Eisspeedway
Das Eisspeedway ist eine mit Motorrädern betriebene und zum Bahnsport zählende Wintersportart, die es seit etwa den 1920er-Jahren gibt. Sie entwickelte sich aus dem Wintertraining verschiedener Motorradwettkämpfe als eigenständige Sportart. Die Teilnehmer benutzen leichte Speedway-Maschinen, die auf die niedrigen Temperaturen und die besondere Glätte der Eisbahnen abgestimmt sind.
Geschichte
Eisspeedway diente schon frühzeitig als Wintertraining für Sandbahnrennen (Speedway) und Motocross. Der Beginn einer eigenständigen im Winter betriebenen Sportart ist nicht urkundlich belegbar. Als wahrscheinlicher Ursprung gilt die Erfindung in Russland 1924.[1] Als ein weiterer Ursprung wird die Benutzung von Motoren als Antrieb für Kufen oder für einen Sitz (während der Fahrer Skier trägt) angesehen, wie es manchmal als Showeinlage bei Wettkämpfen zu sehen ist.
In Russland ist Eisspeedway fast ein Massensport, weil durch das Klima beste natürliche Trainingsbedingungen vorhanden sind. 1997 waren dort beispielsweise 1 500 aktive Sportler registriert, die Russen dominieren deswegen die Wettkampfszene weltweit. Seit 1964 werden Weltmeisterschaften ausgetragen. Im Jahr 2004 beteiligten sich Fahrer aus 17 Ländern an den internationalen Wettkämpfen, außer Europa sind Australien und Neuseeland sowie die Mongolei und die USA vertreten. Obwohl in Deutschland nur wenige Fahrer diesen Sport betreiben (2001 etwa 50), gibt es seit 1994 deutsche Meisterschaften. Die Clubs haben anfangs Russen mit deutschen Fahrerlizenzen ausgestattet. Drei deutsche Orte sind im Eisspeedway aktiv: Inzell, Berlin und Steingaden.[2]
Obwohl es laut Regelwerk keine Geschlechtertrennung gibt, sind die meisten Teilnehmer männlich.
Die Zuständigkeit für das Regelwerk liegt bei der Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM).
Spezielle Eisspeedway-Maschinen
Die Fahrer benutzen robuste 500 cm³-Motorräder mit maximal 70 PS, weil fahrerisches Können und nicht eine hohe Leistung wichtig ist. Die am häufigsten verwendeten Motoren sind die tschechischen Jawa. Das Reglement lässt den Einsatz von Zweitaktern oder Viertaktern zu. Die Motorradchassis sind meistens Eigenkonstruktionen, bei denen Leichtbaustoffe wie Carbon oder Aluminium zum Einsatz kommen. Stehender Einbau der Motoren wird heute wegen der besseren Fahreigenschaften bevorzugt. Mit den Spezialmotorrädern werden durchschnittlich 90 km/h gefahren, auch Spitzenwerte von 140 km/h sind schon erreicht worden. Wegen des überwiegenden Eigenbaus erfolgt vor dem Start eine Prüfung auf Einhaltung der technischen Vorschriften und das Wiegen (Gewicht ca. 110 kg).
Die Reifen werden mit maximal 28 mm langen Spikes gespickt (Vorderrad 130, Hinterrad 75 bis 120; es sind auch bis zu 200 genannt worden[1]). Durch den enormen Halt der Spikes werden höchste Beschleunigungswerte auf der kurzen Strecke sowie die größten Schräglagen im Motorradsport erreicht. Beim Eisspeedway wird nicht gedriftet. Über beiden Rädern sind zum Schutz der anderen Fahrer stabile Rohrkäfige angebracht. Die Motorräder besitzen statt Bremsen Zündunterbrecher, die mit dünnen Schnüren am Handgelenk des Sportlers befestigt sind. Bei einem Sturz stehen die Motoren und auch die Antriebsräder somit sofort still. – Der Preis einer Rennmaschine lag im Jahr 2001 bei etwa 20.000 DM, davon entfallen allein auf das Fahrgestell etwa 6000 DM.
Anforderungen an die Sportarenen
Eisspeedway wird auf Natur- oder Kunsteisbahnen absolviert. Die Bahnlänge ist beliebig, als Standard sind jedoch 400 Meter-Eisovale beliebt. So dienen häufig Eisschnelllauf-Bahnen und zunehmend Eishallen als Austragungsorte. Für die einzelnen Bahnen werden Bahnrekorde geführt, die oft in gesonderten Läufen erzielt werden. Die erreichten Rundenrekordgeschwindigkeiten liegen um 100 km/h.
Besonders bekannt in Deutschland sind die jährlichen Eisspeedway-WM Läufe in der Max-Aicher-Arena in Inzell. Auch im berühmten norwegischen Olympia-Wikingerschiff-Eisstadion von Hamar fand schon ein Eisspeedway-Weltmeisterschafts-Grand Prix statt.
Im Gegensatz zu Grasbahn- oder Sandbahn-Strecken sind Eisspeedway-Areale zum Schutz für Fahrer und Zuschauer rundherum intensiv mit großen Polstern ausgestattet. Dieser Schutz kann aus Strohballen, Schaumstoffwürfeln oder losem Dämmmaterial bestehen und wird zunehmend auch bei Wettkämpfen im Sommer verwendet.
Eisspeedway-Wettbewerbe
Seit 1994 gibt es einen Grand-Prix-(GP)-Wettbewerb, der aus acht Läufen in verschiedenen Ländern besteht. Im Anfangsjahr wurde eine Serie davon in Berlin im Wilmersdorfer Eisstadion ausgetragen. In manchen Jahren gelten die GP-Kämpfe gleichzeitig als Weltmeisterschaftsläufe. Zur Jahreswende 1996 auf 1997 organisierte der Deutsche Gerd Sievers erstmals einen internationalen Vergleich unter dem Namen „Master of Spikes“. Dieser Einladungswettkampf der weltbesten Fahrer fand zu Beginn der Wintersaison in der Eisschnelllaufhalle in Berlin-Hohenschönhausen („Wellblechpalast“) statt. Die Teilnehmer hatten ein Startgeld zu zahlen und ermittelten in mehreren Läufen an zwei Tagen den schnellsten Fahrer, der den Titel „Master of spikes“ und ein gutes Preisgeld erhielt. Dieser Wettbewerb fand großen Anklang und wird seitdem einmal jährlich durchgeführt. Für den dreimaligen Gewinn des Mastertitels gibt es eine Sonderprämie.[3] – Der ADAC richtet seit 1998 in Unna ein Rennen „Aces on Ice“ aus. Die Teilnehmer kämpfen um den „Warsteiner Cup“. Außerdem gibt es hierbei ein Gespann-Rennen.[4] Eine Rennserie „Golden Spike“ lockt die Spidermen jährlich in die Veranstaltungsorte Flims (Schweiz), Assen (Niederlande), Divisov (Tschechien), St. Johann im Pongau (Österreich) sowie Steingaden und Erfurt (Deutschland)..[5]
Liste der Eisspeedway Weltmeister
Jahr | Austragungsort(e) | Weltmeister | Vizeweltmeister | Bronzemedaillengewinner |
---|---|---|---|---|
1966 | Moskau/Ufa (Serie über 2 Runden) | Gabrahman Kadyrov | Viktor Kuznetsov | Antonin Svab sen. |
1967 | Ufa/Moskau/Leningrad (Serie über 3 Runden) | Boris Samorodov | Vjatcheslav Dubinin | Vladimir Tsybrov |
1968 | Salavat/Ufa (Serie über 2 Runden) | Gabrahman Kadyrov | Vladimir Tsybrov | Boris Samorodov |
1969 | Inzell | Gabrahman Kadyrov | Juri Lambrodskij | Vladimir Tsybrov |
1970 | Nassjö | Antonin Svab sen. | Gabrahman Kadyrov | Kurt Westlund |
1971 | Inzell | Gabrahman Kadyrov | Vladimir Tschekushev | Milan Spinka |
1972 | Nassjö | Gabrahman Kadyrov | Antonin Svab sen. | Vladimir Paznikov |
1973 | Inzell | Gabrahman Kadyrov | Boris Samorodov | Vladimir Paznikov |
1974 | Nassjö | Milan Spinka | Vladimir Tsybrov | Gabrahman Kadyrov |
1975 | Moskau | Sergej Tarabanko | Vladimir Tsybrov | Sergej Kasakov |
1976 | Assen | Sergej Tarabanko | Milan Spinka | Conny Samuelsson |
1977 | Inzell | Sergej Tarabanko | Conny Samuelsson | Zdenek Kudrna |
1978 | Assen | Sergej Tarabanko | Anatoli Bondarenko | Analoli Gladychev |
1979 | Inzell | Anatoli Bondarenko | Vladimir Lioubitsh | Zdenek Kudrna |
1980 | Kalinin | Anatoli Bondarenko | Sergej Tarabanko | Vladimir Suchov |
1981 | Assen | Vladimir Lioubitsh | Vladimir Suchov | Analoli Gladychev |
1982 | Inzell | Sergej Kasakov | Per-Olov Serenius | Vladimir Subbotin |
1983 | Eindhoven | Sergej Kasakov | Anatoli Bondarenko | Erik Stenlund |
1984 | Moskau | Erik Stenlund | Vladimir Suchov | Juri Ivanov |
1985 | Assen | Vladimir Suchov | Jarmo Hirvasoja | Juri Ivanov |
1986 | Stockholm | Juri Ivanov | Vladimir Suchov | Erik Stenlund |
1987 | Berlin | Juri Ivanov | Vladimir Suchov | Vitaly Ruskich |
1988 | Eindhoven | Erik Stenlund | Juri Ivanov | Sergej Ivanov |
1989 | Alma Ata | Nikolai Nischenko | Juri Ivanov | Vladimir Suchov |
1990 | Göteborg | Jarmo Hirvasoja | Nikolai Nischenko | Sergej Ivanov |
1991 | Assen | Sergej Ivanov | Per-Olov Serenius | Michael Lang |
1992 | Frankfurt | Juri Ivanov | Antonin Klatovsky | Stefan Svensson |
1993 | Saransk | Vladimir Fadeev | Alexander Balashov | Michael Lang |
1994 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Alexander Balashov | Per-Olov Serenius | Vjatcheslav Nikulin |
1995 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Per-Olov Serenius | Alexander Balashov | Vjatcheslav Nikulin |
1996 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Alexander Balashov | Juri Polikarpov | Vjatcheslav Nikulin |
1997 | Assen | Kyril Drogalin | Alexander Balashov | Jari Ahlbom |
1998 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Alexander Balashov | Kyril Drogalin | Vjatcheslav Nikulin |
1999 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Vladimir Fadeev | Alexander Balashov | Vjatcheslav Nikulin |
2000 | Assen | Kyril Drogalin | Franz Zorn | Vladimir Fadeev |
2001 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Kyril Drogalin | Vladimir Fadeev | Vjatcheslav Nikulin |
2002 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Per-Olov Serenius | Vjatcheslav Nikulin | Juri Polikarpov |
2003 | Grand Prix Serie (3 Runden) | Vitali Khomitsevich | Günther Bauer | Vladimir Lumpov |
2004 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Dmitry Bulankin | Vitali Khomitsevich | Nikolai Krasnikov |
2005 | Grand Prix Serie (3 Runden) | Nikolai Krasnikov | Vitali Khomitsevich | Ivan Ivanov |
2006 | Grand Prix Serie (2 Runden) | Nikolai Krasnikov | Yunir Bazeev | Mikhail Bogdanov |
2007 | Grand Prix Serie (3 Runden) | Nikolai Krasnikov | Vitali Khomitsevich | Ivan Ivanov |
2008 | Grand Prix Serie (3 Runden) | Nikolai Krasnikov | Vitali Khomitsevich | Franz Zorn |
2009 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Nikolai Krasnikov | Daniil Ivanov | Franz Zorn |
2010 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Nikolai Krasnikov | Daniil Ivanov | Dmitry Khomitsevich |
2011 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Nikolai Krasnikov | Igor Kononov | Daniil Ivanov |
2012 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Nikolai Krasnikov | Daniil Ivanov | Dmitry Khomitsevich |
2013 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Daniil Ivanov | Dmitry Koltakov | Dmitry Khomitsevich |
2014 | Grand Prix Serie (4 Runden) | Daniil Ivanov | Dmitry Koltakov | Dmitry Khomitsevich |
2015 | Grand Prix Serie (5 Runden) | Dmitry Koltakov | Daniil Ivanov | Dmitry Khomitsevich |
2016 | Inzell | Dmitry Khomitsevich | Dmitry Koltakov | Daniil Ivanov |
Weblinks
Einzelnachweise
- Homepage zu Eisspeedway.
- [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://www.eisspeedway.org/ Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: [http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://www.eisspeedway.org/ Homepage zu Eisspeedway (2)]
- Info zu den 'Masters of Spikes'; abgerufen am 1. Juli 2009 (Memento vom 19. Oktober 2013 im Internet Archive)
- Motorsportclub Holzwickede mit Informationen zu Aces on Ice
- Eisspeedway in Südbayern (Memento vom 14. März 2009 im Internet Archive)