Bergulme
Die Bergulme (Ulmus glabra Huds., Syn.: Ulmus scabra Mill., Ulmus montana With.) ist ein großer Baum aus der Gattung der Ulmen (Ulmus) und gehört in die Familie der Ulmengewächse (Ulmaceae). Die Bergulme wurde 1992 zum Baum des Jahres gewählt.
Berg-Ulme | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Berg-Ulme (Ulmus glabra), Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ulmus glabra | ||||||||||||
Huds. |
Beschreibung
Die Bergulme wächst als sommergrüner Baum, sie erreicht Wuchshöhen von bis zu 40 Meter und Stammdurchmesser von bis zu 3 Meter. Ihre Knospen sind groß und behaart, ebenso die jüngeren Zweige. Die kurz gestielten Laubblätter der Bergulme sind, wie bei allen mitteleuropäischen Ulmenarten, asymmetrisch, veränderlich, doppelt gesägt, 8 bis 20 cm lang, größere Blätter sind oft dreispitzig. Sie sind verkehrt-eiförmig bis elliptisch und bespitzt bis zugespitzt, häufig mit 13 bis 20 Nervenpaaren, oberseits eher rau, unterseits kurzhaarig.[1]
Die Blütezeit reicht von März bis April.[2] Die Blüten stehen ungestielt an blattlosen Kurztrieben in kleinen knäueligen trugdoldigen Blütenständen. Die zwittrigen Blüten besitzen ein fünfspaltiges, meist grün-rotes Perigon.[2]
Die Fruchtreife reicht von April bis Mai.[2] Der oft länger grün bleibende Samen liegt in der Mitte der Frucht, umgeben von einem Flügel.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 28.[3][4]
- Zweig der Bergulme mit Laubblättern und Früchten
- Blüten der Bergulme
- Borke und Blätter einer alten Bergulme in Gotha
- Gegenüberstellung von Bergulme (unten) und Flatterulme (oben rechts) aus Hoffmann-Dennert, Botanischer Bilderatlas, nach dem natürlichen Pflanzensystem, 1911
Ökologie
Die Berg-Ulme kann bis 400 Jahre alt werden. Die Umtriebszeit in der Forstwirtschaft beträgt 120 bis 140 Jahre. Stamm und Äste werden mehrfach übergipfelt durch Seitensprosse (Verzweigung sympodial monochasial). Die Laubblätter ebenso wie die Seitenzweige sind zweizeilig angeordnet (Lichtschutz). Bei den Ulmen wird die Photosynthese im Frühjahr, bevor die Laubblätter erscheinen, schon von den blattartigen Flügeln der heranreifenden grünen Früchte übernommen.[2]
Bergulmen haben in der Jugend ein Pfahlwurzelsystem. Im Alter bildet sich ein Senkerwurzelsystem mit einer Tendenz zur Herzwurzel (viele Senker aus flach bis schräg streichenden Hauptwurzeln) aus. Die Wurzeln bilden eine Arbuskuläre Mykorrhiza aus, frühere Angaben über eine Ektomykorrhiza wurden nicht bestätigt.
Die Blütenknospen überwintern. Blütenökologisch handelt es sich um den „vorlaufend“, d. h. vor dem Laubaustrieb erscheinenden und windblütigen „Hängeblütigen Typ“. Reste von Pollenkitt, wie er für die Insektenbestäubung üblich ist, sind vorhanden.[2] Die Blüten sind streng vormännliche Zwitterblüten. Reste von Nektardrüsen produzieren am Grunde der Staubblätter Spuren von Nektar, so dass auch an dieser Stelle die prinzipielle Anlage zur Insektenbestäubung zu erkennen ist.[2] Der Pollen ist zudem eine wichtige Bienennahrung im Frühjahr. Die Blühfähigkeit der Bergulme beginnt nach 30 bis 40 Jahren.[2]
Die Flügelfrüchte sind Gleitflieger mit einer Sinkgeschwindigkeit von 0,67 m/s. Sie werden nur bei starkem Wind weit forttransportiert. Auch durch Wasserhaftung an Tieren ist Ausbreitung möglich.[2] Die frühe Fruchtreife wird durch die in den heranreifenden Früchten stattfindende Photosynthese ermöglicht. Die Samen sind Lichtkeimer, aber nur wenige Tage keimfähig.
Die Raupen folgender Schmetterlingsarten sind von der Bergulme als Nahrungsquelle abhängig (Auswahl):[5][6][7][8]
- C-Falter (Nymphalis c-album)
- Ulmen-Fleckenspanner (Abraxas grossulariata)
- Großer Rindenspanner (Hypomecis roboraria)
- Weißstirn-Weißspanner (Cabera pusaria)
- Ulmen-Zipfelfalter (Satyrium w-album)
- Bergulmen-Spanner (Venusia blomeri bzw. Discoloxia blomeri)
Vorkommen
Die Bergulme ist fast über ganz Europa verbreitet, von Mittelspanien, Italien und Südosteuropa bis Südskandinavien, von den Britischen Inseln bis zum Ural. Sie ist vom Tiefland bis in eine Höhenlage von etwa 1300 Metern anzutreffen. In den Allgäuer Alpen steigt sie bis zu einer Höhenlage von 1500 Metern auf.[9][10]
Die Berg-Ulme kommt zerstreut in Schluchtwäldern und schattigen Hangwäldern vor. Sie bevorzugt sickerfeuchte, nährstoff- und basenreiche, auch bewegte Lehm- und Tonböden. Nach Ellenbergs Zeigerwerten ist sie ein Mäßigwärmezeiger, ein Schwachsäure- bis Schwachbasezeiger, an stickstoffreichen Standorten wachsend und eine Verbandscharakterart der Linden-Ahorn- und Ahorn-Buchen-Mischwälder (Tilio platyphylli-Acerion pseudoplatani).[11]
Gefährdung
Das bekannte Ulmensterben wird durch den Schlauchpilz Ophiostoma ulmi verursacht. Er lebt in den Tracheen der jüngsten Jahresringe und regt zur Verthyllung an, die zur Verstopfung der Tracheen und damit zum Absterben des Baumes führt. Der Pilz wird durch einen Borkenkäfer, den Ulmensplintkäfer (Scolytus scolytus) übertragen, vor allem, wenn die Bäume – wie in Anpflanzungen an Straßen – ungünstige Standortbedingungen haben und eng beisammenstehen. Die Krankheit wird durch Grundwasserabsenkung deutlich gefördert. Erkrankte Äste (oder auch die ganzen Bäume) sollten sofort beseitigt werden.[2]
Verwendung
Auch als Alleebaum wird sie gepflanzt.[3] Mancherorts zählen Bergulmen zum Großgrün in städtischen Anlagen. Zahlreiche alte Bergulmen sind als Naturdenkmale geschützt, beispielsweise eine Bergulme in der Altstadt von Gotha (Lutherstraße).
Das elastische und zähe Holz der Berg-Ulme zeigt eine schöne Maserung. Es ist unter der Bezeichnung „Rüster“ im Handel und liefert vor allem Furnier für Möbel und den Innenausbau. Auch zum Drechseln wird es verwendet.[2] Das Kernholz der Bergulme ist blassbraun, das schön gezeichnete Holz wird oft auch als „Rüster“ bezeichnet.[1]
Trivia
Der älteste, dickste und größte Baum der Art in Europa war die „Bergulme am Grenzhammer“ im thüringischen Ilmenau, die 2015 einem Unwetter zum Opfer fiel. Nach bisherigen Erkenntnissen war sie die einzige, die gegen den Pilzbefall immun war, welcher durch den Ulmensplintkäfer hervorgerufen wird.[12]
Quellen
Literatur
- Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Die Enzyklopädie: über 1000 Blütenpflanzen Mitteleuropas. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10326-9.
Einzelnachweise
- Kurt Harz: Bäume und Sträucher. Blätter, Blüten, Früchte der heimischen Arten (= BLV-Naturführer). 12., durchgesehene Auflage. blv, München 2005, ISBN 3-405-15107-4.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 319.
- Ulmus glabra Huds. auf Tropicos.org, IPCN Chromosome Reports
- Die Bergulme als Schmetterlingspflanze bei FloraWeb
- Welt der Schmetterlinge (Memento vom 26. Juli 2019 im Internet Archive)
- Kleines ganz Groß-Schmetterlinge
- Schmetterlinge um Wildau und Berlin
- Ulmus glabra, Wych elm auf EUFORGEN
- Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 427.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
- Arne Martius: In Ilmenau steht die einzige resistente Bergulme Europas. In: Thüringer Allgemeine. 15. März 2014. Auf Thueringer-Allgemeine.de, abgerufen am 26. November 2019.
Weblinks
- Bergulme. FloraWeb.de
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Ulmus glabra. In: Info Flora (Das nationale Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora).
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants. 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran. (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Steckbrief bei www.baumkunde.de
- Steckbrief bei www.wald.de