Cividale del Friuli
Cividale del Friuli (furlanisch Cividât, slowenisch Čedad, deutsch Östrich) ist eine traditionsreiche Stadt im nordost-italienischen Friaul (Region Friaul-Julisch Venetien) mit 11.095 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2019).
Cividale del Friuli | ||
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Staat | Italien | |
Region | Friaul-Julisch Venetien | |
Koordinaten | 46° 6′ N, 13° 26′ O | |
Höhe | 135 m s.l.m. | |
Fläche | 50 km² | |
Einwohner | 11.095 (31. Dez. 2019)[1] | |
Postleitzahl | 33043 | |
Vorwahl | 0432 | |
ISTAT-Nummer | 030026 | |
Volksbezeichnung | Cividalesi | |
Schutzpatron | San Donato | |
Website | Cividale del Friuli | |
Name
In römischer Zeit hieß die Stadt Forum Iulii. Als das Langobardenreich im Jahre 776 endgültig durch die Franken besiegt wurde, erhielt sie den Namen Civitas Austriae, was „Stadt des Ostens“ bedeutet, da sie im östlichen Teil des Frankenreiches lag. Daraus entwickelten sich der italienische Name Cividale und der deutsche Name Östrich.
Allgemeines
Cividale del Friuli liegt 17 km östlich von Udine unweit der Grenze zu Slowenien beiderseits des Flusses Natisone. Zu erreichen ist Cividale über die Staatsstraße SS 54 von Udine nach Kobarid (Slowenien) oder über die Bahnlinie Udine–Cividale.
Geschichte
Die Stadt war eine ursprünglich keltische Siedlung, die von Julius Caesar zur Stadt erhoben wurde (lat. Forum Iulii, Marktplatz des Julius). Im Zuge der Völkerwanderung hielt sich in der Stadt eine Bevölkerung, die kulturell und durch ihre dem Ladinischen verwandte Furlanische Sprache mit den Alpenromanen verbunden war. Kirchlich unterstand Cividale dem Patriarchat von Aquileja. Während der Wirren der Völkerwanderungszeit hatte seine Bevölkerung besonders zu leiden, da die Stadt unmittelbar westlich der Sperrwerke der Claustra Alpium Iuliarum im Birnbaumer Wald lag, eines Gebirgspasses in den Julischen Alpen, der häufig von Barbarenvölkern als Einfallstor nach Italien benutzt wurde.
Die Stadt gehörte nach dem Untergang Westroms zunächst zum Reich Odoakers, dann zum Ostgotenreich Theoderichs und zu Byzanz. 568 wurde sie von den Langobarden erobert und zum Mittelpunkt des Herzogtums Friaul gemacht. Um das Jahr 610 wurde Cividale von den Awaren geplündert. Nachdem Herzog Gisulf II. in der Schlacht gefallen war, suchte seine Frau Romilda mit ihren Söhnen in ihren Mauern Zuflucht. Den Awaren gelang es in die Stadt einzudringen. Den Berichten des Paulus Diaconus zufolge soll Romilda selbst die Tore der Stadt geöffnet haben, da sie von der Schönheit des Barbarenherrschers geblendet war. Die männlichen Stadtbewohner wurden angeblich alle getötet, die Frauen und Kinder in die Sklaverei verschleppt. Nur den Kindern Gisulfs gelang die Flucht.[2]
Unter den Karolingern wurde Cividale Teil der Mark Friaul, dann der Markgrafschaft Verona, gelangte dann unter die Landesherrschaft des Patriarchen von Aquileia, ehe es 1421 an Venedig fiel. Es folgte die Herrschaft der Habsburger (kurz von einem französischen Intermezzo unterbrochen) und 1866 die Eingliederung in das Königreich Italien. Cividale del Friuli blieb beim Erdbeben im Friaul 1976 nahezu unversehrt, obwohl es genau auf jener Linie der am meisten heimgesuchten Orte lag, die sich an den Südhängen und im Vorland der Julisch-Karnischen Alpen hinzog.[3]
Sehenswürdigkeiten
Teufelsbrücke
Über den Fluss Natisone führt die Teufelsbrücke, das Wahrzeichen der Stadt. Ihren Namen hat die Brücke von der Entstehungssage. Danach baute der Teufel die Brücke über den reißenden Fluss. Als Lohn sollte er die Seele des Ersten, der sie benutzt, erhalten. Nach der Fertigstellung jagten die Bürger jedoch einen Hund über die Brücke. Am Flussufer ist in den Stein ein Gewölbe eingehauen, das als keltisches Hypogäum, römischer Kerker oder auch langobardisches Gefängnis bekannt ist.
Piazza del Duomo
In der Altstadt ist vor allem die Piazza del Duomo sehenswert. Hier steht der Palazzo Pretorio oder auch Palazzo dei Provveditori Veneti, dessen Entwurf Andrea Palladio zugeschrieben wird und der zwischen 1565 und 1586 errichtet wurde. Seit 1990 ist dort das Archäologische Nationalmuseum, Museo Archeologico Nazionale untergebracht. Neben der reichhaltigen Sammlung langobardischer Fundstücke sind auch Teile der zum UNESCO-Weltdokumentenerbe gehörenden Reichenauer Handschriften aufbewahrt. In der Nähe der Piazza del Duomo befindet sich der 1565 errichtete Stadtpalast.
Domkirche Santa Maria Assunta
Der dreischiffige Dom Santa Maria Assunta (Mariä Himmelfahrt) aus dem 14. Jahrhundert wurde nach einem Einsturz im Jahr 1502 vom Architekten Pietro Lombardo wieder aufgebaut. 1909 erhob Papst Pius X. den Dom zur Basilica minor. Der Dom beherbergt Werke von beachtlichem künstlerischen und historischen Wert. Den Hochaltar schmückt ein Altaraufsatz des Patriarchen Pilgrim II. (1195–1204). Die lateinische Inschrift wurde mit Hilfe einzelner Buchstabenpunzen hergestellt[4] – über 200 Jahre vor Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg.[5][6] An der Nordwand des linken Seitenschiffes hängt ein lebensgroßes Holzkruzifix aus dem 13. Jahrhundert.
- Innenansicht gegen den Chorraum mit dem Hochaltar. Im Vordergrund die Altarinsel mit dem Hauptaltar
- Seitenaltar der Jungfrau Maria
- Holzkruzifix
An den Dom angeschlossen ist das Museo Cristiano, in dem sich u. a. ein Langobarden-Thron und das Callixtus-Taufbecken besichtigen lassen. Fast noch aufschlussreicher sind Fresken und in Sgraffitotechnik ausgeführte Darstellungen des langobardischen Lebens.
Kloster Santa Maria (Tempietto longobardo)
Der Gebäudekomplex des Klosters Santa Maria steht am Steilufer des Natisone im alten langobardischen Viertel Valle. Der Oratorio di Santa Maria aus dem 8. Jahrhundert war möglicherweise eine langobardische Pfalzkapelle. Er wird deshalb auch Tempietto longobardo genannt. Dieses vorromanische Bauwerk hat einen quadratischen Innenraum mit Kreuzgewölbe und ein tonnengewölbtes dreischiffiges Presbyterium mit mittelalterlichen, byzantinisch beeinflussten Stuckverzierungen und Fresken. Das Gewölbefresko des Chores zeigt Christus in der Mandorla umgeben von Heiligen und eine Darstellung der Anbetung der Könige. (Siehe auch: Lombardische Präromanik).
- Innenansicht des Oratorio di Santa Maria (Tempietto longobardo)
- Teilansicht der Stuckfiguren (Darstellung der Anbetung der Könige)
- Fresko im Gewölbe des Presbyteriums (Christus in der Mandorla umgeben von Heiligen)
Weitere Kirchengebäude
- Die Kirche San Giovanni in Valle geht auf die Palastkirche des Königshofes der frühen Langobardenzeit zurück.
- Die Kirche der Heiligen Petrus und Blasius (Chiesa dei Santi Pietro e Biagio) fällt durch ihre mit Fresken gestaltete Westfassade auf. Sie stammen von 1506–1508 und wurden 2013 restauriert. In einer Seitenkapelle zeigt ein Fresko den hl. Blasius auf einem Thron.
- Die Kirche San Giovanni in Valle
- Altar der Kirche San Giovanni in Valle
- Die Kirche der Heiligen Petrus und Blasius
- Teilansicht der Fassadenfresken
- Fresko des hl. Blasius auf einem Thron
- Die Chiesa di San Francesco ist nicht mehr geweiht und wird für Ausstellungen genutzt.
- Im Osten oberhalb der Altstadt, direkt an der slowenischen Grenze, befindet sich die Kirche Madonna del Monte.
Söhne und Töchter
- Paulus Diaconus oder Paul Warnefried (725/730–797/799), langobardischer Geschichtsschreiber
- Paulinus II. von Aquileia (zwischen 730 und 740 – 802), Patriarch von Aquileia, Grammatiker und Theologe
- Richard Sbrulius (um 1480 – nach 1528), italienischer Humanist und Poet
- Camillo Graffico (um 1565 – 1615), Kupferstecher, Maler, Kunstschmied und Verleger
- Adelaide Ristori (1822–1906), italienische Schauspielerin
- Lorenzo Crisetig (* 1993), italienischer Fußballspieler
Literatur
- Roberta Costantini, Fulvio Dell’Agnese, Micol Duca, Antonella Favaro, Monica Nicoli, Alessio Pasian: Friuli-Venezia Giulia. I luoghi dell’arte, S. 178–183; Bruno Fachin Editore, Triest
- Silvia Lusuardi Siena: Cividale Longobarda. Materiali per una rilettura archeologica, Milano 2005; I.S.U. Università Cattolica – Largo Gemelli, 1 – Milano
- Andrea Beltrane, Erika Cappellaro, Claudio Cescutti, Daria Labano, Thai Sac Ma, Michele Stocco: Duomo di Cividale del Friuli, Soroptimist International d’Italia. Club di Cividale del Friuli; Copyright 1998 Parrocchia S. Maria Assunta-Cividale
Weblinks
Einzelnachweise
- Statistiche demografiche ISTAT. Monatliche Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2019.
- Walter Pohl: Die Awaren, Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567–822 n. Chr. 2 Aufl. München 2002, ISBN 3-406-48969-9. (S. 239).
- Die Provinz Friaul nach den Erdbeben, Die Zeit, Jahrgang 1976, Ausgabe 22.
- Herbert E. Brekle: Die typographische Herstellungstechnik der Inschriften auf dem silbernen Altaraufsatz im Dom von Cividale, Regensburg 2011
- Angelo Lipinsky (1986): „La pala argentea del Patriarca Pellegrino nella Collegiata di Cividale e le sue iscrizioni con caratteri mobili“, in: Ateneo Veneto, Bd. 24, S. 75–80 (78–80)
- Koch, Walter (1994): „Literaturbericht zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Epigraphik (1985–1991)“, Monumenta Germaniae Historica: Hilfsmittel, Bd. 14, München, ISBN 978-3-88612-114-4, S. 213