11. Internationale Sechstagefahrt
Die 11. Internationale Sechstagefahrt fand vom 26. bis zum 31. August 1929 in Mitteleuropa statt. Bereits 1927 war entschieden worden, dass anlässlich des 25-jährigen Bestehens der FICM die Internationale Sechstagefahrt 1929 als Etappenfahrt von München nach Genf durch fünf Länder ausgetragen werden soll. Damit wurde von der Regel abgewichen, dass die Siegernation jeweils im Folgejahr den Wettkampf ausrichten konnte. Es gewann zum sechsten Mal in Folge die britischen Trophy-Mannschaft. In der Silbervasenwertung konnte das britische Team den fünften Sieg in Folge feiern.
Wettkampf
Die Wettkampfstrecke hat eine Länge von rund 1700 Kilometer. Insgesamt schrieben sich 175 Fahrer aus 13 Nationen ein. Die größten Kontingente bildeten die Briten mit 62 Fahrern und die Deutschen mit 52 Fahrern. Eingeschrieben hatten sich auch zehn Frauen aus Großbritannien, Deutschland und Österreich. Um die Trophy-Wertung kämpften Mannschaften aus Großbritannien, Deutschland, Schweden und der Schweiz. In der Silbervasen-Wertung traten jeweils zwei Teams aus Großbritannien, Deutschland, Niederlande, Österreich und der Schweiz sowie jeweils ein Team aus Frankreich, Irland, Dänemark, Schweden und Italien an.
Aus Deutschland nahmen neben dem Trophy-Team (Hans Soenius (BMW), Ernst Jakob Henne (BMW), R. Trapp (Victoria)), den beiden Silbervasen-Teams (Max Polster (D-Rad), Erich Pätzold (NSU) und Kurt Friedrich (DKW) sowie Paul Rüttchen (Standard), Julius von Krohn (Zündapp) und Georg Thumshirn (Ardie)) elf Fabrikmannschaften am Wettbewerb teil.
Im Gegensatz zu früheren Regelungen erfolgte bei der Abschlusskontrolle der Maschinen nicht mehr die Kontrolle der Funktionsfähigkeit aller Bauteile des Motorrads. Es wurde nur noch überprüft, ob die beim Start mit entsprechenden Plomben versehenen Bauteile vorhanden und die Plomben selber unversehrt waren.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit wurde auf 40 km/h festgesetzt.
1. Tag
Die erste Tagesetappe führte über 334 Kilometer von München nach Partenkirchen. Die Mittagspause war in Oberau. Schwierigste Abschnitte waren die Auffahrten am Ettaler Sattel (Oberau–Ettal) und die Kesselbergstraße. Von den 175 Fahrer gingen 168 an den Start der ersten Etappe.
Acht Fahrer schieden auf der ersten Etappe aus, darunter einige Schweizer.
2. Tag
Die zweite Etappe führte über 240 Kilometer von Partenkirchen nach Feldkirch in Österreich. Es waren der Zirler Berg, der Fernpass, der Flexenpass und der Arlbergpass zu befahren.
Es kam zu Ausfällen von einigen Fahrern.
Bei der Organisation machten sich Mängel bemerkbar. So war das Gepäck der Fahrer noch nicht am Zielort eingetroffen, und die Wertung des ersten Tages wurde erst am Abend des zweiten bekanntgegeben.
3. Tag
Am dritten Tag führte die Strecke über 318 Kilometer über den Klausenpass und dem Gotthardpass nach Pallanza.
Durch den Ausfall des Niederländers P. J. Nortier wurde das Silbervasenteam gesprengt. Der Britin Edyth Foley fuhr ein Radfahrer ins Motorrad. Beim Sturz zog sie sich Verletzungen am Knie und an der Hand zu und musste am Abend die Weiterfahrt aufgeben. Damit platzte das britische Silbervasenfrauenteam.
In der Trophywertung führen strafpunktfrei die britische und die schwedische Mannschaft. Die deutsche Trophy-Mannschaft lag mit 10 Strafpunkten auf Platz 3. Die Mannschaften aus Italien und der Schweiz waren bereits aus dem Rennen.
In der Silbervasenwertung lagen Großbritannien, Schweden und Deutschland strafpunktfrei auf dem ersten Platz. Danach folgten die Mannschaften aus Frankreich und Österreich mit 10 Strafpunkten.
4. Tag
Die vierte Tagesetappe führte über 328 Kilometer nach Moûtiers in Frankreich. Die Strecke führte von Pallanza über Adorna und Oropa ins Aostatal. Über den Kleinen Sankt Bernhard wurde Frankreich erreicht. Es starteten noch 154 Fahrer.
5. Tag
Die fünfte Etappe führte über 269 Kilometer von Moutiers nach Chamonix. Zur Tagesetappe starteten noch 137 Fahrer.
6. Tag
Am letzten Wettkampftag war die rund 200 Kilometer lange Strecke von Chamonix über Lausanne nach Genf zu bewältigen. Es waren noch die Pässe Col des Montets und Col de la Forclaz zu bewältigen. Auf einem 6,5 Kilometer langen Rundkurs Circuit de Meyrin fand der Abschlusstest als Geschwindigkeitsprüfung über eine Stunde statt.
Endergebnisse
Trophy
Platz | Team | Strafpunkte |
---|---|---|
1. | Vereinigtes Königreich | 0 |
2. | Deutsches Reich | 112 |
3. | Schweden | 178 |
4. | Königreich Italien | 207 |
4. | Schweiz | 210 |
Silbervase
Platz | Team | Strafpunkte |
---|---|---|
1. | Vereinigtes Königreich (A-Mannschaft) | 0 |
2. | Irischer Freistaat (A-Mannschaft) | 20 |
3. | Niederlande (B-Mannschaft) | 28 |
4. | Frankreich | 32 |
5. | Österreich | 57 |
6. | Vereinigtes Königreich (B-Mannschaft) | 111 |
7. | Österreich (B-Mannschaft) | 138 |
8. | Dänemark | 143 |
9. | Deutsches Reich (B-Mannschaft) | 154 |
10. | Schweden (A-Mannschaft) | 178 |
11. | Schweiz (B-Mannschaft) | 200 |
11. | Schweiz (A-Mannschaft) | 200 |
13. | Königreich Italien | 207 |
14. | Niederlande (A-Mannschaft) | 211 |
15. | Irischer Freistaat (B-Mannschaft) | 220 |
16. | Deutsches Reich (A-Mannschaft) | 232 |
Einzelwertung
Klasse | Starter | Gold | Silber | Bronze | Zertifikat | ohne Medaille | Ausfall/Disqualifikation |
---|---|---|---|---|---|---|---|
175 cm³ | 1 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 |
250 cm³ | 11 | 2 | 1 | 2 | 4 | 0 | 2 |
350 cm³ | 50 | 10 | 16 | 2 | 5 | 4 | 13 |
500 cm³ | 69 | 14 | 21 | 11 | 4 | 1 | 18 |
750 cm³ | 19 | 5 | 5 | 1 | 1 | 2 | 5 |
1000 cm³ | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 |
600 cm³ (b) | 11 | 4 | 2 | 1 | 1 | 0 | 3 |
1000 cm³ (b) | 6 | 1 | 1 | 0 | 0 | 1 | 3 |
Gesamt | 168 | 36 | 47 | 17 | 15 | 8 | 45 |
Von 123 Fahrern im Ziel waren 39 strafpunktfrei. 34 Fahrer gewannen eine Goldmedaille, davon waren 22 Briten. Sechs britische Fahrerinnen (Marjorie Cottle, Louise MacLean, Fay Taylour, B. Lermitte, C Herbert und M. Newton) gewannen eine Silbermedaille. Die deutsche Fahrerin Hanni Köhler erhielt eine Bronzemedaille.
Die Fabrikwertung gewann in der Klasse bis 250 cm³ Puch, in der Klasse bis 350 cm³ A.J.S. und in den Klassen bis 500 cm³ und 750 cm³ Rudge-Whitworth.
Die Organisation der Veranstaltung wurde stark kritisiert. So wichen die zwischenzeitlich bekanntgegebenen Ergebnisse stark vom Endergebnis ab. Unter anderem waren Fahrer als ausgefallen gemeldet worden, die dann dennoch in die Endwertung kamen.
Literatur
- International Six Days Trial in: The Glasgow Herald, 24. August 1929, S. 7
- International Six Days Trial in: The Glasgow Herald, 27. August 1929, S. 9
- Britain leads in: The Glasgow Herald, 29. August 1929, S. 8
- British Team out in: The Glasgow Herald, 30. August 1929, S. 4
- British Triumph in: The Glasgow Herald, 2. September 1929, S. 7
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 8. August 1929, S. 8 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 20. August 1929, S. 8 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 24. August 1929, S. 10 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 29. August 1929, S. 8 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 30. August 1929, S. 6 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 31. August 1929, S. 10 (online bei ANNO).
- Die Internationale Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 2. September 1929, S. 6 (online bei ANNO).
- Die Sechstagefahrt. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 3. September 1929, S. 6 (online bei ANNO).
- Das Ende der Six Days. In: Sportblatt am Mittag / Sport-Tagblatt. Sport-Ausgabe des Neuen Wiener Tagblattes, 4. September 1929, S. 6 (online bei ANNO).
- Jubileumswedstrijd van de F.I.C.M. 24. August 1929
- De zesdaagsche wedstrijd in: Het Centrum 4. September 1929
- Internationale Sechstagefahrt. In: Das Motorrad, 15. September 1929, S. 67 (online bei ANNO).
- Internationale Sechstagefahrt. In: Das Motorrad, 1. Oktober 1929, S. 55 (online bei ANNO).
- Steffen Ottinger: Internationale Sechstagefahrt 2012. Die Geschichte seit 1913. HB-Werbung und Verlag GmbH & Co. KG, Chemnitz 2012, ISBN 978-3-00-039566-6, S. 17 f.
Weblinks
- speetracktales: Fotos und Zeitungsausschnitte
- Schluß-Bericht mit Gesamtergebnissen, abgerufen am 15. September 2019