Zahnradbahn Stuttgart
Die Zahnradbahn Stuttgart wurde am 23. August 1884 eröffnet und verbindet den Stadtteil Heslach im Stadtbezirk Süd, also das Stadtzentrum im Tal, mit dem 1908 eingemeindeten Stadtbezirk Degerloch. Sie ist meterspurig nach dem System Riggenbach gebaut und wird von der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) betrieben. Im Volksmund wird die Bahn Zacke oder Zacketse[2] genannt, sie gilt als Stuttgarter Wahrzeichen.
Zahnradbahn Stuttgart | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Kursbuchstrecke: | keine, ex 319 (1944)[1] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 2,2 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1000 mm (Meterspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Stromsystem: | 750 (ursprünglich 600) Volt = | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 178 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Neben der Zugspitzbahn, der Wendelsteinbahn und der Drachenfelsbahn ist sie eine von nur noch vier Zahnradbahnen in Deutschland. Als einzige dient sie dabei nicht vorwiegend touristischen Zwecken, sondern dem regulären öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Stuttgarter Zahnradbahn ist deshalb seit Mai 1959 auch in das Liniennummernsystem der SSB integriert, zunächst als Linie 30, seit der Einführung des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) im Oktober 1978 als Linie 10. Rechtlich gesehen handelt es sich heute um eine Straßenbahn gemäß der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab).
Als Besonderheit besitzt die Stuttgarter Strecke eine tiefliegende Zahnstange, da sie ursprünglich vorwiegend direkt im Straßenplanum verlief, ähnlich einer Straßenbahn. Somit liegt die Zahnstange nicht höher als die Oberkante der Fahrschienen. Andere Zahnradbahnen weisen üblicherweise nach Möglichkeit eine hochliegende Zahnstange auf. Dabei ist das Hauptzahnrad so hoch angeordnet, dass sich seine Unterkante etwas über der Höhe der normalen Fahrschienen befindet. Der Vorteil der hochliegenden Zahnstange liegt darin, dass solche Zahnradbahnfahrzeuge auch gewöhnliche Weichen ohne Zahnstange befahren können. Dadurch lassen sich diese ohne den aufwändigen Einbau der Zahnstange nutzen. Ebenso kann auf relativ flach geneigten Vor- oder Zwischenabschnitten auf die Zahnstange verzichtet werden. Außerdem könnten die Fahrzeuge theoretisch auf angrenzende Strecken übergehen, die im Reibungsbetrieb befahren werden, was betrieblich von Vorteil, in Stuttgart aber nicht möglich ist.
Streckenbeschreibung
Die Strecke beginnt heute auf dem Marienplatz im Stadtbezirk Süd. Unmittelbar nach der Abfahrt überquert die Zahnradbahn die Filderstraße und führt auf eigenem Bahnkörper bergauf zur Kreuzung der Alten Weinsteige mit der Liststraße. Dort trifft die Strecke auf die alte Trassierung (1884 bis 1936) der Filderbahn-Gesellschaft, die heute nur noch Betriebsstrecke von und zum Depot ist. Dieses ist in der früheren Talstation, dem sogenannten Filder-Bahnhof, untergebracht. Ab der Liststraße verläuft die Zahnradbahn größtenteils entlang der Alten Weinsteige, der historischen Hauptstraße, auf die Filderebene hinauf.
Auf den ersten 1,7 Kilometern Streckenlänge ab Marienplatz werden 207 Höhenmeter (266 Meter bis 473 Meter über Normalnull) überwunden, auf den letzten 500 Metern fällt sie um drei Höhenmeter ab. Die maximale Steigung beträgt 17,8 Prozent (zwischen den Haltestellen Liststraße und Pfaffenweg), auf der Betriebsstrecke zum Depot 20,0 Prozent. Zwischen Pfaffenweg, der Wielandshöhe, wo sich das gleichnamige Sternerestaurant von Vincent Klink befindet, und dem Haigst gibt es einen Panoramablick auf die Innenstadt im Stuttgarter Talkessel.
Die Strecke der Zahnradbahn ist durchgehend eingleisig, lediglich an der Haltestelle Wielandshöhe besteht eine Ausweiche, die im Linksverkehr benutzt wird. Die Bahnsteige der Haltestellen Liststraße, Haigst, Nägelestraße und Degerloch sind bergauf gesehen auf der linken Seite, die der Haltestellen Marienplatz, Pfaffenweg und Zahnradbahnhof auf der rechten Seite. Die Kreuzungsstation Wielandshöhe besitzt einen Mittelbahnsteig. An der Haltestelle Nägelestraße stehen zwei nach Fahrtrichtung getrennte Bahnsteige zur Verfügung, die durch einen Bahnübergang voneinander getrennt sind. Die Zahnradbahn fährt überwiegend auf einem eigenen Gleiskörper mit Vignolschienen; lediglich im Bereich der Bahnübergänge, einiger Haltestellen und der Grundstückszufahrten werden Rillenschienen verwendet.
- Marienplatz
- Liststraße
- Pfaffenweg
- Wielandshöhe
- Haigst
- „Türkenbrücke“
- Nägelestraße
- Zahnradbahnhof
- Degerloch
Betrieb
Regelbetrieb
Es besteht ein starrer 15-Minuten-Takt, für diesen sind zwei Umläufe erforderlich. Lediglich an Sonn- und Feiertagen verkehrt die Zahnradbahn von Betriebsbeginn bis 8:00 Uhr im 30-Minuten-Rhythmus mit nur einem Wagen. Die Fahrt dauert in beiden Richtungen jeweils zehn Minuten, dabei beträgt die Wendezeit am Marienplatz sechs und in Degerloch vier Minuten. Die Triebwagen der Zahnradbahn verkehren immer als Einzelwagen. Mehrfachtraktion ist wegen der auf circa 20 Meter Länge begrenzten Bahnsteige nicht möglich.
Spätverkehr
Eine Besonderheit ist der täglich ab 21:00 Uhr durchgeführte Schienenersatzverkehr mit einem im 20-Minuten-Takt verkehrenden Minibus. Dieser kann die Haltestelle Nägelestraße in beiden Fahrtrichtungen nicht bedienen und hält auch nicht am Zahnradbahnhof, dafür aber in beiden Fahrtrichtungen an der Nachtbushaltestelle Karl-Pfaff-Straße. In Fahrtrichtung Marienplatz wird zusätzlich die Haltestelle Lehenstraße der Buslinie 43 bedient. Ursächlich für diesen Betrieb ist, neben dem geringeren Fahrgastaufkommen in den Abendstunden, die entfallende Lärmbelästigung für die Anwohner der Zahnradbahn. Mit einer Fahrzeit von acht Minuten ist der Bus zwei Minuten schneller als die Bahn. Bis zur Umstellung Ende 2020 wurde der Spätverkehr mit Linientaxis durchgeführt, die auch bereits zum regulären VVS-Tarif ohne Voranmeldung benutzt werden konnten.
Fahrradmitnahme
Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Stuttgarter Zahnradbahn ist die am 1. Mai 1983, nach endgültiger Außerbetriebnahme der zweiten Fahrzeuggeneration, eingeführte Fahrradmitnahme auf einem kurzen flachen zweiachsigen Vorstellwagen. Die Fahrgäste verladen ihre Räder hierbei selbst, wobei diese quer zur Fahrtrichtung stehen. Die Fahrradbeförderung ist nur auf der Gesamtstrecke von Endstation zu Endstation und ausschließlich bergauf erlaubt. Nur so ist gewährleistet, dass unterwegs keine Verspätungen durch Be- und Entladevorgänge entstehen. Zudem kann so der Fahrer vom bergseitigen Führerstand prüfen, ob sich möglicherweise ein Fahrrad während der Fahrt aus der Verankerung löst. Die Mitnahmemöglichkeit ist auch bei Downhill-Fahrern sehr beliebt. An schönen Tagen sind nachmittags oft alle zehn Stellplätze belegt. Die Fahrradbeförderung ist, wie im VVS allgemein üblich, kostenlos. Weil die Schiebebühne im Betriebshof für einen Zahnradbahntriebwagen mit Vorstellwagen zu kurz ist, werden die Vorstellwagen nachts an der Degerlocher Endstation abgestellt. Bei geschlossener Schneedecke bleiben sie außer Betrieb, weil für die leichten Wagen dann eine Entgleisungsgefahr besteht.
Geschichte
Vorgeschichte
Ermuntert durch den erfolgreichen Betrieb verschiedener Zahnradbahnen in der Schweiz, tauchte Mitte der 1870er Jahre erstmals der Gedanke auf, den Höhenunterschied zwischen Stuttgart und der Filderebene auf kurzem Wege gleichfalls per Zahnradbahn zu bewältigen. Ein Vergleich der Stuttgarter Verhältnisse mit der Rorschach-Heiden-Bergbahn weckte wieder die Hoffnung, nach diversen gescheiterten Plänen in den Jahren zuvor, doch noch eine Schienenverbindung zwischen der Landeshauptstadt und den Fildern realisieren zu können.[3] Doch erst 1883 setzte sich der Degerlocher Ziegeleibesitzer Carl Kühner mit Emil Keßler, dem Direktor und Mitinhaber der Maschinenfabrik Esslingen, bezüglich des Baus einer Dampfstraßenbahn von Stuttgart nach Degerloch in Verbindung. Dieser reichte schließlich am 11. Juni 1883 das Konzessionsgesuch beim damals zuständigen „Königlich Württembergischen Staatsministerium der auswärthigen Angelegenheiten, Abtheilung für die Verkehrs-Anstalten“ ein.[4]
Dampftraktion
Am 23. August 1884 wurde die ursprünglich 1,93 Kilometer lange und dampfbetriebene Zahnradbahn von Stuttgart nach Degerloch als erste Strecke der Filderbahn-Gesellschaft (FBG) eröffnet. Rechtlich gesehen handelte es sich ursprünglich um eine Eisenbahn. Nach der Kirchheimer Eisenbahn-Gesellschaft (seit 1864) und der Ermsthalbahn-Gesellschaft (seit 1873) war die Schmalspurbahn nach Degerloch die dritte Privatbahn Württembergs. Mit dem Stuttgarter Zentralbahnhof in der Schloßstraße war die Talstation der Zahnradbahn, die sich damals noch am Stadtrand befand, zunächst nur mittels der örtlichen Pferdebahn verbunden. Die Zahnradbahn verlief damals noch durch weitgehend unbebautes Gelände.
Parallel zur Stuttgarter Anlage entstanden zwischen 1883 und 1889 auch die Zahnradbahnen zum Drachenfels, Rüdesheim–Niederwald, Asmannshausen–Niederwald, Salzburg–Gaisberg, Königswinter–Petersberg und Jenbach–Achensee sämtlich nach dem System Riggenbach. Fahrzeuge und Gleise kamen jeweils von der Maschinenfabrik Esslingen. Niklaus Riggenbach überwachte überwiegend den Bau persönlich. Die Lokomotiven der Achenseebahn baute zwar die Lokomotivfabrik Floridsdorf, jedoch nach Plänen aus Esslingen. Die Fahrzeuge waren alle baugleich oder unterschieden sich nur minimal. Somit gibt die Achenseebahn noch heute einen Eindruck davon, wie die Züge der Stuttgarter Zahnradbahn ursprünglich aussahen.
1886 richtete die Filderbahn-Gesellschaft am Degerlocher Aussichtsturm die Zwischenstation Hohenwaldau ein, die heutige Haltestelle Nägelestraße.[5] 1888 wurde der Degerlocher Bahnhof zusätzlich Endpunkt der meterspurigen Reibungsstrecke nach Möhringen und damit zum Umsteigebahnhof. Diese Bahn ging in Möhringen in die Bahnstrecke nach Hohenheim über. Die Degerlocher Station erhielt Abstellgleise und eine hölzerne Wagenhalle. Im Volksmund wurde diese wegen ihrer charakteristischen Bauform Hundehütte genannt.
Elektrische Traktion
Zum 11. Juli 1902 wurde die Zahnradbahn sowie die Reibungsstrecken Degerloch–Hohenheim und Möhringen–Vaihingen elektrifiziert. Die Aufnahme des planmäßigen elektrischen Betriebes auf der Zahnradstrecke verzögerte sich aufgrund technischer Probleme allerdings um zwei Jahre. Mit Beginn der elektrischen Traktion wurde der Dampfbetrieb schließlich auf den sonntäglichen Ausflugsverkehr beschränkt. 1903 folgte die Verlegung der Ausweiche vom Haigst zur Wielandshöhe.
1920 übernahm die Stadt Stuttgart die Filderbahn-Gesellschaft, die fortan als Städtische Filderbahn (SFB) firmierte, und übertrug die Betriebsführung den Stuttgarter Straßenbahnen AG. Im Jahr darauf wurde der Dampfbetrieb endgültig eingestellt. 1926 werden alle Personenfahrzeuge der Zahnrad- und der Filderbahn in das SSB-Farbschema umlackiert. Zur Unterscheidung von den SSB-eigenen Fahrzeugen erhielten die Filderbahnwagen jedoch vorläufig ein zusätzliches „F“ vor ihrer Fahrzeugnummer.
1932 erfolgte die Inbetriebnahme der Haltestelle Pfaffenweg.[6] 1934 gingen die Strecken der ehemaligen Filderbahn-Gesellschaft, damit auch die Zahnradbahn, endgültig in das Eigentum der Stuttgarter Straßenbahnen AG über. Am 21. Dezember 1936 erfolgte die Verlegung der talseitigen Endhaltestelle zum Marienplatz (damals Platz der SA), hierzu musste ein Wohnhaus an der Filderstraße abgerissen werden. Daraus folgte eine bessere Verknüpfung mit der Straßenbahn.
1965 wurde eine neue Stahlbetonbrücke über die Neue Weinsteige als Ersatz für die alte Stahlgitterbrücke gebaut. Im Volksmund wurde diese als Türkenbrücke bezeichnet, da sie vom Hersteller, der Maschinenfabrik Esslingen, ursprünglich zur Lieferung in die Türkei vorgesehen war. 1971 wurde im Zuge der Baumaßnahmen für die Stadtbahn Stuttgart der Marienplatz erneut umgestaltet und die unterirdische Stadtbahnhaltestelle entstand. In diesem Zusammenhang ersetzten die SSB den zweigleisigen Talbahnhof der Zahnradbahn durch eine eingleisige Station, die teilweise auf die anschließende Brücke reichte. Sie befand sich oberhalb eines später verfüllten Wasserbassins. 1977 wurde die Zahnradbahn zu einer Inselstrecke im Netz der SSB, nachdem im Rahmen der Umgestaltung des Degerlocher Zahnradbahnhofs die Verbindungsstrecke zur Adhäsionsbahn entfiel. Ein Jahr später wurde der planmäßige Betrieb mit Dreiwagenzügen eingestellt.
Mit der 1978 erfolgten Abgabe des Filderbahn-Niederbordwagens 3034 (Baujahr 1897) an die SSB, die ihn noch zwei weitere Jahre auf dem Netz der Straßenbahn als Schotterwagen einsetzen, endete der zuletzt nur noch spärlich in Form von Materialtransporten durchgeführte Güterverkehr auf der Zahnradbahn. Vom 24. Juli bis zum 7. September 1980 wurde die gesamte Zahnradbahnstrecke für den Einsatz der neuen Triebwagen vom Typ ZT 4 erneuert. Sie wurde für acht Wochen gesperrt, den Verkehr übernahmen in dieser Zeit Omnibusse. Sofern nicht schon vorhanden, wurde ein unabhängiger Gleiskörper angelegt, der Unterbau verstärkt, ein neuer Mittelbahnsteig an der Ausweiche Wielandshöhe gebaut, die romantische, aber zu leistungsschwache Doppelfahrleitung an den historischen geschwungenen Masten durch eine moderne Tragseilfahrleitung ersetzt und eine neue, längere Schiebebühne in den Betriebshof eingebaut. Der historische Zahnradbahnhof an der Filderstraße wurde zur modernen Abstellhalle für zwei ZT 4 umgestaltet, der dritte fand auf dem ertüchtigten Gleis 3 der südlichen Wagenhalle Platz. Die Werkstatthallen auf der Nordostseite wurden aufgegeben, hier zog einige Jahre später das Theater Rampe ein. Zudem wurde anlässlich von Erneuerungen des Oberbaues die ursprüngliche Leiterzahnstange der Bauart Riggenbach schrittweise durch ein gefrästes Breitkopfprofil ersetzt. Es entspricht der Schweizer Bauart „von Roll“, fällt jedoch nach wie vor unter das System Riggenbach. Diese Zahnstangenprofile fertigt der Gleisbauhof der SSB selbst an.
Zum 16. Dezember 1994 erfolgte auf der Bergseite zur besseren Verknüpfung mit der Stadtbahn Stuttgart eine 200 Meter lange Streckenverlängerung zum Degerlocher Albplatz. Am 6. Dezember 2002 wurde die neu erbaute talseitige Endhaltestelle Marienplatz samt anschließender Brücke auf dem vollständig umgestalteten Marienplatz eröffnet. 2004 wurde der Gleis-Oberbau erneuert sowie Teile der Zahnstange neu verlegt.
Fahrzeuge
Dampflokomotiven
Zwischen 1883 und 1885 lieferte die Maschinenfabrik Esslingen (ME) die ersten drei Zahnrad-Dampflokomotiven mit den Namen Stuttgart (Musterlok, bereits zum Bau der Strecke und bis 1921 im Einsatz), Degerloch (1914 zwecks Verschrottung verkauft) und Filder (1902 zwecks Verschrottung verkauft).
Komplettiert wurde die erste Lokomotivgeneration 1898 durch den Erwerb der Dampflokomotiven Alb und Aussicht des Typs Petropolis von der Maschinenfabrik Esslingen, beide wurden 1922 verschrottet. Sie wurden 1892 von einem Tochterunternehmen der Maschinenfabrik in Saronno für Brasilien gebaut, dort aber nicht abgenommen.
Durch den kriegsbedingt verstärkt vorgenommenen Dampfbetrieb wurden 1918 zwei zusätzliche Dampflokomotiven gebraucht von der schweizerischen Brünigbahn übernommen. Diese sind 1922 verschrottet worden.
Vorstellwagen für Personen
Bei manchen Zahnradbahnen dürfen aus Sicherheitsgründen Beiwagen nur auf der Bergseite mitgeführt werden. So kann eine unkontrollierte Talfahrt bei einem Kupplungsriss vermieden werden.
1884 wurden die ersten vier Vorstellwagen 15 bis 18 (Typ 1 und 2) ausgeliefert. In den Jahren 1893 beziehungsweise 1900 folgten schließlich vier offene Sommerwagen mit den Betriebsnummern F1 bis F4 (Typ 3; ab 1922 abgestellt und zerlegt, Radsätze als Reserve aufbewahrt). Zwischen 1896 und 1900 wurden dann die Vorstellwagen A3 bis A8 (Typ 4) ausgeliefert, von denen vier unter den SSB-Betriebsnummern 117–120 noch bis zur Einführung der Triebwagen des Typs ZT 4 in den 1980er-Jahren im täglichen Einsatz standen. Im Gegenzug kamen die Vorstellwagen der Typen 1 und 2 fortan auf den Filderbahn-Adhäsionsstrecken zum Einsatz. 1906 wurden sie schließlich an die damals den Badischen Lokal-Eisenbahnen (B.L.E.A.G) gehörende Härtsfeldbahn verkauft. Dort wurden sie zwischen 1908 und 1958 verschrottet.
1927 erfolgte der Neuaufbau des Vorstellwagens 116 auf einem alten Fahrgestell von 1896. 1937 bauten die SSB Beiwagen 120 zum Prototyp mit geschlossener bergseitiger Bremserplattform um, der Umbau der übrigen Wagen folgte 1952.
1956 wurde der Filderbahn-Beiwagen Nummer 153 zur Verstärkung im Schülerverkehr an die Zahnradbahn abgegeben. Wegen seiner unkonventionellen und auf der Steilstrecke unkomfortablen Innenraumgestaltung mit Quer- und Längssitzbänken und fehlenden Innentüren sowie aufgrund des fehlenden Bremszahnrades war das Fahrzeug jedoch weder bei Fahrgästen noch dem Fahrpersonal sonderlich beliebt. Infolgedessen war es äußerst selten und nur bis 1965 im Einsatz.
1961 erfolgte der Einsatz von zuvor probehalber auf einem GT4 montierten Einholm-Stromabnehmern zum Vorheizen der Vorstellwagen und zum Enteisen der Fahrleitung auf die Wagen 119 und 120.
Infolge der Einstellung des planmäßigen Dreiwagenzugbetriebs wurde der überzählig gewordene Vorstellwagen 119 1978 an das damalige Deutsche Straßenbahnmuseum (DSM), heute Hannoversches Straßenbahn-Museum (HSM) in Sehnde-Wehmingen abgegeben. Seit März 2009 befindet er sich bei der Härtsfeld-Museumsbahn (HMB) in Neresheim und soll als Personenwagen für den Einsatz auf der Schmalspurstrecke restauriert werden.
Private Sammler übernahmen 1982 Vorstellwagen 116 (nach Zwischenstationen in Aalen und Schönau, wo der Wagen bei diversen Projekten eines ehemaligen Stuttgarter Straßenbahn-Museumsvereins zum Einsatz kommen sollte. Er stand meist allerdings ungeschützt unter freiem Himmel und wurde 1997 an die Härtsfeld-Museumsbahn zur Aufarbeitung übergeben) und Vorstellwagen 120 (nach Scheitern des Museumsbahnprojekts in Aalen 1984 nach Stuttgart zurückgekehrt).
Mit Vorstellwagen 117 des Baujahrs 1896 wurde 1983 außerdem das älteste und am längsten im Planverkehr eingesetzte Personenfahrzeug der SSB aus dem Betrieb genommen und an einen Privatsammler verkauft, der ihn in Leinfelden-Echterdingen als Denkmal aufstellte. 1992 wurde er an die Härtsfeld-Museumsbahn verkauft, die ihn heute als Personenwagen auf ihrer Museumsstrecke einsetzt.
Mit der 2009 erfolgten Übergabe von Beiwagen 119 befinden sich außer den museal in Stuttgart erhaltenen Wagen 118 und 120 nunmehr alle verbliebenen Zahnradbahn-Vorstellwagen des Typs 4 in der Obhut der Härtsfeld-Museumsbahn in Neresheim. Während Beiwagen 117 dort unter der Nummer HMB 1 seit 2001 wieder zum Einsatz kommt, ist für die Wagen 116 und 119 aufgrund deren jahrelanger Abstellzeit im Freien zuvor eine grundlegende Aufarbeitung erforderlich.
Erste Generation
1902 erfolgte die Auslieferung der ersten vier elektrischen Triebwagen. Sie stammten von der Waggonfabrik Herbrand & Cie., erwiesen sich allerdings mit ihrem einzelnen, talseitigen Motor als zu schwach. Der elektrische Planbetrieb konnte so erst 1904 nach Einbau eines zweiten, bergseitigen Motors aufgenommen werden. 1912 folgte schließlich ein fünfter Triebwagen dieses Typs. Triebwagen 109 wird 1954 als letzter dieser Serie außer Dienst gestellt.
Zweite Generation
1935 erfolgte die Lieferung der ersten neuen, dreiachsigen Triebwagen mit den Betriebsnummern 101 (im Einsatz bis 1982) und 102 (infolge einiger Schäden 1974 verschrottet). Mit Triebwagen 103 wird 1937 das erste Fahrzeug der SSB in Ganzstahlbauweise ausgeliefert, es ist noch heute bei einem Privatsammler vorhanden. 1950 erfolgte schließlich die Auslieferung der letzten beiden Triebwagen der zweiten Generation, 104 (heute Museumswagen) und 105 (1995 zerlegt). Der Wagenkasten des kurz zuvor ausgemusterten Triebwagens 102 wurde 1974 als Attraktion auf dem Stuttgarter Faschingsumzug mitgeführt.
Triebwagen 103 wurde 1982 ebenfalls von privaten Sammlern übernommen und ist noch heute im Schwäbischen Bauern- und Technikmuseum in Seifertshofen vorhanden.
Der ursprünglich betriebsfähig im Depot an der Filderstraße stationierte Museumszug aus Triebwagen 104 und Vorstellwagen 120, dessen Triebwagen bei den Jubiläumsfahrten 1984 einen Motorschaden erlitt, blieb seitdem abgestellt und fand 1995 zusammen mit dem ebenfalls museal erhaltenen Vorstellwagen 118 im neueröffneten Straßenbahnmuseum Zuffenhausen (heute Straßenbahnmuseum Stuttgart) eine neue Bleibe. Politische Initiativen für eine betriebsfähige Wiederaufarbeitung des Zuges blieben seither erfolglos.
Der Museumsverein SMS erwarb 1983 den Wagenkasten des Triebwagens 101 (1997 in Schönau verschrottet) und den Triebwagen 105 (1995 dort zerlegt; eine Antriebseinheit ist heute als Leihgabe im Besitz des Vereins Stuttgarter Historische Straßenbahnen), wobei letzterer noch bis Ende 1983 als Betriebsreserve bei der Zahnradbahn verblieb.
Am 29. April 1983 bildete er zusammen mit dem Wagen 118 den letzten planmäßig eingesetzten Zahnradbahnzug aus Altbautriebwagen und Vorstellwagen. 1984 fuhr dann, im Rahmen der 100-Jahr-Feier, zum letzten Mal überhaupt ein traditioneller Zahnradbahnzug, gebildet aus dem bis dahin betriebsfähig vorgehaltenen Triebwagen 104 und dem Vorstellwagen 120.
Dritte Generation
1982 führten die SSB mit den Triebwagen des Typs ZT 4 im Design der Stadtbahn-Triebwagen des Typs DT 8 die dritte Generation elektrischer Zahnradbahn-Triebwagen ein. 1989 wurden bei ihnen die bisherigen Schwingschiebetüren durch dem DT 8 entsprechende Außenschwingtüren ersetzt. 1995 wurde Triebwagen 1003 anlässlich des 111-jährigen Bestehens der Zahnradbahn auf den Namen Helene getauft, nach der Degerlocher Wohltäterin Helene Pfleiderer, Tochter des Bauunternehmers Gustav Epple.
- Wagen 1001
- Wagen 1002
- Wagen 1003
- Depot Vorderansicht
- Depot Rückansicht
Vierte Generation
2018 bestellten die SSB beim Schweizer Hersteller Stadler für 19,3 Millionen Euro drei Zahnradbahn-Triebwagen samt Fahrradvorstellwagen. Der erste Triebwagen wurde Ende September 2021 geliefert[7], der zweite im Februar 2022[8], der dritte soll im Frühjahr 2022 folgen.[9] Der Einsatz im Fahrgastbetrieb ist ab Sommer 2022 geplant.[8] Die neuen Wagen erhalten die Typbezeichnung ZT 4.2.[9] Ihre Betriebsnummern sind 1101 bis 1103.[9]
Die Triebwagen verfügen über 51 Sitzplätze, davon 5 Klappsitze. Anders als die ZT 4 haben sie einen abgesenkten Fahrgastbereich mit 40 cm Fußbodenhöhe, in dem sich 17 der Sitzplätze befinden.[9] Um einen niveaugleichen Einstieg zu ermöglichen, sollen die Bahnsteige der Haltestellen umgebaut werden.[10] Wegen der topografisch bedingten teils starken Neigung der Haltestellen sind die formalen Anforderungen der Barrierefreiheit weiterhin nicht herstellbar, unabhängig von den eingesetzten Fahrzeugen.[11] Für den Unterhalt der neuen Wagen sind Umbauten am Depot erforderlich, da mehr Aggregate auf dem Wagendach angeordnet sind.[12]
Vorstellwagen für Fahrräder
Insgesamt existieren drei zweiachsige Fahrrad-Vorstellwagen mit den Betriebsnummern 1980 (Baujahr 1983), 1981 (Baujahr 1983) und 1982 (Baujahr 1986). Hersteller der ersten beiden Wagen war die Waggon Union. Da sich die Wagen als zu leicht und zu laut erwiesen, schuf die SSB zunächst einen dritten Wagen in geänderter Bauweise selbst. Nachdem sich dies bewährte, baute sie die beiden anderen Fahrzeuge nach und nach im Eigenbau neu.[13]
Zusammen mit den neuen Triebwagen bestellte die SSB 2018 bei Stadler drei Fahrradvorstellwagen, die von der Firma Ferdinand Steck in Bowil hergestellt wurden. Sie sind vierachsig und können 21 statt bisher zehn Fahrräder befördern. Ihre Betriebsnummern sind 1111 bis 1113.[9]
Literatur
- Ulrich Theurer: 100 Jahre Zahnradbahn Stuttgart–Degerloch.
- Dirk von Harlem: Neue Zahnradbahn-Triebwagen für Stuttgart. Technische Beschreibung.
- Straßenbahn Magazin. Heft 53. Franckh’sche, August 1984, ISSN 0340-7071, S. 163 ff.
- Gottfried Bauer: Straßenbahn in Stuttgart. „Über Berg und Tal“ mit der SSB. GeraMond, München 2003, ISBN 3-7654-7188-7.
- Gottfried Bauer, Ulrich Theurer, Claude Jeanmaire: Eine Dokumentation über die Zahnrad- und Filderbahn, Cannstatter Strassenbahnen GmbH, Stuttgarter Vorort-Strassenbahnen, Esslinger Städtische Strassenbahn, Strassenbahn Esslingen-Nellingen-Denkendorf, Städtische Strassenbahn Feuerbach, Strassenbahn Feuerbach-Ludwigsburg GmbH. In: Strassenbahnen um Stuttgart / Tramways around Stuttgart (Germany). Eisenbahn, Villigen (AG) 1984, ISBN 3-85649-047-7.
- Die neue Zahnradbahnbrücke über die Obere Weinsteige. In: Über Berg und Tal. Heft 4 (Jahrgang 26), August 1965.
- Hans-Joachim Knupfer: Die Bahn zur schönen Aussicht. Stuttgarts Zahnradbahn. Stuttgarter Straßenbahnen, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-9811082-2-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- Kursbuch 1944
- Heike Armbruster: Eine Hommage an die Zacketse, Artikel in der Stuttgarter Zeitung vom 12. Juni 2012, online auf stuttgarter-zeitung.de, abgerufen am 21. Januar 2019
- Stuttgarter Strassenbahnen AG: 100 Jahre Zahnradbahn 1884–1984 – Die Geschichte der Filderbahn, 2. ergänzte Auflage 1/90, S. 10
- Stuttgarter Strassenbahnen AG: 100 Jahre Zahnradbahn 1884–1984 – Die Geschichte der Filderbahn, 2. ergänzte Auflage 1/90, S. 12
- Die Haltestelle Nägelestraße auf www.filderbahn.net (Memento vom 22. August 2010 im Internet Archive)
- Die Haltestelle Pfaffenweg auf www.filderbahn.net (Memento vom 22. August 2010 im Internet Archive)
- Neue Zacke in Stuttgart angekommen. SWR, 1. Oktober 2021, abgerufen am 1. Oktober 2021.
- Neue Züge für die „Zacke“ – die zweite Zahnradbahn ist angekommen. Regio-TV, 9. Februar 2022, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Neue Wagen für Stuttgarts Zahnradbahn vorgestellt. In: SSB AG. 6. Oktober 2021, abgerufen am 8. Oktober 2021.
- Vieles neu bei der Zacke. Stuttgarter Straßenbahnen AG, 17. Dezember 2018, abgerufen am 21. Januar 2019.
- Julia Schenkenhofer: Zahnradbahn in Stuttgart: Die neue Zacke ist da – und bleibt vorerst im Betriebshof. In: StN.de (Stuttgarter Nachrichten). 6. Oktober 2021, abgerufen am 7. Oktober 2021.
- Stuttgarts Zahnradbahn: Neue Wagen im Bau. SSB AG, 8. März 2021, abgerufen am 16. April 2021.
- AG tram-info-Team: Wagenparkliste Stuttgarter Straßenbahnen AG. In: Tram-Info. Abgerufen am 19. April 2021.