Parlament des Vereinigten Königreichs
Das Parlament des Vereinigten Königreichs (englisch Parliament of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland; kurz UK Parliament) ist ein Verfassungsorgan der britischen Monarchie. Es besteht aus zwei Kammern, dem House of Commons (Unterhaus) und dem House of Lords (Oberhaus). Beide tagen im Palace of Westminster in London.
Der jeweilige Monarch bildet als Souverän formal einen dritten Teil des Parlaments.[1] Seit 1952 nimmt Königin Elisabeth II. diese Rolle ein. Gesetzesvorhaben werden durch die vom Premierminister geführte Regierung im Unterhaus eingebracht, das nach angemessener Debatte über sie abstimmt. Anschließend müssen diese Vorlagen grundsätzlich vom Oberhaus gebilligt werden, bevor sie durch die Königin in Kraft gesetzt wurden. Der letzte Schritt hat dabei einen rein zeremoniellen Charakter.
Geschichte
Das britische Parlament geht auf das englische Parlament zurück, dessen Ursprünge auf das angelsächsische Witenagemot zurückzuführen sind.
Der Begriff des britischen Parlaments existiert seit dem Act of Union 1707. Hierbei wurden England und Schottland zum Königreich Großbritannien vereinigt, wobei das schottische Parlament in Edinburgh aufgelöst wurde. (Nach dem Wahlsieg Tony Blairs 1997 wurde durch den Scotland Act 1998 ein neues schottisches Parlament mit Sitz in Edinburgh gebildet, das sich um schottische Belange in eigener Zuständigkeit kümmert.) Das britische Parlament trat zu seiner ersten Sitzung am 23. Oktober 1707 zusammen.[2] Durch den Act of Union 1800 wurde das irische Parlament aufgelöst. (Das von 1920 bis 1972 existierende Parliament of Northern Ireland und die 1998 geschaffene Northern Ireland Assembly traten – auf Nordirland beschränkt – die Nachfolge des irischen Parlaments an.)
Amtsdauer des Parlaments
Die Amtsdauer des Parlaments wurde 1694 auf drei Jahre festgelegt. Im Septennial Act von 1716 wurde sie auf sieben Jahre verlängert und im Parliament Act von 1911 auf fünf reduziert. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Amtsdauer provisorisch auf zehn Jahre verlängert, ist aber seit Kriegsende bei einem Maximum von fünf Jahren geblieben. Durch den Fixed-term Parliaments Act 2011 müssen Parlamentswahlen am ersten Donnerstag im Mai im fünften Jahr nach der vorherigen Parlamentswahl stattfinden.
Privilegien der Abgeordneten
Das wichtigste Privileg sämtlicher Mitglieder beider Häuser ist die Redefreiheit während der Debatten; Aussagen im Oberhaus (House of Lords) und im Unterhaus (House of Commons) können unter keinen Umständen vor Gericht gebracht werden. Ein weiteres Privileg ist die Unmöglichkeit der Festnahme, ausgenommen bei Fällen von Hochverrat (treason), Kapitalverbrechen (felony) und Landfriedensbruch (breach of the peace). Dieses Privileg gilt während der Sitzungsperiode des Parlaments sowie 40 Tage davor und danach. Die Parlamentarier sind hingegen nicht mehr vom Dienst als Geschworene in einer Jury befreit.[3]
Im englischen Parlamentarismus wurde außerdem der Friedensbann des Monarchen in die Trägerschaft des Parlaments verlagert. Daraus hat sich anders als in Deutschland eine Asylfunktion des Parlamentsgebäudes für Straftäter, säumige Schuldner oder sonst von staatlichen Zwangsmaßnahmen bedrohte Individuen entwickelt.[4][5]
Literatur
- Dirk Kunze: Parlamentarische Traditionen zwischen Modernisierung und Traditionsbewusstsein. Beobachtungen zur Parlamentskultur in London, Singapur und Melbourne. Grin-Verlag 2008, ISBN 978-3-640-20551-6.
- Dominik Nagl: No Part of the Mother Country, but Distinct Dominions Rechtstransfer, Staatsbildung und Governance in England, Massachusetts und South Carolina, 1630–1769. LIT, Berlin 2013, S. 84–93, 173f, ISBN 978-3-643-11817-2. Online.
Weblinks
- Offizielle Internetpräsenz des britischen Parlaments (englisch)
- Parliamentlive.tv – Videomitschnitte von Sitzungen des Parlaments
- Gesetzesbeschlüsse des Vereinigten Königreichs seit 1837, vollständig ab 1988 (englisch)
Einzelnachweise
- Website des Parlaments
- The first Parliament of Great Britain (Memento vom 22. April 2008 im Internet Archive)
- Erskine May: Parliamentary Practice. Butterworths, London u. a. 2004, ISBN 0-406-97094-7, S. 119, 125.
- Hatschek: Das Asylrecht des englischen Parlaments, in: Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, 1906, S. 801 ff.
- Gerd Michael Köhler: Die Polizeigewalt des Parlamentspräsidenten im deutschen Staatsrecht, DVBl 1992, S. 1577.