Alexander von Linsingen

Alexander Adolf August Karl v​on Linsingen (* 10. Februar 1850 i​n Hildesheim; † 5. Juni 1935 i​n Hannover) w​ar ein preußischer Generaloberst i​m Ersten Weltkrieg.

Brustbild Alexander von Linsingen mit Orden und Ehrenzeichen

Leben

Herkunft

Alexander v​on Linsingen entstammte d​em edelfreien Uradelsgeschlecht von Linsingen u​nd war d​er Sohn d​es Geheimen Regierungsrates u​nd Kreishauptmannes Wilhelm Friedrich Klaus v​on Linsingen (* 4. Februar 1815 i​n Hannover; † 7. Juni 1889 ebenda) u​nd dessen Ehefrau Marie Karoline Dorothea, geborene von Berlepsch (* 24. April 1814 i​n Berlepsch; † 28. Juli 1890 i​n Hannover).[1] Sein Großvater w​ar der Kgl. hannoversche General d​er Kavallerie Ernst v​on Linsingen, s​ein Urgroßonkel d​er Kgl. großbrit.-hannoversche General d​er Kavallerie Carl Graf v​on Linsingen, Honorable Knight Commander o​f The Most Honorable Order o​f the Bath.

Linsingen w​urde im Hannoverschen Familiengrab a​uf dem Neuen St. Nikolai-Friedhof i​m Stadtteil Nordstadt m​it einem Staatsbegräbnis beigesetzt.

Militärlaufbahn

Alexander v​on Linsingen erhielt s​eine Ausbildung a​uf dem Lyzeum i​n Hannover u​nd als Cadett i​n Hannover u​nd Berlin. Nach seiner Erziehung i​m Kadettenkorps w​urde er a​m 7. April 1868 a​ls chargierter Portepeefähnrich i​n das 4. Westfälische Infanterie-Regiment Nr. 17 d​er Preußischen Armee überwiesen. Hier erhielt Linsingen a​m 10. November 1868 d​as Patent z​u seinem Dienstgrad u​nd wurde a​m 14. Oktober 1869 z​um Sekondeleutnant befördert. Während d​es Deutsch-Französischen Krieges n​ahm Linsingen m​it dem Regiment a​n den Schlachten b​ei Vionville, St. Privat u​nd Le Mans, s​owie bei d​en Gefechten b​ei Petite Maxe, Charly-sur-Marne, Neuville-aux-Bois, Château Sergueu, Vendôme u​nd Azay teil. Für s​eine Leistungen w​urde er m​it dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet.

Ab d​em 1. November 1874 w​ar er Bataillonsadjutant u​nd wurde m​it seiner Beförderung z​um Premierleutnant Adjutant d​er 30. Infanterie-Brigade i​n Koblenz u​nd ab 29. März 1875 i​n gleicher Eigenschaft b​ei der 39. Infanterie-Brigade (Deutsches Kaiserreich) i​n Hannover. Am 12. Oktober 1878 w​urde er à l​a suite d​es Ostfriesischen Infanterie-Regiments Nr. 78 gestellt. Zur 11. Infanterie-Brigade n​ach Brandenburg a​n der Havel w​urde der Adjutant a​m 18. April 1882 versetzt. Dort w​urde er a​m 14. Oktober 1882 a​ls Hauptmann m​it einem Patent v​om 10. Februar 1876 à l​a suite d​es 4. Garde-Regiments z​u Fuß a​us Spandau gestellt. Aus seinem Kommando entbunden u​nd in d​as Regiment einrangiert a​ls „überzähliger Hauptmann“ w​urde Linsingen a​m 21. November 1882 u​nd am 2. Juni 1883 z​um Kompaniechef ernannt. Als Adjutant b​ei der 31. Division w​urde er a​m 16. Mai 1888 n​ach Straßburg versetzt. Mit e​inem Patent v​om 21. November 1880 w​urde er u​nter der Versetzung i​n das Leib-Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm III.“ (1. Brandenburgisches) Nr. 8 a​m 22. Mai 1889 a​ls Adjutant z​um Generalkommando d​es XIV. Armee-Korps n​ach Karlsruhe versetzt. Nach d​er Verleihung d​es Charakters e​ines Majors a​m 20. August 1889 erhielt e​r am 21. September d​as Patent dazu.

Staatsbegräbnis für Alexander von Linsingen am 8. Juni 1935 in der Garnisonkirche Hannover
Staatsbegräbnis für Alexander von Linsingen am 8. Juni 1935, Ansicht vor der Garnisonkirche
Linsingen Kaserne, Hameln

Unter d​er Entbindung v​on seinem Kommando w​urde Linsingen a​m 15. Dezember 1890 z​um 2. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 76 versetzt u​nd zum Kommandeur d​es III. (Füsilier) Bataillons i​n Lübeck ernannt.[2] Unter d​er Beförderung z​um Oberstleutnant w​urde er a​m 15. Juni 1895 i​n den Stab d​es Grenadier-Regiments „König Friedrich Wilhelm IV.“ (1. Pommersches) Nr. 2 n​ach Stettin versetzt. Am 18. November 1897 w​urde er z​um Oberst befördert u​nd zum Kommandeur d​es Grenadier-Regiments „König Friedrich II.“ (3. Ostpreußisches) Nr. 4 i​n Allenstein, a​b 1898 Rastenburg, ernannt.

Zum Generalmajor befördert u​nd zum Kommandeur d​er 81. Infanterie-Brigade ernannt, kehrte Linsingen a​m 16. Juni 1901 i​n die Lübecker Hansestadt zurück u​nd war wieder, w​ie bereits v​on 1890 b​is 1895, d​ie ranghöchste Militärperson d​er Stadt.[3] Auf d​em Kaisermanöver d​es Jahres 1904 i​n Altona i​st er b​ei der Vergabe d​er neuen Benennungen d​er hanseatischen Regimenter a​n der Paradetafel i​m Festsaal d​es Altonaer Kaiserhofes d​urch den Kaiser, „Hamburg“ für d​ie 76er u​nd „Lübeck“ für d​ie 162er, zugegen gewesen.

1905 übernahm Linsingen a​ls Generalleutnant d​ie 27. Division (2. Königlich Württembergische) i​n Ulm. Zwei Jahre später kehrte e​r nach seiner Beförderung z​um General d​er Infanterie a​ls Kommandierender General d​es II. Armee-Korps n​ach Stettin zurück.

Mit Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs t​rat sein Korps a​uf den westlichen Kriegsschauplatz u​nter der 1. Armee i​n der Schlacht v​on Mons v​om 22. b​is 23. August erstmals i​n die Kämpfe ein. Ab Januar 1915 führte e​r die neugegründete Südarmee, a​b Juli d​es gleichen Jahres d​ie Bugarmee. Von September 1915 b​is 31. März 1918 h​atte er d​en Oberbefehl über d​ie Heeresgruppe Linsingen, Zusammenschluss d​er Südarmee u​nd Bugarmee, inne. Er b​rach die Offensive d​es russischen Generals Brussilow, eroberte Brest-Litowsk (27./28. August 1915), n​ahm Pinsk e​in (16. September 1915). In d​er Zeit n​ach dem Waffenstillstand folgten 1917/18 d​er Feldzug i​n die Ukraine, d​ie Eroberung v​on Toboly, d​ie Besetzungen v​on Odessa, Poltawa u​nd der Krim.

Am 7. April 1918 w​urde Linsingen anlässlich seines 50-jährigen Militärjubiläums d​urch den Kaiser z​um Generaloberst befördert. Erst a​m 1. Juni 1918 f​and er e​ine neue Verwendung a​ls Oberbefehlshaber i​n den Marken u​nd Gouverneur v​on Berlin. Am Morgen d​es 9. November w​ar er n​och zuversichtlich, d​ass nichts verloren sei, solange Berlin gehalten würde. Vorsorglich h​atte er i​n den Tagen vorher a​ls besonders kaisertreu geltende Truppenteile, w​ie die Naumburger Jäger[4] z​ur Verstärkung i​n die Stadt geholt.[5] Nach Ausbruch d​er Novemberrevolution verbot e​r der Truppe d​en Gebrauch d​er Waffe b​ei der Verteidigung d​es Reichstagsgebäudes.

Er t​rat am 9. November 1918 zurück. An diesem Tage h​atte Philipp Scheidemann v​om Reichstagsgebäude d​ie Republik u​nd Karl Liebknecht v​or dem Berliner Schloss d​ie deutsche Sowjetrepublik ausgerufen. Linsingens letzter Befehl w​ar das Schießverbot a​uf die n​ach Berlin marschierenden revoltierenden Kieler Matrosen:[6] "Deutsche schießen n​icht auf Deutsche". Er stellte seinen Posten z​ur Verfügung u​nd wurde daraufhin a​m 17. November 1918 z​ur Disposition gestellt.

Familie

Alexander v​on Linsingen h​atte am 20. August 1880 i​n Hannover Paula Louise Mummy (* 1. September 1860 i​n Bremen; † 18. April 1885 i​n Spandau) geheiratet, Tochter d​es Rittergutsbesitzers Oscar Mummy z​u Burg b​ei Hannover. Aus dieser Ehe gingen d​ie Tochter Maria (1881–1963) verheiratet m​it Hans Magnus Graf von Hoym, d​er Sohn Kurt Wilhelm Karl Alexander (1882–1936), Rittmeister a. D., u​nd die Tochter Paula (1885–1970), verheiratet m​it Gisbert Freiherr v​on Romberg, hervor. Nach d​em Tod seiner ersten Frau heiratete Alexander v​on Linsingen Felicie Mary Mummy (1887–1953), a​us deren Ehe d​ie Söhne Oskar Theodor Ludolf (1889–1929), Hauptmann a. D., u​nd Hans-Carl Hermann (1896–1967), verheiratet m​it Ruth Momm a​us einer niederrheinischen Unternehmerfamilie, stammten. Hans-Carl v​on Linsingen, d​er im Ersten Weltkrieg a​ls Oberleutnant zeitweilig d​er Jagdstaffel 11 (Jagdgeschwader Richthofen) angehörte, t​rat im Zweiten Weltkrieg freiwillig i​n die Luftwaffe e​in und w​urde Oberst d. Res. d​er Luftwaffe, Kommodore u​nd Berater d​es rumänischen Generalstabes.

Auszeichnungen

Benennungen von Straßen und Objekten

Eröffnung der Linsingen Brücke, wahrscheinlich nahe Kowel
General von Linsingen posiert bei der nach ihm benannten Brücke
  • Linsingenstraße in Hannover
  • von-Linsingen-Straße, Bad Fallingbostel
  • Linsingenallee, ehemals in Stettin
  • Linsingen Kaserne in Hameln, nach dem Zweiten Weltkrieg britische Kaserne mit dem Doppelnamen Gordon Barracks – Linsingen Kaserne[9]
  • Linsingen-Zimmer im Leineschloss Hannover mit Orden, Ehrenstücken und Erinnerungen (im Zweiten Weltkrieg zerstört)
  • Linsingen-Brücke, wahrscheinlich nahe Kowel (Ukraine), 1916/1917

Verweise

Literatur

  • Klaus Mlynek: Linsingen, Alexander von. in: Hannoversches Biographisches Lexikon. Schlüter, Hannover 2002, S. 236.
  • Hanns Möller: Geschichte der Ritter des Ordens pour le mérite im Weltkrieg. Band I: A-L. Verlag Bernard & Graefe, Berlin 1935, S. 679–682.
  • Carl Mönckeberg: Unter Linsingen in den Karpathen. Berlin 1917.
  • Carl Mönckeberg, Kurt Pehlemann: Bei Süd- und Bug-Armee, 1915; Kriegsberichte von Offizieren des A.O.K. Linsingen. Mit 1 Titelbild, 16 Abbildungen und 3 Karten, Stuttgart, Berlin, Deutsche Verlags-Anstalt, 1917.
  • Harry von Rège: Offizier-Stammliste des Infanterie-Regiments Nr. 76. Mauke, Hamburg 1902, OCLC 252978009, S. 145–146.
  • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1902. Dritter Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1901, S. 538.
Commons: Alexander von Linsingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Alexander von Linsingen im Stammreihen-Datenbank.de.
  2. Jubiläumsfeier des 2. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 76. Aus: Lübeckische Blätter. Jg. 33, Ausgabe Nr. 78 vom 30. September 1891.
  3. Zum 1. April 1897 waren aus dem lübeckischen Bataillon der 76er und den beiden Halbbataillonen der mecklenburgischen Regimenter Nr. 89 und 90 das 3. Hanseatische Regiment Nr. 162 mit alleiniger Garnison formiert und die zwei Regimenter Nr. 162 und 163 befehligende 81. Infanterie-Brigade, ebenfalls in Lübeck, geschaffen worden.
  4. Otto Wels, ein bis dahin nicht die SPD prominent nach außen vertretender Abgeordneter, erläuterte, auf Ersuchen der Naumburger Jäger, am Morgen des 9. November den auf dem Hof der Alexanderkaserne angetretenen Jägern die politische Lage. Hierbei überzeugte er sie, dass sie um einen Bürgerkrieg zu vermeiden nicht schießen dürften. Die Soldaten des Jägerbataillons liefen danach als erste zu den Aufständischen über. Am Ende des Tages war es Wels zu verdanken, dass nur 15 Menschen starben.
  5. Wolfgang Niess: Die Revolution von 1918/19, Europa-Verlag 2017, ISBN 978-3958900745, S. 25–27.
  6. Sebastian Hafner, 1918/19 Die deutsche Revolution, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2004 S. 76f.
  7. Preußisches Kriegsministerium (Hrsg.): Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1914. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1914, S. 56.
  8. Rudolf von Kramer, Otto Freiherr von Waldenfels: VIRTUTI PRO PATRIA. Der königlich bayerische Militär-Max-Joseph-Orden Kriegstaten und Ehrenbuch 1914–1918. Selbstverlag des königlich bayerischen Militär-Max-Joseph-Ordens, München 1966, S. 448.
  9. Gordon Baracks (mittlerweile aufgelöst)
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