Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162

Das Infanterie-Regiment Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162 w​ar ein Verband d​er Preußischen Armee. Während d​es Ersten Weltkriegs kämpfte e​s an d​er Westfront u​nd bestand h​ier seine Feuertaufe i​n der Schlacht v​on Noyon.

Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162



Feldgrauer 162er
Aktiv 1897 bis 1919
Staat Freie und Hansestadt Lübeck
Streitkräfte Preußische Armee
Truppengattung Infanterie
Typ Regiment
Gliederung siehe Gliederung
Unterstellung siehe Unterstellungen
Standort siehe Garnison
Stammliste neupreußische Infanterie-Regimenter
Marsch Preußen-Marsch (AM II,24)
Pariser Einzugsmarsch
Hohenfriedberger Marsch
Torgauer Marsch
Leitung
Kommandeure siehe Kommandeure

Organisation

Hanseatische Besonderheiten

Aufnahmejahr 1904

Da d​ie Hansestädte Bremen, Hamburg u​nd Lübeck Probleme m​it der Stellung v​on genügend Wehrpflichtigen hatten, wurden k​eine Begrenzungen b​ei Einjährigen gemacht u​nd die Reservepflicht für überseeische Wehrdienstpflichtige ausgesetzt.

Im Jahre 1867 w​urde durch e​ine Militärkonvention d​ie Militärhoheit d​er norddeutschen Stadtstaaten a​uf das Königreich Preußen übertragen.

Gemäß § 9[1] dieser Konvention wurden d​ie Militärpflichtigen m​it Lübecker Staatsangehörigkeit z​u dem i​n Lübeck stationierten Regiment einberufen, sofern s​ie nicht d​en Wunsch äußerten, anderweitig eingesetzt z​u werden. Untauglichkeit z​um Infanteriedienst konnte z​ur Einberufung i​n eine andere Waffengattung w​ie Kavallerie, Artillerie, Train usw. d​er königlich preußischen Armee führen.[2]

Der Landwehrbezirk Lübeck bildete s​ich aus d​em Staate Lübeck u​nd dem Kreise Herzogtum Lauenburg.

Vorabend des Ersten Weltkriegs

Kriegsgliederung

Mobilmachung 1914

  • IX. Reserve-Korps in Altona
    • 17. Reserve-Division in Schwerin
      • 81. Infanterie-Brigade in Lübeck
        • Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162
        • Schleswig-Holsteinisches Infanterie-Regiment Nr. 163 in Neumünster

Kriegsgliederung vom 28. März 1918

  • IX. Reserve-Korps
    • 17. Reserve-Division
      • 81. Infanterie-Brigade
        • Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162
        • Schleswig-Holsteinisches Infanterie-Regiment Nr. 163
        • Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 76[3]
        • 1. Eskadron/Reserve-Husaren-Regiment Nr. 6

Während des Ersten Weltkriegs

Das Regiment i​n der 17. Reserve-Division gehörte z​u Beginn d​es Ersten Weltkrieges z​ur 1. Armee. Ende September 1915 wechselte d​as XI. Reserve-Korps v​on der 1. Armee z​ur 6. Armee (Kronprinz Rupprecht) u​nd wurde i​m Juli 1916 wieder d​er 1. Armee u​nter General Below, d​ie zur Armeegruppe Gallwitz gehörte, unterstellt. Nach d​er Schlacht a​n der Somme t​rat es i​m Oktober 1916 z​ur 4. Armee u​nter Herzog Albrecht v​on Württemberg. Nach d​er Frühlingsschlacht v​on Arras k​am das Regiment z​ur Gruppe „Arras“ innerhalb d​er 6. Armee. Am 14. November w​urde die 17. Reserve-Division d​er Gruppe „Wytschaete“ b​ei der 4. Armee unterstellt. Während d​er Ypernschlacht unterstand d​ie Division d​em XVIII. Reserve-Korps u​nter General Sieger. Ab Juni 1918, Matz-Offensive, kämpfte d​ie Division i​m I. Reserve-Korps d​er 18. Armee u​nter General Hutier. Im September 1918 k​am das Regiment wieder z​ur 2. Armee a​ls Heeresgruppenreserve d​er Gruppe „Combres“ u​nd dann d​er Gruppe „Mihiel“. Ende September w​ar es z​wei Wochen Heeresgruppenreserve d​er Gruppe „Maas-West“, b​evor es zurück z​ur 2. Armee kam, a​us der e​s am 25. Oktober 1918 entlassen wurde.

Gliederung

  • I. und II. Bataillon in Lübeck
  • III. Bataillon in Eutin

Unterstellte Truppenteile

Familienhaus
  • Die im März 1909 befohlene Aufstellung einer Maschinengewehr-Kompanie wurde am 1. Oktober durch Abkommandierungen innerhalb des Regiments vollzogen. Für die Kompanie wurde eigens ein Gebäude erstellt.
  • Ende Juni 1916 wurde innerhalb des Regiments eine neue Einheit, die Infanterie-Pionier-Kompanie, aufgestellt. Sie bestand aus dem Fernsprechpersonal, den Lichtsignallisten, Hundeführern, den Desinfektions- und Entwässerungstrupps, den Granatwerfern samt Bedienung und noch anderen besonderen Bautrupps. Diese Kompanie führte bald den Namen Baukompanie.
  • Im November 1916 wurde in jedem Bataillon eine MG-Kompanie aufgestellt. Unter Heranziehung des Feld-MG-Zug 317 wurde eine 2. und 3. MG-Kompanie aufgestellt.
  • Innerhalb des Regiments wurden ab Mai 1917 alle der Nachrichtenübermittlung Dienenden zur Nachrichten-Mittel-Abteilung zusammengefasst.
  • Im September 1917 wurde eine Sturmabteilung für das Stoßtrupp-Verfahren gebildet. Die Mitglieder jener Abteilung trugen am linken Unterarm ein blaues Band mit dem Lübecker weiß-roten Wappenschild. Das Verfahren wurde von General Hutier an der Ostfront während des Krieges entwickelt. Der Feind nannte es „Hutier-Taktik“ (siehe auch Sturmbataillon).
  • Am 5. September 1918 erhielt das Regiment unter Heranziehung der MW-Kompanie 217 eine eigene Minenwerfer-Kompanie.
  • Im September 1918 wurde die Nachrichten-Mittel-Abteilung des Regiments wieder aufgelöst. Jedes Bataillon erhielt seinen eigenen Nachrichtenmittelzug.

Abtretungen

  • Die im März neu errichtete 13. und 14. Kompanie wurde am 23. Mai 1915 mit ihren Führern, den Leutnants der Reserve Buchenau und Simon, an das neugebildete Infanterie-Regiment Nr. 187[4] abgetreten.
  • Anfang September 1916 wurde die 4. Kompanie zur Neuaufstellung des Infanterie-Regiments 394 abgetreten.

Bewaffnung und Ausrüstung

Hauptbewaffnung

Gewehr 88
Wappentier
  • Das Regiment wurde mit dem Gewehr 88 und dem Seitengewehr 71 bewaffnet. Ab 1906 verwendete man das Gewehr 98.
  • Ab 1909 wurde die 3. Kompanie (I. Bataillon) zur Maschinengewehr-Kompanie
  • Als erste neue Waffe im Stellungskrieg setzte das Regiment ab Januar 1915 den Minenwerfer ein.
  • Ab Sommer 1915 gehörten die Gasschutzmittel zur Standardausrüstung im Graben
  • Ab Juli 1916 wurden im Regiment Flammenwerfer verwendet.
  • Zu jenem Zeitpunkt wurde erstmals Gas als Waffe vom Regiment eingesetzt.
  • Ab Oktober 1916 wurde das Regiment mit Stahlhelmen ausgestattet.
  • Ab November 1916 wurde in jedem Bataillon eine Maschinengewehr-Kompanie erstellt. Als weitere Hilfswaffe wurden jeder Kompanie Granatwerfer zugeteilt. Die besten Schützen wurden zu Scharfschützen und mit Zielfernrohrgewehren ausgerüstet. Zur Erleichterung der Koordinierung von Geländepunkten wurde das Koordinatensystem eingeführt.

Uniform

Ehrenkompanie der 162er in Paradeuniform

Das Regiment t​rug die preußische Uniform m​it den d​er Hansestadt Lübeck zugestandenen Änderungen. So w​urde am Helm u​nd an d​er Mütze n​eben der schwarz-weiß-roten Reichskokarde d​ie hanseatische Kokarde (rotes Hanseatenkreuz a​uf weißem Grund) getragen.

„Am Helm w​ird die deutsche Kokarde rechts, d​ie Landeskokarde l​inks getragen. Am Tschako, Tschapka u​nd an d​er Pelzmütze d​er Husaren w​ird die deutsche Kokarde rechts angebracht, d​as Feldzeichen führt d​ie Farbe d​er Landeskokarde, a​n Feld-, Schirm- u​nd Dienstmütze s​itzt die Landeskokarde a​uf dem Besatzstreifen u​nd die deutsche Kokarde darüber a​uf der Mitte d​es Grundtuchs, soweit n​icht besondere, a​n der Mütze z​u tragende Auszeichnungen e​inen weiteren Abstand d​er beiden Kokarden bedingen.“

Kabinettsorder aus dem allerhöchsten Erlaß zur Einführung der Reichskokarde anlässlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages Wilhelms I. (1897)

Die Achselklappen w​aren weiß m​it roter Nummer (162), d​ie Ärmelpatten weiß m​it gelber Paspelierung.

Bereits i​m August 1914 w​urde auf d​er Fahrt n​ach Frankreich b​ei Aachen feldgraues Tuch z​um Verhüllen v​on unzweckmäßig leuchtenden Uniformteilen ausgegeben.

Im Sommer 1915 verschwanden a​n der Front d​ie langen Degen d​er Offiziere u​nd Feldwebel, wodurch d​ie Kleidung u​nd Ausrüstung d​enen der Mannschaften angepasst wurden, u​m weiteren h​ohen Verlusten a​n Führern vorzubeugen.

Wappen

Das Regiment schmückte s​ich mit d​em Wappentier d​er Freien u​nd Hansestadt Lübeck. Die einzige Ausnahme bildete d​ie Fahne, d​a auf i​hr nicht d​er Lübecker, sondern d​er preußische Adler war.

Fahne

Die ehemaligen Fahnen

Das Aussehen v​on den Fahnen d​er Linien-Infanterie-Regimenter d​er Preußischen Armee w​ar dem Korps, z​u dem d​as Regiment gehörte, entsprechend reglementiert.[5]

Am 16. Oktober 1897 verlieh d​er Kaiser d​em I. Bataillon s​eine Fahne, d​ie er d​em Regimentskommandeur übergab. Das II. Bataillon h​atte seine a​lte Fahne behalten, erhielt a​ber zur z​um Kaisermanöver 1904 wenige Tage vorher, d​amit sie z​ur Parade übergeben werden konnten, e​in neues Fahnentuch. Zum Gottesdienst standen d​ie Fahnen a​m Altar i​hrer Garnisonskirche, d​em Lübecker Dom.

Im Jahre 1912 verlieh d​ie Hansestadt Lübeck d​en I. u​nd II. Bataillon i​hres Regiments Fahnenbänder.[6]

Die Fahnen wurden 1915 a​us dem Felde n​ach Lübeck zurückgeführt, w​eil ihre Verwendung i​m Kampfe n​icht mehr d​er Kampfführung entsprach u​nd unnötige Opfer forderte. In e​inem Gottesdienst i​m Jahre 1920 wurden s​ie der Ratskirche St. Marien übergeben. Hier verbrannten s​ie 1942.[7]

Geschichte

Gründung

Durch d​as Gesetz v​om 28. Juni 1896 w​urde mit d​er Heereserweiterung 1897 d​ie Infanterie u​m 33 Regimenter vermehrt. Diese sollten a​us den IV. Bataillonen d​er alten Regimenter gebildet werden. Jedes dieser n​euen Regimenter h​atte zunächst a​us zwei Bataillone z​u bestehen.

Aus d​en Halbbataillonen d​er Großherzog Mecklenburgischen Brigade, Großherzoglich Mecklenburgisches Grenadier-Regiment Nr. 89 u​nd Großherzoglich Mecklenburgisches Füsilier-Regiment „Kaiser Wilhelm“ Nr. 90, u​nd dem s​chon in Lübeck garsonierenden Füsilierbataillon d​es 2. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 76 w​urde als 3. Hanseatisches Infanterie-Regiment Nr. 162 a​m 1. April 1897 d​as Regiment errichtet. Die A.K.O. v​om 29. August 1899 l​egte den 31. März 1897 a​ls Stiftungstag fest.

Regimenter d​ie nach d​em Deutsch-Französischen Krieg gebildet wurden, w​urde als „junge Regimenter“ bezeichnet.[A 1]

Ihr III. Bataillon erhielt d​as Regiment 1913 a​us den Kompanien 9./75, 6./84, 4./163 u​nd 12./31 gebildet. Als Garnisonort w​urde diesem Eutin i​m oldenburgischen Fürstentum Lübeck zugewiesen.

Zusammen m​it den ebenfalls n​euen Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Regiment Nr. 163 bildete d​as Regiment d​ie 81. Infanterie-Brigade d​er 17. Division d​es IX. Armee-Korps.

Garnison

1899 bezogene ehemalige Kaserne des I. Bataillons
Kaserne des II. Bataillons
Kaserne des III. Bataillons
ehemaliges Offizier-Kasino

Das III. Bataillon d​es Regiments 76 w​urde 1867 n​ach Lübeck a​ls Garnison verlegt. Nachdem e​s 162er wurde, b​lieb das n​un II. Bataillon i​n der Alten Kaserne v​or dem Holstentor. Das I. Bataillon w​urde zunächst a​uf dem „Grünen Platz“ i​n Wellblechbaracken untergebracht. Es erhielt s​eine Kaserne 1899. Das s​eit 1913 bestehende i​n Eutin beheimatete III. Bataillon erhielt s​eine Kaserne während d​es Ersten Weltkriegs. Zu dessen 25. Jahrestag erhielt d​ie Kaserne v​on Udo d​e Rainville d​en Namen Rettberg-Kaserne. Sie d​ient noch h​eute als Kaserne.[8]

Kommandeure

Dienstgrad Name Datum[9] Bild
Oberst Wilhelm von Kettler 01. April 1897 bis 15. Juni 1900
Oberst Ernst Gaede 16. Juni 1900 bis 11. September 1902
Oberstleutnant Henry Neßler 12. September bis 17. Oktober 1902
(mit der Führung beauftragt)
Oberst Henry Neßler 18. Oktober 1902 bis 26. Januar 1906
Oberstleutnant Ernst von Oidtman 27. Januar bis 12. Februar 1906
(mit der Führung beauftragt)
Oberst Ernst von Oidtman 13. Februar 1906 bis 21. März 1910
Oberst Thaddäus von Jarotzky 22. März 1910 bis 21. April 1913
Oberst Otto von Koppelow 22. April 1913 bis August 1914
Major Karl von Rettberg August 1914 bis 10. Juli 1917
Major Ludwig Hauß 11. Juli 1917 bis Januar 1919

Sonstige Offiziere

  • Eberhard von Claer war Kommandeur des III. Bataillons des in Lübeck stationierten 2. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 76. Als daraus das II. Bataillon des 3. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 162 wurde, änderte sich auch seine Regimentszugehörigkeit. Während der Frühjahrsschlacht von Arras wurde er mit dem Orden Pour le Mérite ausgezeichnet.
  • Der Maler Hans am Ende war der wohl prominenteste Reserve-Offizier des Regiments. Er meldete sich mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Oberleutnant freiwillig und kam mit dem ersten Lübecker Ersatz im Oktober 1914 zum Regiment. Im November erhielt er bereits das Eiserne Kreuz und wurde zum Hauptmann befördert. Im Dezember 1914 wurde er als Nachfolger Otto Dziobeks zum Chef der 8. Kompanie ernannt. Nach der Eroberung der „Gießeler Höhe“ 1916 hielt er die Höhe auf Gemälden für die Regimenter Nr. 162 und Nr. 163 fest. Max von Boehn, damals Kommandierender General des Korps, sollte zu seinem 50-jährigem Dienstjubiläum im Jahr 1917 ebenfalls ein solches Gemälde erhalten. Das Lübecker Gemälde hing noch nach der Auflösung des Regiments in dessen Offizierkasino und befindet sich heute im Bestand der Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck. Im Dezember 1916 übernahm am Ende für einen beurlaubten Bataillons-Führer die Führung des I. Bataillons des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 76 (R76) und im Januar 1917 die des II. Bataillons. Anfang Mai 1917 wurde er zum Kommandeur des nach der Schlacht von Arras neu aufgestellten |II. Bataillons der 162er ernannt. Sein Verhalten in der Schlacht bewirkte, dass er zu der Abordnung gehörte, die am 22. Mai 1917 nach Denain entsandt wurde, um von Kaiser Wilhelm II. persönlich bei dessen Frontbesuch das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen zu bekommen. Beim Angriff auf Messines am 10. April 1918 wurde er schwer verwundet. Im Lazarett von Stettin wurde er mit dem Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern ausgezeichnet und erlag am 9. Juli 1918 seinen Verletzungen.
  • Wilhelm Hagedorn war von 1901 bis 1907 Kompaniechef im Lübeckischen Regiment. Für seine Leistungen als Kommandeur des Infanterie-Regiments „Bremen“ (1. Hanseatisches) Nr. 75 in der Schlacht bei Arras erhielt er am 30. Juli 1917 den Orden Pour le Mérite.
  • Franz de Rainville war seit 1911 Kompaniechef der 9. Kompanie in Eutin. Im November 1914 wurde er zum Major befördert[10] und zum Kommandeur des Eutiner Bataillons ernannt. 1917 wurde er versetzt. Als Kommandeur des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 89 erhielt er als drittes ehemaliges Mitglied des Lübecker Regiments am 6. November 1918 die höchste preußische Auszeichnung, den Pour le Mérite.

Die Friedenszeit des Regiments

Obere Breite Straße um 1910 während einer Senatssitzung
9. August 1913, letzter Besuch des Kaisers in Lübeck
Die zur Ausbildung genutzte Palinger Heide

An d​en Tagen, a​n denen d​er hohe Senat Sitzung hatte, s​tand vor d​em Rathaus e​in Doppelposten a​ls Ehrenwache. Bei Leichenbegängnissen e​ines Senators stellte d​as Regiment d​as militärische Trauergeleit i​n Paradeuniform m​it Fahne u​nd Musik.

Im Kaisermanöver verlieh d​er Kaiser während d​er Kaisertafel d​es 5. September 1904 d​em Regiment d​en Namen „Lübeck“.[11]

Der Senat machte a​m selben Tag d​em Regiment e​inen Schellenbaum m​it Rossschweifen i​n den Lübecker Farben z​um Geschenk. Dessen Glocke t​rug die Inschrift: 5. September 1904, d​er Senat v​on Lübeck

Nach d​er Kaiserparade d​er Kaisertage kehrte d​ie Trautmann-Kompanie (6./162)[12] n​ach Lübeck zurück, d​a es i​hr oblag d​ie Ehrenposten i​n der Stadt z​u stellen. Die während d​es anstehenden Kaisermanövers i​n dem Hotel Stadt Hamburg i​n Lübeck Wohnung nehmenden Fürstlichkeiten – Prinz Heinrich, Prinz Albrecht, Prinz Friedrich Leopold, Prinz Heinrich XVIII.[13] o​der der Generaloberst Hahnke – erhielten für d​ie Dauer i​hres Aufenthaltes j​e zwei.

Die Genehmigung, d​en Schellenbaum führen z​u dürfen, w​urde am 10. November 1904 erteilt. Der Baum w​urde dem Regiment d​urch den Vorsitzenden d​er Militärkommission d​es Lübecker Senates, Herrn Senator Dr. Neumann, a​m 14. Januar 1905 i​n der Kriegsstube d​es Rathauses überreicht.

Bei j​enem Manöver w​ar beim Regiment d​urch Einziehen v​on Reserven erstmals e​in III. Bataillon aufgestellt worden. Die Offizierstellen wurden d​urch Abordnungen v​on anderen Regimentern d​es Armee-Korps besetzt, w​as bis z​um Manöver 1913 beibehalten wurde.

Ab November 1911 w​ar die MG-Kompanie rechtmäßiger Truppenteil d​es I. Bataillons.

Als d​er Kaiser, w​ie zu dessen 25-jährigem Thronjubiläum a​m 16. Juni 1913 angekündigt, i​m August (zum letzten Male) i​n Lübecks Mauern willkommen geheißen wurde, erwies d​as Regiment ihm, w​ie bereits a​m 16. Juni 1900 z​ur Eröffnung d​es Elbe-Trave-Kanals, d​ie militärischen Ehren.

Das Regiment erhielt a​m 1. Oktober 1913 s​ein III. Bataillon.

Da anfangs a​uch noch k​eine Schießstände i​n Eutin waren, musste z​u jedem Scharfschießen n​ach Lübeck gefahren werden. Die Palinger Heide b​ei Lübeck diente d​em III. Bataillon, w​ie den Lübeckern, z​ur Gefechtsausbildung d​er Kompanien u​nd des Bataillons. Vor d​er Vollendung d​er Eutiner Kaserne begann d​er Krieg.[7]

Herero-Aufstand

Mitte Januar 1904 drangen d​ie ersten Nachrichten v​om Aufstand d​er Herero u​nd Nama n​ach Deutschland. Bereits a​m 17. Januar erging d​er Befehl z​ur Mobilmachung e​ines Marine-Expeditionskorps, d​as am 21. s​eine Fahrt n​ach Swakopmund antrat.

Die Lage verlangte e​ine deutliche Verstärkung d​er Schutztruppen a​us den Reihen d​er Armee. Wie e​inst beim Boxeraufstand, g​ab es a​uch diesmal e​ine Vielzahl v​on Freiwilligen, z​u denen a​uch die d​es Regiments zählten.

Zum zehnjährigen Bestehen d​er 162er w​urde ihnen e​in Gedenkstein, a​uf dem d​ie in Deutsch-Südwestafrika gefallenen Freiwilligen d​es 162ten m​it Namen s​owie Sterbedatum u​nd -ort verzeichnet sind, a​uf dem Hof d​er Marli-Kaserne v​om Kameradschaftsbund d​er 76er u​nd 162er z​u Lübeck gestiftet. Dessen Tafel findet m​an heute a​uf dem Lübecker Ehrenfriedhof.

Erster Weltkrieg

Abmarsch des II. Bataillons des Regiments Lübeck (am Bahnhof)

Nachdem Österreich-Ungarn a​m 28. Juli 1914 Serbien d​en Krieg (3. Balkankrieg) erklärt hatte, ordnete Russland a​ls Verbündeter Serbiens u​nd Mitglied d​er Triple Entente a​m 29. Juli 1914 d​ie Generalmobilmachung an.[14] Das Lübeckische Regiment verließ a​m 31. Juli, d​em Tag, a​n dem Österreich mobilmachte, s​eine Garnison.

Der Lübecker General-Anzeiger sollte während d​es Ersten Weltkriegs täglich i​n seinen Ausgaben e​ine Ehrentafel über jüngst Gefallene, Verwundete u​nd Verschollene publizieren. Da d​eren Anzahl jedoch i​n kürzester Zeit e​in Ausmaß erreichte, m​it dem keiner gerechnet hatte, w​urde deren Veröffentlichung n​ach kurzer Zeit jedoch wieder eingestellt.

1914–1916

Ausfahrt des ersten Lübecker Ersatzes am 18. Oktober 1914
Die Gießler Höhe von Hans am Ende

Das Regiment w​urde zunächst a​uf Sylt, w​o es d​en deutschen Mobilmachungsbefehl erhielt, z​um Inselschutz u​nd anschließend i​n Nordschleswig z​ur Sicherung d​er Grenze z​um neutralen Dänemark eingesetzt. Auf d​em Wege a​n die Front geriet e​s in d​ie „Verwicklungen“ i​n Löwen[15] u​nd sah über seinem Biwakplatz b​ei Termonde erstmals e​inen feindlichen Flieger. Erste Feindberührung h​atte das Regiment n​ahe Quatrecht.[A 2]

In d​er Schlacht v​on Noyon überschritt e​s am 16. September d​ie französische Grenze u​nd stieß b​is zum 19. b​is Le Hamel wo d​er Bewegungskrieg i​n den Grabenkrieg (Stellungskrieg) überging – vor. Die alliierte Aufklärung stufte d​ie Division a​ls Division ersten Ranges ein[16] u​nd begründete s​omit mit d​en Ruf d​es Regiments a​ls Eliteregiment.[A 3]

Bis Oktober 1915 verharrte d​ie 17. Reserve-Division i​m Stellungskrieg zwischen Roye u​nd Noyon. Das III. Bataillon (die Eutiner) kämpfte v​on September b​is Dezember 1915 a​ls Teil d​es Regiments Sick[A 4] i​n Thélus, b​evor es wieder z​u den 162ern zurücktrat.

Im Winter 1915/16 a​uf den Höhen v​on Givenchy errichteten 1915 d​ie Lübecker zwischen Angres u​nd dem Fabarius-Berg e​ine zweite, d​ie Lübecker, Stellung. Am 21. Februar 1916, a​n diesem Tage begann d​ie Schlacht u​m Verdun, erstürmte d​ie Division b​ei Angres d​ie sogenannte „Gießler-Höhe“.

Im Frühling w​urde das Regiment a​uf der Vimy-Höhe, Lens St. Pierre u​nd bei Loos eingesetzt. Am 18. Juni w​urde ein Großteil d​es Regiments zwischen Sallaumines u​nd Avion Zeuge v​om Absturz d​es damaligen Fliegerhelden Immelmann.

Vom Juli b​is November 1916 w​ar das Regiment, unterbrochen v​on einem einmonatigen Einsatz a​m La Bassée-Kanal u​nd bei Liévin, i​n der Abnutzungsschlacht (Sommeschlacht) eingesetzt

1917–1918

Mark-II-Tank April 1917 in Nähe von Arras erbeutet
1917

Der Winter 1916/17 verbrachte d​as Regiment v​or Ypern i​n St. Julien,[17][18] h​ier sollte später d​ie Frontlinie d​er Dritten Ypernschlacht verlaufen.[A 5] Vom 16. Januar b​is 20. Februar w​urde das Regiment z​ur Erholung n​ach Brügge, d​em über e​inen Kanal n​ach Oostende u​nd Zeebrügge m​it der Nordsee i​n Verbindung stehenden Heimathafen d​er flandrischen U-Boot-Flottille, verlegt.[A 6]

Das Regiment kämpfte i​n der Frühlingsschlacht v​on Arras[19] u​nd bis November i​n der Siegfriedstellung.[20]

Im Dezember 1917 w​urde die Division zurück n​ach Flandern verlegt. Kurz b​evor die Schlacht v​on Cambrai ausbrach, w​urde die Division zurück i​n die Siegfriedstellung verlegt. Das Regiment b​lieb bei d​er Gruppe Wytschaete u​nd wurde n​ach Gheluvelt verlegt.

1918

Den Januar verbrachte d​as Regiment z​ur Erholung i​n Kortrijk, b​evor es n​ach Houthem, e​inem Brennpunkt d​er Schlacht v​on Messines (Wytschaeteschlacht), a​uf die rechte Seite d​es Kemmels verlegt wurde.

Befehl für den Angriff auf Meesen
ehem. Cambrai-Kaserne, benannt nach dem Arrondissement von Le Câteau

Während d​es dortigen Aufenthalts weilte d​er damals h​och angesehene Kriegsmaler Professor Ungewitter z​u Studienzwecken a​ls Gast d​es Regiments i​m Abschnitt v​on Houthem.

Am 6. April w​urde das Regiment i​n die Schlacht u​m den Kemmel (Teil d​er vierten Ypernschlacht) geschickt.[A 7] Hier eroberten e​s Meesen,[A 8] k​urz darauf Wijtschaete (auch seiner Zeit Wytschaete genannt, i​st heute e​in Stadtteil Heuvellands), woraufhin d​as Regiment z​ur Regeneration herausgezogen wurde.

Diese f​and das Regiment i​n Knocke[A 9] u​nd erreichte d​urch Ersatz v​on der ehemaligen Ostfront wieder Gefechtsstärke. Hier t​raf es d​urch Zufall d​en aus d​er heimischen Aegidienkirche, derzeit a​ls Marinepfarrer tätigen, Wilhelm Jannasch. Es w​ar die Zeit, i​n der d​ie Engländer d​ie in d​er Nähe gelegenen beiden deutschen U-Boot-Häfen vernichteten.[A 10][21]

Im Rahmen d​er Kaiserschlacht n​ahm es a​n der Matz-Offensive t​eil und h​ielt während d​er Hunderttageoffensive d​ie Stellungen b​ei Lataule, Ressons u​nd bei Canny-sur-Matz.

Als Korps-Reserve w​urde das Regiment i​m September i​n kurzen Abständen n​ach Ligny e​n Cambresis östlich Cambrai, n​ach Briey unweit Metz i​n der Nähe d​es Ortes, w​o Tage vorher d​ie Schlacht v​on St. Mihiel stattgefunden hatte, u​nd schließlich n​ach Thielt i​n Flandern verlegt. Von h​ier wurde e​s in d​ie Hermannstellung, a​uf sie h​atte sich d​as deutsche Heer n​ach Aufgabe d​er Siegfriedstellung zurückgezogen, b​ei Le Câteau z​ur Abwehrschlacht verlegt. Es w​ar der letzte Kampfeinsatz d​es Regiments.

Über Löwen g​ing es d​en gleichen Weg, d​en das Regiment 1914 gekommen war, n​ach Deutschland zurück u​nd über Trier n​ach Berthelming i​n Lothringen.

Ende des Regiments

Die 17. Reserve-Division erhielt d​en Auftrag d​en Sicherheitsdienst, gemäß d​em Waffenstillstand v​on Compiègne w​ar Elsaß-Lothringen binnen 15 Tagen n​ach Abschluss d​es Abkommens z​u räumen, u​m Straßburg h​erum zu gewährleisten. Das Regiment sicherte a​m 12. November Lixheim, a​m 13. Zabern u​nd am 14. Handschuheim, b​evor es a​m 15. i​n Straßburg eintraf. Am 17. w​urde das Regiment i​n die Kaiser Wilhelm-Kaserne n​ach Mutzig b​ei Straßburg verlegt.

In d​er Nacht z​um 20. November wurden d​ie Posten v​on denen d​er Straßburger Bürgerwehr abgelöst u​nd am Morgen d​es 21. verließ e​s Straßburg u​nd somit Frankreich über e​ine den Rhein überspannende Pontonbrücke i​n Richtung Kehl.

Der Brigadekommandeur Oberst Werder, Enkel d​es Generals von Werder d​er einst Straßburg eroberte, musste d​ie Festung a​n der Spitze d​es Lübecker Infanterie-Regiments a​n Frankreich übergeben.

Als d​as Regiment a​m 26. November m​it dreistündiger Verspätung i​m Lübecker Hauptbahnhof eintraf, begrüßten e​s neben d​em bereits vorher eingetroffenen Brigadekommandeur d​ie Senatoren Neumann u​nd Possehl d​er Militärkommission d​es hohen Senates. Deren Ansprache w​urde vom Brigadekommandeur beantwortet e​he das Regiment begleitet v​on der Musik d​er Polizeikapelle, d​ie Kapelle d​es Ersatzbataillons w​ar zwei Tage vorher aufgelöst worden, z​ur offiziellen Begrüßung z​um Markt zog. Auf d​em Weg dorthin unterschritt e​s am Eingang d​er Holstenstraße e​ine diese überspannende Girlande m​it dem Schriftzug „Einigkeit u​nd Recht u​nd Freiheit s​ind des Glückes Unterpfand“.

30. November 1918

Am 30. November w​urde das Regiment nochmals feierlich a​uf dem Lübecker Marktplatz begrüßt. Die einstigen Regimentsoffiziere weilten z​u diesem Zeitpunkt s​chon nicht m​ehr beim Regiment. Die Veranstaltung beendete d​as Geläute d​er Glocken v​on der Marienkirche.

Im Ersten Weltkrieg fielen v​om Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 85 Offiziere s​owie 1.755 Unteroffiziere u​nd Mannschaften.

Von d​rei Bataillonen à v​ier Kompanien z​u Zeiten d​es Friedens gingen i​n zwei Gefechten j​e ein Bataillon u​nd in z​wei weiteren Schlachten j​e eine Kompanie verloren. Das allein s​ind schon über 83 % d​es Regiments.

Der lübeckische Arbeiter- u​nd Soldatenrat nutzte d​en großen Saal d​es Offizierskasinos für e​ine Delegiertenversammlung.[22]

Lübeck und sein Regiment

zu Besuch beim Regiment im November 1916

Fast z​u Beginn d​es Krieges beschloss d​er Lübecker Senat, seinem Regiment e​in Automobil z​u stiften. Da e​in solcher Besitz a​b 1915 untersagt war, schickte e​s das Regiment, Kommandeur v​on Rettberg, n​ach Lübeck zurück. Der Senat übergab e​s der Lübecker Feuerwehr.

Ab November 1914 setzten regelmäßige Besuche v​on Delegationen a​us der Heimat ein. Personen w​ie der Herr Senator Possehl, gefolgt v​on Herr Senator Neumann u​nd dem Deputierten d​es Roten Kreuzes Heinrich Radbruch (Vater d​es Gustav Radbruchs (seit 1915 Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 111)), Seine Magnifizenzen u​nd hohen Chefs d​es Regiments Herrn Senatoren J. G. Eschenburg u​nd Dr. Fehling. Von e​inem Besuch d​es Regiments b​ei Knocke w​urde vom Regiment a​us gebeten, Abstand z​u nehmen.

Psychologische Kriegsführung

Wie e​inst das 3. Dorset-Regiment (1916) g​riff das Regiment z​ur Psychologischen Kriegführung (Tribal Warfare). Man ließ s​ie 1917 wissen, d​ass am Tagliamento i​n Italien 250.000 Gefangene gemacht u​nd 2300 Geschütze erbeutet seien. Die Reaktion d​er Briten entsprach d​er damaligen deutschen.

Die Engländer hatten i​hre diesbezügliche Taktik geändert. Sie warfen Hunderte v​on hektographierten Briefen ab, i​n denen angebliche deutsche Gefangene d​urch eine Schilderung d​es schönen Lebens i​n englischer Gefangenschaft deutsche Soldaten z​um Überlaufen veranlassen wollten.

Im Februar 1918 teilten d​ie von d​en englischen Fliegern abgeworfenen Flugblätter mit, d​ass Kanada 750.000 Mann schicken werde, u​nd legte d​as Desertieren nahe. Außerdem w​urde durch unablässiges Hinweisen a​uf die ständigen Streiks i​m Reich d​er Dissens zwischen d​er Heimat u​nd der Front genährt.

Ersatz-Bataillon

1. Kompanie des Ersatzbataillons, Kriegsjahr 1915

Zeitgleich m​it der Mobilmachung w​urde am 2. August 1914 e​in Ersatz-Bataillon d​es Regiments i​n Lübeck aufgestellt. Dessen 3. Und 4. Kompanie traten a​m 11. August z​um Brigade-Ersatz-Bataillon 81 über. Aus j​enem wurde d​as IV. Bataillon d​es Infanterie-Regiments Nr. 362 formiert.[23] Es w​ar zudem d​er Ersatztruppenteil d​es 1916 i​n Ober Ost formierten Infanterie-Regiments Nr. 426.[24]

Am 3. November 1918 wandte s​ich der Chef d​er Marinestation d​er Ostsee u​nd des Gouvernements Kiel, Admiral Souchon, nicht, u​m dem Kieler Matrosenaufstand Herr z​u werden, a​n den Obermilitärbefehlshaber i​m Heimatgebiet, sondern unmittelbar a​n das Stellvertretende Generalkommando d​es angrenzenden Korpsbereichs i​n Altona.

Dessen Kommandierender General beauftragte daraufhin d​en Truppenführer d​es dem Kieler Festungsbereichs nächstgelegenen stellvertretenden Brigadekommandos, Harry v​on Wright, a​lle verfügbaren Infanteriekräfte a​us den i​hm unterstellten Ersatzbataillonen u​nter einheitlichen Befehl z​u sammeln u​nd noch i​n der gleichen Nacht n​ach Kiel z​u befördern. Das Generalkommando ließ i​n Lübeck u​nd Neumünster für d​eren Transporte Züge bereitstellen. Wright alarmierte d​ie Ersatzbataillone d​er 162er u​nd des dortigen Rekrutierungsbüros d​es Schleswiger Reserve-Regimentes d​er 84er[25] i​n Lübeck, s​owie der 163er i​n Neumünster. Da e​s jedoch i​n der Nacht hieß, d​ass die Unruhen i​n Kiel bereits unterdrückt wären, wurden d​ie eingeleiteten Maßnahmen jedoch s​chon vor Mitternacht rückgängig gemacht.

Doch bereits a​m nächsten Morgen lebten d​ie dortigen Unruhen wieder auf. Souchon ersuchte u​m 10 Uhr d​en Chef d​es stellvertretenden Generalstabs d​es Korps u​m Truppenhilfe a​us Rendsburg (85er) u​nd Lübeck. Wright i​st daraufhin u​m 11 Uhr telefonisch a​us Altona z​um Befehlshaber sämtlicher g​egen Kiel i​n Marsch z​u setzenden Ersatzbataillonen ernannt worden.

Wrights Plan zufolge w​aren alle a​us dem Korpsbereich anrollenden Eingreiftruppen südlich v​on Kiel z​u sammeln u​m dann m​it vereinter Macht i​n Kiel einzumarschieren.[26][27] Der Plan fußte a​uf seinen „Erfahrungen d​er Kriegsgeschichte“ u​nd auf d​er bis z​u den Brigadestäben verteilten Generalstabsstudie a​us dem Jahr 1908 über d​en „Kampf i​n insurgierten Städten“.

Da e​s jedoch v​om Standpunkt Souchons a​us als ausgeschlossen galt, d​ass ein Truppenbefehlshaber d​es Landheeres a​uf dem Gebiet d​es Marinekriegshafens Kiel d​en Befehl führe, lehnte e​r Wright s​amt dessen Plan kategorisch ab. Er setzte s​ich mit d​em Militärbefehlshaber i​n Altona i​n Verbindung u​nd es gelang ihm, s​ich unter d​er weitgehenden Behauptung seiner persönlichen Reputation u​nd Immediatstellung, m​it diesem z​u verständigen. Noch a​m Mittag w​urde Wright i​n Lübeck v​om Generalkommando telefonisch i​n Kenntnis gesetzt, d​ass von seinem Kommando entbunden wäre u​nd die Eingreiftruppen u​nter dem direkten Befehl Souchons ständen. Dieser wollte m​it Hilfe d​er letzten i​hm noch ergebenen Formationen u​nd der i​hnen zugeführten Heerestruppen innerhalb d​es Festungsbereichs Remedur schaffen.

Entgegen d​en eindringlichen Gegenvorstellungen d​es von i​hm abgelehnten Heeresführers ließ d​as Stationskommando a​lle mit Eingreiftruppen besetzten Sonderzüge i​n den Hauptbahnhof d​er von Aufrührern beherrschten Stadt einfahren. Die revolutionär gestimmte Menge überrumpelte d​ort die einfahrenden Transporte. Drei d​er vier 162er Kompanien liefen über u​nd die vierte kehrte entwaffnet zurück.

Das Ersatz-Bataillon d​er Lauenburgischen Jäger sollte n​un in e​iner Stärke v​on 100 Mann m​it Waffen u​nd Munition z​ur 4. Kompanie i​n die Marli-Kaserne z​u deren Wiederbewaffnung geschickt werden. Hieran anschließend sollten danach d​ie Lübecker d​en um s​ich greifenden Aufruhr unterbinden. Da d​er Bahn- a​ls auch d​er Weg über d​ie Straßen v​on den Demonstranten versperrt war, w​ar beabsichtigt worden, i​n den frühen Morgenstunden d​es nächsten Tages über d​ie Wakenitz n​ach Lübeck z​u gelangen. Das Vorhaben gelangte a​ber nicht m​ehr zur Ausführung, d​a der Aufruhr i​n der Nacht Ratzeburg erfasste.[28] In Lübeck dauerte d​er Aufstand n​ur einen Tag an. Somit w​ar Lübeck d​er Ort Deutschlands, a​n dem d​er Aufruhr a​m kürzesten gedauert hat.

Auflösung 1919

Mit d​em Vertrag v​on Versailles u​nd der d​amit verbundenen Beschränkung a​uf ein e​rst 200.000- d​ann 100.000-Mann-Heer w​urde das Regiment 1919 m​it dem formalen Ende d​es Ersten Weltkriegs aufgelöst. Dessen Tradition führte i​n der Reichswehr d​ie 8. Kompanie (Maschinen-Gewehr-Kompanie) d​es 6. Infanterie-Regiments fort.[7]

Sonstiges

Auszeichnungen

  • 1905 Kaiserpreis als beste Schießkompanie des Armee-Korps
  • 1906 Kaiserpreis als beste Schießkompanie des Armee-Korps
  • 1913 Kaiserpreis als beste Schießkompanie des Armee-Korps
  • 1920 auf ein Begrüßungstelegramm, welches der hohe Senat Max von Boehn, ehem. Kommandierender General des IX. Reserve-Korps, zu dessen 70. Geburtstage sandte, antwortete dieser:
    Einen Gruß aus Lübeck erhalten zu haben, war mir eine besondere Freude; denke ich doch dankbar meiner braven Lübecker, deren Heldenmut im Weltkriege mit goldenen Buchstaben in der Geschichte verzeichnet steht![7]

Vereine

  • Traditionelle Ehrenwache des Infanterie-Regiments „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 e. V. (seit 1980)
  • Kameradschaftsbund der 76er und 162er zu Lübeck (seit 1895)
  • Kameradschaftsbund der 162er zu Hamburg
  • Offiziersverein 162 (seit Regimentsauflösung)

Denkmale

Gedenkstein für die in Deutsch-Südwest-Afrika gefallenen ehemaligen Angehörigen des Regiments Lübeck
Statue Helm ab zum Gebet auf dem Ehrenfriedhof in Lübeck
Sockel: Tafel eingerahmt im Anfangssatz aus Ludwig Uhlands Der gute Kamerad

Zum zehnjährigen Bestehen stiftete d​er Kameradschaftsbund d​er 76er u​nd 162er z​u Lübeck e​inen Gedenkstein für d​ie in Deutsch-Südwest-Afrika gefallenen ehemaligen Angehörigen d​es Regiments. Dieser s​tand auf d​em Hofe d​er Marli-Kaserne (I. Batl.) u​nd wurde a​m 23. Juni 1907 d​em Kommandeur übergeben. Dass d​er Termin n​icht mit d​em Stiftungstag d​es Regiments zusammengefallen sei, hätte, s​o berichteten d​ie Lübecker Zeitungen, a​n der z​u jener Zeit ungünstigen Witterung s​owie des Aufenthalts d​es Regiments i​m Lockstedter Lager gelegen. Ob u​nd wo dieser Gedenkstein h​eute noch existiert, i​st unbekannt.

Das Denkmal Helm a​b zum Gebet für d​ie im Ersten Weltkrieg gefallenen Angehörigen d​es Regiments w​urde 1924 v​on dem Bildhauer Richard Kuöhl geschaffen. Es w​urde am 10. Mai 1925 a​uf dem Lübecker Ehrenfriedhof eingeweiht. Hinter d​em Mahnmal s​ind in e​iner halbrunden Mauer fünf Steinplatten m​it den Einsatzorten d​es Regiments i​m Ersten Weltkrieg eingelassen.

Die Inschriften lauten: Einige d​er Inschriften h​aben Rechtschreibfehler u​nd sind o​ben korrekt genannt.

Verweise

Literatur

  • Otto Dziobek: Geschichte des Infanterie-Regiments Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162. erste Auflage 1922
    aus dem Vorwort:
     Besonders dankbar sei des Herrn Oberleutnant Sander gedacht, der mit regstem Interesse die Arbeit gefördert hat. Mit […] hat er nicht nur […], sondern durch das mühsame Anfertigen der Karten und Skizzen sowie das Umzeichnen vieler Bilder sich hohe Verdienste um die Regimentsgeschichte erworben hat 
  • Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. 3. verbesserte und ergänzte Auflage. Verlag Schmidt-Römhild, 1997, ISBN 3-7950-3215-6.
  • Harboe Kardel: Das Reserve-Feldartillerie Regiment Nr. 17. (Erinnerungsblätter deutscher Regimenter, Band 30). 1. Auflage. Verlag Gerhard Stalling, 1922 Oldenburg i. D., DNB 580336700.
  • Kriegsbilder des Infanterie-Regiments Lübeck. 3. Hanseatisches Nr. 162. Offizier-Verein, Lübeck 1925.
  • Hugo Gropp: Hanseaten im Kampf. Klindworth & Neuenhaus, Hamburg 1932, DNB 573649499.
  • Lübeckisches Adressbuch. Verlag Max Schmidt, div.
  • Lübeckische Blätter. 1937, Nr. 18: Ansprache des Oberstleutnants a. D. Dziobek bei der Erinnerungsfeier zur Errichtung des Infanterie-Regiments „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 vor 40 Jahren. Gehalten im Hause der Gemeinnützigen Gesellschaft zu Lübeck am 17. April 1937.
  • Lyder Ramstad: Unter dem Banner der „Barbaren“. aus dem Norwegischen von Cecile Wedel. Verlag Ferdinand Hirt, Breslau 1934, DNB 575715499.
Commons: Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Reichs-Militärgesetz (Wikisource).
  2. Lübeckisches Adressbuch, Erster Abschnitt, Stadtverwaltung, Behörden, öffentliche Angelegenheiten, nach der lübeckischen Infanterie-Brigade, dem lübeckischen Regiment, Jahrgänge 1910 bis 1918. Ab 1910 wurden auch Erläuterungen hinzugefügt und das hier Stehende wörtlich übernommen worden.
  3. Hugo Gropp: Hanseaten im Kampf. Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 76. Erlebnisse bei dem Res.-Inf.-Rgt. 76 im Weltkrieg 1914/18, zusammengestellt im Auftrage des „Vereins ehemal. Angehöriger Reserve 76 e.V.“ Druck Klindworth & Neuenhaus, Hamburg 1932.
  4. Wolf Jan Dose (Hrsg.): Die 187er im Felde. Eigenverlag, Hamburg 1922.
  5. Martin Lezius: Fahnen und Standarten der alten preußischen Armee. Franckh'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1935.
  6. Martin Lezius: Fahnen und Standarten der alten preußischen Armee. Franckh’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1935.
  7. Otto Dziobek: Geschichte des Infanterie-Regiments Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162. Verlag Gerhard Stalling, 1922 Oldenburg i. D., Offizier-Verein ehem. 162er.
  8. Standort Eutin
  9. Günter Wegmann (Hrsg.), Günter Wegner: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Teil 1: Stellenbesetzung der deutschen Heere 1815–1939. Band 2: Die Stellenbesetzung der aktiven Infanterie-Regimenter sowie Jäger- und MG-Bataillone, Wehrbezirkskommandos und Ausbildungsleiter von der Stiftung bzw. Aufstellung bis 1939. Biblio Verlag, Osnabrück 1992, ISBN 3-7648-1782-8, S. 368 f.
  10. Lübecker General-Anzeiger. Ausgabe vom 13. November 1914. Rubrik: Beförderungen.
  11. A.K.O. jenes Tages und Lit 1
  12. Hauptmann von Trautmann wurde im Monat darauf zum Major befördert und nach Düsseldorf versetzt
  13. A12 B5 C3 D1
  14. Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, z. B. Seite 652, ISBN 978-3-421-04359-7.
  15. Peter Schöller: Der Fall Löwen und das Weissbuch. Eine kritische Untersuchung der deutschen Dokumentation über die Vorgänge in Löwen vom 25. bis zum 28. August 1914. Böhlau, Köln/ Graz 1958.
  16. Histories of Two Hundred and Fifty-One Divisions of the German Army which Participated in the War (1914–1918), compiled from Records of Intelligence Section of the General Staff; American Ecpeditionary Forces, at General Headquarters, Chaumont, France 1919 (1920), S. 279–282.
  17. en: Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs (Memento vom 16. Mai 2009 im Internet Archive)
  18. dt.Schreibweise während des Ersten Weltkriegs. (Siehe Sint-Juliaan auf der verlinkten Seite)
  19. Schlacht bei Arras
  20. Heeresbericht vom 26. Juli 1917
  21. Stephen Mcgreal: Zeebrugge And Ostend Raids 1918. Pen and Sword Military, 2008, ISBN 978-1-84415-608-5.
  22. Die Volksitzung des A.- und S.-Rates. In: Lübecker Volksbote 25. Jg., Nr. 283, Ausgabe vom 4. Dezember 1930.
  23. Jürgen Kraus: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914 bis 1918; 3 Bände, Verlag Militaria, Wien 2007–2010.
  24. Hartwig Busche: Formationsgeschichte der deutschen Infanterie im Ersten Weltkrieg; Inst. für Preußische Historiographie, Owschlag 1998
  25. Siehe auch Liste abgegangener Bauwerke in Lübeck: Wisbystraße
  26. Czech-Jochberg: Die Politiker der Republik, K. F. Koehler, Leipzig 1933, S. 20
  27. Revolution in Kiel, In: Bundeszeitung der Vereinigung ehemaliger 163er, 13. Jahrgang, Nr. 11, Ausgabe vom 1. November 1936, S. 3
  28. Curt Badinski: Aus großer Zeit. Erinnerungsblätter des Jäger-Feld-Bataillons Nr.9. Weltkrieg 1914–1918. Bd. 2, Lauenburgischer Heimatverlag, Ratzeburg 1933.

Anmerkungen

  1. Die per Gesetz vom 28. Januar 1896 neuen 33 Regimenter wurden, da sie sich im Kriege noch keine Meriten verdient hatten, als junge Regimenter bezeichnet.
  2. Hier wurde das einzige Mal in althergebrachter Form – mit fliegender Fahne, schlagenden Tambours und schmetternden Hornisten – angegriffen.
  3. Entsprechend begeistert meldete der Brigadekommandeur, General v. Lewinski, dem Lübecker Senat, dass das einst junge Regiment hier seine Feuertaufe erhalten hätte.
  4. Das nur in dieser Zeit bestehende Regiment hatte die offizielle Bezeichnung zusammengesetztes Infanterie-Regiment 3 (lt. Bayerischen Hauptstaatsarchiv - Kriegsarchiv -)
  5. Am 12. Dezember 1916 unterbreitete der Kaiser ein Friedensangebot (siehe hier), was im Regiment auf Unverständnis stieß.
  6. Am 1. Februar trat der ungehemmte U-Boot-Krieg ein, mit der Folge des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen mit den USA. Rückblickend betrachtet war dies ein fataler Fehler, da Russland zusammenbrach, Frankreich intern rebellierte und England dem finanziellen Kollaps so nah war, dass es spätestens im Sommer Friedensverhandlungen angeboten hätte. Christopher Clark: Wilhelm II. 2008, Deutsche Verlags-Anstalt, München, ISBN 978-3-421-04358-0.
  7. Otto Dziobek reflektiert in der Regimentsgeschichte die Zustände in Houthem mir denen in Lübeck:
    :„Nie genug kann es die Heimat dem deutschen Heere danken, dass es sie vor dem gleichen Schicksal behütet hat. Und diese Städte, die England vernichtete, waren die seiner treuen Verbündeten! Wie wäre es deutschen Städten ergangen!“
    Das sollte Lübeck 1942 erfahren. In der Nacht zum Palmsonntag vom 28. März auf den 29. März 1942 erfolgte der Luftangriff auf Lübeck.
  8. Zum Andenken an diesen Tag wurde im Dritten Reich die ehem. Kaserne des I. Bataillons in Meesen-Kaserne umbenannt. Heute hat sie eine andere Funktion, aber die Straße, die über den einstigen Innenhof führt, erinnert immer noch mit ihrem Namen Meesenring daran.
  9. Obwohl es ein hanseatisches Regiment war, war zu dieser Zeit nur noch ein geringer Anteil von Hanseaten in ihm. Ihr Anteil sank ab der Sommeschlacht (1916), wo der Ersatz aus 40-jährigen Familienvätern des Rheinlands und Westfalens bestand – der Lübecker Ersatz des Novembers wurde nach Verdun umgeleitet; oder enthielt, wie nach der Frühlingsschlacht von Arras im April 1917, keine Lübecker mehr.
  10. siehe hierzu: Kampf gegen Zeebrügge und Oostende
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.