Niederwaldbahn
Die Bahnstrecke Rüdesheim–Niederwalddenkmal war eine 2,3 Kilometer lange meterspurige Zahnradbahn von der Talstation Rüdesheim am Rhein zur Bergstation beim Niederwalddenkmal, die von der Niederwald-Bahn-Gesellschaft (NWB) betrieben wurde. Sie war von 1884 bis 1917 sowie von 1925 bis 1939 jeweils in der Sommersaison in Betrieb. Nach Kriegsschäden wurde sie nicht wieder aufgebaut und abgebrochen. Seit 1954 übernimmt die Seilbahn Rüdesheim, eine Gondelbahn, den Verkehr.
Rüdesheim–Niederwalddenkmal | |||||||||||||||||
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Übersichtskarte der Zahnradbahnen zum Niederwald | |||||||||||||||||
Streckenlänge: | 2,3 km | ||||||||||||||||
Spurweite: | 1000 mm (Meterspur) | ||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 200 ‰ | ||||||||||||||||
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Technik
Um die Steilstrecke hinauf zum Niederwalddenkmal, ein Höhenunterschied von 223 Metern mit einer maximalen Steigung von 20 Prozent, zu überwinden, wurde das Zahnradsystem Riggenbach verwendet. Die Züge wurden von Dampflokomotiven geschoben. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg begannen Überlegungen, die Strecke zu elektrifizieren, wurden aber nicht mehr umgesetzt. In der Stadt Rüdesheim verlief die Trasse der Bahn 400 Meter in Straßenlage. Die Empfangsgebäude waren ursprünglich in Leichtbauweise errichtet. Die Bergstation wurde 1935 in Massivbauweise neu gebaut.
Die Talstation verfügte über ein Stumpfgleis. Der Abzweig zur Remise erfolgte über eine Zahnstangenweiche. Daran angeschlossen waren der Lok- und Wagenschuppen mittels einer Schiebebühne. Die Ausweiche an der Strecke (Ortslage am Steinbruch) besaß zwei Zahnstangenweichen. Ebenso besaß die Bergstation zwei Stumpfgleise.
Geschichte der Strecke
Hinter dem Projekt einer Zahnradbahn zum Niederwalddenkmal stand die Stadt Rüdesheim und das Bankhauses Jacob S. H. Stern, Köln. Der Bau wurde von dem Schweizer Ingenieur Niklaus Riggenbach begleitet.
Noch bevor die gesamte Strecke und die Hochbauten fertiggestellt waren, ging die Bahn am 30. Mai 1884 in Betrieb.
Mit dem Ersten Weltkrieg brach der Tourismus und damit die Nachfrage nach der Bahn drastisch ein, der Verkehr musste eingeschränkt und am 6. August 1917 ganz eingestellt werden.
Erst 1925 – nun in städtischer Regie – konnte der Betrieb wiederaufgenommen werden und übertraf alle Erwartungen. Mit 300.000 Fahrgästen im Jahr wurde 1928 sogar der Vorkriegsrekord übertroffen. Allerdings bewirkten kurz darauf Weltwirtschaftskrise und das Aufkommen des Kraftfahrzeugs erhebliche Einschnitte. Wie schon 1914 ließ auch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Nachfrage versiegen. Bereits am 30. August 1939 wurde der Betrieb eingestellt – wie sich später herausstellte: endgültig. Bei einem Luftangriff am 25. November 1944, der der Hindenburgbrücke galt, wurden auch die Bahnanlagen der Niederwaldbahn in der Stadt Rüdesheim beschädigt.
1952 entschied sich die Stadt Rüdesheim gegen den Wiederaufbau der Bahn. Sie wurde durch eine Gondelbahn ersetzt. Die Bahnanlagen wurden abgerissen, Schienen und Fahrzeuge verschrottet. Einer der Vorstellwagen wurde an die Drachenfelsbahn abgegeben, wo er mit der Betriebsnummer 3" in den Fahrzeugbestand eingereiht wurde.
Geschichte der Gesellschaft
Die offiziell Niederwald-Bahn-Gesellschaft genannte Aktiengesellschaft wurde am 1. Juli 1884 mit Sitz in Rüdesheim gegründet. Sie übernahm die Betriebsrechte der nach der gleichen Technik, jedoch ohne Verbindung zueinander erbauten meterspurigen Zahnradbahnen Rüdesheim–Niederwalddenkmal und Assmannshausen–Jagdschloss, vom Bankhaus Jacob S.H. Stern. 1920 übernahm die Stadt Rüdersheim die Aktienmehrheit und löste die Gesellschaft auf.
1900 wurde der Firmensitz nach Berlin verlegt, wo der damalige Hauptaktionär, der Bankier G. Lilienthal, seinen Geschäftssitz hatte. 1911 verursachte G. Lilienthal mit seiner Bank einen betrügerischen Bankrott, der dem Unternehmen 70.000 Mark Schulden zurückließ.
Die Nachfrage auf das Angebot des auf die die Sommersaison ausgerichtete Bahngeschäft war stark schwankende und witterungsabhängig blieb wirtschaftlich problematisch. Die Gesellschaft versuchte dies durch die Anschaffung eines Dampfboots auszugleichen, das zwischen Rüdesheim und Assmannshausen verkehrte und auch die für den Tourismus wichtigen Destinationen Bingen und Schloss Rheinstein erschloss. Dies ermöglichte Rundfahrten über die beiden eigenen Bahnstrecken der Gesellschaft sowie eine Überquerung des Rheins. Diese Geschäftsausweitung war jedoch nicht erfolgreich und führte zu weiteren Verlusten.
Mit dem Verkauf der Aktienmehrheit an die Stadt Rüdesheim wurde die Aktiengesellschaft 1920 aufgelöst.
Zahnradbahnweg
Am Ende der Grabenstraße erinnert in Rüdesheim ein Prellbock an die Bahn und ein als Technisches Denkmal aufgestelltes Zahnrad, das – zusammen mit einem Hinweisschild – an der Seilbahn-Talstation aufgestellt wurde. Ebenso befindet sich noch ein Werkstattgebäude auf Höhe des großen Parkplatzes, mit NWB-Wetterfahne auf dem Dach. Hier beginnt auch der Zahnradbahnweg, ein 1,8 Kilometer langer Informationsweg mit Hinweistafeln, der von der Stadt Rüdesheim entlang der ehemaligen Trasse eingerichtet wurde. Er führt in den Weinbergen am ehemaligen Viadukt über den Kuhweg vorbei bis hin zum Niederwalddenkmal.
Literatur
- Gerd Wolff und Andreas Christopher: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 8: Hessen. EK-Verlag, Freiburg 2004, ISBN 3-88255-667-6, S. 94 ff.
- Heinz Söhnlein: Niederwaldbahn Rüdesheim am Rhein. Die ehemalige Zahnradbahn von Rüdesheim am Rhein zum National-Denkmal auf dem Niederwald, eine historische Betrachtung. Mainz-Gonsenheim, Selbstverlag Heinz Söhnlein (letzter Betriebsleiter der Zahnrad-Bergbahn), 1976.
Weblinks
- Zahnradbahnweg Rüdesheim am Rhein – Niederwald Homepage der Stadt Rüdesheim am Rhein
- Mit der Zahnradbahn von Rüdesheim zur Germania Michael Bermeitinger (alias berre_mz) auf Drehscheibe Online