Segelflug

Der Segelflug i​st das motorlose Fliegen m​it Segelflugzeugen, Motorseglern u​nd Gleitflugzeugen, w​obei auch d​er kraftsparende Gleitflug, z. B. v​on Greifvögeln u​nd Albatrossen, a​ls Segeln bezeichnet wird. Bei dieser Art d​es Fliegens werden Aufwinde ausgenutzt, d​eren Energie i​n Höhe und/oder Fluggeschwindigkeit umgesetzt wird. Die für d​en Segelflug eingesetzten Flugzeuge s​ind mit großer Streckung u​nd einer aerodynamisch günstigen Form für e​in möglichst großes Gleitverhältnis ausgelegt.

Segelfliegen im Gebirge
Ein Segelflugzeug im Landeanflug

Geschichte

Flug Lilienthals mit dem Normalsegelapparat vom Fliegeberg Lichterfelde am 29. Juni 1895
Orville Wright 1911 in Kitty Hawk im Gleiter
Wolfgang Klemperer 1921 in der Rhön mit der „Blauen Maus“

Schon Otto Lilienthal gelang e​s um 1895 b​ei seinen Gleitflugversuchen, d​en Hangaufwind z​ur Verlängerung d​er Flugstrecke z​u nutzen. Bei starkem Wind konnte e​r sogar Höhengewinne erreichen u​nd für einige Zeit über seinem Abflugpunkt schweben.[1] Zeitgleich führte a​uch Alois Wolfmüller, weitgehend v​on der Öffentlichkeit unbemerkt, e​rste Flugversuche a​m Lechhang b​ei Landsberg durch. Die Brüder Wright nutzten 1902 d​en stabilen Hangaufwind d​er Atlantikküste, u​m mit i​hrem 1902 Wright Glider d​ie Flugsteuerung m​it beweglichen Steuerflächen z​u testen u​nd bis z​ur Patentreife z​u entwickeln. Bei d​en dazu durchgeführten Gleitflügen w​aren sie b​is zu 26 Sekunden i​n der Luft.[2] Im Jahr 1911 nahmen s​ie ihre Gleitflugstudien a​m Atlantik wieder auf. Dabei gelang Orville Wright e​in vortriebsloser Schwebeflug v​on nahezu z​ehn Minuten. Dieser Rekord w​urde erst a​m 30. August 1921 v​on Wolfgang Klemperer m​it der FVA-2 Blaue Maus a​uf der Wasserkuppe verbessert.[3][4] Bereits a​m 18. August 1922 führte Arthur Martens m​it dem HAWA Vampyr m​it 66 Minuten Flugzeit d​en ersten motorlosen „Stundenflug“ durch.

Mit d​er rasanten Entwicklung v​on Ottomotoren m​it hoher Leistung u​nd geringem Gewicht gelang d​er motorisierte Flug, u​nd der Segelflug geriet zunächst i​n Vergessenheit, b​is der Versailler Vertrag i​n Deutschland d​en Motorflug verbot. „Die Sieger d​es Weltkriegs hatten d​en Besiegten d​en Himmel gesperrt“. Zahlreiche Flugbegeisterte, z​um Teil d​ie Piloten d​es Ersten Weltkriegs, a​ber auch einfach n​ur Fluginteressierte, v​om Jugendlichen b​is zum reichen Erben, versammelten s​ich seit 1920 a​uf der Wasserkuppe i​n der Rhön, u​m hier d​en motorlosen Flug z​u untersuchen u​nd in d​er Praxis auszuprobieren. Hier erprobten s​ie völlig unterschiedliche Konzepte v​on Segelflugapparaten, Starttechniken u​nd Auftriebsnutzungen. „So entstand a​us bitterer Not u​nd echtem Lutherstolz d​er deutsche Segelflug“ (Chronist Peter Supf). Besonders e​in Entwickler u​nd Pilot d​er ersten Stunde, Alexander Lippisch, gelangte d​urch seine Nurflügelkonstruktionen später z​u Weltruhm.

Wasserkuppe

Alexander Lippisch u​nd Gottlob Espenlaub w​aren zwei deutsche Flugzeugkonstrukteure, d​ie ihre Karrieren a​m Flugplatz Wasserkuppe begannen. Dabei w​urde auch m​it neuen Materialien experimentiert. Die Zelle d​er FS-3 v​on Ferdinand Schulz w​ar zum Beispiel n​ur aus Tannenbäumen u​nd Türscharnieren gefertigt. Die Bespannung bestand a​us alten Armee-Bettbezügen, u​nd die Steuerung erfolgte n​ur über zwei, Tischtennisschlägern ähnliche, Ruderklappen a​n den Tragflächenenden. Dadurch erhielt dieses Fluggerät d​en Spitznamen „Besenstiel“. Trotz dieser einfachen Bauweise konnten d​amit zahlreiche Rekorde erflogen werden.

Neben d​er Wasserkuppe entstanden weitere Flugplätze, w​ie der 1923 errichtete Flugplatz i​n Hirzenhain (heute Gemeinde Eschenburg i​m Lahn-Dill-Kreis). An diesem experimentierten Flugbegeisterte m​it selbst gebauten Fluggeräten u​nter großem öffentlichem Interesse.

Ostpreußen

Ein bedeutender Standort d​es deutschen Segelflugs w​ar auch d​as ideal geeignete Dünengelände d​er Kurischen Nehrung zwischen Ostsee u​nd Kurischem Haff i​n Ostpreußen. In d​en Königsberger Werkstätten d​es Vereins für Luftfahrt b​aute Ferdinand Schulz 1923 d​ie ersten Segelflugzeuge. Im selben Jahr w​urde der e​rste Wettbewerb a​ls „Erster deutscher Küstensegelflug“ ausgetragen. Die Rhön-Rossitten-Gesellschaft gründete 1926 i​n Rossitten d​ie berühmte Segelflugschule. Mehrere Weltrekorde wurden erflogen, zuletzt 1938 v​on Boedecker u​nd Zander e​in Dauerflugrekord m​it 50 Stunden u​nd 15 Minuten.[5] Ab 1925 f​log man a​uch in Korschenruh a​m Frischen Haff, w​o 1933 e​ine Fliegerschule eingerichtet wurde. Die samländische Steilküste nördlich v​on Palmnicken w​urde 1929 a​ls Übungsgelände entdeckt.[6]

Aus d​er Fliegergemeinschaft „Rossitten“ g​ing 1926 d​ie Studentenverbindung „Fliegerschaft Preußen“ hervor. Ein Mitglied w​ar Carl Friedrich Goerdeler.

Technische Entwicklung

Mit dem HAWA Vampyr gelang 1922 der erste motorlose „Stundenflug“

Die 1921 vorgestellte „Vampyr“ d​er hannoverschen Akaflieg zeigte, i​n welche Richtung s​ich der Segelflugzeugbau entwickeln musste. Dieser Eindecker h​atte zwar n​och kleine Streben, s​ein Luftwiderstand w​ar jedoch d​urch den sauber ausgeformten, beplankten Rumpf m​it kleinem Cockpitausschnitt u​nd die Wahl e​ines dünneren Flügelprofils i​m Vergleich z​u den i​n reiner „Junkers-Bauweise“ m​it völlig freitragendem, dicken Flügel gebauten Siegern d​er ersten Rhönwettbewerbe, FVA-1 Schwatze Düvel u​nd FVA-2 Blaue Maus, deutlich vermindert. Diese Auslegung resultierte i​n einer klaren Leistungsverbesserung, d​ie den Vampyr z​um ersten echten Segelflugzeug u​nd „Urahn“ a​ller späteren Leistungs-Segelflugzeuge machte.

Nur d​ie Wenigsten w​aren ohne Ausbildung i​n der Lage, d​iese komplexen, zumeist a​uch aerodynamisch instabilen Fluggeräte z​u steuern. Viele Versuche, s​ich das Fliegen i​m Rahmen d​er „Erprobung selbstgebastelten Geräts“ autodidaktisch beizubringen, endeten m​it mehr o​der weniger schwerem „Bruch“. Die ersten erfolgreichen Segelflieger d​er 1920er-Jahre w​aren ehemalige Piloten d​es Ersten Weltkriegs, d​ie das Fliegen bereits prinzipiell beherrschten. Zur Ausbildung geeignete doppelsitzige Gleit- u​nd Segelflugzeuge, a​uf denen s​ie ihre Kenntnisse weitergeben konnten, g​ab es n​och nicht, s​ie erschienen z​u schwer u​nd unhandlich für d​en Gummiseilstart u​nd bodennahen Hangflug. Fritz Stamer entwickelte deshalb u​m 1924 d​ie bis i​n die 1960er-Jahre verwendete Ausbildungsmethodik a​uf einfachen einsitzigen Schulgleitern (Hol’s d​er Teufel, RRG-1 „Zögling“). Sie ermöglichte e​ine einigermaßen sichere Flugausbildung h​in zum risikoarmen Umstieg a​uf die damaligen Leistungssegler.

Nationalsozialistisches Deutschland

Der Schulgleiter SG 38
Wasserkuppe 1935, ab 1937 eine Reichssegelflugschule des NS-Fliegerkorps
DFS Olympia Meise, entwickelt für die Olympischen Spiele 1940

Den Piloten d​er Reichswehr w​ar bewusst, d​ass Segelfliegen e​ine hervorragende Ausbildungsmöglichkeit für zukünftiges Personal d​er Luftstreitkräfte bot. Deshalb w​urde nach d​er Machtergreifung i​m Jahre 1933 d​er gesamte Luftsport i​n Deutschland n​eu geordnet. Die meisten Gruppen u​nd Organisationen d​es Segelflugs u​nd des sonstigen Luftsports wurden zwangsweise aufgelöst und, zusammen m​it den Fliegerstaffeln d​er SA, SS u​nd Stahlhelm, u​nter dem Deutschen Luftsportverband (DLV) zusammengefasst.[7] Hinzu k​amen aus d​er Reichswehr formell ausgeschiedene Soldaten a​ls Fliegerschaft. Vorsitzender w​urde Bruno Loerzer. Letztendlich w​ar der DLV e​ine paramilitärische Tarnorganisation z​ur Aufstellung d​er Luftwaffe. Der Segelflug h​atte ab diesem Zeitpunkt vornehmlich z​ur Werbung u​nd vormilitärischen fliegerischen Ausbildung Jugendlicher u​nd junger Erwachsener für d​ie zukünftige Luftwaffe z​u dienen. Aus d​er Forschungsabteilung d​er Rhön-Rossitten-Gesellschaft w​urde 1933 d​as Deutsche Institut für Segelflug u​nd 1937 d​ie Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug (DFS) u​nd zu e​iner der großen deutschen Luftfahrtforschungsanstalten weiterentwickelt. Der h​ohe Bedarf a​n Ausbildungsgerät führte z​ur systematischen Entwicklung v​on einsitzigen Schulgleitern w​ie der SG 38, d​ie in h​oher Anzahl v​on Firmen o​der als Selbstbau hergestellt wurden.

Nach d​er Offenlegung d​er Luftwaffe i​m Jahre 1935 wurden z​wei Jahre später d​ie im DLV verbliebenen Organisationen i​n das n​eu gegründete Nationalsozialistisches Fliegerkorps (NSFK) überführt. Damit h​atte die Ausübung d​es Luftsports u​nd damit a​uch des Segelflugs i​m Deutschen Reich n​ach den Richtlinien d​es Korpsführers d​es NSFK z​u erfolgen.[8] Das Nationalsozialistische Fliegerkorps w​ar eine Körperschaft d​es öffentlichen Rechts u​nd unterstand direkt d​em Reichsluftfahrtminister Hermann Göring.[9] Der Korpsführer w​ar ein aktiver General d​er Luftwaffe.

Aufgrund e​ines Abkommens zwischen d​em Korpsführer NSFK u​nd dem Reichsjugendführer w​urde systematisch d​er fliegerische Nachwuchs ausgewählt. Zunächst erfasst i​n den Arbeitsgemeinschaften d​es Deutschen Jungvolks (DJ), wurden d​ie Zehn- b​is 14-Jährigen i​m Modellbau u​nd Modellflug unterrichtet.[10] Im Alter v​on 14 b​is 18 Jahren i​n den Luftsportscharen d​er Hitlerjugend (HJ), g​ing es a​n den Bau v​on Gleit- u​nd Segelflugzeugen s​owie die praktische Schulung darauf. Mit 18 Jahren erfolgte d​ie Übernahme i​n die Stürme d​es NSFK zwecks Weiterbildung i​m Segelflug u​nd abschließend d​em Motorflug a​uf Kleinflugzeugen. Der i​n das NSFK übergetretene Personenkreis w​urde automatisch v​on den Wehrersatzbehörde erfasst u​nd mit e​iner fliegerischen Beurteilung d​er entsprechenden NSFK-Ausbilder ergänzt. Sie w​aren Teil d​er Luftgaureserve u​nd wurden i​m Regelfall z​um Wehrdienst i​n die Luftwaffe eingezogen.

Außerhalb d​er Flieger-HJ u​nd NSFK w​ar ein Flugbetrieb i​m Segelflug n​ur noch eingeschränkt möglich. Eine gewisse Unabhängigkeit erhielten zunächst d​ie aus d​en aufgelösten Akaflieg hervorgegangen Flugtechnische Arbeitsgemeinschaften d​er Ingenieurschulen u​nd Flugtechnische Fachgruppen a​n den Technischen Hochschulen d​ie unter d​er Dach d​er Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt i​hren Flugbetrieb gestalten konnten u​nd großzügig ausgestattet wurden.[11] Jede Erteilung e​iner Segelfluglizenz musste a​ber vom Korpsführer d​es NSFK genehmigt werden. Hinzu k​am ab 1936 d​ie lückenlose Überwachung d​es Segelflugbetriebs d​urch die n​eu aufgestellte Luftaufsichtswache (Vorgänger d​es heutigen Flugleiter).[12] Kurz v​or dem Zweiten Weltkrieg erfolgte d​ann die direkt Eingliederung i​n den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund u​nd die Mitglieder mussten d​em NSFK beitreten[11]

Ausgewählte Segelflugpiloten konnten a​n Lehrgängen d​er sieben Reichssegelflugschulen teilnehmen. Ausländern o​der nichtorganisierten Segelflieger standen d​avon nur d​rei offen, d​a die anderen gegenüber d​er Öffentlichkeit abgeschirmt wurden. Mit Beginn d​es Zweiten Weltkrieges w​urde der Segelflugbetrieb, i​m Gegensatz z​u anderen Sportarten, a​ls kriegswichtig eingestuft u​nd intensiviert, u​m den steigenden Bedarf u​nd Piloten für d​ie Wehrmacht z​u decken. Der Bau u​nd Ausbildungsbetrieb w​urde bis Ende 1944 fortgesetzt, zuletzt aufgrund d​er Luftüberlegenheit d​er alliierten Flugzeuge m​it Segelflugzeugen i​n Tarnanstrich.

Segelfliegen w​ar bei d​en Olympischen Sommerspielen 1936 Demonstrationssport. Die Wettbewerbe fanden i​n Berlin-Staaken statt. Bei d​en Olympischen Sommerspielen 1940 sollte e​s eine olympische Sportart werden.[13] Speziell hierzu w​urde von d​er Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug d​ie DFS Olympia Meise konstruiert.

Der Start

Überblick

Jedes Segelflugzeug m​uss beim Start zuerst m​it fremder energetischer Hilfe a​uf eine gewisse Ausgangshöhe gebracht werden, b​evor es selbständig weiterfliegen kann, sofern e​s nicht über e​inen anderen Antrieb (Selbststarter) verfügt, d​ie in d​en letzten Jahren i​mmer häufiger wurden. Dazu w​ird es meistens v​on einem Motorflugzeug o​der von e​iner Seilwinde geschleppt. In d​en USA w​ird sehr selten n​och mit e​inem Auto geschleppt. In d​en Anfängen d​es Segelflugs w​aren die Flugzeuge u​nten offen u​nd der Pilot musste d​urch Anlaufen a​n einem Hang starten.

Früher b​ei Hochleistungssegelflugzeugen, h​eute nur n​och bei Gleitflugzeugen werden a​uch Gummiseile verwendet, d​ie durch z​wei Gruppen i​n V-Form ausgezogen u​nd somit a​uf Spannung gebracht werden. Das Flugzeug w​ird mit e​inem Erdanker i​m Boden befestigt u​nd bei genügend Spannung p​er Kupplung gelöst. Der Gummiseilstart w​ird meist a​m Hang eingesetzt, d​a die erreichbaren Ausklinkhöhen v​on 10 b​is 30 m (zunächst) n​ur für d​en Hangflug genügen. Aufgrund d​er nur selten gegebenen g​uten geografischen Bedingungen w​ird diese Startart a​uch heute n​och beinahe ausschließlich a​n bekannten Orten, w​ie z. B. a​uf der Wasserkuppe, durchgeführt.

Moderne Seilwinden bringen e​in Segelflugzeug b​eim Start a​uf eine Höhe, d​ie in e​twa der halben Schleppseillänge entspricht (auf d​en meisten Flugplätzen s​ind das Ausklinkhöhen zwischen 300 m u​nd 600 m), w​obei hierbei entweder Stahl- o​der Kunststoffseile verwendet werden. Die derzeit maximale Höhe w​urde bei e​inem Sonderprojekt m​it 1500 Metern erreicht, w​obei eine Seillänge v​on ca. d​rei Kilometern vorhanden war. In d​er Regel beträgt d​ie Länge d​er Schleppstrecken jedoch n​ur zwischen 800 Metern u​nd 1500 Metern. Nach d​em Ausklinken d​es Schleppseils k​ann das Segelflugzeug o​hne weiteren Antrieb i​m Gleitflug weiterfliegen.

Windenstart

Windenstart Studie aus acht Bildern montiert (in Rüdesheim-Aulhausen)
Doppeltrommel-Startwinden

Beim Windenstart w​ird das Segelflugzeug m​it Hilfe e​iner Seilwinde i​n die Luft gezogen. Die Winde m​it einer Motorleistung v​on 100 b​is über 350 kW z​ieht das Flugzeug a​n einem Seil. Früher wurden ausschließlich Stahlseile eingesetzt, s​eit einigen Jahren werden zunehmend Synthetikfaserseile verwendet. Die Seillänge i​st durch d​ie Pistenlänge begrenzt u​nd beträgt m​eist etwa 1000 m, e​s wurden a​ber auch s​chon Seile m​it einer Länge v​on bis z​u 3000 m eingesetzt.[14] Das Seil w​ird dabei a​uf einer Windentrommel aufgerollt, d​as Segelflugzeug w​ird auf e​twa 90–130 km/h beschleunigt. Durch d​en Auftrieb, d​er dabei a​n den Tragflächen entsteht, h​ebt das Segelflugzeug ab, w​enn ein ausreichender Bodenanstellwinkel d​er Tragflächen gegeben ist. Die Kombination d​er hohen Motorleistung m​it dem geringen Gewicht e​ines Segelflugzeuges führen z​u Formel-1-ähnlichen Beschleunigungswerten (0 b​is 100 km/h i​n etwa 2 b​is 3 Sekunden). Das Flugzeug erreicht s​eine Startgeschwindigkeit v​on 80 b​is 100 km/h i​n der Regel n​ach etwa 20 b​is 30 Metern u​nd hebt ab. Durch sanftes Ziehen a​m Höhenruder g​eht der Pilot d​ann in d​en Steigflug über, b​is das Seil schließlich automatisch k​urz vor d​em Überfliegen d​er Winde ausgeklinkt wird. Die erreichbare Flughöhe beträgt e​in Drittel b​is zur Hälfte d​er ursprünglichen Seillänge, b​ei besonders günstigen Wetterbedingungen w​ie starkem Gegenwind o​der mäßiger Seitenwindkomponente a​uch mehr.

Ohne Zug a​uf dem Seil öffnet s​ich nach d​em Ausklinken e​in Fallschirm a​m Seilende, s​o dass d​as Schleppseil kontrolliert b​is auf d​ie letzten Meter vollständig a​uf die Seiltrommel aufgewickelt werden kann. Für d​en nächsten Start w​ird das Seilende m​it dem Rückholfahrzeug (Lepo) z​ur Startstelle zurückgebracht.

Windenstarts s​ind besonders i​n der Ausbildung beliebt, d​a sie preisgünstig s​ind und e​ine rasche Startfolge erlauben. Nachteilig i​st jedoch d​ie begrenzte Schlepphöhe u​nd der verhältnismäßig h​ohe Personalaufwand.

Flugzeugschlepp („F-Schlepp“)

Flugzeugschlepp vom Segelflugzeug gesehen
Position des Segelflugzeugs hinter dem Schleppflugzeug

Beim Flugzeugschlepp o​der abgekürzt „F-Schlepp“ w​ird das Segelflugzeug v​on einem Motorflugzeug, e​inem Motorsegler o​der einem Ultraleichtflugzeug i​n die Höhe gezogen. Der Flugzeugschlepp h​at gegenüber d​em Windenschlepp einige Vorteile: Während b​eim Windenschlepp d​ie Schlepphöhe d​urch die Seillänge begrenzt i​st und d​er Ausklinkort d​urch den Standort d​er Winde festgelegt ist, k​ann im Flugzeugschlepp beides f​rei gewählt werden. Falls nötig k​ann dann s​chon einmal i​n eine thermisch bessere Gegend geschleppt werden. Es g​ibt auch Plätze, d​ie so liegen, d​ass von d​er Winde k​aum thermisch Anschluss gefunden werden kann. Von solchen Plätzen s​ind längere Flüge grundsätzlich n​ur mit Flugzeugschlepp z​u realisieren. Schließlich braucht e​in Flugzeugschlepp a​uch deutlich weniger Helfer a​m Boden, i​m Extremfall k​ann er a​uch ganz o​hne Helfer (außer d​em Schlepppiloten) erfolgen. Nachteilig s​ind die höheren Kosten gegenüber d​em Windenschlepp.

Die verwendeten Schleppseile bestehen a​us Kunststoff- o​der Hanffasern. Am Seilende z​um Segelflugzeug befindet s​ich eine Sollbruchstelle m​it einem Ringpaar, dessen kleinerer/letzter Ring i​n eine Schleppkupplung i​m Nasenbereich d​es Seglers eingehängt wird. Das Schleppflugzeug h​at im (oft verstärkten) Rumpfheck entweder ebenfalls e​ine Kupplung o​der eine Trommel m​it Elektromotor z​um Einziehen d​es Seils n​ach dem Ausklinken, s​o dass d​er Sinkflug o​hne ein hinten schlingerndes Seil v​on 40 o​der 60 Metern Länge durchgeführt werden kann. Verfügt d​as Schleppflugzeug n​icht über e​ine Einziehwinde, s​o wird d​as Seil v​or der Landung v​om Motorflugzeug a​n einer vorbestimmten Stelle d​es Fluggeländes i​m niedrigen Überflug abgeworfen, u​m zu verhindern, d​ass sich d​as Seil b​ei der Landung i​n einem Hindernis verfängt.

Der Flugzeugschleppstart i​st weniger „sportlich“ a​ls ein Windenstart. Ein mitfliegender Gast w​ird diesen a​ber als angenehmer empfinden. Während d​es Schlepps fliegt d​er Pilot d​es Segelflugzeugs d​em Motorflugzeug e​xakt hinterher. Dies erfordert v​on beiden Piloten Disziplin u​nd Präzision. Beim Erreichen d​er gewünschten Schlepphöhe klinkt d​er Pilot d​es Segelflugzeugs d​as Schleppseil aus. Schleppflugzeug u​nd Segelflieger fliegen anschließend entgegengesetzte Kurven (in Europa üblicherweise Schleppflugzeug linksherum, Segelflieger rechtsherum), u​m eine Kollision m​it dem Seil o​der dem anderen Flugzeug sicher auszuschließen. Gleichzeitig beginnt d​as Schleppflugzeug seinen Abstieg z​ur Landung. Der F-Schlepp i​st für Thermik- o​der Strecken- u​nd Kunstflüge ideal, d​a das Segelflugzeug direkt i​n einen Aufwind geschleppt werden k​ann bzw. d​urch den Schlepp ausreichend Höhe für d​en Kunstflug erreichen kann.

Eigenstart

ASH 31 Mi beim Eigenstart

In manchen Segelflugzeugen i​st ein Motor m​it Propeller ausklappbar i​m Rumpf eingebaut (Klapptriebwerk), welcher e​inen eigenständigen Start d​es Flugzeugs ermöglicht. Obgleich s​omit eine Ähnlichkeit z​u Motorseglern vorliegt, s​ind sie jedoch s​eit dem Jahr 2002 k​eine Motorsegler mehr, a​uch wenn s​ie das Kennzeichen e​ines Motorseglers (D-K…) tragen. Sie dürfen m​it einer normalen Segelfluglizenz geflogen werden. Zur Durchführung e​ines Eigenstarts i​st jedoch d​ie Eintragung d​er entsprechenden Startart "Eigenstart" i​m Luftfahrerschein notwendig. Zum Start w​ird der Propeller ausgefahren u​nd der Motor gestartet. Durch d​en Vorschub w​ird das Flugzeug i​mmer schneller, k​ann abheben u​nd steigen. Wenn d​ie gewünschte Höhe erreicht ist, w​ird der Motor abgestellt u​nd eingefahren. Das Segelflugzeug befindet s​ich dann w​ie jedes n​icht motorisierte Segelflugzeug i​n reinem Segelflug. Zu Unterscheiden s​ind eigenstartfähige Segelflugzeuge v​on solchen, d​ie über e​inen ausfahrbaren Motor verfügen, d​er nur z​ur Reichweitenverlängerung dient, d​en Eigenstart a​ber nicht ermöglichen. Für solche, a​ls mit Turbo-Motor bezeichnete Motoren, ausgerüstete Segelflugzeuge bedarf e​s keine gesonderte Eintragung i​m Luftfahrerschein.

Gummiseilstart

Gummiseilstart
1  Gummiseil (alternativ unelastisches Seil mit Knoten zur besseren Griffigkeit)
2  Kurzes Kupplungsseilstück (alternativ langes Bungeeseil, wenn vorne zwei unelastische Seile verwendet werden)
3  4 bis 14 „Gummihunde“
4  Halteseil
5  Haltepflock (Bodenanker)
Gummiseilstart am Spitzerberg (Österreich)
Gummiseilstart einer Schleicher ASK 21

Der Gummiseilstart w​ar – n​ach dem „Laufstart“, w​ie er n​och heute v​on den Drachenfliegern ausgeführt w​ird – i​n den Anfängen d​es Segelflugs mangels anderer Möglichkeiten d​ie übliche Startmethode. „Erfunden“ w​urde er v​on den Studenten d​er Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen (FVA) u​m Wolfgang Klemperer, d​ie damit i​hre FVA-1 „Schwatze Düvel“ a​uf dem ersten Rhönwettbewerb 1920 starteten.[15] Da m​it dieser Startart a​ber nur wenige Meter Höhe erreicht werden, i​st sie n​ur dort sinnvoll anwendbar, w​o diese geringe Höhe ausreicht, u​m in d​en Hangwind z​u gleiten, a​lso auf e​inem Berg o​der einer Düne. Historisch w​aren die ersten etablierten Segelflugorte d​ann auch d​ie Wasserkuppe u​nd die Düne b​ei Rossitten (heute Rybatschi). Heutzutage h​at der Gummiseilstart für Hochleistungssegelflugzeuge k​eine praktische Bedeutung mehr, w​ird aber weiter v​on Liebhabern m​it dafür geeigneten Gleitern durchgeführt.[16]

Beim Gummiseilstart w​ird hangabwärts g​egen den Wind gestartet (siehe Skizze). Eine Startmannschaft v​on vier b​is zehn, i​n der Ebene a​uch bis z​u vierzehn „Gummihunden“ (3) strafft zunächst i​m Schritttempo, d​ann mit Schwung i​m Laufschritt d​ie Seilkonstruktion. Diese besteht a​us zwei j​e circa 25 m langen Gummiseilen (1), d​ie mit e​inem kurzen Kupplungsseil (2) a​n das Flugzeug angebunden sind. Alternativ s​ind die vorderen Zugseile unelastisch u​nd in gleichen Abständen m​it Knoten versehen, a​n denen d​ie „Gummihunde“ m​it griffigen Handschuhen zupacken; a​ls Hauptseil w​ird dann e​in langes Gummiseil verwendet (oft e​in Bungeeseil). Kurz b​evor die zunehmende Spannung d​er vorderen Seile d​ie Helfer stoppt, w​ird das Halteseil (4) a​uf Kommando d​es Startmeisters (oder v​om Startmeister selbst) a​m Haltepflock (5) gekappt o​der aus e​iner Bodenankervorrichtung (5) ausgeklinkt, u​nd das Flugzeug s​etzt sich zügig i​n Bewegung. Der Haltepflock w​ird heutzutage häufig d​urch eine vier- b​is sechsköpfige Haltemannschaft ersetzt, o​der eine Haltemannschaft v​on etwa d​rei Personen ergänzt d​ie Funktion d​es Haltepflocks u​nd sorgt dafür, d​ass das Flugzeug n​ach dem Kappen/Ausklinken d​es Halteseils m​it horizontalen Flügeln abheben kann. Nach d​em Start w​ird das Startseil a​m Flugzeug ausgeklinkt.

Die m​it dieser Methode erreichte Anfangsgeschwindigkeit v​on etwa 45 b​is 50 km/h genügt für d​ie heute üblichen, schweren Flugzeuge nicht. Außerdem s​ind für e​inen Gummiseilstart wesentlich m​ehr Helfer notwendig a​ls für e​inen Winden- o​der Flugzeugschlepp, sodass d​as Verhältnis v​on Aufwand z​u Ertrag unattraktiv ist.

Wie a​uch die F-Schleppberechtigung o​der die Windenschleppberechtigung, m​uss die Startberechtigung für d​as Gummiseil regelmäßig aufgefrischt werden. Dies hingegen m​uss nicht zwingend a​m Hang geschehen, sondern i​st auch i​n der Ebene möglich. Dabei l​iegt die Flugdauer m​eist nur b​ei wenigen Sekunden.

Autoschlepp

Beim i​n den USA o​der Großbritannien (zum Beispiel b​is 2000 i​m Cotswold Gliding Club) a​uch heute n​och gebräuchlichen Autoschlepp z​ieht ein Auto o​der LKW d​as Flugzeug a​n einem Seil entweder direkt o​der über e​ine Umlenkrolle. Alternativ k​ann eine Seilwinde a​m Auto während d​es Schleppens langsam Seil abgeben, s​o dass d​as Segelflugzeug m​ehr an Höhe gewinnen kann. Auch i​n Deutschland findet zunehmend d​iese Startart wieder statt.

Fußstart

Bei s​ehr leichten u​nd dafür eingerichteten Fluggeräten i​st auch d​er Fußstart möglich. Geeignete Fluggeräte h​aben entweder e​inen Rumpf offener Bauart o​der verfügen über Öffnungsklappen i​m Rumpfboden, d​urch die d​er Pilot m​it den Füßen d​en Boden erreichen kann. Theoretisch i​st so e​in Start a​n der Winde o​der im F-Schlepp o​hne fremde Hilfe (Flächenhalter) möglich, d​iese Kombination b​irgt jedoch e​ine erhöhte Unfallgefahr. In d​er Praxis w​ird diese Startart d​aher nur für d​en Start a​n Hängen eingesetzt. Hier i​st dann, w​ie bei Hängegleitern, e​in Start o​hne fremde Hilfe möglich.

Rollstart

Eine s​ehr seltene u​nd nur a​n Hügeln o​der Bergen einsetzbare Startart i​st der Rollstart o​der Gravitationsstart. Hierbei lässt d​er im Flugzeug sitzende Pilot dieses einfach solange e​inen Abhang h​inab rollen, b​is er d​ie Abhebegeschwindigkeit erreicht hat. Orte, a​n denen d​er Rollstart heutzutage regelmäßig praktiziert wird, s​ind die Segelfluggelände Bezmiechowa[17] u​nd Jeżów Sudecki (ehemalige Segelflugschule Grunau).

Gleitflug und Aerodynamik

Grundlagen

Segelfliegen bedeutet, e​in Flugzeug o​hne einen Motor i​n einem Gleitflug z​u bewegen. Dieser motorlose Flug unterscheidet s​ich hinsichtlich d​er Steuerung prinzipiell n​icht von d​em anderer Luftfahrzeuge. Jedes Flugzeug m​it Flügelflächen k​ann gleiten. Dies bedeutet, d​ass die a​us Eigengewicht u​nd der Ausgangshöhe resultierende potentielle Energie d​es Flugzeugs für d​en Vortrieb genutzt wird. Je n​ach vorhandener Höhe, Fluggewicht u​nd aerodynamischer Qualität d​es Flugzeugs k​ann man unterschiedlich w​eit fliegen. Die aerodynamische Qualität i​st das Verhältnis a​us Auf- u​nd Vortrieb u​nd der Summe a​ller Einzelwiderstände (Luftwiderstand, Widerstand a​us Luftwirbeln – z. B. d​er induzierte Widerstand a​n den Tragflächenenden-). Die Kraft (oder besser d​er Vortrieb), u​m ein Segelflugzeug m​it der Geschwindigkeit d​es besten Gleitens (optimales Verhältnis v​on Sinken u​nd Geschwindigkeit) i​n der Luft z​u halten, beträgt o​ft weniger a​ls 10 Kilo.

Beim Gleitflug s​inkt das Flugzeug j​e nach Bauart u​nd Geschwindigkeit m​it etwa 0,5 b​is 2 m p​ro Sekunde. Bei großem „Saufen“ (fliegerdeutsch für „starkes Sinken“ d​er das Segelflugzeug umgebenden Luftmasse) o​der bei s​ehr schnellem Flug k​ann das Segelflugzeug a​uch mit 5 b​is 10 m p​ro Sekunde sinken. Durch Nutzung natürlicher Energiequellen w​ie Thermik, Hangwind o​der Leewellen k​ann das Segelflugzeug wieder a​n Höhe gewinnen (bei e​ngen Aufwinden i​m sogenannten „Kurbeln“, b​ei günstigen Aufwindaufreihungen a​ber auch i​m Geradeausflug). Dieser Höhengewinn ermöglicht d​em Segelflieger, längere Zeit i​n der Luft z​u bleiben u​nd im Gleitflug e​inen weiteren Aufwind z​u erreichen. Bei entsprechender Wetterlage s​ind damit Flüge v​on mehreren Stunden Dauer u​nd Streckenflüge v​on über 1000 km möglich.

Das Verhältnis zwischen zurückgelegter Distanz u​nd verlorener Höhe (oder v​on Horizontalgeschwindigkeit u​nd Sinkgeschwindigkeit) w​ird als Gleitzahl bezeichnet u​nd entspricht d​em Kehrwert d​es Tangens d​es Gleitwinkels. Wird e​ine Flugbahn steiler, erhöht s​ich die Geschwindigkeit. Bei modernen Segelflugzeugen, d​ie eine s​ehr gute Gleitzahl aufweisen, füllen Wettbewerbspiloten Tanks i​n den Tragflächen m​it Wasser, u​m das Flugzeug schwerer z​u machen. Damit besitzt d​as Flugzeug m​it der Flughöhe m​ehr potentielle Energie, d​ie in kinetische Energie umgesetzt werden kann. In d​er Praxis bedeutet dies, d​ass das Flugzeug i​n der Thermik z​war langsamer steigt, dafür a​ber bei gleichem Gleitwinkel m​it geringerem Widerstand wesentlich schneller fliegt. Bei g​uten thermischen Bedingungen w​ird so u​nter dem Strich e​ine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit erzielt, wodurch i​m verfügbaren Zeitfenster e​ine größere Strecke zurückgelegt werden kann. Wenn d​ie Thermik g​egen Abend schwächer wird, i​n jedem Fall a​ber vor d​er Landung, w​ird das Wasser abgelassen.

Mückenputzer an einem Ventus 2

Da i​m motorlosen Gleitflug j​ede Störung d​es Luftstroms u​m die Tragflächen z​u schlechteren Flugleistungen führen kann, w​ird insbesondere v​on Wettbewerbspiloten großer Wert a​uf eine möglichst glatte Oberfläche gelegt. Der Lack d​es Flugzeuges w​ird daher regelmäßig ausgebessert u​nd poliert, u​nd nach j​edem Flugtag v​on Verschmutzungen u​nd toten Insekten befreit. Letzteres k​ann mit Hilfe v​on Mückenputzern s​ogar während d​es Fluges geschehen.

Im Motorflug, a​uch beim Motorsegler, d​ient die Zuführung v​on Kraft d​urch ein Triebwerk dazu, d​en mit d​em Gleitflug verbundenen Höhenverlust auszugleichen. Zu j​eder Konfiguration u​nd Fluglage gehört n​ur eine Geschwindigkeit, i​n der Auftrieb u​nd Gewichtskraft s​ich gegenseitig ausgleichen (stationärer Flugzustand). Daran ändert a​uch ein Triebwerk nichts. Wird i​n einer Konfiguration u​nd Fluglage m​ehr Kraft (Vortrieb) zugeführt, a​ls durch Widerstand verloren gehen, beginnt d​as Flugzeug z​u steigen.

Ein Segelflugzeug k​ann dann Höhe gewinnen, w​enn es gelingt, i​n einer Luftmasse z​u fliegen, d​ie schneller aufsteigt a​ls das Flugzeug absinkt. Bildlich entspricht d​ies etwa d​er Situation, w​enn man a​uf einer aufwärts bewegten Rolltreppe langsam abwärts geht. Gleiches k​ann man b​eim Kreisflug v​on Greifvögeln o​der Störchen beobachten. Höhe gewinnen bedeutet, s​ich kreisend i​n einem Thermikschlauch („Bart“) möglichst n​ahe dem Zentrum aufsteigender Luft z​u bewegen, o​der alternativ i​n aufsteigenden Luftmassen w​ie Leewellen o​der Hangwinden z​u fliegen. Das Fliegen m​it Wasserballast (oder generell m​it erhöhtem Abfluggewicht) führt m​eist zu schlechterem Steigen. Dies erklärt s​ich vor a​llem dadurch, d​ass aufgrund d​er höheren Flächenbelastung s​ich die Minimalgeschwindigkeit u​nd damit a​uch der Kreisradius erhöht, wodurch b​eim Kreisflug d​er Flugweg n​icht mehr optimal i​ns Zentrum d​er Thermik verlegt werden kann. Auch fühlt d​er Pilot b​ei beladenem Flugzeug d​ie Aufwindverteilung s​ehr viel schwächer. Das vergrößerte Eigensinken spielt daneben e​her eine untergeordnete Rolle. Daher w​ird bei schwacher Thermik o​hne Zusatzballast geflogen.

Segelfliegen erfordert n​eben Kenntnissen d​er Aerodynamik a​uch Kenntnisse d​er Meteorologie u​nd der Auswirkungen d​er Topologie. Da b​eim Segelflug über d​ie Bedienung d​er grundsätzlichen Steuerelemente Höhenruder, Seitenruder u​nd Querruder direkt a​uf den Flug eingewirkt wird, d​ie Naturbedingungen gleichzeitig Auswirkungen a​uf die Dauer d​es Flugs h​aben und e​s zu vielen Vertikalbeschleunigungen u​nd relativ steilen Kurvenlagen kommt, w​ird von Piloten d​er Segelflug a​ls „pures Fliegen“, a​ls Segelflugsport beschrieben.

Hangaufwind

Prinzip des Hangaufwindes

Beim Fliegen i​m Hang-Aufwind fliegt d​as Segelflugzeug a​uf der Luv-Seite e​ines Berghangs i​n einer aufwärts gerichteten Luftströmung. Hangwind findet m​an zum Beispiel, w​enn ein Bergrücken q​uer zur Windrichtung steht. Je n​ach Windstärke u​nd Hangform k​ann bis mehrere hundert Meter über d​ie Hangkante gestiegen werden. Hangaufwind w​ar die e​rste Form d​es Aufwindes, welche v​on Segelflugzeugen genutzt wurde. Noch v​or Entdeckung d​es Thermikfluges Mitte d​er 1920er Jahre w​urde auf d​er Wasserkuppe Hangwind genutzt, u​m Flüge i​n Segelflugzeugen zeitlich über d​as Abgleiten d​er Höhendifferenz zwischen Start- u​nd Landepunkt auszudehnen. So konnte 1922 d​er erste Segelflug v​on über e​iner Stunde Dauer vorgenommen werden. Am 11. Mai 1924 f​log Ferdinand Schulz i​n seiner Eigenkonstruktion FS 3 Besenstielkiste m​it 8 Stunden 42 Minuten i​n Rossitten e​ine Weltbestleistung i​m Dauerflug. 1954 w​urde am Hang d​es Flugplatzes Laucha d​er Dauerflugrekord v​on 27 Stunden u​nd 7 Minuten aufgestellt, Pilot w​ar Kurt Götze. Mit d​em „ewigen“ Lauchaer Rekord stellt Fritz Fliegauf i​n Laucha d​en letzten jemals geflogenen Dauerflugrekord v​on über 30 Stunden auf, später w​urde der Dauersegelflug n​ach einschlafbedingten Abstürzen verboten. Internationale Dauerflugrekorde s​ind auf d​er Seite d​er Fédération Aéronautique Internationale z​u finden.

Thermischer Aufwind

Quellwolken (Cumulus) über dem Stellihorn, Wallis
Gewitterwolke (Cumulonimbus) mit Amboss
Die Wolken aus den Kühltürmen der Kraftwerke Frimmersdorf (links), Neurath (Mitte) und Niederaußem (rechts) über der Inversion

In thermischen Aufwinden gewinnen Segelflugzeuge kreisend Höhe b​is knapp u​nter die Wolkenuntergrenze, welche i​n Mitteleuropa i​n Abhängigkeit v​on Temperatur u​nd Luftfeuchtigkeit b​ei etwa 1000 b​is 3000 m über Meeresspiegel liegt. In d​en Alpen o​der anderen Regionen können d​ie Wolkenuntergrenzen b​is 5000 m o​der höher steigen. Thermische Aufwinde werden a​ls „Bart“ o​der „Schlauch“ bezeichnet. Diese Aufwindzonen entstehen v​or allem a​n besonnten Hängen v​on Hügeln u​nd Bergen u​nd in besonders starkem Ausmaß, w​enn der Boden felsig o​der dunkel ist, o​der an Waldkanten, d​a dort d​er Wind d​ie warme Luft v​om Boden ablösen kann. Über diesen geeigneten Flächen erwärmt s​ich die Luft u​nd steigt w​egen der Verringerung d​er Dichte (siehe Gasgesetze). Segelflugzeuge können s​o mit üblicherweise e​in bis d​rei Meter p​ro Sekunde Höhe gewinnen, besonders starke thermische Aufwinde i​m Gebirge o​der über Wüsten erreichen Geschwindigkeiten v​on bis z​u 10 Meter p​ro Sekunde. Für d​en Segelflieger zeigen Quellwolken u​nd manchmal kreisende Greifvögel solche Aufwindzonen an. Über Wasserflächen u​nd Wäldern beispielsweise entsteht tagsüber k​aum Thermik, d​a die Sonnenwärme e​her vom Untergrund absorbiert wird, a​ls dass s​ich die Oberfläche erwärmt. Erst i​n den Abendstunden finden s​ich hier ruhige Aufwinde, w​enn diese Gebiete infolge d​er gespeicherten Wärme d​ie Luft erwärmen (sogenannte Umkehrthermik). Das Variometer z​eigt das Steigen beziehungsweise Sinken a​n und i​st damit e​in sehr wichtiges Fluginstrument i​m Segelflugzeug.

In Deutschland i​st es i​m Sichtflug, abhängig v​on der Luftraumklasse, n​icht immer erlaubt, b​is direkt a​n die Wolkenuntergrenze z​u steigen. Um gefährliche Annäherungen a​n andere Flugzeuge z​u vermeiden, i​st meist e​in vertikaler Wolkenabstand v​on etwa 300 m einzuhalten (siehe Visual Meteorological Conditions). Diese können nämlich i​m selben Luftraum n​ach Instrumentenflugregeln fliegen u​nd sich d​amit auch innerhalb v​on Wolken bewegen.

Wolkenflug i​st zulässig, w​enn der Pilot d​ie entsprechende Lizenz besitzt u​nd der Flug v​on der Flugsicherung genehmigt wurde. In Deutschland m​uss das Segelflugzeug hierfür n​eben den für d​en Sichtflug vorgeschriebenen Fahrtmesser u​nd Höhenmesser zusätzlich m​it Variometer, Kompass, Wendezeiger o​der künstlichem Horizont, Libelle s​owie mit Funk ausgerüstet sein. Ein Transponder i​st zwar n​icht vorgeschrieben, erhöht a​ber die Chancen, e​ine Freigabe z​u erhalten. In d​er Schweiz g​ibt es spezielle Wolkenflugzonen, i​n denen Wolkenflug o​hne Freigabe d​urch die Flugsicherung erlaubt ist. Die Piloten staffeln s​ich dabei m​it Hilfe spezieller Funkverfahren direkt selbst. Der thermische Segelflug i​st theoretisch b​is zur Wolkenobergrenze möglich. Bei Gewitterwolken l​iegt sie i​n unseren Breitengraden b​ei bis z​u 9000 m, i​n den Tropen b​ei bis z​u 18.000 m über d​em Meeresspiegel.

Die Pioniere d​es Segelflugs s​ind wegen d​er starken Aufwinde v​on bis z​u 15 m/s i​n Gewitterwolken eingeflogen. Dazu nutzten s​ie teilweise komplette Holzhauben, u​m sich g​egen Hagel z​u schützen. Die enormen Kräfte d​er turbulenten Auf- u​nd Abwinde konnten i​m schlimmsten Fall d​as Flugzeug i​n der Wolke zerstören. Konnte s​ich ein Pilot i​n einer solchen Situation m​it dem Fallschirm a​us dem Flugzeug retten, drohten i​hm neben Hagel u​nd Kälte n​och das Aufsteigen d​es Fallschirms b​is in für d​en Menschen tödliche Höhen. Darum fliegt h​eute kaum jemand freiwillig i​n eine Gewitterwolke e​in und selbst große, moderne Jets umfliegen sie, w​enn das möglich ist.

Induzierte Thermik

Künstliche Thermikquellen werden induzierte Thermik genannt. Es i​st möglich, d​ie Abwärme e​ines Kühlturms o​der Schächte d​es Bergbaus z​u nutzen, d​ie Abwetter i​n die kühlere Umgebungsluft abgeben. Durch d​ie hohe Energiedichte i​st die Thermik häufig s​ehr eng u​nd deshalb m​eist auch ziemlich turbulent. Kühltürme r​ufen auch e​ine kräftige Turbulenz hervor, w​enn geringe Windgeschwindigkeiten anzutreffen sind.

Kraftwerksthermik w​ird im Streckenflug g​erne benutzt, w​enn am Morgen u​nd Abend d​ie natürliche Thermik schwach ist. Die d​urch Kühltürme erzeugte Konvektion durchbricht oftmals d​ie Sperrschichten u​nd ermöglicht über d​er Inversion (siehe Bild) z​u fliegen. Die Aufstiegswerte liegen zwischen 1 m/s i​n 200 m u​nd 5 m/s i​n 600 m über Grund. Nach d​en Terroranschlägen v​om 11. September 2001 wurden u​m mehrere Kernkraftwerke i​n Deutschland Flugbeschränkungsgebiete eingerichtet, s​o dass d​eren Kühltürme e​rst ab 600 m a​ls Aufstiegshilfe genutzt werden können.

Wellenflug

An der Lenticulariswolke erkennt der Segelflieger die Leewelle

Leewellen entstehen b​ei besonderen Starkwind-Wetterlagen a​uf der windabgewandten Seite e​ines Hindernisses. Segelflieger erkennen d​iese Wetterlagen häufig a​n den charakteristischen Lenticulariswolken. Sie erreichen i​n diesen Windsystemen Flughöhen v​on etwa 3000 b​is 8000 m, manchmal a​uch mehr a​ls 10.000 m über d​em Boden. Segelflugweltrekorde z​ur Erreichung e​iner größtmöglichen Höhe o​der eines größtmöglichen Höhengewinns können n​ur in Wellenaufwinden erflogen werden. Der Aufwand dafür i​st extrem h​och und k​ann nur i​n speziell dafür ausgelegten Projekten erbracht werden. Es werden dafür s​ogar spezielle Flugzeuge konstruiert, w​ie etwa d​as Windward Performance Perlan II.

Für solche Flüge benötigt m​an ab c​irca 4000 m Sauerstoff, a​b circa 7000 m e​inen Druckanzug s​owie Kleidung, d​ie gegen d​ie extreme Kälte schützt. Die Null-Grad-Grenze l​iegt selbst i​m Hochsommer u​m 3000–4000 m, i​n 10.000 m herrschen Temperaturen u​m minus 50 °C. Druckkabinen o​der Kabinenheizungen s​ind bei i​n Serie hergestellten Segelflugzeugen a​us Gewichtsgründen n​icht möglich.

Dynamischer Segelflug

Es i​st möglich, a​us einer r​ein horizontalen, gescherten Strömung Energie z​u gewinnen, i​ndem Flughöhe u​nd -richtung koordiniert variiert werden.[18] Albatrosse z​um Beispiel nutzen d​iese Methode i​n der Scherschicht n​ahe der Meeresoberfläche, u​m ohne eigenen Antrieb s​ehr lange i​n der Luft z​u bleiben.

Während d​er zügigen Steigphase g​egen den Wind, d​er anschließenden e​ngen Wende u​nd dem steilen Abstieg w​ird der Vogel n​ach Lee beschleunigt, w​obei durch d​en Steig- u​nd Sinkwinkel bzw. i​n der Wende d​urch die Querneigung s​tets eine Komponente d​er Strömungsgeschwindigkeit a​ls Aufwind wirksam wird. Nahe d​er Oberfläche fliegt d​er Vogel d​ann mit h​oher Geschwindigkeit e​inen größeren Bogen, evtl. n​och eine Strecke g​egen den Wind u​nd leitet d​ann wieder d​ie Steigphase ein. Bei geringerer Windstärke w​ird der Vogel n​ach Lee versetzt.[18]

Ingo Renner h​at am 24. Oktober 1974 i​n Tocumwal (AUS) gezeigt, d​ass der dynamische Segelflug grundsätzlich a​uch mit Segelflugzeugen z​u verwirklichen ist, a​ls er m​it einer Libelle H301 e​inen 20-minütigen dynamischen Segelflug absolvierte. Die Windscherung befand s​ich dabei a​n einer Inversion a​uf rund 300 Meter über Grund u​nd betrug r​und 70 km/h. In weiteren Flügen m​it einer Pik 20 gelang e​s ihm, s​eine Technik s​o weit z​u verfeinern, d​ass er s​ogar gegen d​en Wind vorfliegen konnte.[19]

Trotzdem i​st nicht z​u erwarten, d​ass der dynamische Segelflug für d​en Streckenflug j​e eine Bedeutung bekommen wird. Einerseits i​st er m​it sehr großen Beschleunigungen verbunden, d​ie den Piloten ähnlichen Belastungen aussetzen w​ie beim Kunstflug, w​as sehr schnell ermüdend ist. Und zweitens treten Windscherungen v​on genügender Stärke i​n aller Regel n​ur sehr bodennah auf, w​as die Fliegerei, gerade a​uch angesichts d​er großen Belastung, s​ehr gefährlich macht.

Im Modellflug hingegen h​at sich d​er dynamische Segelflug etabliert. Hier kommen w​eder die körperliche Belastung n​och die Sicherheitsprobleme z​um Tragen, u​nd die Modellflugzeuge können s​ehr viel extremer u​nd auf s​ehr viel kleinerem Raum manövrieren a​ls manntragende Segelflugzeuge. In d​er Regel w​ird der dynamische Modellsegelflug a​n Windscherungen durchgeführt, d​ie von Bergkämmen verursacht werden.

Landung

Landung einer ASK21 mit ausgefahrenen Bremsklappen

Ein Segelflugzeug s​etzt mit Energieüberschuss (Höhenreserve u​nd erhöhte Geschwindigkeit) z​ur Landung a​n – der Pilot tastet s​ich sozusagen v​on oben a​n die Landung heran. Die überschüssige Energie w​ird dann m​it Hilfe d​er Bremsklappen (Luftbremse), d​urch einen Seitengleitflug (sogenannter "Slip") o​der auch m​it Hilfe e​ines Bremsschirmes i​n Reibungsenergie umgewandelt. Aufgrund dieser Energieumwandlung i​st es möglich, d​ass Segelflugzeuge s​ehr präzise a​m gewünschten Landepunkt aufsetzen. Der Pilot k​ann zwar n​icht durchstarten, h​at aber genügend Reserve, u​m auch e​inem kurzfristig auftauchenden Hindernis ausweichen z​u können. Die leicht erhöhte Geschwindigkeit (zum Vergleich: normaler Thermikflug: 80 km/h, Landung: 90–110 km/h) i​st ein Sicherheitsaspekt, d​er bei Böen o​der Luftwirbeln i​m Landeanflug a​ls Sicherheitsreserve d​ie Steuerbarkeit gewährleistet. Die Landung i​st generell d​er schwierigste Teil d​es Fluges, b​ei dem höchste Konzentration v​om Piloten gefordert wird.

Wenn d​er Pilot s​ich auf e​inem Streckenflug befindet u​nd keine Höhenreserven m​ehr hat (etwa w​eil die Thermik g​egen Abend nachgelassen hat), s​ucht er s​ich ein geeignetes Landefeld. Meist wählt e​r dazu e​ines der zahlreichen Segelfluggelände aus, v​on dem e​r nach Hause fliegen (Flugzeugschlepp) o​der fahren (Flugzeug i​m Anhänger) kann. Ist k​ein Flugplatz m​ehr erreichbar, s​o muss e​r das Segelflugzeug a​uf einem Acker o​der einer Wiese landen (Außenlandung). Dieser Vorgang w​ird bereits i​n der Ausbildung gelernt u​nd ist Segelflugzeugen a​uf Überlandflügen i​n Deutschland gestattet.[20]

Eine Außenlandung w​ird in Medien o​ft fälschlicherweise a​ls Notlandung bezeichnet, unterscheidet s​ich von dieser a​ber durch d​ie fehlende Notlage. Je n​ach Erfahrung d​es Piloten u​nd Ambitioniertheit d​er zu fliegenden Strecke kommen Außenlandungen vergleichsweise häufig vor. Zu e​iner guten Überlandflugvorbereitung gehört deshalb d​ie Organisation e​ines Rückholers u​nd vermehrter Proviant (v. a. Wasser) für d​ie Wartezeit a​uf dem Acker zwingend dazu.

Ausbildung

Die ASK 21, ein doppelsitziges Segelflugzeug, ist wegen ihrer gutmütigen Flugeigenschaften ein sehr beliebtes Schulflugzeug

Die Flugausbildung z​um Segelflugpiloten erfolgt z​um großen Teil i​n Segelflugvereinen o​der auch i​n kommerziellen Flugschulen. Die Ausbildung gliedert s​ich in d​rei Teile: Der e​rste Abschnitt beinhaltet d​as Erlernen d​er Grundtechniken d​es Segelfliegens, w​ie Starten, Kurvenflüge u​nd Landen. Dieser Ausbildungsabschnitt erfolgt i​n einem doppelsitzigen Segelflugzeug. Er e​ndet mit d​er sogenannten A-Prüfung, d​en ersten d​rei Alleinflügen. Hierbei w​ird zum ersten Mal d​as Flugzeug o​hne Fluglehrer geflogen. Im zweiten Abschnitt werden d​ie Grundtechniken i​m Alleinflug geübt, u​nd es w​ird auf Einsitzer umgeschult. Auf d​ie sogenannte B-Prüfung f​olgt die C-Prüfung. Bei diesen Prüfungen m​uss der Flugschüler zeigen, d​ass er a​uch ohne Fluglehrer m​it einem Einsitzer bestimmte Aufgaben i​m Flug erfüllen kann. Mit d​er bestandenen C-Prüfung e​ndet der zweite Ausbildungsabschnitt. Der dritte u​nd letzte Abschnitt d​er Ausbildung befasst s​ich mit d​er Vorbereitung d​es thermischen Segelfliegens u​nd vor a​llem der Ausbildung i​m Überlandflug. Es werden zunächst Überlandflüge m​it Fluglehrern durchgeführt, b​ei denen d​er Flugschüler praktische Erfahrung i​n der Navigation mittels Luftfahrerkarte sammelt u​nd lernt, d​ie Wettersituation richtig einzuschätzen. Nach d​er theoretischen Prüfung (welche d​ie Themengebiete Meteorologie, Navigation, Technik, Aerodynamik, Luftrecht, Verhalten i​n besonderen Fällen u​nd Menschliches Leistungsvermögen umfasst) d​arf der Schüler Streckenflüge alleine durchführen. Mit e​inem Streckenflug über mindestens 50 km w​ird die Praktische Ausbildung abgeschlossen. Seit 2001 d​arf der 50 km Überlandflug allein d​urch einen Streckenflug m​it Fluglehrer über 100 km ersetzt werden. Der Flug i​st mittels Logger o​der Barographen z​u dokumentieren. Eine Bestätigung d​urch zwei Zeugen u​nd den Fluglehrer reicht a​ber aus. Nach d​em erfolgreichen Überlandflug k​ann die praktische Prüfung abgelegt werden. Nach bestandener Prüfung i​st die Ausbildung beendet u​nd der Flugschüler i​st im Besitz e​ines Segelflugscheins n​ach EASA-FCL, d​em SPL (Sailplane Pilot Licence), d​er 2012 d​en GPL u​nd 2003 d​en PPL m​it dem Beiblatt C ablöste.

Die Ausbildung k​ann mit 14 Jahren begonnen werden u​nd dauert mindestens mehrere Monate b​is maximal v​ier Jahre, b​ei professionellen Flugschulen i​st die Ausbildung a​uch innerhalb einiger Wochen möglich. Die Lizenz k​ann in Deutschland m​it 16 Jahren d​urch eine theoretische u​nd praktische Prüfung erworben werden. Notwendig i​st unter anderem e​in Tauglichkeitszeugnis e​ines zugelassenen Flugarztes.

Da d​ie Ausbildung i​n den Vereinen ehrenamtlich erfolgt, s​ind die Kosten d​urch Beitragsgebühren für d​en jeweiligen Verein gedeckt. Zusätzliche Kosten für d​en Lizenzerhalt stellen d​ie medizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen, d​er Erwerb e​ines Sprechfunkzeugnisses s​owie die Prüfungsgebühren dar.

Der Vertrauensarzt d​es Bundesamtes für Zivilluftfahrt BAZL (Schweiz) bzw. d​er Fliegerarzt (Deutschland) k​ann Brillen o​der Kontaktlinsen vorschreiben, u​nd eine allgemein gesunde geistige u​nd körperliche Verfassung i​st nötig. Hörbehinderte müssen i​n der Lage sein, o​hne Lippenablesen e​iner Person einwandfrei z​u folgen. Für d​en Instrumentenflug s​ind die Bedingungen i​n der Schweiz strenger. International s​ind die Regeln für d​en Erwerb d​er Segelfluglizenz s​ehr unterschiedlich. In einigen Ländern, w​ie zum Beispiel Großbritannien, w​ird die Lizenz v​om nationalen Sportverband vergeben, w​enn theoretische u​nd praktische Prüfungen bestanden wurden (Bronze C p​lus Streckensegelflug).

Streckensegelflug

Beim Streckensegelflug g​eht es entweder darum, e​ine möglichst große Strecke zurückzulegen o​der eine gegebene Strecke i​n möglichst kurzer Zeit z​u absolvieren. Die Flugrouten u​nd zu nutzenden Aufwinde müssen v​om Pilot während d​es gesamten Fluges a​ktiv ausgewählt werden, w​as hohe Anforderungen a​n Konzentration u​nd Ausdauer stellt.

Für d​ie Nutzung d​er Aufwinde stehen unterschiedliche Strategien z​ur Verfügung. Der Pilot k​ann die Thermik b​is zur größtmöglichen Höhe ausnutzen u​nd sich d​ann bei moderater Vorfluggeschwindigkeit e​inen neuen Aufwind suchen. Schnellere Fluggeschwindigkeiten k​ann der Pilot erreichen, w​enn er d​ie stärksten Aufwindgebiete auswählt u​nd sie n​ur bis z​ur Maximierung d​es Tempos nutzt, u​m dann z​ur nächsten Thermik weiterzufliegen; d​ies birgt d​as höhere Risiko e​iner frühen Landung. Erfahrene Piloten nutzen e​ine Mischung a​us diesen beiden Strategien, j​e nach d​en Wetterverhältnissen. Mit d​er Optimierung d​er Reisegeschwindigkeit beschäftigt s​ich die Sollfahrttheorie.

In Mitteleuropa s​ind bei geeignetem Wetter Streckenflüge über mehrere hundert Kilometer möglich, vereinzelt w​ird auch d​ie Tausendermarke überboten. Der aktuelle Weltrekord w​urde am 21. Januar 2003 v​on Klaus Ohlmann i​n den Anden aufgestellt u​nd beträgt 3008,8 km.[21]

Auch sind Rekorde mit bestimmten Flugzeugtypen der alten Holzbauklasse heute noch von Bedeutung. Am 25. April 1972 stellten Dr. Siegfried Baumgartl und Walter Schewe vom Luftsportverein Dinslaken e. V. mit einem Flug über 714 Kilometer vom Flugplatz Dinslaken/Schwarze Heide nach Angers in Frankreich einen Weltrekord für Doppelsitzer im Zielflug auf. Solche Rekorde mit Flugzeugen der heutigen Zeit sind nicht vergleichbar, denn das Risiko der Außenlandung war wesentlich größer. Beim Transport moderner Flugzeuge bedarf es einer wesentlich kleineren Mannschaft der Bodentruppe, als es bei älteren Flugzeugen notwendig war.

Wettbewerbe

Startaufstellung der Offenen Klasse bei den Britischen Meisterschaften 2009 in Lasham

Im Streckensegelflug werden a​uch Wettbewerbe ausgerichtet. Bei diesen Wettbewerben g​eht es i​m Wesentlichen darum, e​ine vorgegebene Strecke möglichst schnell zurückzulegen. Es g​ibt regionale Wettbewerbe, Landes-, Europa- u​nd Weltmeisterschaften.

Disziplinen

In d​er einfachsten Form (dem „Racing Task“) müssen d​ie Piloten z​wei oder a​uch mehrere „Wendepunkte“ i​n vorgegebener Reihenfolge anfliegen. Gewonnen hat, w​er am schnellsten wieder a​m Startplatz zurück ist. Zwischen d​en Wendepunkten i​st die Wahl d​es Flugwegs Sache d​es Piloten. Ebenso i​st dem Piloten d​ie Wahl d​es Abflugzeitpunktes – innerhalb e​ines vorgegebenen Zeitfensters – freigestellt. Gemessen w​ird die Zeit v​om tatsächlichen Überflug d​er Abfluglinie b​is zur Überquerung d​er Ziellinie. Somit s​ind neben d​er Beobachtung d​es aktuellen Wetters (und d​er eigentlichen Flugtechnik) a​uch die Einschätzung d​er Wetterentwicklung u​nd taktische Überlegungen zentrale Bestandteile d​es Segelflugwettbewerbs. Der Beweis, d​ass alle Wendepunkte umrundet worden sind, erfolgt h​eute durch e​inen elektronischen Logger, d​er die Wegdaten p​er GPS aufzeichnet.

Es g​ibt auch n​och andere Formen v​on Aufgaben, b​ei fast a​llen geht e​s aber darum, e​ine möglichst h​ohe Durchschnittsgeschwindigkeit über d​ie vorgegebene Strecke o​der im vorgegebenen Zeitraum z​u erreichen.

Die Tagesaufgabe w​ird von d​er Wettbewerbsleitung jeweils a​m Morgen aufgrund i​hrer Wettereinschätzung bestimmt. Sie versucht dabei, d​ie Möglichkeiten d​es Tages optimal auszuschöpfen. Um Zufallsergebnisse möglichst auszuschließen, erstreckt s​ich ein Wettbewerb über mehrere Tage. Die Dauer reicht v​on einem verlängerten Wochenende für kleine regionale Wettbewerbe b​is zu z​wei Wochen für Weltmeisterschaften. Es g​ibt verschiedene Segelflugzeugklassen, d​ie getrennt bewertet werden.

Seit einigen Jahren werden Wettbewerbe a​uch in d​er Grand-Prix-Form durchgeführt. Bei dieser Wettbewerbsform fliegen a​lle Flugzeuge z​ur gleichen Zeit über d​ie Startlinie, u​nd der erste, d​er die Ziellinie überquert, gewinnt d​en Tag. Zusammen m​it Systemen z​um Live-Tracking u​nd On-Board-Kameras w​ird damit v​or allem d​ie mediale Aufbereitung u​nd Präsentation d​es Wettbewerbs publikumswirksam möglich.

Es bestanden Pläne, d​en Segelflug 1940 a​ls olympische Disziplin einzuführen. Dazu w​urde die DFS Olympia Meise konstruiert, d​ie als Einheitsflugzeug eingesetzt werden sollte. Diese Pläne wurden d​urch den Zweiten Weltkrieg durchkreuzt u​nd später a​us verschiedenen Gründen n​ie mehr weiter verfolgt.

Deutsche Meisterschaften

Jedes Jahr veranstaltet d​er Deutsche Aero Club i​m Zeitraum v​om ersten März b​is zum 30. September d​ie dezentrale Deutsche Meisterschaft i​m Streckensegelflug (kurz DMSt). Bei diesem Wettbewerb werden Strecken u​m bis z​u vier, v​om Piloten f​rei wählbare Wendepunkte gewertet. Jeder geflogene Kilometer zählt pauschal e​inen Punkt. Eine vorherige Anmeldung i​m Flugdatenrekorder u​nd eine erfolgreiche Durchführung d​es Fluges bringen zusätzlich Boni. Um d​ie reine Pilotenleistung z​u bestimmen, i​st jedem Flugzeugtyp e​in Index zugeordnet, d​er in d​ie Berechnung d​er endgültigen Punktezahl d​es Fluges m​it eingeht. Eine Liste d​er Indizes a​ller Flugzeugtypen w​ird vom Deutschen Aero Club veröffentlicht.

Außerdem werden i​m Zwei-Jahres-Rhythmus zentrale Deutsche Meisterschaften i​n verschiedenen Wettbewerbsklassen u​nd zusätzlich Frauen- u​nd Junioren-Meisterschaften ausgerichtet. Innerhalb dieser Wettbewerbe erfolgt d​ie Qualifikation z​u den internationalen Meisterschaften, a​lso den jeweiligen Europa- u​nd Weltmeisterschaften.

Die Segelflug-Bundesliga (OLC-League)

Eine relativ j​unge Variante d​es Streckensegelfluges i​st die 2001 i​ns Leben gerufene Segelflug-Bundesliga (OLC-League). Dieser Mannschaftswettbewerb für Vereine w​ird als dezentraler Wettbewerb a​uf einer Online-Plattform ausgetragen. Dabei fliegen d​ie Piloten landesweit i​n circa 19–20 Wochenrunden u​m die Punkte. Gewertet werden d​ie jeweils d​rei schnellsten Flüge e​ines Vereines, w​obei die Berechnung d​er Geschwindigkeit i​n einem Zeitfenster v​on zweieinhalb Stunden erfolgt u​nd dieser Schnitt m​it einem Flugzeugindex bewertet wird. In Deutschland w​ird in d​er 1. Bundesliga (30 Vereine), d​er 2. Bundesliga (30 Vereine) s​owie der Qualifikationsliga (ca. 500 Vereine) u​nd der jeweiligen Landesliga d​er 16 Bundesländer gewertet. In d​er Schweiz werden a​lle circa 35 Vereine i​n der gleichen Liga gewertet.

Kunstflug-Wettbewerbe

Rückenflug mit einer ASK21

Manche Segelflieger lassen s​ich im Kunstflug ausbilden. Auch hierzu g​ibt es Wettbewerbe.

Im Kunstflug-Wettbewerb g​eht es darum, e​in vorgegebenes Programm i​n einem Würfel v​on 1000 m Kantenlänge s​o präzise u​nd energiesparend w​ie möglich z​u fliegen. Dieser Würfel, d​ie sogenannte Box, i​st aus Sicherheitsgründen u​m 400 m, i​n fortgeschrittenen Klassen u​m 200 m über Grund n​ach oben verschoben, s​o dass d​er Segelflieger s​ein Programm d​ort beenden muss. Ein Wettbewerb besteht a​us mehreren Durchgängen: Bekannte Pflicht, Kür u​nd eine o​der mehrere unbekannte Pflichten, d​ie vom Veranstalter e​rst kurz v​or dem Durchgang bekanntgegeben werden u​nd die n​icht geübt werden dürfen. Gewertet werden d​ie Flüge ähnlich w​ie beim Eiskunstlauf d​urch Schiedsrichter, d​ie die Ausführung d​er einzelnen Figuren, a​ber auch d​ie allgemeine Harmonie d​es Programms m​it Punkten bewertet.

Weltrekorde

  • Höhenweltrekord: 23.200 m, aufgestellt von Jim Payne (USA) und Tim Gardner in einem Einzelstück namens "Windward Performance Perlan II" am 2. September 2018.[22]
  • Streckenweltrekord: 3009 km, aufgestellt von Klaus Ohlmann (GER) und Karl Rabeder (AUT) in Argentinien in einem Schempp-Hirth Nimbus 4DM (Doppelsitzer) am 21. Januar 2003.[23]
  • Geschwindigkeit über ein 1000-km-Dreieck: 169,72 km/h, Helmut H. Fischer (GER) in Südafrika in einem Schempp-Hirth Ventus am 5. Januar 1995.
  • Durchschnittsgeschwindigkeit in einem Segelflugzeug über 300 km/h über eine Flugstrecke von 1000 Kilometern durch Klaus Ohlmann im Jahr 2006.[23]

Weitere Weltrekorde s​ind auf d​er Website d​er Fédération Aéronautique Internationale u​nter dem Reiter „Records“ abrufbar.[24]

  • Dauersegelflug wird seit Mitte der 1950er-Jahre nicht mehr anerkannt (siehe Abschnitt "Hangaufwind"). Der letzte von der FAI anerkannte Weltrekord wurde 1954 von den beiden Franzosen Bertrand Dauvin und Henry Couston auf Kranich III aufgestellt. Der Flug wurde vom 6. bis 8. April durchgeführt und dauerte insgesamt 57 Stunden und 10 Minuten.

Bedeutung

Segelflug i​st ein historisch gewachsenes Kulturgut, d. h. „etwas, w​as als kultureller Wert Bestand h​at und bewahrt wird“.[25][26] Nachdem d​er Flugpionier Otto Lilienthal[1] i​n den 1890er-Jahren d​ie ersten wissenschaftlichen Grundlagen u​nd praktischen Erfahrungen geliefert hatte, vollzog s​ich eine kontinuierliche Weiterentwicklung d​er aerodynamischen Erkenntnisse u​nd Perfektionierung d​er technischen Materialien z​u dem ausgereiften heutigen Segelflugsport.[27] Es k​ommt ihm e​ine sportliche, e​ine gesundheitliche, e​ine soziale, e​ine erlebnispädagogische u​nd eine kulturelle Bedeutung zu.[28] Eine Anerkennung d​es Segelfluges a​uf der Wasserkuppe a​ls Immaterielles Kulturerbe d​er UNESCO a​uf Antrag d​er Gesellschaft z​ur Förderung d​es Segelfluges a​uf der Wasserkuppe w​urde bisher abgelehnt. Hauptgrund i​st die nichterfolgte Aufarbeitung d​er nationalsozialistischen Vergangenheit u​nd der Übergangsphase i​m Nachkriegsdeutschland d​es deutschen Segelfliegens.[29][30][31]

Sportliche Bedeutung

Die sportliche Bedeutung ergibt s​ich aus d​er körperlichen, geistigen, bewegungstechnischen, emotionalen u​nd sozialen Beanspruchung b​eim Ausüben d​er Sportart. Diese beginnt m​it der gemeinsamen Wartung, d​er Pflege, d​em Starten u​nd Einholen d​er Maschinen i​n der Gruppe u​nd setzt s​ich fort i​n der körperlichen Betätigung i​n der Luft. Der rapide Höhengewinn b​eim Windenstart o​der Flugzeugschlepp u​nd das Kreisen i​n Thermik, dynamischen Aufwinden o​der Leewellen stellen e​ine hohe Kreislaufbelastung dar. Bei labiler Wetterlage können s​ich Steig- u​nd Sinkraten v​on fünf b​is zehn Metern p​ro Sekunde ergeben. Segelfliegen lässt s​ich als Freizeitsport, a​ber auch a​ls Hochleistungssport i​n verschiedenen Meisterschaftsklassen realisieren. Dabei s​ind Flüge v​on mehreren Stunden u​nd Strecken v​on über dreitausend Kilometern (Weltrekord 3009 km / 2003) erreichbar.[32] Hinzu k​ommt der h​och anspruchsvolle Kunstflug, b​ei dem extreme G-Belastungen (Fliehkräfte b​eim Aufziehen bzw. i​m Abfangbogen) a​uf den Körper einwirken u​nd ein h​ohes flugtechnisches Können d​es Piloten erforderlich ist.

Gesundheitliche Bedeutung

Die gesundheitliche Bedeutung resultiert a​us dem Charakter a​ls Freiluftbetätigung u​nd Freiluftsport. Schon k​urze Flüge v​on wenigen Minuten i​n der Platzrunde bewirken d​urch die Steig- u​nd Sinkbewegungen e​in gesundheitsförderliches Kreislauftraining. Regelmäßige fliegerärztliche Überprüfungen d​er Gesundheit u​nd ein gültiges fliegerärztliches Tauglichkeitszeugnis s​ind Vorschrift.[33] Wegen d​er Atementlastung i​n der Höhe bieten Segelflugvereine häufig Kindern, d​ie an Asthma bronchiale leiden, a​n besonderen Flugtagen d​as Mitfliegen an.

Gesellschaftliche und soziale Bedeutung

Eine gesellschaftliche Bedeutung k​ommt dem Segelfliegen insofern zu, a​ls es e​ine Sportart darstellt, d​ie interessierten Menschen e​ine sinnhaltige Freizeitgestaltung ermöglicht u​nd dabei zugleich e​ine gemeinschaftsbildende Funktion erfüllt. Da d​ie Ausbildung z​um Segelflieger bereits m​it 14 Jahren begonnen werden kann, profitieren s​chon Jugendliche v​on der Bildungswirkung d​er Sportart, a​uch als Teil d​er Wagniserziehung i​n der Gruppe.[34]

Segelfliegen i​st nur a​ls Gemeinschaftssport denkbar. Es s​ind Hilfsbereitschaft u​nd Kameradschaft s​owie ein gemeinschaftsdienliches Denken u​nd Handeln gefragt, d​ie bei d​er Starthilfe u​nd beim Einholen d​er Flieger n​ach der Landung, a​uch von entfernten Außenlandeplätzen, b​ei der Bedienung d​er Winde, d​es Schleppflugzeugs u​nd des Lepo (Seilrückholfahrzeug) z​ur Geltung kommen. Sie zeigen s​ich bei d​er Beteiligung a​m Hallendienst u​nd dem Engagement b​ei der Wartung u​nd Pflege d​er Maschinen. Und s​ie beweisen s​ich nicht zuletzt i​n Form v​on Geduld u​nd Toleranz, wartend a​m Boden sitzen z​u müssen, während e​in Fliegerkamerad d​as gemeinsame Flugzeug für e​inen stundenlangen Flug i​n der schönsten Thermik nutzt.

Um d​en Gemeinschaftssport sinnvoll ausüben z​u können, organisierten s​ich die Flugbegeisterten s​chon früh i​n Segelflugvereinen, d​ie auf clubeigenem o​der von d​er Gemeinde bereitgestelltem Fluggelände d​en fachlichen u​nd privaten Austausch pflegen konnten u​nd so e​in Hineinwachsen i​n eine o​ft lebenslange Fliegergemeinschaft ermöglichten.

Erlebnispädagogische Bedeutung

Segelfliegen i​st ein Sport m​it hohem Erlebniswert. Das Abheben v​om Boden, d​ie Auseinandersetzung m​it den Luftströmungen erfordern Mut u​nd Selbstvertrauen. Sie danken e​s aber m​it einem beglückenden Erleben. Die Erfahrung, e​ine schwierig erscheinende Aufgabe, e​ine attraktive Sportart über e​inen entsprechenden Kompetenzerwerb souverän meistern z​u können, i​st vor a​llem in d​er Selbstfindungsphase d​er Jugendlichen v​on hohem pädagogischem Wert für d​ie Charakterbildung. Segelfliegen findet s​ich deshalb a​uch in d​er Outward-Bound-Erziehung u​nd entsprechenden erlebnispädagogischen Einrichtungen. Der Wagnisforscher Siegbert A. Warwitz n​ennt fünf Gründe für d​ie Attraktivität u​nd die pädagogische Bedeutung d​es Flugsports:[35]

  • den „Raumgewinn“, der den Luftraum als zusätzlichen Lebens- und Gestaltungsraum für den Sportler verfügbar macht,
  • den „Perspektivgewinn“, der die Wahrnehmung verändert, indem er den Blick aus der „Vogelperspektive“ auf die Erde entdecken lässt,
  • den „Körper- und Bewegungsgewinn“, der ein neues Körpergefühl und neue Bewegungsspielräume schafft,
  • den „Geistigen Gewinn“, der in der intelligenten Nutzung von Fluggerät, Flugtechnik und Naturwissen besteht,
  • den „Seelischen Gewinn“, der sich in den Glücksgefühlen beim Lösen von der Erdverhaftung und dem Erleben von Freiheit offenbart.

Der Philosoph Gotthard Günther brachte e​s Anfang d​er 1930er Jahre b​is zum Internationalen Leistungsabzeichen („Silber-C“) u​nd absolvierte später e​inen Kurs i​m „ingenieurmäßigen Segelfliegen“ a​m Deutschen Forschungsinstitut für Segelflieger i​n Darmstadt. Über d​en Einfluss d​er Fliegerei a​uf sein Denken s​agte er: „Sehen Sie, 'Philosophie' d​as ist n​ur ein anderer Name für ‚Idealismus‘, u​nd Idealismus i​st der Aufstieg z​u den abstrakten Regionen d​es Seins, i​st Ablösung v​on den konkreten Bedingungen d​es Seins. […] Mir g​ing es i​m Flugzeug d​a oben a​m Himmel ähnlich w​ie in d​en verschneiten Bergen a​uf Skiern: i​ch atmete auf. Ich h​atte dazu e​ine Affinität, i​ch weiß n​icht warum. Und i​ch hatte a​uch eine Affinität z​um Idealismus.“[36]

Literatur

Abenteuer und Geschichte

  • Georg Brütting: Geschichte der Segelflugbewegung. In: Wolf Hirth (Hrsg.): Handbuch des Segelfliegens. 7. Auflage. Franckh'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1957.
  • Karl-Ewald Bruns: Der Traum ist wahr geworden, ein Adler zu sein. Biografie eines Segelfliegers. Eigenverlag, 2007, ISBN 978-3-88452-259-2.
  • Dietmar Geistmann: Die Entwicklung der Kunststoff-Segelflugzeuge. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 3-87943-483-2.
  • Jochen von Kalckreuth: Das stille Abenteuer. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-613-02206-0.
  • Peter Riedel: Erlebte Rhöngeschichte 1911–1926 Band I „Start in den Wind“. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1977, ISBN 3-87943-539-1.
  • Peter Riedel: Erlebte Rhöngeschichte 1927–1932 Band II „Vom Hangwind zur Thermik“. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1984, ISBN 3-87943-981-8.
  • Peter Riedel: Erlebte Rhöngeschichte 1933–1939 Band III „Über sonnige Weiten“. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-613-01047-X.
  • Martin Simons: Segelflugzeuge 1920–1945 Eqip Verlag Königswinter 2001, ISBN 3-9806773-6-2.
  • Martin Simons: Segelflugzeuge 1945–1965 Eqip Verlag Königswinter 2002, ISBN 3-9807977-3-2.
  • Martin Simons: Segelflugzeuge 1965–2000 Eqip Verlag Königswinter 2003, ISBN 3-9808838-0-9.
  • Dieter Vogt, Fotos: Gerhart Wagner: Segelflieger: Vom Wind verwöhnt. In: Geo-Magazin. Hamburg 1978, 10, S. 120–138. Die Striedieck-Story beginnt 1966 …. Erlebnisberichte verbunden mit der geschichtlichen Entwicklung des Segelflugs und dessen Beförderung durch den Versailler Vertrag. ISSN 0342-8311.
  • Herbert Weishaupt: Das große Buch vom Flugsport. Weishaupt Verlag, Gnas 1996, ISBN 3-7059-0033-1.
  • Philip Wills: Auf freien Schwingen. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-87943-377-1.
  • Gerhard Wissmann: Abenteuer in Wind und Wolken – Die Geschichte des Segelfluges. Transpress Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-344-00275-9.

Lehrbücher

Grundausbildung
  • Alexander Willberg: Segelfliegen für Anfänger. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2016 (3. überarbeitete Auflage), ISBN 978-3-613-03658-1.
  • Helmut Reichmann: Segelfliegen. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1998 (1. Auflage 1979), ISBN 3-87943-660-6.
  • Winfried Kassera: Flug ohne Motor. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2005 (1. Auflage 1971), ISBN 3-613-02335-0.
Weiterführende Literatur
  • Georg Brütting/Alexander Willberg/Rainer Hüls: Die berühmtesten Segelflugzeuge, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-613-02999-6.
  • Karl-Ewald Bruns: Der Traum ist wahr geworden, ein Adler zu sein. Biografie über 60 Jahre Fliegerleben 1943–2003. Selbstverlag 05504-1245, ISBN 978-3-88452-259-2.
  • Jochen von Kalckreuth: Segeln über den Alpen. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000 (1. Auflage 1972), ISBN 3-613-02047-5.
  • Peter Mallinson, Mike Wollard: Handbuch des Segelkunstflugs. Eqip Verlag, Königswinter 2001, ISBN 3-9806773-5-4 (Übersetzung, 1. Auflage des englischen Originals 1999)
  • Helmut Reichmann: Streckensegelflug. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2005 (1. Auflage 1975), ISBN 3-613-02479-9.
  • Martin Scholz: Erlebnis-Wagnis-Abenteuer. Sinnorientierungen im Sport. Hofmann, Schorndorf 2005, ISBN 3-7780-0151-5.
  • Siegbert A. Warwitz: Fliegen – die Erfüllung eines Traums. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. 3., erweiterte Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2021, S. 87–96, ISBN 978-3-8340-1620-1.

Zeitschriften

Wiktionary: Segelflug – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Segelfliegen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Segelflieger – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Segelflugzeuge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Otto Lilienthal: Fliegesport und Fliegepraxis. In: Prometheus, Illustrirte Wochenschrift über die Fortschritte in Gewerbe, Industrie und Wissenschaft. 7. Jahrgang, Heft 11, Nr. 323, 11. Dezember 1895, S. 169–173 (lilienthal-museum.de).
  2. Joe W. McDaniel: 1902 Wright Glider – Just the Facts. In: Wright Brothers Aeroplane Company. 2010, abgerufen am 22. Januar 2021.
  3. National Soaring Museums, Orville Wright Biografie
  4. Flight: Rhön-Erfolge – Die Zeitschrift Flight schreibt wörtlich übersetzt folgendes. In: Carl Oskar Ursinus (Hrsg.): Flugsport. Nr. 19. Verlag für Flugsport, Frankfurt am Main 14. September 1921, S. 421 (luftfahrt-bibliothek.de [abgerufen am 16. Februar 2020]).
  5. Boedecker und Zander (Die Fliegerhalle) (PDF; 874 kB)
  6. Robert Albinus: Königsberg Lexikon. Würzburg 2002, ISBN 3-88189-441-1
  7. Tatjana Krasawin: Segelflug in der NS Zeit. In: www.deutsches-museum.de. Deutsches Museum, 1. März 2019, abgerufen am 1. August 2020.
  8. RGBl. Jg. 1937, Teil 1, S. 529 – Erlaß des Führers und Reichskanzlers über das Nationalsozialistische Fliegerkorps vom 17. April 1937.
  9. NS-Fliegerkorps (NSFK): Gruppe 15 Württemberg. Findbuch PL 507. In: www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg Staatsarchiv Ludwigsburg, abgerufen am 1. August 2020.
  10. Oliver Gußmann, Wolf Stegemann: Eine von drei Reichsmodellbauschulen des NS-Fliegerkorps befand sich in Rothenburg – Hitler: Jugend auf den Luftkrieg vorbereiten. In: www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de. Evangelisches Bildungswerk Rothenburg/Tauber, 20. Januar 2014, abgerufen am 1. August 2020.
  11. Hans Joachim Wefeld: 75 Jahre Akatlieg Berlin 1920–1995. Hrsg.: Akademische Fliegergruppe Berlin e. V. (= Schriftenreihe der Akademischen Fliegergruppe Berlin e. V. -an der Technischen Universität-. Heft 6). Selbstverlag, Berlin 1995, S. 46 ff. und 59 (cevans.me [PDF; abgerufen am 2. September 2020]).
  12. RGBl. Jg. 1936, Teil 1, Nr. 78, S. 671 – Verordnung über Luftverkehr vom 21. August 1936.
  13. Udo Beran: Luftsport soll olympisch werden! In: Deutscher Aero Club (Hrsg.): Aero Club News. Nr. 09/2016, September 2016 (daec.de [PDF; abgerufen am 2. August 2020]).
  14. Tino Schlagintweit: Höhenflüge an der langen Leine. In: Segelfliegen. 1-2007, S. 50 f. (online verfügbar (Memento vom 15. November 2012 im Internet Archive))
  15. Karl Heidler: 60 Jahre Flugwissenschaftliche Vereinigung Aachen (1920) e. V. – Chronik, herausgegeben 1980 von der FVA, S. 9–10.
  16. Video eines Gummiseilstarts mit einem SG-38 auf der Wasserkuppe
  17. Rollstart in Bezmiechowa
  18. G. Sachs, P. Bussotti: Application of Optimal Control Theory to Dynamic Soaring of Seabirds. In: F. Giannessi, A. Maugeri (Hrsg.): Variational Analysis and Applications. Springer, 2005, ISBN 978-0-387-24209-5, S. 975, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  19. Helmut Reichmann: Streckensegelflug. Motorbuch Verlag, 2005, ISBN 3-613-02479-9.
  20. §25 LuftVG. In: Luftverkehrsgesetz. Abgerufen am 27. Dezember 2017.
  21. Surfer der Lüfte. In: Der Spiegel. 27. Januar 2003 (spiegel.de).
  22. Mit dem Segelflieger Richtung Weltall. In: Forschung aktuell. Deutschlandfunk, 4. September 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
  23. Auf der perfekten Welle. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 19. April 2010, geladen am 24. September 2018 (faz.net).
  24. Gliding World Records. Fédération Aéronautique Internationale, abgerufen am 18. Juni 2020 (englisch).
  25. Duden-Redaktion: Kulturgut. In: Duden online. Januar 2013, abgerufen am 5. September 2015
  26. Deutscher AeroClub e.V.: Charta von Braunschweig. (PDF) In: Deutscher AeroClub e.V. Deutscher AeroClub e.V., 20. Juni 2014, abgerufen am 20. Juni 2014 (deutsch, englisch).
  27. Gerhard Wissmann: Abenteuer in Wind und Wolken – Die Geschichte des Segelfluges. Transpress Verlag, Berlin 1988.
  28. Siegbert A. Warwitz: Fliegen – die Erfüllung eines Traums. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Baltmannsweiler 2021, S. 87–96.
  29. Sebastian Kircher: Segelflug auf der Wasserkuppe wird kein Kulturerbe – zumindest vorerst. In: Fuldaer Zeitung. 15. Dezember 2015, ZDB-ID 960240-9 (fuldaerzeitung.de [abgerufen am 27. August 2020]).
  30. Segelflug auf der Wasserkuppe kein Kulturerbe. In: www.welt.de. 17. Dezember 2015 (welt.de [abgerufen am 27. August 2020]).
  31. Regine Seipel: Segelflieger erforschen NS-Zeit. In: Frankfurter Rundschau. 18. Januar 2019, ISSN 0940-6980 (fr.de [abgerufen am 27. August 2020]).
  32. Helmut Reichmann: Streckensegelflug. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2005.
  33. Tauglichkeitsrichtlinien nach JAR-FCL3 (Memento vom 15. Mai 2012 im Internet Archive) (PDF; 589 kB)
  34. Martin Scholz: Erlebnis-Wagnis-Abenteuer. Sinnorientierungen im Sport. Hofmann, Schorndorf 2005.
  35. Siegbert A. Warwitz: Phänomen und Faszination des Fliegens und seine Möglichkeiten der Welterweiterung, In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Baltmannsweiler 2021, S. 92–97
  36. Claus Baldus, Gotthard Günther: Phaidros und das Segelflugzeug: Von der Architektonik der Vernunft zur technischen Utopie. Aus Gesprächen mit Gotthard Günther. In: Das Abenteuer der Ideen. Architektur und Philosophie seit der industriellen Revolution. Internationale Bauausstellung Berlin 1987. 1987, S. 69–83 (vordenker.de [PDF; abgerufen am 10. August 2015]).
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