbeere, Arlesbeere, Arlkirsche, Darmbeere, Els-Vogelbeere, Elzbeere, Elze, Frauenbeeri, Krause Else, Sauerbirl, Schöne Else, Schweizer Birnbaum und Wilder Sperber(baum) verwendet.
Verwendung
Das Holz der Elsbeere ist eines der härtesten europäischen Hölzer. Es ist zerstreutporig, der Kern wird normalerweise nicht farblich abgesetzt. Es arbeitet und wirft sich beim Trocknen sehr, ist zäh und gleichzeitig elastisch. Wegen seiner Ähnlichkeit zur Birne wird Elsbeere zusammen mit anderen Sorbus-Arten (Speierling, Mehlbeere, Vogelbeere) unter der Handelsbezeichnung Schweizer Birnbaum verkauft. „Schweizer Birnbaum“ wurde von vielen (europäischen) Herstellern (u. a. Aristo, Faber-Castell, Albert Nestler Zeichentechnik) für die Herstellung hochwertiger hölzerner Rechenschieber verwendet.[15]
Das Holz erzielt manchmal bei passender Nachfrage hohe Preise, ist im frischen Zustand hell mit samtiger Oberfläche (Seidenholz) und dunkelt rötlich nach. Das Furnier wird für die Möbelschreinerei verwendet. Das Holz findet weiterhin Anwendung im Holzblasinstrumentenbau.
Die kleinen, apfelartigen Früchte sind essbar, jedoch adstringierend. Erst wenn sie überreif oder gekocht sind, ist das Tannin abgebaut. Überreife Früchte sind bei Vögeln sehr beliebt. Deshalb ist es wichtig, die Früchte rechtzeitig zu ernten. Dies muss von Hand erfolgen, die Früchte sind nicht schüttelbar.
Besonders im Elsass wird aus den Früchten der Elsbeere unter dem französischen Namen Alisier ein im Geschmack dem Schlehenschnaps ähnlicher Schnaps hergestellt. In Österreich nennt er sich neben Elsbeerenbrand auch Adlitzbeerenschnaps (dial. Oadlatzbeerschnaps). Die Ausbeute ist allerdings sehr gering: Für 2 Liter Schnaps benötigt man 100 Liter Maische.[16] In Österreich wird der Elsbeerenbrand mit der Heimat in Niederösterreich auch im Register der Traditionellen Lebensmittel geführt.[17] Der Wiesenwienerwald, eine Region im westlichen Wienerwald, wo die Elsbeere auch zu verschiedenen Produkten wie Marmelade oder Honig verarbeitet oder beigegeben wird, wird touristisch und kulinarisch unter der Marke Wiesenwienerwald Elsbeere vermarktet.[18]
Die Elsbeere hat durch die rote Herbstfärbung einen hohen Zierwert.
Sonstiges
Theologen des Kirchlichen Forschungsheims in der Lutherstadt Wittenberg kürten 1999 als ihren Beitrag zum damaligen Lutherin-Jahr die Elsbeere zum Lutherin-Baum. Sie hatten herausgefunden, dass Martin Luthers Frau Katharina von Bora besonders gern Elsbeeren aß und Luther in einem Brief seinen Freund Johannes Agricola darum gebeten hatte, ihm für seine Frau die von ihr heißbegehrten Früchte aus Eisleben mitzubringen. Als Pendant zur berühmten Luthereiche in Wittenberg pflanzten sie vor ihrem Institut eine Elsbeere als Lutherin-Baum und machten unter anderem mit einem zweisprachigen Schild darauf aufmerksam. Dem Beispiel folgend pflanzte 2001 auch die Umweltgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Unna-Lünern zu ihrer Luthereiche einen Lutherin-Baum.
Am 19. März 2011 pflanzte der Verein Trinkwasserwald e. V. in Kooperation mit der Deutschen Bank bei Idstein-Eschenhahn im Taunus (Hessen) eine tropfenförmige Anpflanzung aus 300 Elsbeeren. Mit der Aktion sollte auf den Weltwassertag am 22. März aufmerksam gemacht werden.[19]
Baum des Jahres
In Deutschland wurde die Elsbeere für das Jahr 2011[20] und in Österreich für 2012 zum Baum des Jahres gewählt.[21]
Literatur
- Barbara Cornelissen: Luther-Eiche, Lutherin-Baum, Luther-Rose – Die Umweltgruppe der Lünerner Kirche hält Traditionen wach. In: Naturreport – Jahrbuch der Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e.V. Band 7, Unna 2003, S. 89–93, ISBN 3-9803244-6-8.
- Wedig Kausch-Blecken von Schmeling: Die Elsbeere. Bovenden 1994, ISBN 3-88452-925-0. (PDF; 38,6 MB)
- Wedig Kausch-Blecken von Schmeling, Thomas Kellner: Die Elsbeere. Stiftung Landesbank Baden-Württemberg: Natur und Umwelt, Stuttgart 2006 (Naturschutz im Kleinen. Nr. 27)
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
Einzelnachweise
- Sorbus torminalis (L.) Crantz, Elsbeere. FloraWeb.de
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 506.
- Pflanzenportrait Eine seltene Schönheit - Die Elsbeere im Porträt. In: Nabu.de. Abgerufen im Januar 2022
- Patrick Pyttel: Dendroökologische und Schadensuntersuchungen an Elsbeere (Sorbus torminalis L) im Bundesforstamt Baumholder (Rheinland-Pfalz) - Freiburger Beiträge zur Elsbeerforschung. GFH Freiburg, Informationen aus Forschung und Lehre Nr. 27, Januar 2013. In: Waldbau.Uni-Freiburg.de
- Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen der Flaum-Eiche (Quercus pubescens), der Elsbeere (Sorbus torminalis) und des Speierlings (Sorbus domestica) in Deutschland - Untersuchungen zur Elsbeere, Endbericht 8. März 2013, Abschnitt 5.3, Seite 77. In: Genres.de. Abgerufen im Januar 2022
- Sorbus torminalis, Wild service tree auf EUFORGEN
- Das teuerste Holz aus deutschen Wäldern. (welt.de vom 19. September 2011)
- Göttinger rettet „Schöne Else“ vorm Aussterben (Göttinger Tageblatt vom 28. Oktober 2010)
- Britta Eichner-Ramm: Thomas legte Else flach. In: Göttinger Tageblatt. 4. April 2017, S. 16.; textlich identische Onlineausgabe vom 3. April 2017, abgerufen am 4. April 2017
- Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) Abgerufen am 6. August 2017.
- Carl von Linné: Species Plantarum. 1, 1753, S. 476.
- Heinrich Johann Nepomuk von Crantz: Stirpium Austriarum Fasciculus 2, 1763, S. 45.
- Sorbus torminalis im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
- Sorbus torminalis bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis Abgerufen am 5. November 2015.
- Die Elsbeere, Baum des Jahres 2011. Abgerufen am 6. April 2011.
- Naturwald gleich um die Ecke (PDF; 2,6 MB) Gemeinde Rabenstein an der Pielach abgerufen am 5. Februar 2011
- Elsbeerenbrand. Eintrag Nr. 32 im Register der Traditionellen Lebensmittel des österreichischen Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.
- Wiesenwienerwald Elsbeere. Eintrag Nr. 74 im Register der Traditionellen Lebensmittel des österreichischen Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.
Wiesenwienerwald Elsbeere beim Verein Genuss Region Österreich. - Deutsche-Bank-Mitarbeiter pflanzen 300 Bäume (mit Video)
- Webseite baum-des-jahres.de Baum des Jahres
- Webseite elsbeere.at abgerufen am 10. Februar 2012.
Weblinks
- Elsbeere. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Sorbus torminalis (L.) Crantz In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 5. November 2015.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Zeitschrift Corminaria.
- Projekt Förderung seltener Baumarten, darin: Merkblatt als PDF-Datei.
- Elsbeeren und Speierlinge – Erhaltung wertvoller Baumarten in Nordrhein-Westfalen. (PDF-Datei)
- Stefan Müller-Kroehling und Christine Franz: Elsbeere und Speierling in Bayern. Bemühungen um ihren Erhalt, Anbau, Waldbau und Holzverwertung. (PDF; 8,0 MB)
- Stefan Müller-Kroehling und Christian Kölling: Hochadel unter Waldbäumen: Die »Schöne Else« – LWF-aktuell 80
- Die Elsbeere bei der Stiftung Wald in Not. (PDF; 366 kB)
- Koni Häne: Die Elsbeere (Sorbus torminalis) – die kostbare Unbekannte. bei waldwissen.net.
- Datenblatt mit Fotos.