Gustav Epple
Gustav Epple (* 8. Oktober 1883 in Botnang bei Stuttgart; † 31. Oktober 1955 in Stuttgart-Süd) war ein deutscher Bauunternehmer und großer Wohltäter in Stuttgart.
Leben
Gustav Epple wurde 1883 in Botnang als Sohn des dortigen Rössle-Wirts Wilhelm Epple (1843–1913) und seiner Ehefrau Dorothe, geborene Gramm (1851–1917) geboren. Nach dem Besuch der Botnanger Volksschule studierte er an der damaligen Staatsbauschule Stuttgart (jetzt Hochschule für Technik Stuttgart) das Bauwesen.
Berufliche Laufbahn
Am 24. Oktober 1909 übernahm Gustav Epple die Zimmerei Dietrich im damaligen, ein Jahr zuvor nach Stuttgart eingemeindeten „Höhenluftkurort“ Degerloch und hatte „mit unternehmerischem Wagemut und Weitblick durch unermüdlichen Fleiß und sorgfältiges, solides Arbeiten eines der angesehensten und größten Bauunternehmen des Landes geschaffen und den Namen der Firma Gustav Epple und ihre Qualitätsarbeit in ganz Deutschland bekannt gemacht“.[1] Das Werksgelände lag westlich der Filderbahnlinie nach Möhringen an der Straße zur Siedlung Sonnenberg. Es wurde 1986 nach dem Verkauf der Eppleschen Grundstücke von Siemens Nixdorf übernommen und überbaut. Zahlreiche Wohngebäude, Fabriken, Schulen, Krankenhäuser, Staats- und Geschäftsgebäude, Straßen, Brücken, Türme, Hallen und Kirchen – und dies weit über den deutschen Südwesten hinaus – sind seinem Unternehmen zu verdanken. Gustav Epple galt seinen Zeitgenossen als „eine in seiner Art seltene und glückliche Verbindung von Techniker und Kaufmann, von Handwerker und Künstler“.[2]
In der 1959 zum 50-jährigen Jubiläum der Firma erschienenen Festschrift hieß es hierzu: „Gewiß tragen die guten sozialen Einrichtungen der Firma das ihre dazu bei, um Freude an der Arbeit zu schaffen, aber ohne die freiwillige Verbundenheit, die langjährige Betriebstreue der vielen altbewährten Mitarbeiter konnte es nicht zu diesen Leistungen kommen. Ihr Arbeitsgeist war die Grundlage der erreichten Ziele, und wo könnte er schöner und offener zum Ausdruck kommen als in dem nachfolgenden Wandspruch von 1929, der von der ganzen Belegschaft ihrem Meister Gustav Epple gewidmet wurde.“[3]
Ob Maurer ob Erdknecht ob Zimmergesell
Wir bilden zusammen ein großes Kartell.
Und ruft uns der Meister zur Arbeit heran,
So stellt von uns jeder den rührigen Mann.
Doch nicht nur im goldenen Sonnenschein
Mags regnen und schneien, die Arbeit muß sein.
Die Arbeit muß sein zu jeglicher Zeit. –
Drum Meister, wir sind für Dich immer bereit.
Tod
Am 31. Oktober 1955, zwei Tage nach Inbetriebnahme des damaligen SDR-Fernsehsenders auf dem Stuttgarter Fernsehturm, verstarb Gustav Epple kurz nach der Einlieferung ins Stuttgarter Marienhospital an einem Riss in der Aorta. Die offizielle Einweihung des Fernsehturms am 5. Februar 1956 konnte er nicht mehr erleben. Bei der Trauerfeier auf dem Werksgelände rühmten zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens in ihren Ansprachen sein Lebenswerk, sein Können und sein soziales Verhalten. Seine Bauleute, halb Degerloch und etliche Schulklassen standen an seinem Sarg. Es sang der Werkschor und es läuteten die Glocken der Degerlocher Michaelskirche.[4] Diese hatte er 1949 als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzenen Vorgänger gestiftet, in der traditionsreichen Glockengießerei Kurtz in der Stuttgarter Heusteigstraße anfertigen lassen und auf dem von seinen belgischen Kaltblütern gezogenen Langholzfuhrwerk die Neue Weinsteige hinauffahren lassen. Seine Beisetzung auf dem Degerlocher Waldfriedhof war das größte Begräbnis, das dieser Friedhof bis dahin gesehen hatte, bis dann 1963 Theodor Heuss wenige Schritte von Gustav Epple entfernt sein Grab fand.
Familie
Gustav Epple heiratete 1910 Else Zimmermann (1889–1926), Tochter des Königlich-Württembergischen Brunnenmeisters und späteren Hofinstallateurs Samuel Zimmermann (1857–1930) in Stuttgart. Das Paar hatte drei Kinder:
- Die Tochter Helene Epple (1911–1994) heiratete 1935 den Kaufmann Walter Pfleiderer (1907–1960). Früh verwitwet und kinderlos geblieben, wurde sie zu einer ihrem Vater in nichts nachstehenden Wohltäterin und brachte ihr gesamtes Vermögen in die 1994 gegründete Helene-Pfleiderer-Stiftung ein.
- Der älteste Sohn Gustav Epple, genannt Gustl (1919–1944), der eines Tages den Betrieb vom Vater übernehmen sollte, wurde als Oberleutnant in Russland vermisst.
- Der jüngere Sohn, Bau-Ingenieur Fritz Epple (1926–1989), übernahm nach dem Tod des Vaters den Betrieb. Vierzehn Tage nach dessen Geburt ist seine Mutter Else, unmittelbar nach der Heimkehr aus der Klinik, an einer Embolie gestorben.
Nach dem Tod seiner Ehefrau Else heiratete Gustav Epple 1927 die im Vorjahr verwitwete Schwester seiner Frau, Helene Lang, geborene Zimmermann (1894–1958). Diese Ehe blieb kinderlos. Fritz Epple vermählte sich 1952 mit Gloria Ursula Keuerleber, Tochter des Stuttgarter Architekten und Inhaber des Lehrstuhls Architektur der Technischen Hochschule Stuttgart Professor Hugo Keuerleber (1883–1949). Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: die Tochter Barbara, verheiratete Leiner (1953–2008), und Sohn Gustav (* 1960).
Ehrungen
- Ehrensenator der Hochschule für Technik Stuttgart
- Inhaber des von Bundespräsident Theodor Heuss verliehenen Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz)
- Ehrenmeister der Stuttgarter Handwerkskammer[5]
- 1957 wurde die Degerlocher Hauptstraße, die vormalige „Schweizer Chaussee“, von „Tübinger Straße“ in „Epplestraße“ umbenannt
Bauwerke
Vorkriegszeit
1925/26: Stadthalle Stuttgart in der Neckarstraße. Schauplatz des „Stuttgarter Kabelattentats“ am 15. Februar 1933, bei dem nach einem Beilhieb auf ein Rundfunkkabel die Radioübertragung der Rede Hitlers abgebrochen wurde. Im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute steht dort das für den damaligen Süddeutschen Rundfunk 1972/76 nach Plänen des Architekten Rolf Gutbrod (1910–1999) ebenfalls von Epple errichtete Stuttgarter Funkhaus.
1929: Bau einer Wagenhalle für die Städtische Filderbahn in Stuttgart.
1936: „KdF-Stadt“, in nur fünfwöchiger Bauzeit errichtet zu den XI. Olympischen Sommerspielen in Berlin, bestehend aus einer großen (3500 Plätze) und vier kleineren Hallen (je circa 1000 Plätze).[6] Ein Teil der hölzernen Ausstellungsbauten wurde nach Beendigung der Wettkämpfe nach Nürnberg verbracht und auf dem heutigen Areal des 1. FC Nürnberg wieder aufgebaut. Dort brannten die Hallen 1942 nach einem Bombenangriff ab.[7]
1938: Bau der Schwabenhalle auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart, der „größten Holzhallenkonstruktion Europas“ für 20.000 Zuschauer (Spannweite 64 Meter, Hallenlänge 160 Meter, Höhe 29 Meter). Die Schwabenhalle wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Nachkriegszeit
1945–1948: Wiederaufbau der 1893 von Karl von Leibbrand errichteten, am Kriegsende von der deutschen Wehrmacht gesprengten „König-Karls-Brücke“ in Stuttgart-Bad Cannstatt.
1945–1949: Wiederaufbau und Neubau des Daimler-Benz-Werkes in Sindelfingen.
1953–1958: Wiederaufbau der Stuttgarter Stiftskirche.
1954–1956: Bau des Stuttgarter Fernsehturms auf dem Hohen Bopser in Stuttgart-Degerloch von Fritz Leonhardt (1909–1999) und Architekt Erwin Heinle (1917–2002). Der Fernsehturm war als der weltweit erste Turm seiner Art komplett aus Stahlbeton. Er gilt als historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland. Für die Bauarbeiten bildete Gustav Epple zusammen mit dem ebenfalls in Stuttgart ansässigen Bauunternehmen Wayss & Freytag eine Arbeitsgemeinschaft.
1955: Bau der evangelischen Heilig-Geist-Kirche in Stuttgart-Degerloch.
1955–1956: Bau der Neuen Liederhalle in Stuttgart nach Plänen der Architekten Adolf Abel (1882–1968) und Rolf Gutbrod (1910–1999). Das Gebäude ersetzte die 1863/64 vom Architekten Christian Friedrich von Leins (1814–1892) erbaute, im Zweiten Weltkrieg zerstörte Alte Liederhalle.
Literatur
- Festschrift 50 Jahre Gustav Epple 1909–1959, Stuttgart 1959
- Festschrift 75 Jahre Gustav Epple 1909–1984, Stuttgart 1987
- Broschüre Helene Pfleiderer, Stuttgart: 1,2004 / 2,2008
Einzelnachweise
- Broschüre Helene Pfleiderer 1, 2004, S. 2 f.
- Festschrift 50 Jahre Gustav Epple 1909–1959, S. 6.
- Festschrift 50 Jahre Gustav Epple 1909–1959, S. 35.
- Degerloch Statistik + Chronik
- Ehrungen und Jubiläen: Unsere Auszeichnungen im Überblick. In: hwk-stuttgart.de, abgerufen am 16. Oktober 2020.
- Die KdF Stadt in Berlin
- Zentralblatt der Bauverwaltung, Heft 37 vom 9. September 1936, 56. Jahrgang.