Eisspeedway

Das Eisspeedway ist eine mit Motorrädern betriebene und zum Bahnsport zählende Wintersportart, die es seit etwa den 1920er-Jahren gibt. Sie entwickelte sich aus dem Wintertraining verschiedener Motorradwettkämpfe als eigenständige Sportart. Die Teilnehmer benutzen leichte Speedway-Maschinen, die auf die niedrigen Temperaturen und die besondere Glätte der Eisbahnen abgestimmt sind.

Lauf zur Eisspeedway-Weltmeisterschaft 2010 in Innsbruck
Lauf zur Eisspeedway-Gladiators-Weltmeisterschaft 2013 in Sanok

Geschichte

Eisspeedway diente schon frühzeitig als Wintertraining für Sandbahnrennen (Speedway) und Motocross. Der Beginn einer eigenständigen im Winter betriebenen Sportart ist nicht urkundlich belegbar. Als wahrscheinlicher Ursprung gilt die Erfindung in Russland 1924.[1] Als ein weiterer Ursprung wird die Benutzung von Motoren als Antrieb für Kufen oder für einen Sitz (während der Fahrer Skier trägt) angesehen, wie es manchmal als Showeinlage bei Wettkämpfen zu sehen ist.

In Russland ist Eisspeedway fast ein Massensport, weil durch das Klima beste natürliche Trainingsbedingungen vorhanden sind. 1997 waren dort beispielsweise 1 500 aktive Sportler registriert, die Russen dominieren deswegen die Wettkampfszene weltweit. Seit 1964 werden Weltmeisterschaften ausgetragen. Im Jahr 2004 beteiligten sich Fahrer aus 17 Ländern an den internationalen Wettkämpfen, außer Europa sind Australien und Neuseeland sowie die Mongolei und die USA vertreten. Obwohl in Deutschland nur wenige Fahrer diesen Sport betreiben (2001 etwa 50), gibt es seit 1994 deutsche Meisterschaften. Die Clubs haben anfangs Russen mit deutschen Fahrerlizenzen ausgestattet. Drei deutsche Orte sind im Eisspeedway aktiv: Inzell, Berlin und Steingaden.[2]

Obwohl es laut Regelwerk keine Geschlechtertrennung gibt, sind die meisten Teilnehmer männlich.

Die Zuständigkeit für das Regelwerk liegt bei der Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM).

Spezielle Eisspeedway-Maschinen

Spikes an einem Hinterrad einer Eisspeedway Maschine, linke Seite

Die Fahrer benutzen robuste 500 cm³-Motorräder mit maximal 70 PS, weil fahrerisches Können und nicht eine hohe Leistung wichtig ist. Die am häufigsten verwendeten Motoren sind die tschechischen Jawa. Das Reglement lässt den Einsatz von Zweitaktern oder Viertaktern zu. Die Motorradchassis sind meistens Eigenkonstruktionen, bei denen Leichtbaustoffe wie Carbon oder Aluminium zum Einsatz kommen. Stehender Einbau der Motoren wird heute wegen der besseren Fahreigenschaften bevorzugt. Mit den Spezialmotorrädern werden durchschnittlich 90 km/h gefahren, auch Spitzenwerte von 140 km/h sind schon erreicht worden. Wegen des überwiegenden Eigenbaus erfolgt vor dem Start eine Prüfung auf Einhaltung der technischen Vorschriften und das Wiegen (Gewicht ca. 110 kg).

Die Reifen werden mit maximal 28 mm langen Spikes gespickt (Vorderrad 130, Hinterrad 75 bis 120; es sind auch bis zu 200 genannt worden[1]). Durch den enormen Halt der Spikes werden höchste Beschleunigungswerte auf der kurzen Strecke sowie die größten Schräglagen im Motorradsport erreicht. Beim Eisspeedway wird nicht gedriftet. Über beiden Rädern sind zum Schutz der anderen Fahrer stabile Rohrkäfige angebracht. Die Motorräder besitzen statt Bremsen Zündunterbrecher, die mit dünnen Schnüren am Handgelenk des Sportlers befestigt sind. Bei einem Sturz stehen die Motoren und auch die Antriebsräder somit sofort still. – Der Preis einer Rennmaschine lag im Jahr 2001 bei etwa 20.000 DM, davon entfallen allein auf das Fahrgestell etwa 6000 DM.

Anforderungen an die Sportarenen

Eisspeedway wird auf Natur- oder Kunsteisbahnen absolviert. Die Bahnlänge ist beliebig, als Standard sind jedoch 400 Meter-Eisovale beliebt. So dienen häufig Eisschnelllauf-Bahnen und zunehmend Eishallen als Austragungsorte. Für die einzelnen Bahnen werden Bahnrekorde geführt, die oft in gesonderten Läufen erzielt werden. Die erreichten Rundenrekordgeschwindigkeiten liegen um 100 km/h.

Besonders bekannt in Deutschland sind die jährlichen Eisspeedway-WM Läufe in der Max-Aicher-Arena in Inzell. Auch im berühmten norwegischen Olympia-Wikingerschiff-Eisstadion von Hamar fand schon ein Eisspeedway-Weltmeisterschafts-Grand Prix statt.

Im Gegensatz zu Grasbahn- oder Sandbahn-Strecken sind Eisspeedway-Areale zum Schutz für Fahrer und Zuschauer rundherum intensiv mit großen Polstern ausgestattet. Dieser Schutz kann aus Strohballen, Schaumstoffwürfeln oder losem Dämmmaterial bestehen und wird zunehmend auch bei Wettkämpfen im Sommer verwendet.

Eisspeedway-Wettbewerbe

Seit 1994 gibt es einen Grand-Prix-(GP)-Wettbewerb, der aus acht Läufen in verschiedenen Ländern besteht. Im Anfangsjahr wurde eine Serie davon in Berlin im Wilmersdorfer Eisstadion ausgetragen. In manchen Jahren gelten die GP-Kämpfe gleichzeitig als Weltmeisterschaftsläufe. Zur Jahreswende 1996 auf 1997 organisierte der Deutsche Gerd Sievers erstmals einen internationalen Vergleich unter dem Namen „Master of Spikes“. Dieser Einladungswettkampf der weltbesten Fahrer fand zu Beginn der Wintersaison in der Eisschnelllaufhalle in Berlin-Hohenschönhausen („Wellblechpalast“) statt. Die Teilnehmer hatten ein Startgeld zu zahlen und ermittelten in mehreren Läufen an zwei Tagen den schnellsten Fahrer, der den Titel „Master of spikes“ und ein gutes Preisgeld erhielt. Dieser Wettbewerb fand großen Anklang und wird seitdem einmal jährlich durchgeführt. Für den dreimaligen Gewinn des Mastertitels gibt es eine Sonderprämie.[3] – Der ADAC richtet seit 1998 in Unna ein Rennen „Aces on Ice“ aus. Die Teilnehmer kämpfen um den „Warsteiner Cup“. Außerdem gibt es hierbei ein Gespann-Rennen.[4] Eine Rennserie „Golden Spike“ lockt die Spidermen jährlich in die Veranstaltungsorte Flims (Schweiz), Assen (Niederlande), Divisov (Tschechien), St. Johann im Pongau (Österreich) sowie Steingaden und Erfurt (Deutschland)..[5]

Liste der Eisspeedway Weltmeister

Jahr Austragungsort(e) Weltmeister Vizeweltmeister Bronzemedaillengewinner
1966 Sowjetunion 1955 Moskau/Ufa (Serie über 2 Runden) Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Sowjetunion 1955 Viktor Kuznetsov Tschechien Antonin Svab sen.
1967 Sowjetunion 1955 Ufa/Moskau/Leningrad (Serie über 3 Runden) Sowjetunion 1955 Boris Samorodov Sowjetunion 1955 Vjatcheslav Dubinin Sowjetunion 1955 Vladimir Tsybrov
1968 Sowjetunion 1955 Salavat/Ufa (Serie über 2 Runden) Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Sowjetunion 1955 Vladimir Tsybrov Sowjetunion 1955 Boris Samorodov
1969 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Sowjetunion 1955 Juri Lambrodskij Sowjetunion 1955 Vladimir Tsybrov
1970 Schweden Nassjö Tschechien Antonin Svab sen. Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Schweden Kurt Westlund
1971 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Sowjetunion 1955 Vladimir Tschekushev Tschechien Milan Spinka
1972 Schweden Nassjö Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Tschechien Antonin Svab sen. Sowjetunion 1955 Vladimir Paznikov
1973 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov Sowjetunion 1955 Boris Samorodov Sowjetunion 1955 Vladimir Paznikov
1974 Schweden Nassjö Tschechien Milan Spinka Sowjetunion 1955 Vladimir Tsybrov Sowjetunion 1955 Gabrahman Kadyrov
1975 Sowjetunion 1955 Moskau Sowjetunion 1955 Sergej Tarabanko Sowjetunion 1955 Vladimir Tsybrov Sowjetunion 1955 Sergej Kasakov
1976 Niederlande Assen Sowjetunion 1955 Sergej Tarabanko Tschechien Milan Spinka Schweden Conny Samuelsson
1977 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Sergej Tarabanko Schweden Conny Samuelsson Tschechien Zdenek Kudrna
1978 Niederlande Assen Sowjetunion 1955 Sergej Tarabanko Sowjetunion 1955 Anatoli Bondarenko Sowjetunion 1955 Analoli Gladychev
1979 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Anatoli Bondarenko Sowjetunion 1955 Vladimir Lioubitsh Tschechien Zdenek Kudrna
1980 Sowjetunion 1955 Kalinin Sowjetunion 1955 Anatoli Bondarenko Sowjetunion 1955 Sergej Tarabanko Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov
1981 Niederlande Assen Sowjetunion 1955 Vladimir Lioubitsh Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov Sowjetunion 1955 Analoli Gladychev
1982 Deutschland Inzell Sowjetunion 1955 Sergej Kasakov Schweden Per-Olov Serenius Sowjetunion 1955 Vladimir Subbotin
1983 Niederlande Eindhoven Sowjetunion 1955 Sergej Kasakov Sowjetunion 1955 Anatoli Bondarenko Schweden Erik Stenlund
1984 Sowjetunion 1955 Moskau Schweden Erik Stenlund Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov Sowjetunion 1955 Juri Ivanov
1985 Niederlande Assen Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov Finnland Jarmo Hirvasoja Sowjetunion 1955 Juri Ivanov
1986 Schweden Stockholm Sowjetunion 1955 Juri Ivanov Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov Schweden Erik Stenlund
1987 Deutschland Berlin Sowjetunion 1955 Juri Ivanov Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov Sowjetunion 1955 Vitaly Ruskich
1988 Niederlande Eindhoven Schweden Erik Stenlund Sowjetunion 1955 Juri Ivanov Sowjetunion 1955 Sergej Ivanov
1989 Sowjetunion 1955 Alma Ata Sowjetunion 1955 Nikolai Nischenko Sowjetunion 1955 Juri Ivanov Sowjetunion 1955 Vladimir Suchov
1990 Schweden Göteborg Finnland Jarmo Hirvasoja Sowjetunion 1955 Nikolai Nischenko Sowjetunion 1955 Sergej Ivanov
1991 Niederlande Assen Sowjetunion 1955 Sergej Ivanov Schweden Per-Olov Serenius Deutschland Michael Lang
1992 Deutschland Frankfurt Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Juri Ivanov Tschechien Antonin Klatovsky Schweden Stefan Svensson
1993 Russland Saransk Russland Vladimir Fadeev Russland Alexander Balashov Deutschland Michael Lang
1994 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Alexander Balashov Schweden Per-Olov Serenius Russland Vjatcheslav Nikulin
1995 Grand Prix Serie (5 Runden) Schweden Per-Olov Serenius Russland Alexander Balashov Russland Vjatcheslav Nikulin
1996 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Alexander Balashov Russland Juri Polikarpov Russland Vjatcheslav Nikulin
1997 Niederlande Assen Russland Kyril Drogalin Russland Alexander Balashov Finnland Jari Ahlbom
1998 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Alexander Balashov Russland Kyril Drogalin Russland Vjatcheslav Nikulin
1999 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Vladimir Fadeev Russland Alexander Balashov Deutschland Vjatcheslav Nikulin
2000 Niederlande Assen Russland Kyril Drogalin Osterreich Franz Zorn Russland Vladimir Fadeev
2001 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Kyril Drogalin Russland Vladimir Fadeev Deutschland Vjatcheslav Nikulin
2002 Grand Prix Serie (4 Runden) Schweden Per-Olov Serenius Deutschland Vjatcheslav Nikulin Russland Juri Polikarpov
2003 Grand Prix Serie (3 Runden) Russland Vitali Khomitsevich Deutschland Günther Bauer Russland Vladimir Lumpov
2004 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Dmitry Bulankin Russland Vitali Khomitsevich Russland Nikolai Krasnikov
2005 Grand Prix Serie (3 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Vitali Khomitsevich Russland Ivan Ivanov
2006 Grand Prix Serie (2 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Yunir Bazeev Russland Mikhail Bogdanov
2007 Grand Prix Serie (3 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Vitali Khomitsevich Russland Ivan Ivanov
2008 Grand Prix Serie (3 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Vitali Khomitsevich Osterreich Franz Zorn
2009 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Daniil Ivanov Osterreich Franz Zorn
2010 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Daniil Ivanov Russland Dmitry Khomitsevich
2011 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Igor Kononov Russland Daniil Ivanov
2012 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Nikolai Krasnikov Russland Daniil Ivanov Russland Dmitry Khomitsevich
2013 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Daniil Ivanov Russland Dmitry Koltakov Russland Dmitry Khomitsevich
2014 Grand Prix Serie (4 Runden) Russland Daniil Ivanov Russland Dmitry Koltakov Russland Dmitry Khomitsevich
2015 Grand Prix Serie (5 Runden) Russland Dmitry Koltakov Russland Daniil Ivanov Russland Dmitry Khomitsevich
2016 Deutschland Inzell Russland Dmitry Khomitsevich Russland Dmitry Koltakov Russland Daniil Ivanov
Commons: Eisspeedway – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Homepage zu Eisspeedway.
  2. [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://www.eisspeedway.org/ Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.eisspeedway.org[http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://www.eisspeedway.org/ Homepage zu Eisspeedway (2)]
  3. Info zu den 'Masters of Spikes'; abgerufen am 1. Juli 2009 (Memento vom 19. Oktober 2013 im Internet Archive)
  4. Motorsportclub Holzwickede mit Informationen zu Aces on Ice
  5. Eisspeedway in Südbayern (Memento vom 14. März 2009 im Internet Archive)
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