Barmer Bergbahn
Die Barmer Bergbahn war eine für den öffentlichen Personenverkehr bestimmte meterspurige Zahnradbahn in Wuppertal-Barmen und existierte von 1894 bis 1959.
Barmer Bergbahn | |||||||||||||||||||||||||||||
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Streckenlänge: | 1,6 km | ||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1000 mm (Meterspur) | ||||||||||||||||||||||||||||
Stromsystem: | 600 V = | ||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 185 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||
Zahnstangensystem: | System Riggenbach | ||||||||||||||||||||||||||||
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Lage
Die Bergbahn führte vom Zentrum Barmens nahe dem Alten Markt bis zum Toelleturm auf den Südhöhen der heutigen Stadt Wuppertal. Weite Streckenabschnitte führten durch das Gelände der Barmer Anlagen, an deren unterem Ende sich die Barmer Stadthalle befand. Die Bahn überwand auf ihrer rund 1,6 Kilometer langen Strecke einen Höhenunterschied von 169,5 Meter und hatte an ihrer steilsten Stelle eine Steigung von 18,5 Prozent.
Sie wurde ab 1894 über ein eigenes Kraftwerk mit Strom versorgt, das auch die umliegende Industrie belieferte. Dank vier voneinander unabhängiger Bremssysteme verkehrte die Bahn, abgesehen von Zusammenstößen mit dem motorisierten Individualverkehr, bis zu ihrem Ende unfallfrei.
Geschichte
Am 16. April 1894 wurde die Bergbahn durch die Barmer Bergbahn AG feierlich eröffnet. Planungen für die Bahn gehen allerdings schon auf das Ende der 1880er Jahre zurück, als man die Ausflugsziele südlich der Wupper mit den Städten Barmen und Ronsdorf verbinden wollte. Da diese Steigung mit den Adhäsionsbahnen jener Zeit nicht zu bewältigen war, wurde nach einer anderen Lösung gesucht. Zur Diskussion stand neben der Zahnradbahn noch eine mit Wasserlast betriebene Standseilbahn. Schließlich entschied man sich für ein von der Firma Siemens & Halske vorgeschlagenes zweigleisiges System ohne Weichen.
Während des Zweiten Weltkriegs brannten die Berg- und die Talstation mit sechs darin befindlichen Triebwagen ab. So lag die Bahn vom 30. Mai 1943 bis zum 20. Februar 1944 still. Nach dem Einmarsch der Alliierten ruhte der Verkehr abermals zwischen dem 16. April und dem 20. Juni 1945.
Trotz kriegsbedingter Schäden konnte sie kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ihren Dienst wieder aufnehmen. 1954 beschloss der Rat der Stadt Wuppertal, den Betrieb der Bahn wegen Unwirtschaftlichkeit und hoher Sanierungskosten einzustellen. Hierfür wurden von den Verantwortlichen verschiedene Gründe vorgebracht (u. a. der überalterte Wagenpark und die geplante Erweiterung des bahneigenen Kraftwerks an der Talstation zu einem Heizkraftwerk für den gesamten Stadtteil Barmen), die aber sowohl aus damaliger wie auch aus heutiger Sicht wohl eher zweifelhaft waren.
Nach Bürgerprotesten verzögerte sich die Stilllegung um fünf Jahre. Die ursprünglich geplante Umspurung der Bahn und Führung der Straßenbahn-Linien 4 und 14 über diese Strecke wurde zwar begonnen, aber abgebrochen, als am 12. März 1958 beschlossen wurde, die Zahnradbahn zusammen mit den Linien 4, 10, 10E und 14 durch eine Oberleitungsbuslinie zu ersetzen. Die Bahn fuhr am 4. Juli 1959 unter Protesten der Bevölkerung ein letztes Mal und wurde 1960 abgebaut.
Alle Wagen bis auf zwei Exemplare wurden verschrottet. Die erhaltenen Wagen standen als Spielgeräte etwa zwei Jahre lang auf Spielplätzen im Zoo Wuppertal und im Barmer Nordpark. Es gibt seit 2015 Vermutungen, der Wagen, der im Zoo stand, sei unter einer Hangaufschüttung begraben[1], was von vorläufigen Untersuchungen im November 2015 gestützt wurde[2].
- Städtischer Bahnhof der Bergbahn
- Motorwagen Nummer 6 um 1898
- Lageplan
- Höhenplan
Streckenanlage
Die Barmer Bergbahn wurde von Anfang an zweigleisig gebaut und besaß weitgehend einen eigenen Bahnkörper. Sie wurde von Beginn an elektrisch mit Gleichstrom betrieben und war die erste elektrische Bergbahn in Deutschland. Die Spurweite betrug 1000 Millimeter; in der Mitte befand sich eine Leiterzahnstange nach dem System Riggenbach (siehe hierzu auch Zahnradbahnsysteme). An den beiden Endhaltestellen wurden die Wagen mit Hilfe je einer Schiebebühne auf das parallel verlaufende Streckengleis verschoben und konnten sodann ihren Weg in die umgekehrte Richtung aufnehmen.
Betrieb
Die Züge der Bergbahn verkehrten nach einem festen Fahrplan, wobei in der Regel meistens zwei Züge auf der Strecke waren. Da die gesamte Strecke zweigleisig ausgebaut war, musste unterwegs nicht an einer bestimmten Stelle der Gegenzug abgewartet werden. Zudem konnten die Fahrzeuge bei der Talfahrt Strom ins Netz zurückspeisen, indem die Motoren als Generatoren fungierten. Dieser Strom musste dann jedoch von einem bergwärts fahrenden Zug aufgenommen werden. Auf diese Weise konnten fast die Hälfte der benötigten Energie einer Bergfahrt aufgebracht werden. Die Fahrzeit je Richtung betrug zwischen 12 und 14 Minuten.
Stationen
- Direkt beim fast gleichzeitig erbauten Kraftwerk „Am Clef“ in Barmen befand sich die Talstation, die über eine Treppenanlage von der an der Wupper verlaufenden gleichnamigen Straße zu erreichen war.
- Nach etwa 600 Metern wurde die Station „Planetarium“, etwa in Höhe der Unteren Lichtenplatzer Straße, erreicht. Aufgrund ihrer Lage am südlichen Rand der Bebauung der ehemaligen Stadt Barmen und gleichzeitig am Zugang zu den Barmer Anlagen verfügte sie über ein recht starkes Fahrgastpotential. In der Nähe lag zudem das beliebte Ausflugsziel Meierei Fischertal.
- Nur wenige hundert Meter vor der Endstation befand sich die Haltestelle „Talblick“. Fern jeglicher Bebauung und mitten im Wald der Barmer Anlagen gelegen, wurde sie als Ausstiegsstation zu Spaziergängen nur spärlich frequentiert.
- An der Endstation Toelleturm mit der Villenansiedlung befanden sich der gleichnamige Aussichtsturm und das Höhengelände der Barmer Anlagen mit zahlreichen Wanderwegen und einigen Ausflugslokalen. Gleichzeitig war hier der Ausgangspunkt der Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn, die zunächst als Kleinbahn, später als Straßenbahn die weitere Anbindung über Ronsdorf nach Müngsten bzw. Remscheid herstellte.
Verkehrliche Bedeutung
Die Bergbahn verband die Barmer Innenstadt mit dem gehobenen Wohngebiet sowie dem beliebten Ausflugsziel Toelleturm. Gleichzeitig stellte sie eine Verbindung zu den etwas höher südlich der Innenstadt gelegenen Wohngebieten in Barmen dar und diente durch den Übergang zur Straßenbahn der besseren Erreichbarkeit von Ronsdorf und Remscheid.
Heute
Nach der Stilllegung im Jahr 1959 wurden die Schienen rasch entfernt. Vereinzelt sind noch Überreste unter brüchigem Asphalt sichtbar, so etwa an der Kreuzung Wettinerstraße/Adolf-Vorwerk-Straße. Auch die Straßenbahnlinie nach Ronsdorf wurde kurz nach ihrer Stilllegung abgebaut. Der Verlauf der Trasse der Bergbahn in den Barmer Anlagen lässt sich jedoch noch über weite Strecken gut nachvollziehen. Im unteren Teil der Barmer Anlagen erinnert heute ein Denkmal, bestehend aus einem Gleisstück und einer Achse, an die ehemalige Bergbahn. Im Zuge der Regionale 2006 wurde der Streckenverlauf durch die Barmer Anlagen durch Aufstellung von 180 Stelen beiderseits der Trasse sowie Aufschüttung eines Kiesbettes wieder sichtbar gemacht. Die Strecke kann dadurch heute gut und, im Vergleich zu den umliegenden Wanderwegen, mit relativ sanfter Steigung bewandert werden.
Seit Oktober 2009 existiert die Bürgerinitiative „Barmer Bergbahn e.V.“, die sich nach dem Vorbild der Wuppertalbewegung für den Wiederaufbau der Bahn einsetzt.[3] Die neue Barmer Bergbahn soll weitgehend der alten nachempfunden werden. Einzige grundlegende Änderung wäre die Verlegung der Talstation, da der ursprüngliche Bereich inzwischen bebaut ist. Eine Positionierung nahe dem Bahnhof Barmen wird in Erwägung gezogen. Die Machbarkeitsstudie wurde im Rahmen der Masterarbeit „Planungsstudie zur Wiederbelebung der Barmer Bergbahn“ an der Bergischen Universität Wuppertal ausgearbeitet.[4]
Die zwischen Talstation und Planetarium befahrene Louisenstraße westlich der Unteren Barmer Anlagen wurde bereits 1930 in An der Bergbahn umbenannt und behielt diesen Namen auch nach der Stilllegung bis heute bei.
Literatur
- Die elektrische Zahnradbahn von Barmen nach Töllethurm. In: Deutsche Strassen- und Kleinbahn-Zeitung, 11. Jahrgang, Nr. 22 (2. Juni 1898), S. 392–395.
- Daniel Buth: Planungsstudie zur Wiederbelebung der Barmer Bergbahn. Edition Köndgen, Wuppertal 2015, ISBN 978-3-939843-57-3 (Master-Thesis / Bergische Universität Wuppertal / Fachbereich D - Abteilung Bauingenieurwesen).
Weblinks
Einzelnachweise
- Hoffnung auf verschollenes Relikt - Ist die Bergbahn vergraben? Abgerufen am 12. Oktober 2015.
- Wuppertaler Rundschau vom 1. November 2015: Bergbahn geortet? Abgerufen am 3. November 2015.
- Website der Bürgerinitiative
- Machbarkeitsstudie auf bergbahn-barmen.de, abgerufen am 10. April 2020