Europäische Hopfenbuche
Die Europäische Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia), auch Gemeine Hopfenbuche genannt, ist eine Laubbaum-Art aus der weltweit acht bis zehn Arten umfassenden Gattung der Hopfenbuchen in der Familie der Birkengewächse (Betulaceae).
Europäische Hopfenbuche | ||||||||||||
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Europäische Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ostrya carpinifolia | ||||||||||||
Scop. |
Namen
Der Gattungsname Ostrya bezeichnete schon im Altgriechischen (ostrya) wie im Lateinischen (ostrya) die Hopfenbuche. Das Wort ist dem griechischen Wort für die Rotbuche, oxys, ähnlich. Beide Bezeichnungen werden auf óstreon = Auster zurückgeführt, da das Holz wie die Austernschalen sehr hart ist.[1] Das Artepitheton carpinifolia bedeutet hainbuchenblättrig und spielt auf die Blätter der Hopfenbuche an, die denen der Hainbuche sehr ähnlich sind.
Der deutsche Name Hopfenbuche deutet im ersten Teil auf die Blütenstände hin, die denen des Hopfens ähnlich sehen, im zweiten Teil auf das allgemeine Erscheinungsbild, da dieses besonders der Hainbuche recht ähnlich ist.
Beschreibung
Habitus
Die Europäische Hopfenbuche ist ein sommergrüner Laubbaum. Sie wird meist bis 15 Meter hoch, selten bis 20 Meter. Der Stammdurchmesser erreicht bis zu 0,5 Meter. Typisch für die Hopfenbuche ist die tief ansetzende Krone. In der Jugend ist sie mehr kegelförmig, später offen. Die Hopfenbuche ist eine raschwüchsige Art, wird jedoch selten älter als 100 Jahre.
Holz und Rinde
Ihre Rinde ist am jungen Baum glatt und grau bis graubraun; später wird sie tiefbraun und rissig und löst sich in eckigen Platten ab; unter den abfallenden Platten zeigen sich häufig orangebraune Flecken.
Das Holz ist schwer, zäh und hart. Ungetrocknet hat es eine Dichte von 0,9 bis 1,1 g cm−3, trocken 0,77 g cm−3. Bei Trocknung kommt es zu Rissbildung, da die Schwindung hoch ist. Das Stammzentrum ist kernähnlich, hell- bis dunkelbraun gefärbt, vom Splint jedoch nur sehr undeutlich abgegrenzt. Generell kann das Holz leicht mit dem der Hainbuche verwechselt werden.
Knospen und Blätter
Die Knospen sind spitzkegelförmig und stehen von der Achse ab. Sie sind grün mit braunen Flecken, glänzend und klebrig. Die Triebe sind rotbraun bis braun und stark behaart; sie weisen orange erhabene Lentizellen auf.
Die Blätter sind zweizeilig angeordnet und eilänglich. Der Blattstiel ist fünf bis acht Millimeter lang und weich behaart. Die Spreite ist sieben bis neun Zentimeter lang und drei bis fünf Zentimeter breit, mit der größten Breite in der unteren Hälfte. Die Spreitenbasis ist abgestutzt bis abgerundet oder leicht herzförmig und meist asymmetrisch. Der Spreitenapex ist spitz bis zugespitzt. Der Blattrand ist scharf doppelt gesägt. Die Zähne sind zur Spitze hin gekrümmt und am Rand leicht umgerollt. Jede Spreitenhälfte hat 14 bis 16 sekundäre Blattadern. Im Gegensatz zur Hainbuche besitzt die Hopfenbuche deutlich sichtbare Tertiäradern. Die Blattoberseite ist glänzend dunkelgrün, fast kahl und drüsenlos. Die Unterseite ist hellgrün und – besonders bei jungen Blättern – dicht mit ungestielten Drüsen besetzt. Die Adern sind mit anliegenden, steifen Haaren versehen. Im Herbst färben sich die Blätter gelb.
Blüten und Früchte
Hopfenbuchen sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die männlichen Blütenstände erscheinen bereits im Herbst des Vorjahres und überwintern als geschlossene Kätzchen. Zur Blütezeit im April/Mai strecken sich die Kätzchen auf sechs bis acht Zentimeter Länge und sind dann vier bis sechs Millimeter breit. Die Deckblätter sind rund drei Millimeter lang, blassgrün, dicht bewimpert und mit einer rotbraunen Spitze versehen. Jede Blüte besitzt vier bis zehn Staubblätter, die das Deckblatt nicht oder kaum überragen. Die Staubbeutel haben an der Spitze einen Haarschopf, die Staubfäden sind zweiteilig.
Die weiblichen Kätzchen sind vier bis sechs Zentimeter lang, endständig und vielblütig. Sie stehen bis zur Blüte senkrecht, danach hängen sie. Die Blüten besitzen nur ein unscheinbares Perigon, sind aber von einer sackartigen Hülle umgeben. Die Blüten stehen zu zweit in den Achseln hinfälliger Tragblätter. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind.
Der Fruchtstand ähnelt den weiblichen Blütenständen des Hopfens. Er ist zapfen- bis eiförmig, bis sechs Zentimeter lang und 1,5 bis drei Zentimeter dick. Die Fruchthülle entsteht aus den miteinander verwachsenen Vorblättern und ist dicht behaart. Sie ist anfangs eiförmig bis flachgedrückt und gelblich-weiß, später aufgeblasen und braun. In der Fruchthülle befindet sich eine Nuss, die klein, braun und glänzend ist. Die Fruchtreife erfolgt zwischen August und Oktober.
Chromosomenzahl
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 16.[2]
Verbreitung
Das Areal der Europäischen Hopfenbuche umfasst weite Teile des Mittelmeergebiets und die submediterrane Zone der Alpen. Es reicht von der Provence nach Osten über die südlichen Alpen weiter über Kroatien und Serbien bis Bulgarien. Im Süden reicht das Areal von Korsika über Sardinien, Italien, Sizilien nach Griechenland (ohne Kreta). Im Osten umfasst das Areal Kleinasien bis zum Taurus, dem Kaukasus und dem Libanon.
In Mitteleuropa ist die Hopfenbuche am Südrand der Alpen und einzeln in den Zentralalpen vertreten. Sie dürfte in der nacheiszeitlichen Wärmeperiode hierher eingewandert sein. Sie kommt vereinzelt in der Mittel- und Untersteiermark vor, in den Tälern Südkärntens, weiters in Südtirol, im Krainer Karst, bei Triest und in Istrien, sowie vereinzelt im Tessin und in den südalpinen Tälern Graubündens.
In der Vergangenheit war die Hopfenbuche in Südeuropa häufiger. Der Rückgang wird auf übermäßige Holznutzung zurückgeführt.
Ökologie
Die Hopfenbuche ist eine submediterrane bis mediterrane Art. Sie benötigt ein sommerwarmes, wintermildes und niederschlagsreiches Klima. Sie kommt in Gebieten mit einer mittleren Jahrestemperatur von 12,5 bis 15,5 °C und einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 1200 bis 1450 Millimeter vor.
Sie wächst bevorzugt auf felsigen, kalkreichen (aber auch auf Silikat) Unterhanglagen. Im Nordrand ihrer Verbreitung, in Mitteleuropa, wächst sie bevorzugt an trockenen Kalk-Südhängen der collinen bis untermontanen Höhenstufe. In den Karawanken wächst sie bis maximal 900 m, während sie ansonsten bis 1300 m steigt.
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 2 (schattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[3]
Soziologie
Die Hopfenbuche ist ein typischer Vertreter der submediterranen Laubmisch-, Karst- und Buschwälder. Hier ist sie vergesellschaftet mit Flaumeiche (Quercus pubescens), Manna-Esche (Fraxinus ornus), Feld-Ahorn (Acer campestre), Französischem Ahorn (Acer monspessulanum), Steinweichsel (Prunus mahaleb), Filz-Steinmispel (Cotoneaster tomentosus), Gewöhnlicher Felsenbirne (Amelanchier ovalis), Wolligem Schneeball (Viburnum lantana) u. a.
In Mitteleuropa kommt sie vor allem im Hopfenbuchen-Mannaeschenwald (Ostryo-carpinifoliae-Fraxinetum orni Aichinger 1933) vor. Dieser besiedelt Standorte am Südabfall der Alpen auf skelettreichen, humusarmen Rendzinen über Kalkgestein. Er bildet meist einen lockeren Buschwald. Die Krautschicht ist oft artenreich, vorherrschend sind Erd-Segge (Carex humilis) und Walliser Schaf-Schwingel (Festuca valesiaca). Die bestandsbildenden Baumarten sind neben den namensgebenden Hopfenbuche und Manna-Esche die Flaum-Eiche. Da sie meist auf unzugänglichen Standorten wachsen, sind sie wenig gefährdet. Sie beherbergen viele seltene Tier- und Pflanzenarten. In Kärnten kommen etwa Sandviper und Smaragdeidechse vorwiegend in den Hopfenbuchen-Mannaeschenwäldern vor.[4]
Nutzung
Die Hopfenbuche verfügt über ein hohes Stockausschlagvermögen, daher ist sie häufig in der Brennholzgewinnung dienenden Nieder- und Mittelwäldern anzutreffen.
Das Holz lässt sich gut drechseln, fräsen und bohren. Es hat einen überaus hohen Abnutzungswiderstand, daher wird es für Möbel (besonders Stühle), Teile von Musikinstrumenten, Spulen, Walzen, Hämmer, Winkel, Spindeln und Kugeln verwendet.
Quellen
Literatur
- Dénes Bartha: Ostrya carpinifolia. In: P. Schütt et al. (Hrsg.): Lexikon der Forstbäume. Nikol, Hamburg 2006, S. 347–352, ISBN 978-3-937872-39-1
Einzelnachweise
- Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1996, ISBN 3-7643-2390-6, S. 446f. (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7).
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 312.
- Ostrya carpinifolia Scop. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 27. März 2021.
- Peter Merz: Pflanzenwelt Mitteleuropas und der Alpen. Nikol, Hamburg 2002, S. 102f. ISBN 3-933203-55-4