VNG AG
Die VNG AG mit Sitz in Leipzig ist ein europaweit aktiver Gashandelskonzern mit den Geschäftsbereichen Handel und Vertrieb, Transport, Speicher und Biogas. Gemeinsam mit ihren Tochtergesellschaften beliefert VNG Stadtwerke, Regionalversorger und Industrieunternehmen mit Erdgas in Deutschland, Italien, Österreich, Polen und Tschechien. Das Unternehmen gehört mehrheitlich der EnBW.[1]
VNG AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 29. Juni 1990 |
Sitz | Leipzig, Deutschland |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 1.305 (31.12.2020, VNG-Konzern) |
Umsatz | 9,8 Mrd. € (31.12.2020, VNG-Konzern) |
Branche | Energie |
Website | www.vng.de |
Geschichte
VNG wurde am 29. Juni 1990, zwei Tage vor Inkrafttreten der deutsch-deutschen Wirtschafts- und Währungsunion, als privatrechtliche Aktiengesellschaft gegründet. Die ersten Vorläufer entstanden schon 1958 in der „VVB Verbundwirtschaft“ als „VEB Verbundnetz Ost“, „West“ und „Mitte“. Im Juli des gleichen Jahres bildete der VEB Verbundnetz West die Technische Leitung Ferngas. 1963 vereinigten sich die drei Verbundnetz-Betriebe zu einem VEB Verbundnetz Berlin. Im Januar 1969 entstand daraus der VEB Verbundnetz Gas. Dieser rein technische Betrieb stellte die Versorgung der Bevölkerung in den ersten Jahren ausschließlich durch Stadtgas sicher. Dieses wurde überwiegend aus heimischer Braunkohle mittels Kohlevergasung erzeugt. Mit Beginn der russischen Erdgaslieferungen ab Mai 1973 übernahm der VEB Verbundnetz Gas auch dessen Verteilung und Speicherung. Das russische Importerdgas war dreimal effizienter und umweltschonender als das bis dahin ausschließlich verwendete Stadtgas. Allerdings setzte die DDR diesen wertvollen Rohstoff überwiegend für die Industrie ein, denn die Lieferungen waren mit Devisen und Sachleistungen zu bezahlen. Bis 1989 erhöhte die DDR die importierte Menge bis auf jährlich sieben Milliarden Kubikmeter. Bis Ende 1989 wurden 2 % der ostdeutschen Haushalte mit Erdgas versorgt.
VNG war das erste von der Treuhandanstalt erfolgreich privatisierte Großunternehmen Ostdeutschlands. Eine entscheidende Rolle spielte dabei Klaus-Ewald Holst, der bereits seit 1968 als Ingenieur im VEB Verbundnetz Gas tätig war. Erste Aktionäre waren mit einem Anteil von 35 % die Essener Ruhrgas AG (spätere E.ON Ruhrgas) und mit 10 % die BEB Brigitta Erdgas und Erdöl GmbH, Hannover. Die restlichen Aktien verblieben zunächst bei der Treuhandanstalt. Im Sommer 1991 wurden die restlichen Aktien verkauft und damit die Privatisierung abgeschlossen. Zu Ruhrgas und BEB kommen die Wintershall (15 %), 14 ostdeutsche Städte bzw. kommunale Betriebe (zusammen 15 %) sowie mit jeweils 5 % die British Gas, die französische ELF, die russische Gazprom, die norwegische Statoil und der ostdeutsche Gasproduzent Erdöl-Erdgas Gommern.
Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung stand das Unternehmen vor der Aufgabe, die ostdeutschen Haushalte von Stadt- auf Erdgas umzustellen, die Erdgasbezüge zu diversifizieren, die Leitungen auszubauen und an das europäische Erdgastransportsystem anzuschließen. Auch der Verkauf von Erdgas an Industriekunden und Stadtwerke wurde neu strukturiert. Im ersten Geschäftsjahr der VNG AG 1990/91 baute der Gasimporteur 250 km Leitungen und stellte 600 km Stadtgasleitungen auf Erdgas um. Im Juni 1995 wurde in Leipzig die Umstellung Ostdeutschlands von Stadt- auf Erdgas abgeschlossen. Bis 1995 investierte VNG circa 767 Mio. Euro in die Umstellung von rund 6.100 km Hochdruckleitungen von Stadt- auf Erdgas sowie in den Bau von rund 700 km Leitungen und die Erhöhung der Speicherkapazität ihrer Untergrundspeicher. Im September 1992 wurde das VNG-Netz mit dem westdeutschen und damit westeuropäischen Erdgas-Verbundsystem verbunden. Ein Jahr darauf schloss VNG einen langfristigen Erdgas-Liefervertrag für norwegisches Erdgas ab. Damit wurde zugleich die einseitige Abhängigkeit vom russischen Erdgas aufgehoben.
Ab Mitte der 1990er Jahre setzte sich die VNG verstärkt für den Einsatz von Erdgas als Kraftstoff ein. Im September 1996 finanzierte sie in Leipzig die erste öffentliche Erdgastankstelle Sachsens. 2001 präsentierte sie sich zum ersten Mal gemeinsam mit Automobilherstellern und Unternehmen der Gaswirtschaft mit einem Gemeinschaftsstand auf der internationalen Automobilmesse AMI in Leipzig. Das Unternehmen besitzt einen Fuhrpark mit 150 erdgasbetriebenen Fahrzeugen. Die VNG ist auch Initiator der Länderinitiativkreise Erdgas als Kraftstoff (IEK) und stellt den Vorsitzenden des IEK auf Bundesebene. Mitte der 1990er Jahre begann die VNG sich international auszurichten und neue Partner auch im Ausland zu suchen. Einen Schwerpunkt bildeten dabei zunächst die östlichen Nachbarländer Deutschlands. Die VNG ist neben ihren Beteiligungen in Polen, Tschechien und der Slowakei auch an Unternehmen in Österreich, Italien und Norwegen beteiligt. 2006 gründete die VNG ein Tochterunternehmen in Norwegen. Die VNG Norge mit Sitz in Stavanger ist für die Upstream-Aktivitäten verantwortlich, d. h., sie beteiligt sich an der Exploration und Förderung von Erdgas aus der Nordsee. Zu Beginn des Jahres 2013 fand ein Konsortium, an dem VNG Norge mit 20 % beteiligt ist, vor der Küste Norwegens ein Ölfeld mit einer Größe von 30 bis 100 Mio. Barrel Öläquivalent.[2]
Im Bioenergie-Bereich ist die VNG ebenfalls aktiv und hat 2006 die heutige Bioerdgas-Tochter BALANCE Erneuerbare Energien GmbH gegründet. Diese soll vor allem Projekte zur Einspeisung von Bioerdgas in die Erdgasleitungsnetze vorantreiben. Der Vertrieb von Bioerdgas an die VNG-Kunden geschieht ab 2016 über das Handelsunternehmen bmp greengas GmbH.[3]
Im Januar 2009 gab EWE bekannt, dass die EnBW ihren Anteil an der VNG kaufen werde; dies war bei dem Einstieg von EnBW bei der EWE vereinbart worden und die nötige kartellrechtliche Freigabe durch das Bundeskartellamt erfolgte unter Auflagen im August 2009. Der geplante Verkauf des EWE-Anteils an EnBW scheiterte im Dezember 2011, nachdem die anderen Anteilseigner ihre notwendige Zustimmung verweigert hatten. Im Februar 2012 erwarb der russische Energiekonzern Gazprom die Anteile des französischen Energiekonzerns GDF Suez, wodurch er fortan insgesamt 10,52 % von VNG hielt.[4] 2014 übernahm EWE den Anteil von Wintershall an VNG.[5] Im Juli 2015 verkaufte Gazprom seine Anteile an EWE.[6]
2013 übernahm die VNG die goldgas GmbH und goldgas SL GmbH, beide mit Sitz in Eschborn, bundesweit tätig bei der Belieferung von Standardlastprofilkunden mit Erdgas und bei der Belieferung mit Strom.
Ferngasleitungsnetz
Innerhalb der VNG-Gruppe stellt die Ontras Gastransport GmbH als unabhängiger Fernleitungsnetzbetreiber mehr als 7.500 Kilometer Länge das zweitgrößte deutsche Ferngasleitungsnetz bereit, das im Verbund mit europäischen Ferngasnetzen und zahlreichen Verteilnetzen sowie Gasspeichern eine sichere Gasversorgung garantiert. Das Leitungsnetz durchzieht die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg/Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Im Rahmen des 3. EU-Energiebinnenmarktpakets wurde Ontras vollständig entflochten und ist seither auch für die Betriebsführung und Instandhaltung der Netze und Anlagen zuständig. ONTRAS betreibt zudem als Netzpuffer einen Speicher am Standort Burggraf-Bernsdorf mit einem Arbeitsgasvolumen von 3 Mio. m³ (Vn) und einer Plateau-Entnahmerate von 40 m³/h.
Das Netz von ONTRAS gehört zum Marktgebiet GASPOOL und wird von der Gaspool Balancing Services GmbH mit Sitz in Berlin, einem Beteiligungsunternehmen der ONTRAS zusammen mit der Nowega in Münster, der Gasunie Deutschland Transport Services GmbH (GTG) in Hannover und der Gascade Gastransport GmbH in Kassel betrieben. Das Marktgebiet GASPOOL verbindet rund 400 Gasnetze.
Speicher
In Umsetzung des 3. EU-Energiebinnenmarktpakets wurde mit Wirkung zum 2. Januar 2012 das Speichergeschäft der VNG auf die VNG Gasspeicher GmbH übertragen. Derzeit verfügt die Speichergesellschaft an ihren vier Untergrundgasspeichern in Bad Lauchstädt, Bernburg (Saale), Etzel und Jemgum über ein Arbeitsgasvolumen von rund 2,2 Mrd. m³ bzw. 24,5664 TWh.[7] VNG Gasspeicher ist damit der drittgrößte Speicherbetreiber Deutschlands.
In Deutschland gibt es insgesamt 50 Erdgasspeicher mit einem Speichervolumen von rund 24,2 Milliarden Normkubikmeter[8]. Darin kann eine Gasmenge entsprechend rund 28 % des jährlichen Erdgasverbrauches Deutschlands (2015: 85 Milliarden Kubikmeter) gespeichert werden.
Handel
Als Tochterunternehmen der EnBW wurde die VNG AG im zweiten Quartal 2017 im EnBW-Konzern vollkonsolidiert und ist damit selbst ein Tochterunternehmen eines vertikal integrierten Unternehmens im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Nach § 10b Absatz 3 EnWG dürfen solche Tochterunternehmen, die Energie erzeugen, gewinnen oder an Kunden vertreiben, weder direkt noch indirekt Anteile an einem Transportnetzbetreiber besitzen. Zur Umsetzung der Anforderungen aus dem EnWG gliederte die VNG AG ihr Großhandelsgeschäft mit Wirkung zum 3. April 2018 in die VNG Handel & Vertrieb GmbH als eigenständige Gesellschaft aus.
Aktionäre
Aktionäre der VNG (Stand: 31. Dezember 2020) | Aktienanteil in % |
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EnBW Energie Baden-Württemberg AG[9], Karlsruhe | 74,21 |
VNG Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, Leipzig[10] | 21,58
Leipzig 7,46 %, Dresden 6,47 %, |
OEW Energie-Beteiligungs GmbH, Ravensburg | 4,21 |
Vollkonsolidierte Unternehmen
Transport
- 100,00 % ONTRAS Gastransport GmbH, Leipzig
Speicher
- 100,00 % VNG Gasspeicher GmbH, Leipzig
Handel und Vertrieb
- 100,00 % Energieunion GmbH, Schwerin
- 100,00 % Gas-Union GmbH, Frankfurt am Main
- 100,00 % G.EN Gaz Energia Sp. z o.o., Tarnowo Podgorne, Polen
- 100,00 % goldgas GmbH, Eschborn
- 100,00 % goldgas GmbH, Wien, Österreich
- 100,00 % Handen Sp. z o.o., Warschau, Polen
- 80,00 % Spigas S.r.l., Mailand, Italien
- 100,00 % VNG Austria GmbH, Gleisdorf, Österreich
- 100,00 % VNG Energie Czech s.r.o., Prag, Tschechische Republik
- 100,00 % VNG Erdgascommerz GmbH, Leipzig
- 100,00 % VNG Handel & Vertrieb GmbH, Leipzig
- 100,00 % VNG Italia S.r.l., Bologna, Italien
Biogas
- 100,00 % BALANCE Erneuerbare Energien GmbH, Leipzig
- 100,00 % Biogas Produktion Altmark GmbH, Hohenberg-Krusemark
- 100,00 % Leipziger Biogasgesellschaft mbH, Leipzig
Beteiligungen (Auswahl)
- 25,33 % caplog-x GmbH, Leipzig,
- 24,60 % MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung, Halle
- 23,38 % Stadt- und Überlandwerke GmbH Luckau-Lübbenau, Luckau
- 12,55 % Stadtwerke Rostock AG, Rostock.
Weblinks
Literatur
- Energiekonzerne stoßen an Grenzen. In: Die Welt, Ausgabe 145, 25. Juni 2007, S. 22
- Deutschlands Große 500: Die WELT-Rangliste der deutschen Wirtschaft. In: Die Welt, Ausgabe 145, 25. Juni 2007, S. 20
- Ost-Konzerne wachsen besonders schnell. In: Die Welt, Ausgabe 256, 2. November 2007, S. 12
- EU will Versorgern die Adern abklemmen. www.handelsblatt.com, 10. Januar 2007
- Geschäftsbericht der VNG 2008
- Investitionen in Gasspeicher steigen deutlich an. www.bdew.de, 15. Mai 2009
Einzelnachweise
- Über das Unternehmen. (Nicht mehr online verfügbar.) 5. Dezember 2014, archiviert vom Original am 31. Juli 2016; abgerufen am 31. Juli 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Handelsblatt vom 6. Februar 2013
- Tagesspiegel Online vom 28. September 2015 (Memento des Originals vom 24. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Russische Gazprom darf bei VNG aufstocken
- Wintershall schließt Verkauf der VNG-Anteile an EWE ab (Memento des Originals vom 19. April 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- EWE übernimmt Anteile der Leipziger VNG von Gazprom
- Gas Infrastructure Europe (GIE), Übersicht über die Gasspeicher in Europa
- Untertage-Gasspeicherung in Deutschland. In: ERDÖL ERDGAS KOHLE, 133 Jg. 2017 Heft 11, S. 409, pdf, 562 kB, abgerufen am 17. Oktober 2018
- Über das Unternehmen. (Nicht mehr online verfügbar.) 5. Dezember 2014, archiviert vom Original am 31. Juli 2016; abgerufen am 31. Juli 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Neun kommunale Unternehmen bilden die VUB