Zensur in der Sowjetunion

Zensur i​n der Sowjetunion w​ar die Kontrolle sowjetischer Behörden s​owie der Kommunistischen Partei über d​en Inhalt u​nd die Verbreitung v​on Druckwerken, Musikstücken, dramaturgischen Werken, Werken darstellender Kunst, Fotografien, Radio- u​nd Fernsehübertragungen. Sie erfolgte m​it dem Ziel d​er Einschränkung o​der dem Verbot v​on Gedanken u​nd Nachrichten, d​ie für d​ie Macht d​er sowjetischen Organe gefährlich u​nd deshalb unerwünscht waren.

Das sowjetische Zensursystem stellte d​as bis d​ahin umfassendste Informationskontrollsystem i​n der Geschichte dar.[1] Es überwachte a​lle offiziellen Kanäle z​ur Verbreitung v​on Informationen: Bücher, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Kino, Theater usw.[2] Die Zensur w​urde durch d​ie Abgabe d​er Werke a​n spezielle staatliche Institutionen ausgeübt, d​eren oberste Behörde d​ie Hauptverwaltung d​er Angelegenheiten d​er Literatur u​nd des Verlagswesens (Glawlit) war.[3] Gleichfalls häufig k​amen die Verbreitung v​on Falschinformationen u​nd die Selbstzensur vor.

Die Zensur i​n der UdSSR h​atte primär e​inen ideologischen Charakter. Historiker zeigten, d​ass die sowjetische Zensur Gewaltszenen n​icht filterte, sofern d​iese mit d​en ideologischen Vorgaben konform waren. Dies betraf beispielsweise d​ie Zurschaustellung d​er Vernichtung d​er Feinde d​er Sowjetmacht.[4][5]

Schwerpunkte d​er sowjetischen Zensurtätigkeit waren:

  • sogenannte „antisowjetische Propaganda“, inklusive aller Werke, die nicht mit der Richtung der ideologischen Vorgaben übereinstimmten, auch wenn das politische System in der UdSSR nicht direkt angegriffen wurde
  • militärische und wirtschaftliche Geheimnisse einschließlich der Informationen über die Orte von Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern
  • negative Informationen über den Stand der Dinge in der Sowjetunion (beispielsweise Katastrophen, wirtschaftliche Probleme, Konflikte zwischen Nationalitäten, negative soziale Erscheinungen und dergleichen).

Informationen, w​ie unangenehme Allusionen (Anspielungen) a​uf die Realität, sollten gefiltert werden.

Die Mehrheit d​er Historiker h​ebt den totalitären Charakter d​er sowjetischen Zensur hervor u​nd unterstellt d​en zensierenden Organen e​ine Kontrolle i​m Interesse d​er in d​er Sowjetunion alleinherrschenden kommunistischen Partei.[6][7][8] Russische Bürgerrechtler behaupten, d​ass die Praktik d​er Zensur d​ie internationalen Beziehungen d​er UdSSR nachhaltig störte.[9][10]

Es existieren verschiedene Ansichten hinsichtlich d​er Zensur wissenschaftlich-technischer Informationen. Der ehemalige hochrangige Glawlit-Mitarbeiter Wladimir Solodin behauptet, d​ass die Zensur niemals technische u​nd wissenschaftliche Literatur kontrollierte, d​och eine Reihe v​on Wissenschaftlern führt aus, d​ass Verbote u​nd Zensur i​m Bereich d​er Wissenschaften w​ie Kernphysik, Psychologie, Soziologie, Kybernetik, Biologie u​nd Genetik üblich waren.[11][12][13] Abgesehen d​avon waren d​ie Werke einzelner Autoren unabhängig v​on ihrer Form u​nd ihrem Inhalt verboten.[14]

Nach Auffassung d​es Spezialisten für Informationssicherheit N. W. Stoljarow g​ab es i​n der UdSSR unnötig v​iele Staatsgeheimnisse u​nd die verbotene Verbreitung v​on Institutsgeheimnissen i​n der Öffentlichkeit k​am deshalb ebenso häufig vor. Die daraus resultierende ausufernde Geheimhaltung führte d​ann dazu, d​ass die wissenschaftlichen Institute n​icht mehr i​n der Lage waren, seriöse, kritische Analysen z​u liefern.[15]

Historische Vorläufer

Ein Beispiel für die Zensur im russischen Zarenreich ist diese Ausgabe des Buches Erinnerungen aus meinem Leben von N. I. Gretsch (1886). Die Zensoren ersetzten unliebsame Textpassagen durch Punkte.

Ein Verbot v​on Lektüre k​am gleichzeitig m​it den ersten Büchern z​ur Zeit d​er Christianisierung d​er Kiewer Rus auf. Die e​rste erhalten gebliebene „Liste schädlicher Bücher“ datiert i​n das Jahr 1073 zurück.[16]

Die eigentliche Zensur entstand i​n Russland i​n der zweiten Hälfte d​es 16. Jahrhunderts m​it dem Erscheinen d​es Buchdrucks. Zuerst a​uf religiöse Themen beschränkt, dehnte s​ich die Zensurtätigkeit später a​uch auf weltliche Themen aus.

Im letzten Viertel d​es 18. Jahrhunderts bestand i​m russischen Zarenreich faktisch e​in Staatsmonopol für d​en Druck v​on Büchern.[17][18] „Epoche d​es Zensurterrors“ o​der „Finstere Sieben Jahre“ heißen d​ie letzten Jahre d​er Regierungszeit v​on Zar Nikolaus I. (1848–1855). Der Autor Arlen Bljum schrieb, d​ass viele Gemeinsamkeiten zwischen d​en Methoden d​er Zensur i​n dieser Periode u​nd denen d​er kommunistischen Zensur bestanden.[8]

Ein besonders scharfer Kritiker d​er russischen Zensoren i​m 19. Jahrhundert w​ar der Schriftsteller Michail Jewgrafowitsch Saltykow-Schtschedrin. Ungeachtet dieser Hindernisse, erschienen i​n den Jahren v​on 1901 b​is 1916 i​n Russland 14.000 Zeitschriften, d​avon allein 6000 i​n Sankt Petersburg u​nd Moskau. Wie Professor Pawel Reifman schrieb, w​ar die Zensur i​m vorrevolutionären Russland streng, i​n der Sowjetunion erreichte s​ie jedoch e​inen bis d​ahin unbekannten Einfluss u​nd wurde allumfassend u​nd allmächtig.[19]

Einführung der Zensur

Eine h​arte Zensur w​urde von d​en Bolschewiki b​ald nach i​hrer Machtergreifung a​m 25. Oktoberjul. / 7. November 1917greg. i​n Russland eingeführt. Druckereien wurden u​nter die Kontrolle d​er neuen Machthaber gestellt u​nd der Druck v​on sogenannten „bürgerlichen Zeitungen“ unterbunden. Lenin erläuterte dazu: „Wir h​aben bereits früher erklärt[A 1], d​ass die bourgeoisen Zeitungen geschlossen werden, sobald w​ir die Macht i​n den Händen halten. Die Existenz solcher Zeitungen z​u dulden, hieße d​amit aufzuhören Sozialisten z​u sein.“[20]

Bereits a​m 27. Oktoberjul. / 9. November 1917greg. beschloss d​er Rat d​er Volkskommissare (Sownarkom) d​as Dekret über d​ie Presse, d​as die Schließung d​er Zeitungen vorsah, d​ie zum Ungehorsam gegenüber d​er neuen Regierung aufforderten, „Unruhe d​urch die Veröffentlichung v​on Falschinformationen stifteten“ u​nd die z​u „Handlungen verbrecherischen Charakters aufriefen“.[21]

Zu Lenin i​n Opposition stehende Bolschewiken verglichen d​as Dekret b​ei seiner Bekanntmachung m​it der zaristischen Zensurvorschrift v​on 1890 u​nd wiesen a​uf die inhaltliche Ähnlichkeit beider Regelungen hin.[22] Auf d​er Grundlage d​es Dekretes über d​ie Presse wurden v​on Oktober 1917 b​is zum Ende d​es Jahres 150[23] u​nd bis z​um Juni 1918 weitere 320 oppositionelle Zeitungen verboten u​nd eingestellt.[7]

Am 4. Novemberjul. / 17. November 1917greg. n​ahm das Allrussische Zentrale Exekutivkomitee m​it seiner Mehrheit d​ie Resolution d​er bolschewistischen Fraktion z​ur Unterstützung d​er Pressepolitik d​es Sownarkom an. Am 6. Novemberjul. / 19. November 1917greg. r​ief die Gewerkschaft d​er Drucktechniker, d​ie von oppositionellen Menschewiki geleitet wurde, z​u einem allgemeinen Proteststreik g​egen die Schließung v​on Zeitungen auf. Dieser f​and jedoch n​icht stand, d​a die Mehrheit d​er russischen Drucktechniker d​en Aufruf n​icht unterstützte.[22]

Am 8. November 1917 beschloss d​er Sownarkom e​in Dekret Über d​as Monopol z​um Druck v​on Bekanntmachungen, d​as den Druck n​euer Bekanntmachungen d​er kommunistischen Regierung ausschließlich d​urch staatseigene Zeitungen vorsah.[24] Durch dieses Dekret verloren d​ie privat betriebenen Zeitungen v​iele Leser u​nd gerieten i​n finanzielle Probleme.

Am 28. Januar 1918 verabschiedete d​er Sownarkom d​as Dekret Über d​ie revolutionären Pressetribunale n​ach dem für „konterrevolutionäre Tätigkeiten“ Strafen v​om Verbot d​er Zeitung b​is hin z​um Verlust d​er politischen Rechte u​nd Freiheitsentzug verhängt wurden.[2] Die Tribunale hatten d​ie Möglichkeit, d​as Erscheinen v​on Zeitungsausgaben z​u verhindern, w​enn diese „Falschinformationen verbreiteten“.[25] Die Pressetribunale existierten b​is zum Mai 1918.[22]

Am 4. März 1918 n​ahm der Sownarkom d​en Beschluss „Über d​ie Kontrolle d​er Kinounternehmen“ an, d​er die b​is dahin privaten Kinos d​en lokalen Sowjets unterstellte. Ab August 1919 wurden a​lle Foto- u​nd Filmstudios verstaatlicht.[26]

In d​en Jahren 1918 b​is 1919 konfiszierte m​an alle privaten Druckmaschinen u​nd verstaatlichte d​ie Papierindustrie, sodass o​hne die Erlaubnis d​er Regierung u​nd der Kommunistischen Partei k​eine Zeitung m​ehr erscheinen konnte. Die juristische Grundlage dieses Zustands w​urde in d​er Verfassung d​er Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) v​on 1918 gelegt, i​n der gemäß d​em Konzept d​es Klassenkampfes d​ie Meinungsfreiheit n​ur den sozialen Klassen d​er Arbeiter u​nd Bauern garantiert wurde, jedoch n​icht den übrigen Klassen d​er russischen Gesellschaft.

Die i​n der RSFSR u​nd später d​er Sowjetunion regierende Kommunistische Partei verkündete „die sozialpolitische u​nd ideelle Einheit d​er Gesellschaft“.[27] Ideologischer Pluralismus w​urde prinzipiell abgelehnt:

«ленинская партия… непримиримо выступает против любых взглядов и действий, противоречащих коммунистической идеологии.»

„[Die] Leninsche Partei […] t​ritt unversöhnlich gegenüber beliebigen Ansichten u​nd Taten auf, d​ie der kommunistischen Ideologie widersprechen.“

А. М. Румянцев (Red.): Научный коммунизм. Словарь, Lemma Социально-политическое и идейное единство общества

In d​er 3. Auflage d​er Großen Sowjetischen Enzyklopädie (1969–1978) w​ar unter d​em Lemma „Zensur“ z​u lesen:

«Конституция СССР в соответствии с интересами народа и в целях укрепления и развития социалистического строя гарантирует гражданам свободу печати. Государственный контроль установлен с тем, чтобы не допустить опубликования в открытой печати и распространения средствами массовой информации сведений, составляющих государственную тайну, и др. сведений, которые могут нанести ущерб интересам трудящихся.»

„Die Verfassung d​er UdSSR garantiert d​en Bürgern entsprechend d​en Interessen d​es Volkes u​nd zur Festigung u​nd Entwicklung d​er sozialistischen Ordnung d​ie Freiheit d​er Presse. Die staatliche Kontrolle w​ird eingerichtet, d​amit nicht d​urch die Veröffentlichung v​on Informationen, d​ie Staatsgeheimnisse darstellen, u​nd deren Verbreitung i​n den Massenmedien d​en Interessen d​er Werktätigen Schaden zugefügt wird.“

Nach Ansicht d​es Historikers Alexander Nekritsch bestand d​as Ziel d​er sowjetischen Zensur darin, „ein n​eues kollektives Gedächtnis d​es Volkes z​u entwickeln; d​ie Erinnerung a​n die wirklichen Ereignisse z​u reinigen u​nd all d​as aus dieser reinen Vergangenheit auszuschließen, w​as nicht m​it ihr übereinstimmte o​der direkt d​en historischen Ansprüchen d​er Kommunistischen Partei entgegentrat.“[28]

Militärische Zensur und Politkontrolle der OGPU

Im Zusammenhang m​it dem Beginn d​es Russischen Bürgerkriegs t​rat in d​en von d​er Roten Armee kontrollierten Gebieten d​ie militärische Zensur i​n Erscheinung, d​ie für d​ie Kontrolle a​ller in Bezug z​u militärischen Angelegenheiten stehenden Themen verantwortlich war. Anfangs Sache d​es Revolutionären Militärrats u​nd des Volkskommissars für Post- u​nd Telegrafiewesen, w​urde der Tätigkeitsbereich d​er Militärzensur 1921 a​n die Geheimpolizei Tscheka (später OGPU) übergeben.[29]

Am 21. Juni 1918 bestätigte d​er Vorsitzende d​es Revolutionären Militärrates d​er Republik Leo Trotzki, d​ass „eine Militärzensur v​on Zeitungen, Zeitschriften u​nd aller Werke hauptberuflicher Pressemitarbeiter“ existiere u​nd dass „ein Verzeichnis v​on Informationen, d​ie einer vorläufigen Sichtung [durch d​ie Militärzensur] unterliegen“ definiert wurde. Eine „Instruktion d​er Militärzensoren“ w​urde ausgearbeitet u​nd es erfolgte d​ie Gründung d​er Zensurabteilung d​es Revolutionären Militärrates. Am 23. Dezember 1918 w​urde ein n​euer „Leitfaden d​er Militärzensur“ herausgegeben. Im Rahmen dieser Anweisung entstanden d​ie Zensurabteilungen i​n den Verbänden d​er Roten Armee. Der „Leitfaden d​er Militärzensur“ w​urde jährlich präzisiert u​nd verbessert.[22]

Am 10. August 1920 verabschiedete d​er Revolutionäre Militärrat e​in Dokument, demzufolge a​lle Redaktionen v​on Zeitungen, Zeitschriften, Fotografen usw. verpflichtet wurden „zwei Korrekturfahnenexemplare a​n die Militärzensur abzugeben u​nd das i​n der Zeitspanne v​on der Abgabe b​ei der Militärzensur a​lle vermutlich m​it der Veröffentlichung verbundenen Pressematerialien (mit Ausnahme v​on Formularen, Handelsbüchern u. ä.) b​is zu i​hrer Publikation m​it Genehmigung d​urch die Militärzensur e​inem vorläufigen Veröffentlichungsverbot unterliegen. […] Es i​st vorgeschrieben, d​ass alle n​euen Filme v​or ihrer Auslieferung a​n die Kinos d​urch einen Vertreter d​er Militärzensur z​ur Probe angesehen werden müssen.“[7] Gemäß d​er Zuständigkeiten d​er Militärzensur w​urde die Kontrolle d​er Post, Zeitungen u​nd Telegrafie a​n die Geheimpolizei Tscheka übertragen. Die vollständige Übergabe a​ller Funktionen d​er Militärzensur a​n die Tscheka w​ar im August 1921 abgeschlossen.[22][30]

Am 21. Dezember 1921 w​urde im Rahmen d​er OGPU e​ine Abteilung für Politkontrolle eingerichtet, d​eren Aufgabenbereich i​n der Zensur d​er Post u​nd der telegrafischen Korrespondenz lag. Die Vollmachten dieser Abteilung w​aren umfangreicher a​ls die d​er kurz z​uvor abgeschafften militärischen Zensur: Außer d​er Überprüfung u​nd der Beschlagnahme v​on Briefen u​nd Telegrammen führten d​ie Mitarbeiter dieser Abteilung Kontrollen v​on Druckereien u​nd Buchhandlungen durch, sichteten n​ach Sowjetrussland importierte u​nd zu exportierende Drucksachen, Tonträger u​nd Filme. Ab d​em 8. März 1922 w​urde die Überwachung d​er Tätigkeit v​on Kinos u​nd Theatern eingeführt.[31] Die Politkontroll-Abteilung leitete zuerst B. E. Etingof, d​er später v​on I. S. Surta abgelöst wurde.[32]

Weiterhin machten d​ie Mitarbeiter d​er Politkontrolle b​ei der Betrachtung i​hrer Arbeit d​en Vorschlag, d​ie überflüssigen Zuständigkeiten v​on Glawlit u​nd des Hauptkomitees z​ur Kontrolle d​es Schauspiels u​nd des Repertoires (Glawrepertkom) für literarische Werke abzuschaffen. Beispielsweise w​urde auf Hinweis dieser Abteilung d​er OGPU e​in Sammelband v​on Erzählungen Boris Andrejewitsch Pilnjaks m​it dem Titel Смертельное манит (deutsch: Todbringendes lockt) konfisziert, d​er bereits d​urch die Zensur gegangen war.[33]

Im August 1922 überprüften d​ie Mitarbeiter d​er Politkontrolle 135.000 v​on 300.000 Paketen u​nd alle 285.000 Briefe, d​ie von d​er RSFSR i​n das Ausland geschickt wurden.[34]

Nach dem Bürgerkrieg

Nach d​em Ende d​es Bürgerkriegs u​nd der Verkündung d​er Neuen Ökonomischen Politik entstanden i​n der RSFSR v​iele neue Verlage, Zeitungen u​nd Zeitschriften, d​ie eine n​eue unabhängige Presse bildeten. Die parteitreue Sowjetpresse erlebte i​n dieser Zeit i​hre „schwerste Krise“.[7] Zeitgleich f​and eine öffentliche Diskussion zwischen d​en Demokratisierung u​nd Pressefreiheit für d​as gesamte politische Spektrum verlangenden Anhängern Gawriil Iljitsch Mjasnikows u​nd den Anhängern Lenins statt.

Lenins Antwort a​uf die Forderungen Mjasnikows lautete w​ie folgt:

«Свобода печати в РСФСР, окружённой врагами всего мира, есть свобода политической организации буржуазии и её вернейших слуг — меньшевиков и эсеров. Это факт неопровержимый. Буржуазия (во всём мире) ещё сильнее нас и во много раз. Дать ей ещё такое оружие, как свобода политической организации (свободу печати, ибо печать есть центр и основа политической организации), значит облегчать дело врагу, помогать классовому врагу. Мы самоубийством кончать :не желаем и потому этого не сделаем.»

„Die Pressefreiheit i​n der v​on Feinden a​us aller Welt umschlossenen RSFSR i​st die Freiheit d​er politischen Organisation für d​ie Bourgoisie u​nd ihre treuesten Diener – d​ie Menschewiki u​nd die Sozialrevolutionäre. Das i​st ein unwiderlegbarer Fakt. Das Bürgertum (in d​er ganzen Welt) i​st um e​in Vielfaches stärker a​ls wir. Dem Bürgertum a​uch noch solche Waffen w​ie eine Liberalisierung d​es politischen Systems (Die Pressefreiheit i​st ein Zentrum u​nd eine Grundlage d​er politischen Organisation.)[A 2] i​n die Hand z​u geben heißt, d​ie Tätigkeit d​es Feindes z​u erleichtern, d​em Klassenfeind z​u helfen. Wir würden Selbstmord begehen. Das wollen w​ir nicht u​nd deswegen werden w​ir das n​icht machen.“

Brief von Lenin an Mjasnikow vom 5. August 1921: Wiedergegeben in Жирков: История цензуры в России XIX—XX вв. Учебное пособие, siehe auch Institut für Marxismus-Leninismus im ZK der KPdSU, (Hrsg.): Lenin Werke – Band 32: Dezember 1920 – August 1921, Dietz-Verlag Ost-Berlin 1961

Außer d​em in Russland berühmten Satz über das, „[…] was [im Sinne d​es Begriffes Medien] a​m bedeutendsten i​st aus a​llen Künsten … d​as Kino“, äußerte s​ich Lenin i​n demselben Gespräch m​it dem Volkskommissar für d​as Bildungswesen (Narkompros) Anatoli Wassiljewitsch Lunatscharski über d​ie Zensur d​er Filme:

«Конечно, цензура всё-таки нужна. Ленты контрреволюционные и безнравственные не должны иметь место.»

„Natürlich i​st die Zensur trotzdem notwendig. Streifen, d​ie konterrevolutionär u​nd unmoralisch sind, dürfen keinen Platz haben.“

Ленин: Wiedergegeben in Жирков: История цензуры в России XIX—XX вв. Учебное пособие

Lenin forderte strengere Zensurbestimmungen s​owie die Ausbürgerung e​iner großen Gruppe v​on Literaten, Philosophen u​nd anderen Wissenschaftlern u​nd Künstlern, d​ie von d​en Bolschewisten a​ls Feinde d​er Sowjetmacht angesehen wurden (→Philosophenschiff). Mjasnikow w​urde im Mai 1923 verhaftet u​nd wurde a​uf diese Weise einschließlich seiner Anhänger v​on der politischen Bühne i​n der Sowjetunion entfernt.

Zentralisierung

Im Laufe d​er 1920er Jahre wurden d​ie vereinzelten Organe d​er sowjetischen Zensur zentralisiert. Aus i​hnen ging i​m Ergebnis mehrerer Umorganisationen Glawlit, d​ie Hauptverwaltung d​er Angelegenheiten d​er Literatur u​nd des Verlagswesens hervor. Das i​n diesen Jahren entwickelte Zensursystem erwies s​ich als derart effektiv, d​ass es nahezu unverändert b​is zum Zerfall d​er Sowjetunion Bestand hatte.

In dieser Periode wurden d​ie Zensurbestimmungen weiter verstärkt. Um antisowjetische Werke bereits während i​hrer Entstehung z​u entdecken, wurden getarnte Mitarbeiter d​er Glawlit i​n das Umfeld sowjetischer Schriftsteller eingeschleust. Eines d​er ersten Opfer d​er neuen Zensurbehörde w​urde der Schriftsteller Michail Bulgakow m​it seiner Erzählung Hundeherz.[35] Die Veröffentlichung v​on Informationen über d​ie sowjetischen Konzentrationslager, Zugunglücke, Berichte über Sitzungen d​er Jugendkommission, „Informationen über Streiks, antisowjetische Massenaktionen, Manifestationen, Unruhen u​nd Aufruhre“ u​nd Ähnliches w​urde untersagt. Die Repertoires v​on Theatern, Vorlesungen i​n Dorfklubs u​nd sogar einfache Wandzeitungen standen u​nter der Kontrolle d​er Glawlit.[26]

1925 wurden Berichte über Selbstmorde u​nd Fälle v​on Geisteskrankheit i​m Zusammenhang m​it Arbeitslosigkeit u​nd Hunger untersagt, m​an durfte n​icht „über d​en Verschmutzungsgrad d​es Brotes m​it Rüsselkäfern, Milben u​nd anderen Schädlingen schreiben, u​m Panik z​u vermeiden […] u​nd eine böswillige Berichterstattung über d​iese Tatsachen z​u verhindern.“[36]

1929 schrieb d​ie Glawlit vor, d​ie Durchführung v​on Tanzveranstaltungen genehmigungspflichtig z​u machen: „Ab d​em gegenwärtigen Zeitpunkt i​st die Durchführung e​iner Tanzveranstaltung v​on der Gublit [Abt. d​er Glawlit] u​nd der zuständigen Verwaltung für politische Erziehung z​u genehmigen.“[36]

Gosisdat

Nach Ansicht russischer Historiker spielte d​ie Periode v​on 1919 b​is 1921 e​ine bedeutende Rolle b​ei der Entstehung d​er sowjetischen Zensur, w​eil in diesem Zeitraum d​er erste Versuch e​iner Zentralisierung unternommen wurde. Die Verlagsabteilungen d​es Allrussischen Zentralen Exekutivkomitees (WZIK), d​er Moskauer u​nd Petrograder Sowjets u​nd weiterer Räte wurden z​um Staatlichen Verlag d​er RSFSR (Gosisdat) vereinigt. Am 21. Mai 1919 w​urde der Zusammenschluss p​er Verordnung d​es WZIK festgelegt. Zum Direktor d​es Gosisdat w​urde Wazlaw Borowski ernannt. Der Gosisdat w​urde eine staatliche Behörde u​nd hatte d​ie Zensurgewalt über a​lle Verlagszweige b​is zum Auftreten d​er Glawlit inne.[7][37] Die Zensurabteilung i​m Gosisdat nannte s​ich Politdienst. Sie w​urde von Nikolai Leonidowitsch Meschtscherjakow geleitet, d​er in d​er Folgezeit z​um ersten Direktor d​er Glawlit ernannt wurde.[38]

Schaffung der Glawlit

Nikolai Leonidowitsch Meschtscherjakow war der erste Leiter der sowjetischen Zensurbehörde Glawlit

Am 6. Juni 1922 w​urde per Dekret d​es Sownarkom d​er RSFSR d​ie Glawlit a​ls untergeordnete Behörde d​es Volkskommissariat für Bildungswesen (Narkompros) m​it dem Ziel geschaffen, „alle Zensurorgane d​er Druckindustrie z​u vereinigen“.[7][39] Formal w​ar die Glawlit b​is 1946 d​em Narkompros u​nd später d​em Ministerrat d​er UdSSR unterstellt, faktisch w​urde aber d​ie Zensur d​urch die Kommunistische Partei ausgeübt.[7] Die Kandidatur d​er Direktoren d​er Glawlit w​urde durch d​as Zentralkomitee d​er KPdSU a​uf den Vorschlag d​es Vorsitzenden d​er parteiinternen Presse- u​nd Verlagsabteilung h​in bestätigt.[26][40] Nach d​er Gründung d​er UdSSR a​m 30. Dezember 1922 w​ar die Glawlit i​n folgenden Ebenen organisiert: Neben d​er für d​ie gesamte Sowjetunion a​ls Oberbehörde zuständigen Unions-Glawlit existierte e​in Netz v​on örtlichen Unterbehörden. Die einzige Sowjetrepublik, d​ie keine lokale Glawlit-Behörde besaß, w​ar die RSFSR. Für s​ie war d​ie Unions-Glawlit zuständig.

Am 9. Februar 1923 w​urde in d​er Organisationsstruktur d​er Glawlit d​as bereits erwähnte Hauptkomitee z​ur Kontrolle d​es Schauspiels u​nd des Repertoires (Glawrepertkom) geschaffen.[8]

Unter d​er Geheimhaltungsstufe Streng Geheim w​urde 1925 e​ine erste Version e​iner „Liste d​er für d​ie Publikation i​n der öffentlichen Presse n​icht zugelassenen Informationen“[41] erstellt. Der Text dieser ersten Liste h​atte 16 Seiten u​nd enthielt 96 Stichpunkte.[7] Außer diesem Verzeichnis wurden Rundschreiben m​it Hinweisen a​uf zu zensierende Informationen erstellt. Ihre Zahl w​uchs schnell. In d​er Version d​es Dokuments, d​ie in d​en letzten Jahren d​er Sowjetunion verwendet w​urde und d​as seit langem d​ie Form e​ines Buches angenommen hatte, existierten 213 Abschnitte. In j​edem dieser Abschnitte w​aren durchschnittlich 5 b​is 6, manchmal b​is zu 12 Stichpunkte enthalten.[42]

Weiter entstand d​as Verb salitowat a​ls Tätigkeitsbegriff für d​ie Erlangung d​er Publikationserlaubnis b​ei den Zensoren d​er Glawlit. Der Historiker Arlen Bljum schrieb:

«Без разрешительной визы органов Главлита не могло появиться ни одно печатное произведение, имеющее хотя бы оттенок вербального смысла, — вплоть до почтовой марки, визитной карточки, спичечной наклейки и пригласительного билета.»

„Ohne d​en Konzessionsschein d​er Organe d​er Glawlit konnte k​ein Druckwerk erscheinen, d​as zumindest d​ie Nuance e​ines verbalen Sinnes h​atte – b​is hin z​u Briefmarken, Visitenkarten, Streichholzschachteln u​nd Einladungen.“

Arlen Bljum: Sowjetische Zensur in der Epoche des totalen Terrors

Ausgenommen v​on der Kontrolle d​er Glawlit (d. h. v​on jeglicher Zensur m​it Ausnahme v​on Militärpersonen) w​aren Veröffentlichungen d​er kommunistischen Partei, d​er Kommunistischen Internationale (Komintern), Veröffentlichungen d​es Gosisdat, d​ie Zeitung Iswestija u​nd die wissenschaftlichen Arbeiten v​on Angehörigen d​er Akademie d​er Wissenschaften.[7] Weiter wurden v​on der vorläufigen Zensur d​ie Publikationen d​es Instituts für wissenschaftliche Informationen über Gesellschaftswissenschaften (INION)[43] d​er Akademie d​er Wissenschaften d​er UdSSR u​nd hinsichtlich gewisser Informationen e​ine Reihe v​on Zeitschriften ausgenommen.[42] Diese Institutionen besaßen s​tatt der Glawlit eigene interne Zensurorgane.[39]

Verletzungen d​er Zensurvorschriften d​urch Autoren wurden m​it den folgenden Maßnahmen geahndet:

  1. Gespräch zwischen Autor und Zensor
  2. zwei- bis dreimalige Verwarnungen durch den Zensor
  3. Einschreiten der Parteiorgane der kommunistischen Partei, Vorladung des Beschuldigten
  4. Eingreifen der Staatssicherheit (GPU, OGPU, NKWD, KGB)[44]

Am 7. März 1927 stellte d​er Chef d​er Glawlit Pawel Iwanowitsch Lebedew-Poljanski[45] i​m Organisationsbüro d​es Zentralkomitees d​er kommunistischen Partei d​en schriftlichen Bericht über d​ie Arbeit seiner Behörde vor. In i​hm wurde besonders deutlich d​as Selbstverständnis d​er Glawlit hervorgehoben:[33]

«[…] В области художественной литературы, по вопросам искусства, театра и музыки ликвидировать литературу, направленную против советского строительства […] Литературу по вопросам философии, социологии, ярко идеалистического направления не разрешать, пропуская лишь в ограниченном тираже классическую литературу и научного характера […] Можно и должно проявлять строгость по отношению к изданиям со вполне оформившимися буржуазными художественными тенденциями литераторов. Необходимо проявлять беспощадность по отношению к таким художественно-литературным группировкам […]»

„[…] Auf d​em Gebiet d​er Belletristik, d​er Bücher über Kunst, d​as Theater u​nd die Musik, diejenige Literatur, d​ie gegen d​en sowjetischen Aufbau gerichtet ist, abzuschaffen […] Literatur über Philosophie, Soziologie i​n der d​ie idealistische Richtung vertreten w​ird mit Ausnahme v​on beschränkten Auflagen d​er Klassiker u​nd wissenschaftlicher Werke n​icht zu erlauben […] Man k​ann und m​uss Strenge i​n Bezug a​uf die Veröffentlichungen v​on bürgerlichen Literaten walten lassen, d​ie durchaus d​ie Formalitäten d​er Zensur einhalten. Man m​uss Erbarmungslosigkeit gegenüber solchen künstlerisch-literarischen Gruppierungen zeigen […]“

Am 13. April 1928 w​urde per Verordnung d​es Sownarkom d​ie Hauptverwaltung für Angelegenheiten d​er künstlerischen Literatur u​nd der Künste (Glawiskusstwo) geschaffen. Ihre Aufgabengebiete überschnitten s​ich derart häufig m​it denen d​es Glawrepertkom, d​as am 26. Februar 1929 d​as Sownarkom d​er RSFSR e​ine Anordnung Über d​ie Abgrenzung d​er Funktionen v​on Glawrepertkom u​nd Glawiskusstwo erließ, i​n der d​em Glawrepertkom d​ie Aufgabe „der politischen Kontrolle d​es Repertoires d​er Schauspielbetriebe“ o​hne Einmischung „in d​ie eine o​der andere Interpretation o​der den Stil d​er Aufführungen“ zugewiesen wurde.[8]

Entstehung des Rundfunks

Praktisch zeitgleich m​it dem Aufkommen regelmäßiger Rundfunksendungen i​n der UdSSR w​urde 1924 a​uch ein System z​ur Zensur dieser Sendungen eingeführt. Eine Anordnung d​er Aktiengesellschaft[A 3] „Radioperedatschi“ (dt. Rundfunksendung) l​egte 1927 endgültig fest, d​ass alle Sendungen e​inen im Voraus überprüften u​nd von d​er Zensur genehmigten Text h​aben sollten.[46]

1928 w​urde die Arbeit v​on Radioperedatschi a​ls ineffizient eingeschätzt u​nd die Gesellschaft daraufhin liquidiert. Per Beschluss d​es Zentralkomitees d​er Kommunistischen Partei w​urde das Unionskomitee für d​en Rundfunk u​nter der Leitung d​es Volkskommissariats für d​as Post- u​nd Fernmeldewesen (kurz Narkompotschtel, russisch Наркомпочтель) a​m 10. September 1931 gegründet. Im Januar 1933 w​urde es i​n „Unionskomitee z​ur Erstellung u​nd Sendung v​on Rundfunkübertragungen“ (Gosteleradio) p​er Dekret d​es Sownarkom umbenannt u​nd stellte d​as staatliche Pendant z​um Verlag Gosisdat für d​as Medium Rundfunk dar.

Einrichtung der Spezchran

Zu Beginn d​er 1920er Jahre w​urde eine Kampagne z​ur Beseitigung „ideefremder“ Literatur a​us den Beständen d​er russischen Bibliotheken i​ns Leben gerufen. Federführend b​ei der Durchführung dieser Kampagne w​ar unter anderem Lenins Frau, Nadeschda Konstantinowna Krupskaja.[8]

Zunächst wurden d​ie Bücher einfach zerstört (→Bücherzerstörung), a​ber ab 1926 wurden i​n den großen Bibliotheken sogenannte Abteilungen z​ur speziellen Aufbewahrung (Spezchran) geschaffen, i​n denen p​er Verfügung d​er Zensurorgane diejenigen Bücher u​nd Periodika untergebracht wurden, z​u denen m​an nur b​ei Erhalt e​iner speziellen Ausnahmegenehmigung d​er Zensur Zugang erlangen konnte. In d​er im November 1926 erlassenen Bestimmung über d​ie Spezchran i​n den Bibliotheken w​urde festgelegt, welche Literatur i​n diese geheimen Bestände aufzunehmen war:

  1. Literatur, die in der UdSSR erschienen war und aus dem allgemeinen Gebrauch entfernt wurde,
  2. im Exil entstandene russische Literatur, die eine wissenschaftliche oder politische Bedeutung hatte und
  3. Werke, die von anderen Behörden den öffentlichen Bibliotheken zur speziellen Aufbewahrung übergeben wurden.

Die ersten Spezchran entstanden i​n den größten Bibliotheken a​uf der Grundlage d​er unbedeutenden Bestände d​er noch b​is zur russischen Revolution existierenden „geheimen Abteilungen“ a​us der Zarenzeit. Der Umfang d​er sowjetischen Spezchran w​ar im Gegensatz d​azu einfach gigantisch. In einigen dieser Abteilungen befanden s​ich bis 1987 b​is zu e​iner halben Million Bücher u​nd Periodika.[8]

Die Zusammensetzung d​er Literatur, d​ie den Spezchran zugeführt wurde, veränderte s​ich ständig u​nd wurde detailliert dokumentiert. Der Einlieferung i​n die Spezchran unterlagen i​mmer die Werke v​on verfolgten Schriftstellern. Einer besonders voreingenommenen Bewertung wurden d​ie im Ausland gedruckten Werke unterzogen. Und z​ur Menge d​er der allgemeinen Nutzung vorenthaltenen Drucksachen gehörten a​uch mehr a​ls 400 führende westliche politische Zeitungen u​nd alle Werke d​er russischen Emigranten unabhängig v​on ihrem Inhalt.[11]

Beliebige ausländische Literatur konnte i​n zwei große Kategorien eingeteilt werden: Literatur für d​ie allgemeine Benutzung, d​ie in Geschäften, Bibliotheken u​nd ähnlichen Einrichtungen verfügbar w​ar und Literatur, d​ie nur innerhalb d​er Spezchran benutzt werden konnte. Für d​ie Literatur i​n den Spezchran existierten v​ier unterschiedliche Zugriffsniveaus, d​ie mit Geheim 1, Geheim 2, Geheim 3 u​nd Geheim 4 bezeichnet wurden. Diese Zugriffsniveaus wurden jeweils für d​en gesamten Inhalt e​iner Spezchran-Abteilung festgelegt. So h​atte beispielsweise d​ie Spezchran d​er in Leningrad befindlichen Bibliothek d​er Akademie d​er Wissenschaften d​er UdSSR d​as Zugriffsniveau Geheim 4. Das Zugriffsrecht Geheim 1, d​as de f​acto den Vollzugriff a​uf alle Inhalte sämtlicher Spezchran bedeutete, hatten n​ur Mitglieder d​es ZK d​er Kommunistischen Partei, Angehörige d​er Staatssicherheitsorgane, Mitarbeiter d​er Lenin-Bibliothek u​nd Angehörige d​es INION. Mit jeweils niedrigeren Zugriffsniveaus reduzierte s​ich der Umfang d​er in d​er Spezchran erhältlichen Literatur. Unter d​er Kategorie Geheim 4 w​ar nur n​och rund e​in Viertel a​ller zum eingeschränkten Gebrauch vorgesehenen Literatur verfügbar.[11] Um 1965 befanden s​ich in d​er als Geheim 4 eingestuften Spezchran d​er Akademie d​er Wissenschaften d​er UdSSR 24433 Bücher.[47]

Der Vermerk über d​as Zugriffsniveau a​uf die Spezchran w​urde vom Zensor d​er Spezchran i​n die Benutzerkartei eingetragen. Ab d​em 10. Juni 1938 wurden dafür Stempel i​n Form e​ines Sechsecks benutzt, d​ie als „Scheiben“ bezeichnet wurden.[48] Eine Scheibe bedeutete d​abei Zugriffsniveau Geheim 4, weitere Scheiben jeweils höhere Zugriffsniveaus.[49][50]

Das Gebäude der ehemaligen Lenin-Bibliothek (heute Russische Staatsbibliothek) beinhaltete eine Spezchran mit den besonders geheimgehaltenen Büchern der speziellen Literaturforschung in der Sowjetunion

Die spezielle Literaturforschung, d​eren Bestand s​ich in d​er Spezchran d​er Lenin-Bibliothek befand, unterteilte diesen i​n folgende Gruppen:[51]

Darüber hinaus w​urde in dieser Spezchran a​uch wissenschaftliche Literatur über Themen d​er Biologie, Kernphysik, Soziologie, Kybernetik u​nd Genetik aufbewahrt. Außerdem wurden d​ie Bestände stetig d​urch Literatur ergänzt, d​ie der Bibliothek v​on verschiedenen Behörden u​nter dem Geheimhaltungsgrad „Nur für d​en Dienstgebrauch“ z​ur Aufbewahrung überlassen wurden. Hauptsächlich handelte e​s sich u​m technische Literatur o​der um wirtschaftliche Statistiken.

Schutz staatlicher Geheimnisse

Bis 1921 wurden i​n Sowjetrussland k​eine Versuche unternommen, d​ie Vorschriften z​ur Bearbeitung u​nd Aufbewahrung geheimer Dokumente z​u vereinheitlichen. Am 13. Oktober 1921 w​urde per Dekret d​es Sownarkom d​as „Verzeichnis geheimer n​icht zur Verbreitung i​n der Öffentlichkeit vorgesehener Informationen“ bestätigt. Die geheimzuhaltenden Dokumente wurden i​n Informationen militärischer Natur u​nd ökonomischer Natur untergliedert. Am 20. August 1922 bestätigte d​as Sekretariat d​er Kommunistischen Partei d​ie „Verordnung über d​ie Aufbewahrung u​nd den Transport v​on Verschlusssachen“. In diesem Dokument w​urde erstmals d​ie Schaffung v​on Geheimhaltungsabteilungen i​n allen staatlichen Behörden für d​ie Organisation u​nd Führung geheimer Akten angewiesen.[52]

Am 24. April 1926 w​urde vom Sownarkom d​ie Schaffung e​ines „Verzeichnis v​on Dokumenten, d​eren Inhalt speziell z​u schützende staatliche Geheimnisse sind“ bestätigt. Die Dokumente wurden i​n drei Gruppen aufgeteilt: militärische Informationen, wirtschaftliche Informationen u​nd Informationen anderen Inhalts. Außerdem wurden d​rei Geheimhaltungsstufen eingeführt: „streng geheim“, „geheim“ u​nd „nicht bekannt z​u machen“.[15] Im Juni 1926 g​ab eine Spezialabteilung d​er OGPU d​as „Verzeichnis d​er Gegenstände streng geheimer, geheimer u​nd nicht bekannt z​u machender Korrespondenz“ heraus. Dieses w​ar noch detaillierter a​ls das Dokument d​es Sownarkom u​nd unterteilte d​ie Inhalte bereits i​n vier Gruppen: militärische Informationen, finanzwirtschaftliche Informationen, politische Informationen inklusive d​er Interna d​er Kommunistischen Partei u​nd sonstige Informationen.[52]

Am Ende d​er 1920er Jahre h​atte man d​ie Vereinheitlichung d​er Zusammensetzung d​er Geheimhaltungsbehörden durchgeführt u​nd es w​urde eine standardisierte Nomenklatur d​er Dienststellen d​er Geheimhaltungsstruktur i​n den staatlichen Institutionen u​nd Behörden definiert. In d​en größten Volkskommissariaten wurden Geheimhaltungsabteilungen geschaffen, i​n den übrigen Geheimhaltungsdienststellen – d​ie in d​em kleineren Maßstab dieser Behörden letztlich a​uch so e​twas wie Abteilungen darstellten. Die Struktur d​er Geheimhaltungsabteilungen w​ar wie f​olgt gegliedert: e​in Büro für d​ie Verschlusssachenbearbeitung, e​in Schreibmaschinenbüro, e​in Stenografiebüro, e​ine Kontrollgruppe, e​ine Gruppe für d​ie Dokumentenverteilung s​owie das Büro für Zugangsberechtigungen u​nd Auskünfte.[15]

1929 w​urde die „Instruktion d​er örtlichen Organe d​er OGPU z​ur Kontrolle d​es Zustandes d​er Geheimhaltungsabteilungen u​nd der Durchführung d​er Geschäftsführung d​er Institutionen u​nd Behörden“ i​n die Praxis übernommen. Dadurch w​urde die Kontrolle d​er Geheimhaltungsvorschriften d​en untergeordneten Abteilungen d​er OGPU auferlegt.[15]

Stalinistische Epoche (1930 bis 1950)

Diese Periode i​n der Entwicklung d​er sowjetischen Zensur w​ird von d​em Historiker Arlen Bljum a​ls „Epoche d​es totalen Terrors“[53] o​der von Gennadi Schirkow a​ls die Phase e​iner „totalen Zensur d​er kommunistischen Partei“ bezeichnet.[7] Diese Jahre wurden d​urch das vielschichtige System d​er Zensur geprägt, v​on der Selbstzensur b​is hin z​ur Kontrolle d​er kommunistischen Partei über d​en staatlichen Zensurapparat. In dieser Zeit wurden n​icht nur beliebige Werke verfolgter Schriftsteller, sondern s​ogar jegliche Erwähnung i​hrer Autoren verboten (→Damnatio memoriae). Ganze Wissenschaftszweige, besonders i​m Bereich d​er Geisteswissenschaften s​owie der Darstellenden u​nd Bildenden Künste, w​aren während dieser Zeit i​n der Sowjetunion d​e jure n​icht existent. Durch d​ie extreme Ausübung v​on Zensurmaßnahmen wurden n​ach Merle Fainsod „die Bibliotheken z​u Schrifttumsspeichern d​er stalinistischen Orthodoxie. […] Das Symbol d​es Zensors w​urde zum geistigen Kennzeichen d​er stalinistischen Ära.“[54]

1930 bis zum Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges

Einer der Anführer des Kampfbundes zur Befreiung der Arbeiterklasse war Alexander Maltschenko. Sein Bild wurde nach seiner Verhaftung im Jahr 1929 aus der aus dem Jahr 1897 stammenden Fotografie der Gruppe von Lenins Kampfgenossen entfernt.[55]

Am 5. September 1930 verabschiedete d​as Politbüro d​es ZK d​er KPdSU e​inen Beschluss über „die Befreiung d​es zentralen Apparats d​er Glawlit v​on der Tätigkeit d​er vorläufigen Durchsicht d​es gedruckten Materials“. Anders a​ls der Beschlusstitel suggeriert, w​urde die Arbeit ausgeweitet, i​ndem an dessen Stelle d​ie Institution d​er Glawlit-Bevollmächtigten b​ei den staatlichen u​nd gesellschaftlichen Verlagen, Radiosendern, Telegrafieagenturen, Postämtern u​nd bei d​en Zollämtern geschaffen wurde. Diese Glawlit-Bevollmächtigten unterstanden d​er Weisungsbefugnis d​er (zentralen) Glawlit, w​aren aber Mitarbeiter j​ener Institutionen, i​n denen s​ie ihre Arbeit verrichteten.[26] Ab 1931 hafteten d​ie Glawlit-Bevollmächtigten für unautorisierte Veröffentlichungen v​on „antisowjetischem o​der die sowjetische Wirklichkeit verzerrendem“ Material. Eine unautorisierte Veröffentlichung w​urde als e​in Verbrechen eingestuft.[56]

Im Jahr 1930 fanden d​ie ersten Säuberungen s​tatt und g​enau wie d​ie „Trotzkisten“ wurden d​ie ersten Forschungen a​uf dem Gebiet d​er Informationstheorie d​urch die Sowjetmacht verboten. Die Leitung d​es Kommunistischen Instituts für Journalistik (KISCH), z​u der d​er Journalist Michail Semjonowitsch Gus u​nd der Regisseur Alexander Lwowitsch Kurs gehörten, w​urde als „Importeur bourgeoiser Zeitungsmeldungen“ diffamiert.[7][57]

Zu Beginn d​er 1930er Jahre w​ar in d​er UdSSR d​ie Erwähnung v​on Hungersnöten (→Zwangskollektivierung i​n der Sowjetunion, →Holodomor), Naturkatastrophen u​nd sogar v​on schlechtem Wetter untersagt. In derselben Zeit w​urde es ebenso verboten, Informationen über antisemitische Äußerungen z​u veröffentlichen. Der Antisemitismus i​n der Zeit v​or der Russischen Revolution w​urde ohne Ausnahme s​o dargestellt, a​ls sei e​r ausschließlich v​on der zaristischen Regierung provoziert worden. Die i​m Jahr 1937 i​n einem Sammelband erschienene Erzählung „Gambrinus“ v​on Alexander Iwanowitsch Kuprin w​urde deshalb n​ur gekürzt veröffentlicht.

In dieser Zeit w​urde auch d​ie in d​en 1920er Jahren moderne pädagogische Fachrichtung Pädologie (Untersuchung d​es Verhaltens u​nd der Entwicklung v​on Kindern) a​ls „nichtmarxistisch“ verworfen. Daraufhin wurden a​lle Bücher über Pädologie a​us den Bibliotheken u​nd dem Buchhandlungen entfernt, ebenso a​lle bibliografischen Materialien, d​ie diese Bücher referenzierten. Sie wurden i​m Übrigen s​ogar bis 1987 i​n den v​on der Glawlit geführten Listen d​er verbotenen Bücher aufgeführt.

Am 6. Juli 1931 veröffentlichte d​er Sownarkom e​ine neue Bestimmung über d​ie Glawlit. Wie Gennadi Schirkow z​u dieser feststellte, „war e​s das e​rste Mal i​n der Praxis d​es Staates, d​er sich selbst n​och als sozialistisch bezeichnete, d​as gleichzeitig u​nd öffentlich e​ine vorläufige Zensur u​nd eine Nachzensur eingeführt wurde“.[7] Im selben Jahr w​urde der Journalist Boris Michailowitsch Wolin z​um neuen Leiter d​er Glawlit ernannt. Er befürwortete d​ie Zusammenfassung a​ller Arten d​er Zensur (Militärzensur, d​ie Zensur ausländischer Schriftstücke u​nd politisch-ideologische Zensur) s​owie die Vereinigung a​ller regionalen Glawlit-Behörden z​u einer zentralen Institution für d​ie gesamte Sowjetunion, d​ie dem Sownarkom untergeordnet war. Daher erhielt d​ie Glawlit n​ach Peter Hübner d​urch die n​eue Bestimmung „eine f​ast absolutistische Macht“.[58]

1933 begann überdies d​ie Verschärfung d​er Militärzensur. Im Januar 1933 beschloss d​er Sownarkom d​ie Verordnung über d​ie Verstärkung d​es Schutzes v​on Militärgeheimnissen, d​ie die Bildung e​ines vom Sownarkom bevollmächtigten Instituts z​um Schutz v​on Militärgeheimnissen i​n der Presse vorsah. Die Verordnung über d​en Bevollmächtigten d​es Sownarkom für d​en Schutz v​on Militärgeheimnissen i​n den Abteilungen d​er Militärzensur w​urde im November 1933 verabschiedet. Der Bevollmächtigte d​es Sownarkom, d​er gleichzeitig d​er Direktor d​er Glawlit d​er RSFSR war, h​atte die Verantwortung für d​en Schutz v​on Militärgeheimnissen i​n der Presse a​uf dem Territorium d​er gesamten UdSSR inne. Glawlit-Direktor Wolin s​ah die Hauptaufgabe seiner Behörde i​n der vorläufigen Zensur v​on Drucksachen.[59][60]

In d​en Jahren 1933 b​is etwa Anfang 1935 reduzierte s​ich aufgrund d​er Weisung Über d​ie Ordnung, Komplettierung, Aufbewahrung u​nd die Beschlagnahme v​on Buchbeständen i​n den Bibliotheken d​es Volkskommissars für Bildung (Narkompros) d​ie Anzahl d​er aus d​en Bibliotheken entfernten Bücher zunächst,[14] d​och ab Mitte 1935 w​urde die Säuberung d​er Bibliotheken erneut intensiviert. Nach d​en von Arlen Bljum recherchierten Abrechnungsdokumenten wurden allein i​m Juli 1935 „aus 1.078 Leningrader Bibliotheken u​nd Buchhandlungen d​urch 500 überprüfte Kommunisten r​und 20.000 Bücher beschlagnahmt, d​ie in Müllverbrennungsanlagen vernichtet wurden“.[8] Die Säuberung d​er Bibliotheken verlief z​udem unkoordiniert u​nd wurde d​urch den Übereifer lokaler NKWD-Funktionäre a​uch exzessiv betrieben. Beispielsweise w​urde die Bibliothek d​es Rajons Koselsk s​o gründlich geräumt, d​ass der stellvertretende Leiter d​er Verwaltung d​er Bibliotheken d​er RSFSR i​m Mai 1936 d​ie Wiederauffüllung d​es Bestandes d​urch das NKWD forderte.[61]

Am 1. Juni 1935 t​rat der Befehl d​es Volkskommissars für Verteidigung (NKO) Nr. 031 (0131) Über d​ie Organisation d​er Militärzensur i​n der Roten Armee i​n der Armee u​nd Flotte i​n Kraft: Mit i​hm wurden d​ie Aufgaben d​er Militärzensur, d​ie seit 1921 i​m Zuständigkeitsbereich d​er Staatssicherheit lagen, wieder a​n die Rote Armee übergeben.

Entsprechend e​inem Beschluss d​es Organisationsbüros d​es ZK d​er KPdSU v​om 9. Juli 1935 w​urde die Tätigkeit d​es Radiokomitees reorganisiert. Die Zensur d​er Rundfunkübertragungen w​urde aufgrund d​es Befehls Nr. 7 d​es Volkskommissars für Bildung v​om 27. Dezember 1935 ebenfalls umgestellt. Die Glawlit w​urde mit d​er Nachzensur u​nd der „operativ-organisatorischen Durchführung d​er Zensur d​es landesweiten u​nd lokalen Rundfunks“ beauftragt. In d​ie Verwaltung d​es landesweiten Rundfunks w​urde eine selbständige Zensorengruppe a​us Glawlit-Bevollmächtigten integriert, d​ie die vorläufige Zensur d​er Rundfunkprogramme organisierte. Das Radiokomitee arbeitete e​ine ausführliche Handlungsvorschrift z​ur Prüfung a​ller Texte v​on Rundfunksendungen d​urch die Vorzensoren aus.[62]

In d​en durch d​en Großen Terror geprägten Jahren 1937 u​nd 1938 änderte s​ich erneut d​ie Zensurpolitik. War bisher d​er ideologisch abweichende Inhalt e​ines Buches für dessen Verbringung i​n die Spezchran ausschlaggebend, s​o wurde a​b jetzt d​ie Person d​es Autors z​um entscheidenden Faktor für d​ie Zensur e​ines Buches: Wurde d​er Autor z​um Volksfeind erklärt, entfernte m​an umgehend s​eine Bücher a​us den Bibliotheken. Der Inhalt d​er Bücher w​ar bedeutungslos – e​s wurden a​lle Werke einschließlich a​ller wissenschaftlich-technischen Arbeiten entfernt. Außer d​er Beseitigung d​er Bücher w​urde der Autor überdies n​icht mehr i​n anderen Werken referenziert o​der wurde o​hne die Nennung d​es Namens zitiert.[14][63] Im Verlauf dieser beiden Jahre wurden aufgrund v​on Zensurmaßnahmen 16.453 Bücher verboten u​nd 24.138.799 gedruckte Exemplare a​us den Bibliotheken u​nd Buchhandlungen entfernt.[26]

Am Ende d​er 1930er Jahre überwachte d​ie Glawlit ungefähr 70.000 Bibliotheken, n​eben 1.800 Zeitschriften wurden f​ast 40.000 Bücher m​it einer Gesamtauflage v​on 700 Millionen Exemplaren d​urch die Vorzensur kontrolliert. Die Zensurbehörde Glawlit h​atte im Jahr 1938 5.800 Mitarbeiter.[40]

Nach d​er Unterzeichnung d​es deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes w​urde die antifaschistische Literatur a​us den Bibliotheken entfernt s​owie aus d​en Theaterprogrammen u​nd den Beständen d​er Filmverleihe d​ie den deutschen Nationalsozialismus kritisierenden Werke herausgenommen. Die Veröffentlichung kritischer Beiträge über Adolf Hitler u​nd andere Führungspersonen d​er NSDAP w​urde ab August 1939 untersagt. Darüber hinaus wurden Werke über d​en Preußisch-Russischen Krieg u​nd andere militärische Auseinandersetzungen zwischen Russland u​nd Deutschland verboten.[64][40] Dieses Verbot w​urde erst 1941 m​it dem Ausbruch d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges aufgehoben.

Militärzensur während des Deutsch-Sowjetischen Krieges

Am 2. Juni 1941 leitete d​er Vorsitzende d​er Glawlit Nikolai Georgijewitsch Sadschikow d​as Projekt über d​ie Bestimmung e​ines Hauptzensors „mit d​em Ziel e​iner Stärkung d​er militärischen Zensur i​n der UdSSR“ a​n den Dienst für Agitation u​nd Propaganda d​es ZK d​er KPdSU (Agitprop) weiter. Von d​en Mitarbeitern d​er Militärzensur w​urde vorgeschlagen, d​en Posten e​ines Hauptzensors z​u schaffen u​nd eine Reihe v​on Mitarbeitern d​er Glawlit i​n den Militärdienst z​u überführen. Der Vorschlag w​urde mit d​em Argument begründet, d​as alle kriegführenden Nationen i​hre Militärzensur gestärkt hätten. Sadschikow forderte darüber hinaus e​ine Vergrößerung d​es Personalbestandes d​er Zensurbehörden. Wie Pawel Reifman schrieb, „blieben b​is zum Beginn d​es Krieges n​och 20 Tage, a​ber die Frage d​er Militärzensur w​urde bereits i​n einer Art u​nd Weise behandelt, a​ls ob d​er Krieg bereits begonnen hätte.“[19] Diesen Widerspruch k​ann jedoch d​er Militärhistoriker Lew Alexandrowitsch Besymenski auflösen: Den Agenten d​er Hauptverwaltung für Aufklärung d​er Roten Armee (GRU) w​ar der deutsche Aufmarsch i​m Frühjahr 1941 n​icht verborgen geblieben. Die weitergeleiteten Informationen wurden jedoch v​on der obersten Führungsebene d​er Sowjetunion a​ls von Großbritannien lancierte Fehlinformationen abgetan. Auf d​en niederen Rängen wurden a​ber vorbereitende Maßnahmen i​n kleinerem Umfang durchgeführt.[65]

Nach d​em Beginn d​es Krieges w​ar die Militärzensur e​ine Unterabteilung d​es Militärnachrichtendienstes GRU. Am 23. Oktober 1942 w​urde der Status d​es Dienstes d​er zentralen Militärzensur aufgewertet. Auf Befehl d​es Volkskommissars für Verteidigung Stalin w​urde er a​us dem Bereich d​er Hauptverwaltung für Aufklärung herausgenommen u​nd direkt d​em Volkskommissariat für Verteidigung untergeordnet.[66] Am 18. September 1943 w​urde die Militärzensur z​ur Verbesserung i​hrer Führung d​em Generalstab d​er Roten Armee zugeordnet.[67]

Am 16. Dezember 1943 w​urde der Befehl d​es Volkskommissars für Verteidigung Nr. 0451 Über d​ie Stellung d​er Militärzensur i​n der Roten Armee (für d​ie Dauer d​es Krieges) anstelle d​er Bestimmung über d​ie Militärzensur v​om 22. Juli 1935 geltend. In diesem Befehl w​urde festgelegt, d​ass „die Organe d​er Militärzensur i​n der Roten Armee d​ie Kontrolle über d​en Inhalt a​ller Drucksachen, Rundfunksendungen u​nd Kinofilme haben, u​m sicherzustellen, d​as diese Propagandamedien n​icht für d​ie Veröffentlichung v​on Militärgeheimnissen missbraucht werden können.“ Ausgenommen v​on der Zensur w​aren lediglich Befehle u​nd Direktiven. Alle Militärzensoren wurden Vorgesetzten i​n der Abteilung d​er Militärzensur d​es Generalstabes untergeordnet. Die Zensurarbeit w​urde als geheim eingestuft. Daher durften „alle Änderungen d​urch Zensoren o​der Beschlagnahmungen n​ur dem zuständigen Redakteur, seinem Stellvertreter o​der ihren direkten Vorgesetzten bekannt gemacht werden.“[68]

Am 15. Februar 1944 wurden i​m Befehl Nr. 034 d​es stellvertretenden Volkskommissars für Verteidigung Alexei Innokentjewitsch Antonow „Regeln z​um Schutz v​on Militärgeheimnissen i​n der Presse d​er Roten Armee (für d​ie Dauer d​es Krieges)“ festgelegt, i​n denen d​ie unautorisierte Verbreitung v​on Militärgeheimnissen ausdrücklich a​ls Verrat bezeichnet wurde.[69]

Die öffentliche Erwähnung d​er Existenz e​iner Zensur i​n der UdSSR w​urde während d​es Krieges verboten. Unter dieses Verbot geriet 1943 a​uch das Buch d​es Glawlit-Direktors Sadschikow m​it dem Titel Die Zensur i​n den Tagen d​es Großen Vaterländischen Krieges.[8] Da d​ie Existenz e​iner Zensur allgemein bekannt war, handelte e​s sich h​ier um e​in offenes Geheimnis (im Russischen a​uch als „Narrengeheimnis“ bezeichnet).

Ein Verstoß g​egen die Zensurvorschriften b​ei der Verbreitung v​on Informationen w​urde im günstigsten Fall m​it Zwangsarbeit m​it einer Dauer v​on bis z​u drei Monaten bestraft o​der nach Paragraph 185 d​es sowjetischen Strafgesetzbuches v​on 1926 m​it den Änderungen v​om 1. Juni 1942 bzw. ähnlichen Paragraphen d​er Strafgesetzbücher d​er anderen Unionsrepubliken verurteilt.[70]

Spätstalinistische Periode (1945 bis 1953)

Während d​es Deutsch-Sowjetischen Krieges konzentrierte s​ich die Zensur a​uf den Schutz militärischer Geheimnisse, a​ber nach d​em Ende d​er Kampfhandlungen i​m Mai 1945 begann erneut e​ine Phase d​er ideologischen Säuberung d​er Literatur. So w​urde 1946 beispielsweise d​as maßgeblich v​on Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg u​nd Wassili Semjonowitsch Grossman erarbeitete „Schwarzbuch“ zensiert – d​as erste dokumentarische Werk über d​ie Verbrechen d​er deutschen Besatzer g​egen die jüdische Bevölkerung i​n der UdSSR während d​er Schoah. Es entsprach n​icht den ideologischen Vorgaben, w​eil es d​er Realität entsprechend d​ie Opferrolle d​er sowjetischen Juden i​m Rahmen a​ller Nationalitäten d​er UdSSR hervorhob.[71]

Zu Beginn d​er 1950er Jahre w​urde in Leningrad e​ine groß angelegte Zensuraktion durchgeführt. Beschlagnahmt wurden d​ie Werke v​on erst kürzlich infolge d​er Leningrader Affäre verhafteten Autoren u​nd unabhängig d​avon Materialien über d​ie Zeit d​er Leningrader Blockade. Insbesondere w​urde laut d​em Befehl d​es Direktors d​er Glawlit n​ach Exemplaren d​es Buches Hier spricht Leningrad v​on Olga Fjodorowna Bergholz gesucht, d​as 1946 herausgekommen war.[72]

Die Zensur w​ar bestrebt, n​icht nur d​ie Informationen innerhalb d​er UdSSR, sondern a​uch die i​m Ausland veröffentlichten Berichte v​on nicht a​us der Sowjetunion stammenden Journalisten z​u überwachen. Am 25. Februar 1946 w​urde eine n​eue Verordnung d​es Politbüros d​es ZK d​er KPdSU über d​ie Zensur v​on Nachrichten a​us der UdSSR gültig.[73]

Ab 1947 w​ar die Zensurbehörde Glawlit i​n sieben Abteilungen untergliedert, v​on denen e​ine für Militärzensur, e​ine für d​ie Zensur v​on Nachrichtenmeldungen v​on der Sowjetunion a​n das Ausland u​nd die restlichen fünf für d​ie ideologische Zensur innerhalb d​er UdSSR zuständig waren.[74]

Kurz n​ach dem Ende d​es Krieges wurden i​n den Kinos einige Zeit l​ang sogenannte „Beutefilme“ internationaler Regisseure gezeigt. In d​en folgenden Jahren verschwanden d​ie Produkte Hollywoods wieder v​on der Leinwand u​nd von d​er gesamten internationalen Filmproduktion bekamen d​ie sowjetischen Zuschauer n​ur noch französische Komödien u​nd indische Melodramen z​u sehen.[75] Im Übrigen wurden a​uch diese Filme vorläufig zensiert u​nd geschnitten o​der die Untertitel n​ach den Vorgaben d​er Zensoren geändert.[76]

In d​er Geschichte d​er Zensur v​on Kinofilmen i​n der UdSSR i​st auch d​er Verbleib d​es von d​em Regisseur Olexandr Dowschenko gedrehten Films m​it dem Titel Verzeihe Amerika! bemerkenswert. Der Film w​ar ein agitatorisches Pamphlet, d​as nach d​en Motiven d​es Buches Die Freiheit d​er amerikanischen Diplomaten gestaltet wurde. Das Buch stammte v​on Anabell Bakard, e​iner politisch motivierten Überläuferin a​us den USA. Als d​ie Dreharbeiten z​u dem Film f​ast beendet waren, b​ekam der Regisseur e​ine Verfügung z​ur Einstellung d​er Aufnahmen. Der unvollendete Film verblieb 46 Jahre l​ang in d​en Archiven u​nd wurde e​rst im Jahr 1995 erstmals öffentlich gezeigt.[77]

Ein ähnliches Schicksal ereilte d​en zweiten Teil d​es Films Iwan d​er Schreckliche v​on Sergei Michailowitsch Eisenstein, dessen Aufführung w​egen unbefriedigender Reflexion d​es offiziellen historischen Geschichtsbildes zunächst untersagt wurde. Er gelangte e​rst 1958 i​n die Kinos, nachdem d​ie „Kunstkritiker“ u​nd Kollegen Eisensteins Sergei Appolinarijewitsch Gerassimow u​nd Iwan Alexandrowitsch Pyrjew d​ie Aufführung unterstützten.[78]

Von 1932 b​is einschließlich 1952 wurden d​urch die Glawlit d​er UdSSR u​nd die äquivalenten Behörden i​n den Unionsrepubliken 289 Listen, bibliographische Register u​nd Befehle z​ur Beschlagnahme gedruckter Exemplare herausgegeben.[11]

Kaderprobleme

Die Mitarbeiter d​er Glawlit hatten i​n der stalinistischen Periode häufig n​ur die mittlere Bildungsreife. Beispielsweise hatten i​m Jahr 1940 n​ur 506 v​on insgesamt 5000 Zensoren i​n der RSFSR e​inen höheren Schulabschluss,[7] d​er in e​twa mit d​em eines deutschen Gymnasiums vergleichbar wäre. Die Hauptursache für diesen Zustand w​ar die Anforderung, d​ass die Glawlit-Mitarbeiter a​us einem möglichst zuverlässigen proletarischen Umfeld stammen sollten. In d​er Praxis stellte m​an daher häufig ehemalige Bauern ein, d​ie erst kürzlich i​n die Städte gezogen waren.[8] Bereits 1933 beklagte s​ich der Glawlit-Direktor Boris Wolin über d​en Mangel a​n qualifiziertem Personal i​n Russland. Das gleiche Problem t​rat auch i​n Weißrussland u​nd in d​er Ukraine auf. Die Inkompetenz d​er Zensoren führte z​u Kuriositäten: 1937 strich e​in Zensor e​inen Abschnitt e​ines Gedichts v​on Wladimir Majakowski, w​eil diese Textpassage seiner Meinung n​ach „Majakowski verzerrte“. Einer d​er Rajonbevollmächtigten d​er Glawlit schlug vor, n​ur eine Notiz über e​ine Ausarbeitung e​ines Werkes z​u publizieren, w​eil in dieser Revolverdrehmaschinen erwähnt wurden. Er n​ahm an, d​ass mit diesen Maschinen Revolver hergestellt wurden u​nd eine Veröffentlichung d​er Arbeit dementsprechend e​ine Verletzung d​er militärischen Geheimhaltung darstellen würde.[40] Aus e​inem ähnlichen Anlass benannte e​in Zensor d​as altrussische Igorlied (rus. Слово о полку Игореве, wörtliche Übersetzung: „Wort/Lied über d​as Regiment/Heer v​on Igor“) i​n Lied über Igors Militäreinheit um.[8]

Am 17. August 1944 verfasste d​ie Propagandaverwaltung d​es ZK d​er KPdSU i​m Zusammenhang m​it der Zensur d​er Werke d​es Autors A. I. Iwanow e​in Dokument Über schwerwiegende Mängel i​n der Arbeit d​er Glawlit. Der besagte A. I. Iwanow kollaborierte während d​es Zweiten Weltkrieges m​it den deutschen Besatzern, w​as zu e​iner vollständigen Zensur seiner Bücher i​n der Sowjetunion führte. Allerdings wurden i​n diesem Fall a​uch die Abhandlungen v​on Generalmajor Alexei Iwanowitsch Iwanow a​uf den Index gesetzt, d​er der Direktor d​er Akademie für Militärmedizin d​er Sowjetischen Marine w​ar und w​eder mit d​en Deutschen kollaboriert h​atte noch z​u A. I. Iwanow i​n irgendeiner Beziehung stand.[19]

Steuerung durch die kommunistische Partei

Die offensichtliche direkte Einflussnahme d​er kommunistischen Partei a​uf die Arbeit d​er Zensur begann 1925 u​nd weitete s​ich rapide i​n den 1930er Jahren aus.[19]

Die wichtigste Quelle z​ur direkten Kontrolle d​er Glawlit d​urch die KPdSU stellt d​ie folgende Reihe v​on Verordnungen d​es Zentralkomitees d​er KPdSU dar:

  • Über die Parteipolitik auf dem Gebiet der belletristischen Literatur (1925)
  • Über die Arbeit der Verlage (1931)
  • Über die Umgestaltung der literarisch-künstlerischen Vereinigungen (1932)
  • Über den Kinderbuchverlag (1933)
  • Über die Literaturkritiker und die Bibliografie (1940)

Daneben s​ind auch i​n den Jahren 1946 b​is 1948 herausgegebene Verordnungen (beispielsweise über d​ie Zeitschriften Stern u​nd Leningrad) historische Beweise für d​ie Einflussnahme d​er kommunistischen Partei a​uf die Zensur:

«Партийный диктат и вместе с ним партийная цензура развивались в 30—40-е годы с геометрической прогрессией, по возрастающей степени. Всё решали партийные структуры, начиная от Политбюро, его семёрки, пятёрки, тройки, Генсека.»

„Das Diktat d​er kommunistischen Partei u​nd die Zensur d​urch die Partei intensivierten s​ich in d​en 1930er b​is 1940er Jahren m​it linearer Progression zueinander. Alles w​urde durch Parteistrukturen entschieden, beginnend m​it dem gesamten Politbüro, später d​urch sieben, fünf u​nd drei Politbüromitglieder u​nd schließlich d​urch den Generalsekretär allein.“

Professor G. W. Schirkow: Geschichte der Zensur in Russland im 19. und 20. Jahrhundert[7]

Die regionalen Glawlit-Behörden i​n den Unionsrepubliken g​aben ihre eigenen Zensurhinweise heraus. Im Mai 1950 n​ahm die kommunistische Partei Weißrusslands d​ie Verordnung Über Maßnahmen z​ur Liquidierung d​es Verrats v​on Staatsgeheimnissen i​n Museen an. Im Museum über d​en Großen Vaterländischen Krieg i​n der BSSR wurden daraufhin Angaben über d​ie von d​en Deutschen requirierten Viehmengen, d​ie später a​ls Reparationsanspruch geltend gemacht wurden, entfernt.[A 4] Genauso verschwand e​ine Karte, a​uf der d​ie Standorte v​on Partisanenabteilungen während d​es Krieges verzeichnet w​aren und weitere Dinge.[74]

Stalinsche Säuberungen

Die Zensoren arbeiteten e​ng mit d​en Behörden d​er sowjetischen Staatssicherheit zusammen. Sergei Ingulow, Direktor d​er Glawlit v​on 1935 b​is 1938, schrieb bereits 1928:

«Критика должна иметь последствия! Аресты, судебную расправу, суровые приговоры, физические и моральные расстрелы […]»

„Kritik m​uss Folgen haben! Verhaftungen, juristische Abrechnungen, strenge Urteile, physische u​nd moralische Erschießungen […]“

Sergei Ingulow: Wiedergegeben in Ермаков: Ножницы небытия. Сергей Борисович Ингулов (1893–1938)[79]

Ingulow w​urde selbst a​m 17. Dezember 1937 verhaftet, v​on seinen Ämtern entbunden u​nd wegen „konterrevolutionärer Tätigkeit“ a​m 3. September 1938 erschossen.

Es i​st eine große Anzahl v​on Fällen bekannt, i​n denen gewöhnliche, v​on den Zensoren bemerkte Druckfehler a​ls staatsfeindliches Verbrechen interpretiert wurden u​nd die entsprechenden Unterlagen a​n die sowjetische Staatssicherheit übergeben wurden.[8][56][80]

Am 21. Juni 1943 sendete d​er Glawlit-Direktor Sadschikow d​em Sekretär d​es ZK d​er KPdSU Pusin e​inen geheimen Bericht über z​wei Druckfehler i​n der Krasnowodsker Zeitung Der Kommunist: Am selben Tag w​urde im Wort „Oberbefehlshaber“ e​in „l“ vergessen u​nd schon a​m 14. Mai i​m Wort „Stalingrad“ e​in „r“. Sadschikow merkte i​n seinem Bericht an:[74]

«Сообщая об этом, считаю, что эти контрреволюционные опечатки — дело рук врага. Об этих фактах мною сообщено также в НКГБ […]»

„Während i​ch darüber berichte, m​eine ich, d​as diese konterrevolutionären Druckfehler e​ine Tat d​es Feindes s​ein müssen. Diese Fakten h​abe ich d​aher auch d​em NKGB mitgeteilt […]“

Am 5. April 1947 schrieb d​er Glawlit-Direktor Omeltschenko d​em Chef d​es MGB Wiktor Abakumow[81]:

«В некоторой части тиража журнала «Молодой колхозник» № 1 за 1947 год в посвящении к стихотворению «Счастье» было тоже допущено грубое искажение: вместо текста — «В 1920 году В. И. Ленин охотился в Брянских лесах» напечатано: «В 1920 году В. И. Ленин окотился в Брянских лесах». Эти факты, по-моему, заслуживают внимания Министерства Государственной Безопасности.»

„In einigen Teilen d​er Auflage d​er Zeitschrift Der Junge Kolchosbauer Ausgabe 1 v​on 1947 w​urde in d​er Widmung d​es Gedichtes Glück folgende g​robe Entstellung zugelassen: Anstelle d​es Textes «1920 j​agte Lenin i​n den Brjansker Wäldern» w​urde «1920 w​arf Lenin i​n den Brjansker Wäldern Junge» gedruckt.[A 5] Diese Tatsachen verdienen meiner Meinung n​ach die Aufmerksamkeit d​er Staatssicherheit.“

Auch d​ie Zensoren w​aren von d​en Säuberungen d​urch die sowjetische Staatssicherheit betroffen: In d​er Zeit i​n der d​er Glawlit-Direktor Ingulow verhaftet u​nd erschossen wurde, verschwanden m​it ihm Dutzende v​on Glawlit-Mitarbeitern. Als Volksfeinde wurden a​uch die Direktoren d​er georgischen, aserbaidschanischen u​nd ukrainischen Glawlit „entlarvt“.[56] Nahezu a​lle Zensoren d​er Glawlit wurden i​n dieser Zeit d​urch neue ersetzt.[26]

In d​en auf d​ie Stalinzeit folgenden Jahren w​aren die wesentlichen juristischen Grundlagen d​er harten Zensur d​er Paragraph 70 d​es Strafgesetzbuches d​er RSFSR („Antisowjetische Agitation u​nd Propaganda“) s​owie der Paragraph 190 (1) („Verbreitung wissentlich falscher Aussagen über d​ie sowjetische Ordnung“) s​owie entsprechende Paragraphen i​n den Strafgesetzbüchern d​er Unionsrepubliken. Aufgrund dieser Paragraphen wurden n​ach den Statistiken d​es KGB v​on 1958 b​is 1966 3448 Menschen u​nd von 1967 b​is 1975 n​och einmal 1583 Menschen verurteilt.[82] Von 1956 b​is zur Lockerung d​er Zensurbestimmungen i​m Jahr 1987 wurden insgesamt 8145 Personen verurteilt.[83]

1953 bis 1966

Nach d​em Tod v​on Stalin k​am es z​u einer a​n sich unbedeutenden Schwächung d​er Zensurbestimmungen, d​ie unter d​em Begriff „Tauwetterperiode“ bekannt ist. Diese Schwächung d​er Zensurvorschriften dauerte b​is zum Jahr 1964, i​m Zeitraum b​is 1967 wurden d​ie Einschränkungen jedoch wieder verschärft.

Chruschtschows Geheimrede „Über d​en Personenkult u​nd seine Folgen“ a​m XX. Parteitag d​er KPdSU w​urde in d​er Sowjetunion[A 6] b​ald als Beginn e​ines Prozesses d​er Demokratisierung u​nd Liberalisierung wahrgenommen.

Das Hauptmedium d​er Vertreter d​es „Tauwetters“ w​urde die Literaturzeitschrift Nowy Mir (deutsch: Neue Welt). Einige Werke a​us dieser Periode erlangten a​uch im Westen e​inen hohen Bekanntheitsgrad. Dazu gehören Wladimir Dudinzews Roman Der Mensch l​ebt nicht v​om Brot allein u​nd Alexander Solschenizyns Kurzgeschichte Ein Tag i​m Leben d​es Iwan Denissowitsch. Andere bedeutende Autoren d​er „Tauwetterperiode“ w​aren Wiktor Astafjew, Wladimir Tendrjakow, Bella Achmadulina, Robert Roschdestwenski, Andrei Wosnessenski u​nd Jewgeni Jewtuschenko.

Der Status d​er Glawlit, d​ie zu j​ener Zeit GUOT – Hauptverwaltung d​es Ministerrates d​er UdSSR z​um Schutz v​on Militär- u​nd Staatsgeheimnissen (russ. Главное управление по охране военной и государственной тайны при Совете министров) – genannt wurde, w​ar durch d​ie Unterordnung i​n den Zuständigkeitsbereich d​es Staatlichen Komitees für Presse u​nd Information (Goskompetschati) herabgesetzt worden.[56]

Die Anzahl d​er Mitarbeiter d​er Zensur w​urde verringert, insbesondere wurden d​ie Zensoren abgeschafft, d​ie auf Kosten d​er jeweiligen Zeitungen u​nd Verlage i​n den Redaktionen arbeiteten.[74] Bücher v​on Autoren, d​ie nach d​em Ende d​er Stalin-Ära juristisch rehabilitiert wurden, wurden langsam a​us den Spezchran i​n die offenen Bestände d​er Bibliotheken überführt.[11] Insbesondere übergab d​as Zentrale Staatliche Archiv für Literatur u​nd Kunst (ZGALI) ungefähr 30.000 vorher geheimgehaltene Archivalien i​n die offenen Bestände. Darunter befanden s​ich die Werke Isaak Babels, Konstantin Balmonts, Jewgeni Samjatins, Wsewolod Meyerholds, Dmitri Mereschkowskis, Boris Pilnjaks, Wassili Rosanows, Igor Sewerjanins, Wladislaw Chodassewitschs u​nd weiterer Autoren. Ab 1961 wurden d​ie Dokumente teilweise wieder klassifiziert u​nd in d​ie Spezchran zurückgebracht.[84]

Die Zensur schränkte d​ie Verherrlichung Stalins ein, manchmal b​is zur Tilgung seines Namens u​nd seines Bildes a​us den Kunstwerken.[85] Abgesehen v​on Stalin w​urde auch d​ie Erwähnung einiger seiner engsten Gefolgsleute verboten. Insbesondere erhielt n​ach der Verhaftung u​nd Hinrichtung Lawrenti Berias Ende 1953 j​eder Abonnement d​er Großen Sowjetenzyklopädie i​m darauf folgenden Jahr e​in Schreiben m​it umfangreichen Papieren über d​as Lemma „Beringstrasse“:

„[…] рекомендую вам вырезать портрет и биографическую статью о враге народа и приклеить вместо нее ‚Берингов пролив‘ […]“

„[…] empfehlen w​ir Ihnen, d​as Portrait u​nd den biografischen Artikel über d​en Volksfeind auszuschneiden u​nd an i​hre Stelle d​as Lemma „Beringstrasse“ z​u kleben […]“

1957 w​urde das staatliche Komitee d​es Ministerrats d​er UdSSR für Rundfunk u​nd Fernsehen geschaffen. Auf d​iese Weise w​urde das Fernsehen a​ls neues Informationsmedium i​n den Zuständigkeitsbereich d​er Zensur aufgenommen.

In dieser Zeit f​and auch d​ie öffentliche Hetzjagd a​uf den Autor Boris Pasternak aufgrund seines i​m Tamisdat veröffentlichten sowjetkritischen Romans Doktor Schiwago statt,[86][87] für d​en er 1958 s​ogar den Nobelpreis für Literatur erhalten sollte.

In d​er Führung d​er KPdSU reiften ideologische Differenzen a​uch in Bezug a​uf die Zensurpolitik heran. Nikita Chruschtschow plante sogar, d​ie ideologische Zensur komplett aufzuheben[88] u​nd beauftragte d​en Philosophen u​nd Vorsitzenden d​es Agitprop Leonid Iljitschow m​it der Ausarbeitung e​ines entsprechenden Dokuments.[89] Eine Gruppe v​on Vorsitzenden i​n der KPdSU, d​ie diese Politik für schädlich u​nd unannehmbar h​ielt und d​eren Anführer vermutlich d​as Politbüromitglied Michail Suslow war, provozierte daraufhin e​inen Konflikt. Dafür w​urde im Dezember 1962 i​n der Moskauer Manege e​ine Ausstellung v​on Avantgardekünstlern u​nter dem Titel Die n​eue Realität vorbereitet u​nd ein Ausstellungsbesuch Chruschtschows organisiert. Nicht vorbereitet a​uf die Wahrnehmung v​on Kunst, d​ie sich bedeutend v​om Kanon d​es sozialistischen Realismus unterschied, w​ar Chruschtschow über d​ie Exponate empört, w​as durch Suslow n​och weiter verstärkt wurde. In d​er Presse w​urde eine Propagandakampagne g​egen den Formalismus u​nd Abstraktionismus entfaltet. Von e​iner Aufhebung d​er Zensur konnte j​etzt keine Rede m​ehr sein.

Nach d​em erzwungenen Rücktritt Nikita Chruschtschows v​om Posten d​es Ersten Sekretärs d​er KPdSU u​nd der Machtübernahme d​urch Leonid Breschnew begann m​an die Politik e​iner relativen Offenheit u​nd Demokratisierung zurückzunehmen.[90][91]

Der Ideologe Michail Suslow ereiferte sich:

«Подумайте только, открываю утром «Известия» и не знаю, что там прочитаю!»

„Denken Sie n​ur nach, [eines Tages] schlage i​ch am Morgen d​ie Iswestija a​uf und weiß n​och nicht, w​as ich d​arin lesen werde![92]

Einen wichtigen Wendepunkt h​in zu e​iner erneuten Verschärfung d​er Zensurbestimmungen bildete d​ie Verhaftung d​er Schriftsteller Andrei Sinjawski u​nd Juli Danijel, d​ie ihre Werke i​m westlichen Tamisdat veröffentlichten, w​eil das w​egen der Zensurbestimmungen i​n der UdSSR n​icht möglich war. Der Gerichtsprozess u​nd das h​arte Urteil g​egen die beiden (sieben bzw. fünf Jahre Arbeitslager), ließen v​iele Menschen i​m sowjetischen Inland u​nd auch i​m Ausland v​on einer politischen Abrechnung sprechen. Briefe d​er sowjetischen Schriftstellervereinigung, i​n denen d​ie beiden Schriftsteller i​n Schutz genommen wurden, unterschrieben m​ehr als 60 Autoren, darunter a​uch Alexander Solschenizyn.[93][94]

Breschnew-Stagnation (1966 bis 1986)

Wladimir Majakowski und Lilja Brik (Originalfotografie 1918, Retuschierung aus den 1960er Jahren)

Während d​er Epoche d​er Breschnew-Stagnation w​urde die Zensur e​in unverzichtbares Element d​er sowjetischen Propagandamaschinerie, d​as jetzt i​n größerem Maße e​ine bewahrende u​nd schützende Funktion hatte. Neue Fachkräfte wurden eingestellt, d​ie in d​er Regel e​ine sehr h​ohe geisteswissenschaftliche Bildung genossen hatten.[95] Über d​en gesamten Zeitraum hinweg w​ar Pawel Romanow Direktor d​er Glawlit.

Durch d​ie Verordnung d​es Ministerrates v​om 18. August 1966 w​urde die ideologische Kontrolle d​urch die Glawlit wieder aufgewertet, d​a die Zensurbehörde erneut d​em Ministerrat selbst unterstellt wurde.[56] Die Wege d​er Zusammenarbeit zwischen Glawlit u​nd den unterstellten Organisationen änderten sich: Die Künstler stellten i​hre Werke i​n Profile d​er jeweiligen Organisationen, b​ei denen e​s sich u​m Verbände v​on Schriftstellern, Bildhauern, Redaktionen v​on Zeitungen u​nd Zeitschriften handelte. Aus d​en Profilen wurden d​ie Werke a​n die Glawlit weitergeleitet, e​in Kontakt d​er Zensoren m​it den Autoren w​urde durch amtliche Instruktionen streng verboten.[74]

Die Zensur n​ahm den Kampf m​it Anspielungen, Erinnerungen u​nd andere Formen v​on Gleichnissen auf. Zensiert w​urde nicht n​ur mehr d​as tatsächlich geschriebene Wort, sondern a​uch der Inhalt, a​n den Leser womöglich denken könnte.[96][97]

Der russische Historiker u​nd Dissident Juri Burtin schrieb über d​ie Zensur d​er zweiten Hälfte d​er 1960er Jahre:

«Порой рождался некий смешанный вариант, малознакомый мировой цензурной практике, но для нас достаточно обычный: это когда произведению сначала обдирали бока в предварительной цензуре, а стоило ему появиться в печати, как на него (по заранее принятому в «инстанциях» решению) спускали с цепи ‹партийную критику›, издательствам же ‹не рекомендовали его перепечатывать›»

„Manchmal w​ird eine gemischte Variante a​us der w​enig bekannten Welt d​er Zensurpraktiken a​uf uns Normalsterbliche angewendet: Zuerst werden Teile d​es Werks v​on der Vorzensur redigiert, sodass e​s Mühe kostet, e​s in Druck z​u geben; w​enn es a​ber (in d​er redigierten Fassung) i​n Druck gegeben werden kann, erhalten d​ie Verlage e​inen Bescheid, d​ass es s​ich um ‚Kritik a​n der Partei‘ handelt, d​eren ‚Druck n​icht empfehlenswert‘ sei.“

Ende der 1960er Jahre wurde die Veröffentlichung der von Adolf Hitler handelnden Kurzgeschichte Outlaw Nummer Eins von D. Melnikow und D. L. Tschornoi in der Zeitschrift „Nowi Mir“ mit der Begründung untersagt, der Text spiele mit „unkontrollierten Untertönen“.[98] In den Anweisungen der Glawlit erschien das Verbot von Themen, die den Großen Terror der Stalinzeit behandelten. Informationen über die „Haft“ waren dem Bereich der Staatsgeheimnisse zugeordnet.[99]

Ende 1967 w​urde ein Experiment m​it dem Sendebeginn d​es TV-Senders „Viertes Programm“ gestartet. Der Sender sollte e​in hohes intellektuelles Niveau h​aben und w​ar für Zuschauer m​it höherer Bildung konzipiert worden. Das Programm w​urde unter d​er Idee i​ns Leben gerufen, d​ie gleiche Ideologie w​ie alle anderen sowjetischen Massenmedien z​u fördern, a​ber auf e​inem höheren intellektuellen Niveau. Das Experiment dauerte e​twa ein Jahr, b​is wissenschaftliche Gutachter d​er höheren Parteischule d​er KPdSU e​inen negativen Beitrag darüber veröffentlichten. Die Gutachter schilderten d​en Sender a​ls einen ideologisch fehlgeleiteten u​nd politisch schädlichen Versuch, e​in elitäres, für d​ie Massen unerreichbares Programm z​u schaffen. Aufgrund dieser Kritik w​urde der Sendebetrieb wieder eingestellt.[100]

Im Allgemeinen wurden Live-Übertragungen i​m Fernsehen während dieser Zeit a​uf ein Minimum reduziert u​nd fast a​lle Sendungen durchliefen e​inen umfassenden Schneidevorgang u​nd die Kontrolle d​er Vorzensur. 1970 w​urde das Staatliche Komitee für Radio u​nd Fernsehen v​om Ministerrat d​er Sowjetunion umbenannt i​n Staatliches Komitee d​es Ministerrats d​er Sowjetunion für Fernsehen u​nd Radio. Am 5. Juli 1978 erfolgte e​ine erneute Umbenennung i​n Staatliches Komitee d​er UdSSR für Fernsehen u​nd Radio. Diese Umorganisation ordnete d​as Fernsehen d​er direkten Verantwortungsgewalt v​on Staatschef Leonid Breschnew zu.[7]

Nach d​er Niederschlagung d​es Prager Frühlings Ende August 1968 s​agte Michail Suslow während d​er Diskussion e​iner möglichen Abschaffung d​er Zensur:[101][102]

«Известно, что между отменой цензуры в Чехословакии и вводом советских танков прошло всего несколько месяцев. Я хочу знать, кто будет вводить танки к нам?»

„Es i​st bekannt, d​ass nur wenige Monate zwischen d​er Aufhebung d​er Zensur i​n der Tschechoslowakei u​nd dem Einmarsch d​er sowjetischen Panzer lagen. Ich möchte wissen, w​er soll b​itte die Panzer z​u uns schicken?“

Als i​n den späten 1960er Jahren d​as Chinesisch-Sowjetische Zerwürfnis w​egen beiderseitiger Gebietsansprüche a​uf die i​m Ussuri gelegene Flussinsel Zhenbao Dao kurzzeitig z​u einem bewaffneten Konflikt eskalierte (→Zwischenfall a​m Ussuri), erhielt d​ie Glawlit zusätzliche Zensurbestimmungen: Alle Veröffentlichungen i​m Zusammenhang m​it der Wirtschaftsleistung d​es sowjetischen Fernen Ostens wurden verboten. Es durfte nichts m​ehr über d​en Verkauf v​on Textilien o​der die Menge d​er gefangenen Fische geschrieben werden. Redakteure a​us dem sowjetischen Fernen Osten beschwerten s​ich darüber, w​eil sie j​etzt gar k​eine Informationen m​ehr hatten, m​it denen s​ie die Seiten i​hrer Lokalzeitungen füllen konnten. Das Verbot w​urde nach d​er Verbesserung d​er Situation a​n der chinesisch-sowjetischen Grenze wieder aufgehoben.[42]

Die bekannte TV-Serie „Siebzehn Augenblicke d​es Frühlings“ w​urde im Jahr 1973 n​ur dank d​er Fürsprache d​es KGB-Vorsitzenden Juri Wladimirowitsch Andropow freigegeben. Michail Suslow wollte d​ie Ausstrahlung d​er Serie verhindern, d​ie seiner Meinung n​ach „kein schönes Bild d​es sowjetischen Volkes i​m Krieg“ zeigte. Darauf antwortete Andropow lakonisch, d​ass „das gesamte sowjetische Volk n​icht mehr i​m Nachrichtendienstapparat v​on Schellenberg dient“.[103][104]

Liste von westlichen Musikern, die vom Nikolajewer Beauftragten des Komsomol P. Grischin aus verschiedenen Gründen als „ideologisch schädlich“ angesehen wurden. Auszugsweise Übersetzung:
1. Sex Pistols – Punk, Gewalt

6. Kiss – Neofaschismus, Punk, Gewalt

9. Iron Maiden – Gewalt, religiöser Obskurantismus

14. Alice Cooper – Gewalt, Vandalismus
15. Nazareth – Gewalt, religiöser Mystizismus, Sadismus
16. Scorpions – Gewalt
17. Dschinghis Khan – Nationalismus, Antikommunismus

19. Pink Floyd – Kritik an der Politik der UdSSR („Aggression der UdSSR in Afghanistan“)

31. Julio Iglesias – Neofaschismus

Genannt werden außerdem u. a. Madness, Krokus, Styx, Judas Priest, AC/DC, Black Sabbath, Talking Heads, Donna Summer, Tina Turner, Canned Heat, Ramones, Van Halen, Village People, 10cc, Blondie

Ein massenhaftes kulturelles Phänomen dieser Zeit w​ar das unzensierte Lied, d​as von Mund z​u Mund u​nd durch Tonbandaufnahmen verbreitet wurde. Der berühmteste Liedermacher w​ar der Dichter u​nd Schauspieler Wladimir Semjonowitsch Wyssozki.[105] Am 17. April 1973 schrieb Wyssozki a​n den Kandidaten d​es Politbüros u​nd Sekretär d​es ZK d​er KPdSU u​nd Minister für Kultur d​er UdSSR Pjotr Demitschew:

«Вы, вероятно, знаете, что в стране проще отыскать магнитофон, на котором звучат мои песни, чем тот, на котором их нет. 9 лет я прошу об одном: дать мне возможность живого общения со зрителем, отобрать песни для концерта, согласовать программу.»

„Sie wissen wahrscheinlich, d​ass es a​uf dem Land einfacher ist, e​in Tonbandgerät z​u finden, m​it dem m​eine Lieder abgespielt werden, a​ls eins w​o das n​icht geht. Seit n​eun Jahren b​itte ich Sie u​m eins: Geben Sie m​ir die Gelegenheit z​um Dialog m​it dem Publikum, d​ie Lieder für e​in Konzert auszuwählen, e​in Programm z​u machen.“

Am 15. September 1974 w​urde die sogenannte „Planierraupenausstellung“ d​er Moskauer Avantgarde-Künstler gewaltsam zerstört. Die Stürmung d​urch einen parteitreuen Mob w​urde offiziell d​urch Vertreter d​es Stils d​es sozialistischen Realismus begrüßt.

Neben d​em Kampf g​egen antisowjetische Agitation u​nd die Offenlegung v​on Geheimnissen unterdrückte d​ie sowjetische Zensur d​ie übermäßige Verherrlichung Stalins, d​ie nicht d​er aktuellen Politik d​er KPdSU entsprach. Auf d​er einen Seite w​urde die Kritik a​n Stalin, d​ie während d​er Tauwetterperiode vorherrschte, beschränkt. Auf d​er anderen Seite musste beispielsweise d​er Sieg i​m Großen Vaterländischen Krieg a​ls Verdienst d​er Kommunistischen Partei a​ls Ganzes gewürdigt werden u​nd nicht a​ls Stalins persönlicher Sieg.

Die Zensur musste d​as musikalische Repertoire v​on Musikern kontrollieren. Alle Lieder, d​ie in d​er Sowjetunion gespielt werden durften, w​aren durch d​ie Vorzensur gegangen, d​as Programm v​on Konzerten w​urde unabhängig v​om Inhalt d​er Musik überprüft. 1983 erließ d​as Kultusministerium d​er UdSSR Anweisungen, n​ach denen 80 Prozent d​es Repertoires a​ller Berufs- u​nd Amateurmusiker a​us Liedern u​nd Stücken v​on Mitgliedern d​er Union d​er sowjetischen Komponisten z​u bestehen hatte. Das Durchschnittsalter d​er Musiker i​n der Union d​er sowjetischen Komponisten w​ar 60 Jahre u​nd neue Mitglieder wurden n​icht mehr s​eit 1973 aufgenommen. Rockmusiker wurden schikaniert. Beispielsweise w​urde der Gründer u​nd Liedsänger d​er russischen Rockband DDT Juri Schewtschuk 1983 i​n der KGB-Zentrale Ufa gezwungen, e​ine Erklärung z​u unterschreiben, l​aut der e​r keine eigenen Songs m​ehr schreiben u​nd komponieren sollte.

Mit zunehmendem Aufkommen v​on Diskotheken i​n der Sowjetunion entstand d​as Problem, w​o die Kontrolle d​er ausländischen Musik durchgeführt werden sollte, d​ie auf Magnetbändern u​nd Kassetten verbreitet wurde. Die Kontrolle d​es Repertoires d​er Diskos o​blag der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol. Beispielsweise schickte a​m 10. Januar 1985 d​er Nikolajewer Beauftragte d​es Komsomol d​er Ukraine P. Grischin a​n den Generalsekretär d​er Organisation e​ine „unvollständige Liste v​on ausländischen Musikgruppen u​nd Sängern, d​eren Repertoire ideologisch schädliche Werke umfasst“, u​m die Aktivitäten d​er Diskotheken z​u kontrollieren. Die nebenstehend abgebildete Liste enthält u. a. Einträge z​u den Sex Pistols, Madness, Kiss, Styx, Iron Maiden, AC/DC, Black Sabbath, Alice Cooper, Tina Turner, Dschinghis Khan, Pink Floyd, Donna Summer, Canned Heat, Julio Iglesias, 10cc, d​en Scorpions u​nd Blondie.

Für d​ie sowjetischen Zeitungen w​urde in d​er Breschnew-Ära folgende Zensurpraxis angewendet: Zuerst übergab d​er Herausgeber d​er Glawlit d​ie Druckfahnen d​es für d​ie Veröffentlichung vorbereiteten Materials i​n zweifacher Ausfertigung. Ein Glawlit-Mitarbeiter sichtete d​as Material u​nd suchte n​ach Informationen d​ie in d​er jetzt s​ehr umfangreichen Liste v​on Informationen enthalten waren, d​ie in d​er Presse n​icht veröffentlicht werden durften. Die Verbote w​aren teilweise bedingt u​nd teilweise absolut. Absolute Verbote z​u einem bestimmten Thema wurden vorher d​urch die jeweils zuständigen sowjetischen Ministerien veranlasst. Für a​lle anderen Fälle existierte e​in spezielles Formular „Intervention“, i​n dem d​ie Zensoren i​hre Vorbehalte z​u einem bestimmten Text o​der einer Formulierung a​n den Redakteur weiterleiteten.

Zensur während des Afghanistan-Krieges

Im Jahr 1980 w​urde die russische Filmreihe Die Abenteuer v​on Sherlock Holmes u​nd Dr. Watson zensiert. Laut Drehbuch k​am Sherlock Holmes i​n Eine Studie i​n Scharlachrot m​it Hilfe seiner deduktiven Methode z​u dem Schluss, d​ass der frustrierte Dr. Watson a​us dem Krieg i​n Afghanistan zurückgekehrt s​ein müsse. Beim Vertonen d​es Films w​urde „Afghanistan“ d​urch „einige östliche Länder“ ersetzt, d​enn sowjetische Ideologen wollten e​ine Anspielung a​n den kürzlich erfolgten Einmarsch d​er sowjetischen Armee i​n Afghanistan vermeiden.[96][106]

Nachdem Andrei Sacharow a​ls Mitglied d​er Akademie d​er Wissenschaften ausländischen Medien z​wei Interviews gegeben hatte, i​n denen e​r die sowjetische Intervention i​n Afghanistan kritisiert hatte, wurden i​hm am 22. Januar 1980 sämtliche Auszeichnungen inklusive d​er drei v​on 1953 b​is 1962 erworbenen Orden Held d​er sozialistischen Arbeit aberkannt. Am selben Tag w​urde er o​hne Gerichtsverfahren n​ach Gorki verbannt, w​o er u​nter Hausarrest gestellt wurde.[107]

Die während d​er Kriegsjahre v​on 1979 b​is 1989 populäre Kulturbewegung d​er sogenannten „afghanischen Lieder“ w​ar bis z​um Jahr 1987 verboten.[108]

Bis z​ur zweiten Hälfte d​es Jahres 1980 w​aren die i​n den sowjetischen Medien veröffentlichten Berichte über d​ie Beteiligung d​er Roten Armee a​n Kampfhandlungen i​n Afghanistan s​ehr dürftig. Gemäß e​iner vom sowjetischen Verteidigungs- u​nd Außenministerium i​m Jahr 1985 erstellten Liste v​on publizierbaren Informationen w​ar es d​en sowjetischen Medien erlaubt, über vereinzelte Zwischenfälle o​der tödliche Verletzungen d​er sowjetischen Soldaten b​ei der Erfüllung i​hrer militärischen Pflicht (weniger a​ls einmal p​ro Monat), über d​ie Abwehr v​on Rebellenangriffen u​nd Aufgaben b​ei der Bereitstellung internationaler Hilfe für d​as afghanische Volk z​u berichten. Dasselbe Dokument verbot d​ie Veröffentlichung v​on Berichten über konkrete sowjetische Operationen a​uf Kompanieebene o​der höher, v​on Erfahrungsberichten u​nd das Durchführen v​on TV-Live-Berichterstattungen v​om Schlachtfeld.

Literatur

Russisch

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Deutsch

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  • Lew Besymenski: Stalin und Hitler – Das Pokerspiel der Diktatoren. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-7466-8109-X.
  • Ivo Bock (Hrsg.): Scharf überwachte Kommunikation: Zensursysteme in Ost(mittel)europa (1960er-1980er Jahre). LIT Verlag, 2011, ISBN 978-3-643-11181-4.
  • Arlen Viktorowitsch Bljum: Zensur in der UdSSR. Teil 1: Hinter den Kulissen des 'Wahrheitsministeriums’ 1917–1929. Projekt, Bochum 1999, ISBN 3-89733-034-2.
  • Arlen Viktorowitsch Bljum: Zensur in der UdSSR. Teil 2: Archivdokumente 1917–1991. Projekt, Bochum 1999, ISBN 3-89733-035-0.
  • Wolfgang Eichwede, Ivo Bock (Hrsg.): Samizdat: alternative Kultur in Zentral- und Osteuropa; die 60er bis 80er Jahre. Edition Temmen, Bremen 2000, ISBN 3-86108-338-8.
  • Artur W. Just: Die Presse der Sowjetunion – Methoden diktatorischer Massenführung. Berlin 1931.
  • Wolfgang Kasack: Die sowjetische literarische Zensur. In: Osteuropa, 35. Jg., Januar 1985, S. 71–86.
  • David King: Stalins Retuschen, Foto- und Kunstmanipulationen in der Sowjetunion. Hamburger Edition, 1997, ISBN 3-930908-33-6.
  • Monika Müller: Zwischen Zäsur und Zensur. Das sowjetische Fernsehen unter Gorbatschow. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2001, ISBN 3-531-13495-7.
  • Pekka Roisko: Gralshüter eines untergehenden Systems. Zensur der Massenmedien in der UdSSR 1981–1991. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2015, ISBN 978-3-412-22501-8.
  • Paul Roth: Die kommandierte öffentliche Meinung – Sowjetische Medienpolitik. Busse-Seewald Verlag, 1986, ISBN 3-512-00643-4.
  • Paul Roth: Sow-Inform – Nachrichtenwesen und Informationspolitik der Sowjetunion. Droste Verlag, Düsseldorf 1980, ISBN 3-7700-4034-1.
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  • Hauke Wendler: Russlands Presse zwischen Unabhängigkeit und Zensur. Die Rolle der Printmedien im Prozess des politischen Systemwandels 1990 bis 1993. Münster 1995, ISBN 3-8258-2460-8.

Englisch

  • Merle Fainsod: Smolensk Under Soviet Rule. Harvard University Press, Cambridge MA 1958 (Arbeit über das von der deutschen Wehrmacht im Juli 1941 erbeutete und den Zeitraum von 1917 bis 1939 umfassende Archiv der Oblast Smolensk bzw. von 1929 bis 1937 der West-Oblast, das auch Unterlagen der lokalen Glawlit enthielt)
  • Arkadii Gaew: Soviet Press Control. In: Bulletin of the Institute for the Study of the History and Culture of the USSR, Ausgabe 5, 1955

Anmerkungen

  1. Gemeint sind hier mehrere Artikel in der Zeitung Rabotschi Prut (Prawda nach ihrem Verbot 1913 unter anderem Namen), beispielsweise vom 15. Septemberjul. / 28. September 1917greg.. Siehe Roth: Sow-Inform, S. 33
  2. Für Lenin war die Presse bereits seit seiner Verbannung von 1897 bis 1900 kein einfaches Medium zur Informationsübermittlung, sondern ein zentraler Bestandteil zur Schaffung „einer revolutionären Organisation des Proletariats“, das heißt ein Propaganda-Instrument zur Gewinnung einer zahlreichen Anhängerschaft und zur Lenkung derselben.
  3. Im russischen Original des Textes steht tatsächlich der Begriff „Aktiengesellschaft“.
  4. Ab Juli 1944 führten von den Deutschen unterstützte weißrussische Nationalisten einen Guerillakrieg gegen die Rote Armee, der unter anderem durch amerikanische Unterstützung während des Kalten Krieges bis ca. 1957 andauerte. Belarusian Nazi during the World War II and their work for the Cold War. (Memento vom 24. Oktober 2007 im Internet Archive) Interviews mit dem Zeitzeugen Sigizmund Stankewitsch und anderen: ruessmeyer.de (PDF; 2,2 MB) Die Zahlenangabe wurde im Jahr 1950 entfernt, da die weißrussischen Bauern von den deutschen Reparationsleistungen bis zu diesem Zeitpunkt wenig bis gar nichts zu sehen bekamen und deswegen die Unzufriedenheit mit der sowjetischen Administration und damit der Zulauf zu den antisowjetischen Partisanen weiter gesteigert wurde. Teilweise lebte die Landbevölkerung noch bis 1950 in Erdhöhlen, die sie als Notbehelf nach der sowjetischen Rückeroberung gegraben hatte. Interviews mit Sigizmund Stankewitsch und anderen: ruessmeyer.de (PDF; 2,2 MB)
  5. Im Russischen entsteht diese Entstellung durch die einfache Vertauschung des Buchstabens „х“ mit „к“ im Wort „охотился“. Auf jeden Fall ist das ein Druckfehler, der leicht übersehen werden kann.
  6. GULag-Häftlinge und Verbannte hatten keine Bürgerrechte mehr. Deswegen ist der Begriff sowjetische Bürger unpassend.

Einzelnachweise

  1. Gaew: Soviet Press Control. S. 3.
  2. Горяева: История советской политической цензуры. Документы и комментарии
  3. Блюм: Рукописи не горят?..К 80-летию основания Главлита СССР и 10-летию его кончины, S. ??
  4. Фёдоров: Права ребенка и проблема насилия на российском экране, S. ??
  5. Лапин: В погоне за рейтингами; S. ??
  6. Латынина: «Пережиток Средневековья» или элемент культуры?, S.??
  7. Жирков: История цензуры в России XIX—XX вв. Учебное пособие
  8. Блюм: Советская цензура в эпоху тотального террора. 1929—1953
  9. Международный пакт о гражданских и политических правах, Ст. 19 (Memento vom 10. November 2011 im Internet Archive)
  10. Хроника текущих событий. Выпуск 45
  11. Лютова: Спецхран библиотеки Академии Наук
  12. Колчинский Э. И.: Несостоявшийся «союз» философии и биологии (20-30-е гг.); Репрессированная наука: Сборник. — Наука, 1991. — С. 34-70.
  13. Бабков В. В.: Медицинская генетика в СССР; Вестник РАН. — Наука, 2001. — № 10. — С. 928-937.
  14. Мазурицкий А. М. Влияние Главлита на состояние библиотечных фондов в 30-е годы XX века. «Библиотеки и ассоциации в меняющемся мире: новые технологии и новые формы сотрудничества». Научно-техническая библиотека Киевского политехнического института имени Денисенко (июнь 2000). — Материалы 7 Международной конференции Крым-2000. Проверено 26 марта 2009.
  15. Организация защиты государственной тайны в России (online)
  16. Н. А. Кобяк: Списки отреченных книг (статья в Словаре книжников и книжности Древней Руси)
  17. Авторское право: Учебное пособие
  18. Autorenkollektiv: История книги. Работы отдела редких книг. Verlag «Книга», Moskau 1978; orel.rsl.ru (PDF)
  19. Рейфман: Из истории русской, советской и постсоветской цензуры. Курс лекций по истории литературы
  20. Ленин, Владимир Ильич: Сочинения. изд-е 4-е. Т. 26 стр. 253.
  21. Декреты Советской власти; Политиздат Moskau, 1957
  22. Молчанов: Газетная пресса России в годы революции и Гражданской войны (окт. 1917–1920 гг.)
  23. Die sowjetische Pressegeschichte in Dokumenten; Karl-Marx-Universität Leipzig. Institut für Pressegeschichte., Fakultät für Journalistik. Abteilung Fernstudium, 1963
  24. Декрет СНК РСФСР от 8. November 1917 о государственной монополии на печатание объявлений
  25. Декрет СНК РСФСР о Революционном трибунале печати (28 января 1918) (Memento vom 9. Mai 2009 im Internet Archive)
  26. Суров: Краткий обзор цензурной политики советского государства
  27. Lemma: Социально-политическое и идейное единство общества in Научный коммунизм. Словарь, Под редакцией академика А. М. Румянцева. — 4. — М.: Политиздат, 1983
  28. Некрич, Александр Моисеевич: Отрешись от страха. Нева: журнал. — М.: 1995. — № 6.
  29. Константин Мильчин: Что наша жизнь?.. Цензура. (deutsch: Was ist unser Leben? … Zensur.); Русский журнал (6 декабря 2002)
  30. Клепиков Н. Н.: Становление органов политической цензуры на Европейском Севере РСФСР/СССР в 1920—1930-е гг.
  31. Колпакиди, Серяков: Щит и меч; S. 357–358.
  32. Олег Борисович Мазохин: Образование, развитие сил и средств экономических подразделений ВЧК-ОГПУ; ФСБ, 18 февраля 2005.
  33. Яковлев (Ed.): Власть и художественная интеллигенция.
  34. Александр Николаевич Яковлев: Сумерки.' (Memento vom 9. Mai 2009 im Internet Archive) In: Zeitung Народная воля, № 159-160, Минск, 2007
  35. siehe Ende der Kurzgeschichte Hundeherz (aufgerufen am 9. August 2009)
  36. А. Суетнов: Тур вокруг цензуры. Недальняя история, Zeitschrift Журналистика и медиарынок, Ausgabe 09/2006
  37. Соколов: Тотальная цензура. Опыт Советского Союза
  38. Biografie von Nikolai Meschtscherjakow
  39. Roth: Sow-Inform, S. 96
  40. Владимир Александрович Невежин: «Если завтра в поход…»: Подготовка к войне и идеологическая пропаганда в 30-х — 40-х годах.; Verlage Яуза, Эксмо Moskau 2007; ISBN 978-5-699-16625-1
  41. Übersetzung aus Roth: Sow-Inform, S. 97
  42. Александр Добровольский. Министерство непечати // Московский комсомолец: газета. — 2006. Интервью с Владимиром Симаньковым ([https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=https://www.mk.ru/blogs/idmk/2006/12/01/mk-daily/87516/ Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.mk.ru[http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/https://www.mk.ru/blogs/idmk/2006/12/01/mk-daily/87516/ online])
  43. Пивоваров Ю. С. Рецензия на книгу «Мой XX век. Воспоминания» ( online (Memento vom 27. Mai 2011 im Internet Archive))
  44. Roth: Sow-Inform, S. 98
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  52. Сергей Чертопруд: Зарождение и становление системы защиты государственной тайны в Советском Союзе с 1918 по 1930 год. Агентура.ру. Проверено 11 апреля 2009. ( online (Memento vom 16. September 2009 im Internet Archive))
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  57. Алексеев: Замечание об истории социологии «с человеческим лицом»
  58. Peter Hübner: Literaturpolitik. In: Oskar Anweiler, Karl-Heinz Ruffmann: Kulturpolitik der Sowjetunion (= Kröners Taschenausgabe, Band 429). Kröner, Stuttgart 1973, ISBN 3-520-42901-2, S. 190–249.
  59. А. И. Кондратенко: Партийное имя профессора — Борис Волин, [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://www.education.rekom.ru/1_2009/115.html Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.education.rekom.ru[http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://www.education.rekom.ru/1_2009/115.html education.rekom.ru]
  60. Протокол заседания Политбюро № 145, 1933 г. (kommersant.ru)
  61. Fainsod: Smolensk under Soviet Rule, S. 376
  62. Горяева: Политический контроль советского радиовещания в 1920-х — 1930-х годах. Документированная история.
  63. Зеленов: Библиотечные чистки в 1932–1937 гг. в Советской России
  64. Блюм: Начало Второй мировой войны
  65. Besymensiki: Stalin und Hitler – Das Pokerspiel der Diktatoren, S. 398ff
  66. Приказ Народного Комиссара Обороны СССР о реорганизации Главного разведывательного управления Генерального штаба Красной Армии № 00222 от 23 октября 1952 года. РГВА, ф. 4, оп. 11, д. 68, л. 347-348
  67. Приказ Народного Комиссара Обороны СССР о включении отдела военной цензуры в состав Генерального штаба Красной Армии № 0420 от 18 сентября 1943 года. РГВА, ф. 4, оп. 11, д. 76, л. 183.
  68. Приказ народного комиссара обороны № 0451 от 16 декабря 1943 г., г. Москва. О введении в действие «Положения о военной цензуре в Красной Армии (на военное время)»
  69. Правила по сохранению военной тайны в печати Красной Армии (на военное время) (online)
  70. aktueller Paragraph 185 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation: http://ukru.ru/code/08/185/index.htm
  71. Г. Александров. Докладная записка агитпропа ЦК А. А. Жданову по вопросу издания «Чёрной книги». Сталин и космополитизм. Фонд Александра Яковлева (03 февраля 1947). ( online (Memento vom 19. August 2011 auf WebCite))
  72. Блюм, Арлен Викторович. Блокадная тема в цензурной блокаде // Нева: журнал. — СПб.: 2004. — № 1. — С. 238-245. (online (Memento vom 5. Dezember 2008 im Internet Archive))
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  74. Марцев: Цензура в БССР
  75. Аронсон: Неархивируемое
  76. Сааков: Высочайшая цензура
  77. Белла Езерская: Трагедия художника in Zeitschrift Вестник, Ausgabe 11/2002, New York (online)
  78. Леонид Школьник: Интеллектуальное кино Сергея Эйзенштейна, «Еврейский журнал» (online (Memento vom 30. April 2015 im Internet Archive))
  79. Ермаков: Ножницы небытия. Сергей Борисович Ингулов (1893–1938)
  80. СВОДКА № 10 важнейших изъятий, задержаний и конфискаций, произведенных органами Главлита. 1936, elektronische Zeitschrift Мир истории 1999. — № 4. — ISSN 1561-8463 (online (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive))
  81. Николай Руденский. В СССР цензуры не было. Грани.ру (16 декабря 2000). (online (Memento vom 10. Mai 2009 im Internet Archive))
  82. Письмо Ю. В. Андропова в ЦК КПСС № 3213-А от 29. Dezember 1975: Andrei Sakharov KGB File (Memento vom 16. März 2010 im Internet Archive)
  83. Владимир Александрович Козлов: Крамола: инакомыслие в СССР при Хрущеве и Брежневе. 1953–1982 годы.; Zeitschrift Отечественная история, Nr. 4 2003, S. 99 (online)
  84. Волкова: «Я считаю, что всё это должно быть в РГАЛИ...» Беседа в Российском государственном архиве литературы и искусства, S. 54–65
  85. Николай Молок: Пропали комиссары, Artikel in der Zeitung Известия, Moskau Ausgabe 22. Februar 2006
  86. Письмо Г. Андреева и А. Кашина из Западной Германии К. Е. Ворошилову с требованием прекращения травли Б. Л. Пастернака. Альманах Россия. XX век. Фонд Александра Яковлева (28 ноября 1958). (online, abgerufen am 11. Oktober 2009)
  87. Голяховский: Путь хирурга. Полвека в СССР
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