Bischkek
Bischkek [biʃˈkʲek] (kirgisisch/russisch Бишкек, ehemals Frunse) ist die Hauptstadt und zugleich der politische, wirtschaftliche und kulturelle Mittelpunkt Kirgisistans. Die Stadt ist aus einer Karawanenstation an der Seidenstraße hervorgegangen und erlebte seit ihrem Bestehen mehrere Umbenennungen. So wurde die russische Festung Pischpek (Пишпек) 1878 zuerst namensgebend, von 1926 bis 1991 hieß die Stadt nach Michail Wassiljewitsch Frunse. Im Juli 2020 hatte sie 1.053.915 Einwohner.[1]
Bischkek Бишкек | |||||
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Basisdaten | |||||
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Staat: | Kirgisistan | ||||
Gebiet: | Hauptstadtdistrikt | ||||
Koordinaten: | 42° 52′ N, 74° 34′ O | ||||
Höhe: | 800 m | ||||
Fläche: | 169,9 km² | ||||
Einwohner: | 1.053.915 (2020) | ||||
Bevölkerungsdichte: | 6.203 Einwohner je km² | ||||
Telefonvorwahl: | (+996) 312 | ||||
Postleitzahl: | 720000–720085 | ||||
Kfz-Kennzeichen: | 01 | ||||
Struktur und Verwaltung (Stand: 2020) | |||||
Bürgermeister: | Asis Surakmatow (Sozialdemokratische Partei Kirgisistans) |
Geographie
Bischkek liegt 800 m über dem Meeresspiegel am nördlichen Rand des bis zu 4875 m hohen Kirgisischen Gebirges, eines westlichen Teils des Tian-Shan-Gebirges, welches der Stadt eine imposante Kulisse gibt. Nordwestlich der Stadt zieht sich eine gewellte Steppenlandschaft bis ins nahe Kasachstan.
Der Fluss Tschüi durchfließt diese Gegend etwas nördlich der Stadt und ist Namensgeber des Bischkek umgebenden Verwaltungsbezirks. Durch Bischkek selbst fließen in Süd-Nord-Richtung die Tschüi-Zuflüsse Ala-Artscha und Alamüdün, die aus beeindruckenden Gebirgstälern kommen. In Ost-West-Richtung verläuft durch die Stadt der Große Tschüikanal (Большой Чуйский Канал).
Der Ala-Artscha-Nationalpark liegt ungefähr 40 km (45 Min. Anreise) südlich der Stadt im Kirgisischen Gebirge. Er bietet eine eindrucksvolle alpine Berglandschaft und schöne Wanderwege.
Der Panfilow-Park liegt im Stadtzentrum.
Klima
Bischkek | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Bischkek
Quelle: World Meteorological Organisation Die klimatologischen Daten basieren auf den monatlichen Durchschnittswerten von 1961–1990; wetterkontor.de |
Geschichte
Auf kirgisisch bezeichnet bischkek oder pischpek ein Gefäß für die Zubereitung von Kumys, fermentierter Stutenmilch. Es gibt zahlreiche Legenden, die versuchen, einen Zusammenhang zwischen der Stadt und einem solchen Gefäß herzustellen. Wissenschaftlichere Erklärungen meinen, dass der Name durch eine volksetymologische Deutung eines alten Wortes für Ort unterhalb der Berge entstanden ist.
Die Stadt ist aus einer Karawanenstation an einem der Seidenstraße zugerechneten Weg durch das Tian-Schan-Gebirge hervorgegangen. 1825 ließ der usbekische Khan von Kokand hier die Lehmfestung Pischpek erbauen, die aber bereits 1862 von russischen Truppen im Zuge der russischen Eroberung Zentralasiens eingenommen und zerstört wurde. Die von den Russen an der gleichen Stelle gegründete Garnison wuchs durch den Zuzug russischer Bauern, denen hier fruchtbarer Schwarzerdeboden zur Verfügung gestellt wurde, schnell an. 1878 wurde eine Stadt mit dem Namen Pischpek gegründet.
1926 wurde sie Hauptstadt der neu gebildeten Kirgisischen ASSR und gleichzeitig in Frunse (russisch Фрунзе) umbenannt – nach Michail Wassiljewitsch Frunse, einem engen Vertrauten Lenins, der in Bischkek geboren war und während der Revolutionen von 1905 und 1917 und im Russischen Bürgerkrieg in den 1920er Jahren eine entscheidende Rolle gespielt hatte.
Während der Auflösung der Sowjetunion erklärte Kirgisistan am 31. August 1991 seine Unabhängigkeit als Kirgisische Republik, und die Stadt erhielt wieder ihren kirgisischen Namen in der Form Bischkek.
Bischkek entwickelte sich zu einer modernen Stadt in Zentralasien, mit Restaurants und Cafés und dichtem Straßenverkehr, in dem Gebrauchtwagen aus Westeuropa und Überbleibsel aus sowjetischer Produktion unterwegs sind. Planmäßig im Schachbrettformat ausgelegt, ist es eine Stadt mit breiten Boulevards, marmorverkleideten öffentlichen Gebäuden und massigen Wohnblocks in typisch sowjetischer Bauart. Aufgrund seiner kurzen Geschichte hat Bischkek keine historischen Bauwerke. Fast alle Straßen in der Kernstadt sind beidseitig von Bewässerungskanälen flankiert, welche die zahllosen Bäume bewässern, die im heißen Sommer Schatten spenden und dem ansonsten recht farblosen Stadtbild zumindest im Sommer einen lebendig-fröhlichen Charakter geben. In letzter Zeit wurden viele kommerzielle Neubauten hochgezogen.
Der Bahnhof von Bischkek, vor dem ein imposantes Reiterstandbild von Frunse steht, wurde 1946 von deutschen Kriegsgefangenen erbaut und hat die Zeit bis heute praktisch unverändert überstanden. Ein Großteil der Gefangenen starb während der Bauarbeiten durch Hunger, Kälte, Überarbeitung und Krankheit und wurde in der Nähe der Baustelle verscharrt.
Während der Sowjetzeit gab es in der Stadt und in ihrem Umfeld eine beträchtliche Konzentration industrieller Großbetriebe, von denen heute die meisten entweder geschlossen sind oder nur noch eingeschränkt produzieren. Bischkek beherbergte auch eine wichtige sowjetische Kampfpilotenschule; einer ihrer Absolventen war der spätere ägyptische Präsident Hosni Mubarak.
Im Jahr 2002 erlangten die USA für eine beträchtliche jährliche Pacht das Recht, eine Luftwaffenbasis auf dem nahegelegenen internationalen Flughafen Manas anzulegen, um von dort aus ihre Operationen in Afghanistan zu unterstützen. Russland folgte diesem Beispiel und errichtete 2003 eine eigene Luftbasis auf dem Militärflugfeld in der etwa 40 km entfernten Stadt Kant. Die amerikanische Basis wurde im Juni 2014 geschlossen. Im Jahr 2010 war Bischkek Zentrum der Proteste gegen den damaligen Präsidenten Bakijew, die schließlich zum Regierungswechsel in Kirgisistan führten. Im Zuge der politischen Umwälzungen wurde auch der damalige Bürgermeister der Stadt, Nariman Tuleyev, abgesetzt.
Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration laut UN[2]
Jahr | Einwohnerzahl |
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1950 | 150.000 |
1960 | 236.000 |
1970 | 433.000 |
1980 | 538.000 |
1990 | 635.000 |
2000 | 766.000 |
2010 | 844.000 |
2017 | 976.000 |
Kultur
Bischkek ist das kulturelle Zentrum des Landes und beherbergt zahlreiche Kultureinrichtungen. Zu den bekanntesten gehören das Opern- und Balletttheater Bischkek und das Russische Dramentheater Bischkek.
Museen (Auswahl)
- Historisches Nationalmuseum (vormals Lenin-Museum)
- Frunse-Museum
- Nationales Museum für bildende Künste
- Zoologisches Museum
Wirtschaft
Hochschulen
In Bischkek gibt es heute mehr als ein Dutzend Hochschulen, die zum Teil aus ehemals sowjetischen Staatseinrichtungen hervorgegangen sind, zum Teil aber auch erst seit der Unabhängigkeit des Landes mit auswärtiger Unterstützung gegründet wurden, wie z. B. die Kirgisisch-Russische Slawische Universität Bischkek, die Kirgisisch-Türkische Manas-Universität, die American University of Central Asia. Die Studierendenschaft ist in Bischkek sehr international, da der Standort auch für Studierende aus den Nachbarländern sehr attraktiv ist.[3]
Ethnische Zusammensetzung
Nach Angaben der Volkszählung aus dem Jahr 2009 sind 66 Prozent der Stadtbewohner ethnische Kirgisen. 23 Prozent sind Russen. Des Weiteren leben auch kleinere Gruppen von Uiguren, Tataren, Koreanern, Usbeken, Kasachen und Ukrainern in der Stadt. 2012 lebten darüber hinaus 2.554 ethnische Deutsche in Bischkek, was einem Anteil von 0,3 % der Stadtbevölkerung entsprach.[4]
In der jüngeren Vergangenheit lassen sich vermehrt Chinesen aus der benachbarten Volksrepublik China in Bischkek nieder. Es handelt sich bei ihnen vorwiegend um Markthändler und Wanderarbeiter.[5]
Religion
Islam
Die meisten Kirgisen sind sunnitische Muslime.
Russisch-orthodoxe Kirche
Die große russische Bevölkerungsminderheit gehört der russisch-orthodoxen Kirche an.
Evangelisch-lutherische Kirche
In Bischkek besteht eine der größten evangelisch-lutherischen Gemeinden Kirgistans.[6] Das Bethaus verfügt über die einzige Glocke, die in Kirgistan zu einem evangelisch-lutherischen Gottesdienst läutet. Hier trifft man sich zum Gottesdienst Samstagnachmittag in kirgisischer Sprache und am Sonntagvormittag in russischer Sprache. Bis vor wenigen Jahren gab es hier auch Gottesdienste in deutscher Sprache. Auch ist das Haus Treffpunkt verschiedener Gemeindegruppen.
Dieses Bethaus wurde durch einen Brand am 27. Januar 2015 vollständig vernichtet. Am 8. April 2018 fand die Einweihung eines neuen Gotteshauses statt.[7] Sie wurde von Bischof Alfred Eichholz im Beisein von Erzbischof Juri Nowgorodow vorgenommen.
Bischkek ist Sitz des Bischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Kirgisischen Republik (ELKKR).
Römisch-katholische Kirche
Bischkek ist Sitz der römisch-katholischen Apostolischen Administratur Kirgisistan.
Sport
In der Stadt sind die Fußballvereine Alga Bischkek und FK Dordoi Bischkek beheimatet.
Söhne und Töchter der Stadt
- Michail Frunse (1885–1925), sowjetischer General während des russischen Bürgerkrieges
- Saima Karimowa (1926–2013), sowjetisch-russische Geologin
- Boris Pankin (* 1931), russischer Schriftsteller und Diplomat
- Bolotbek Schamschijew (1941–2019), Filmregisseur und Drehbuchautor
- Wladimir Perlin (* 1942), weißrussisch-sowjetischer Cellist, Dirigent, und Pädagoge
- Leonid Iwaschow (* 1943), russischer Militärexperte
- Natalja Arinbassarowa (* 1946), Schauspielerin
- Wladislaw Neljubin (* 1947), sowjetischer Radrennfahrer
- Felix Kulow (* 1948), Politiker
- Alexander Abuschachmetow (1954–1996), Degenfechter
- Alexander Maschkewitsch (* 1954), israelischer Unternehmer
- Nikolai Tschernezki (* 1959), sowjetischer Sprinter
- Danijar Üssönow (* 1960), Politiker, von 2009 bis 2010 Premierminister von Kirgisistan
- Igor Tschudinow (* 1961), Politiker, von 2007 bis 2009 Premierminister von Kirgisistan
- Igor Paklin (* 1963), sowjetischer Hochspringer
- Kadyrbek Sarbajew (* 1966), Diplomat und Politiker
- Alexander Verl (* 1966), Professor an der Universität Stuttgart und ehemaliger Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung
- Talant Dujshebaev (* 1968), sowjetischer, russischer und spanischer Handballer und Handballtrainer
- Andrei Kurnjawka (* 1968), sowjetischer und kirgisischer Boxer
- Swetlana Matwejewa (* 1969), russische Schachspielerin
- Asis Surakmatow (* 1971), kirgisischer Politiker und amtierender Bürgermeister Bischkeks
- Natalja Zyganowa (* 1971), russische Mittelstrecken- und Langstreckenläuferin
- Tatjana Goldobina (* 1975), russische Sportschützin
- Konstantin Schneider (* 1975), deutscher Ringer im griechisch-römischen Stil
- Tatjana Jefimenko (* 1981), Hochspringerin
- Olga Reschetkowa (* 1982), Skilangläuferin
- Qanybek Saghyndyqow (* 1983), Billardspieler und dreifacher Weltmeister
- Dmitri Trelewski (* 1983), Skirennläufer
- Sergei Korsakow (* 1984), russischer Kosmonaut
- Kanybek Sagynbajew (* 1985), Billardspieler und dreifacher Weltmeister
- Ruslan Tümönbajew (* 1986), Ringer
- Emil Kenschissarijew (* 1987), Fußballspieler
- Anton Kotschenkow (* 1987), Fußballspieler
- Katharina Konradi (* 1988), Sopranistin
- Walentyna Schewtschenko (* 1988), Kampfsportlerin
- Mark Filatov (* 1990), deutscher Schauspieler und Rapper
- Bauyrschan Scholschijew (* 1990), kasachischer Fußballspieler
- Dina Galiakbarowa (* 1991), russische Säbelfechterin und zweifache Weltmeisterin
- Juri Krakowezki (* 1992), Judoka
- Asis Madaminow (* 1993), Billardspieler
- Tamirlan Kosubajew (* 1994), Fußballspieler
- Jewgeni Timofejew (* 1994), Skirennläufer
- Ysatbek Ratbekow (* 1996), Billardspieler
- Mussulman Dscholomanow (* 1997), Mittelstreckenläufer
- Meerim Dschumanasarowa (* 1999), Ringerin
- Muchammed Karimberdi uulu (* 1999), Snookerspieler
- Guldschigit Alykulow (* 2000), Fußballspieler
- Maksat Dschakybalijew (* 2000), Fußballspieler
Städtepartnerschaften
Bischkek pflegt folgende Städtepartnerschaften:
- Nur-Sultan, Kasachstan (seit 2011)
- Ankara, Türkei (seit 1992)
- Colorado Springs, USA (seit 1994)
- Doha, Katar (seit 2014)
- Izmir, Türkei (seit 1991)
- Meriden (Connecticut), USA (seit 2005)
- Minsk, Belarus (seit 2008)
- Ürümqi, Volksrepublik China (seit 1992)
- Teheran, Iran (seit 1994)
- Hongkong, Volksrepublik China (seit 2019)
Zudem unterhält Bischkek seit 1996 freundschaftliche Beziehungen zur Oblast Tscheljabinsk in Russland.
Siehe auch
Weblinks
- Stadtplan von Bischkek als Flash (russ.)
- Kirgisisch-Russische Slawische Universität Bischkek (englisch/russ.)
Einzelnachweise
- City Population. Abgerufen am 27. Juli 2020.
- World Urbanization Prospects - Population Division - United Nations. Abgerufen am 24. Juli 2018.
- International students in Kyrgyzstan. In: Emma Sabzalieva. 1. Juli 2019, abgerufen am 26. Februar 2020 (englisch).
- город Бишкек (Memento vom 21. März 2012 im Internet Archive)
- http://www.gezitter.org/politic/9527_skolko_kitaytsev_v_kyirgyizstane
- Doris Krause/Michael Hübner, Groß, klein, alt, neu...Die Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kirgistan in Kurzportraits, in: Evangelisch-Lutherische Kirche in Kirgistan, Sondernummer Lutherischer Dienst. Zeitschrift des Martin-Luther-Bundes, 55. Jahrgang, 2019, Heft 2, S. 8–11
- Maria Ljangusowa, Aus der Asche neu erstanden. Ein neues Haus für die Gemeinde in Bischkek, in: Lutherischer Dienst. Zeitschrift des Martin-Luther-Bundes, 54. Jahrgang, 2018, Heft 3, S. 3–5