Ostheim vor der Rhön
Ostheim vor der Rhön (amtlich: Ostheim v.d.Rhön) ist eine Stadt im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld und der Sitz der Verwaltungsgemeinschaft Ostheim vor der Rhön.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Unterfranken | |
Landkreis: | Rhön-Grabfeld | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Ostheim vor der Rhön | |
Höhe: | 300 m ü. NHN | |
Fläche: | 40,85 km2 | |
Einwohner: | 3290 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 81 Einwohner je km2 | |
Postleitzahlen: | 97645, 97647 | |
Vorwahl: | 09777 | |
Kfz-Kennzeichen: | NES, KÖN, MET | |
Gemeindeschlüssel: | 09 6 73 153 | |
Gemeindegliederung: | 9 Gemeindeteile | |
Adresse der Gemeindeverwaltung: |
Marktstraße 24 97645 Ostheim v.d.Rhön | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Steffen Malzer (CSU) | |
Lage der Gemeinde Ostheim v.d.Rhön im Landkreis Rhön-Grabfeld | ||
Gemeindegliederung
Die Gemeinde Ostheim vor der Rhön hat neun Gemeindeteile (in Klammern ist der Siedlungstyp angegeben):[2][3]
- Johannismühle (Einöde) ⊙
- Kupfermühle (Einöde) ⊙
- Lichtenburg (Burg)
- Lohmühle (Einöde) ⊙
- Oberwaldbehrungen (Kirchdorf)
- Ostheim (Hauptort)
- Scheermühle (Einöde) ⊙
- Urspringen (Pfarrdorf) ⊙
- Walkmühle (Einöde) ⊙
Es gibt drei Gemarkungen, die den ehemaligen Gemeinden entsprechen:
- Oberwaldbehrungen
- Ostheim v.d.Rhön
- Urspringen
Geschichte
Bis zur Umgliederung nach Bayern
Die fränkische Siedlung Ostheim vor der Rhön wurde vermutlich um 525 gegründet und 804 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Im Jahr 836 wurde das Königsgut Urspringen von dem Kaiser Ludwig dem Kloster Fulda übertragen.[4] Die Schenken von Großvargula besaßen um 1214 in Ostheim Eigengüter und Lehen der Abtei Fulda und der Landgrafen von Thüringen.[5] Das Amt Lichtenberg, zu dem Ostheim und Urspringen gehörten, war ehemals ein Amt der Grafschaft Henneberg-Römhild und später des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach.
Bis zur Zerstörung der Weingärten im Dreißigjährigen Krieg war Ostheim für seinen guten Wein berühmt. Bekannt war der Spruch:[6]
„Zu Würzburg an dem Stein,
Zu Klingenberg am Main
Und zu Ostheim im Weingartental
Da wächst der beste Wein überall.“
1920 kam die Exklave Ostheim zum neu gegründeten Land Thüringen und war Bestandteil des Landkreises Meiningen. 1925 wohnten hier 2122 Einwohner.
Ostheim in Bayern
1945 wurde die Exklave Ostheim mit den Gemeinden Ostheim vor der Rhön, Sondheim vor der Rhön, Stetten und Urspringen als Teil der amerikanischen Besatzungszone dem bayerischen Landkreis Mellrichstadt zugeordnet und stand als thüringische Enklave unter bayerischer Verwaltung.[7] Seit der Gebietsreform von 1972 gehört Ostheim zum Landkreis Rhön-Grabfeld. Die landesrechtliche Zugehörigkeit zum Freistaat Bayern ist nie offiziell geklärt worden.[8]
Die evangelische Kirchengemeinde gehörte noch bis 1972 zur Landeskirche Thüringens, die katholische Kuratie Ostheim vor der Rhön gehört weiterhin – wie früher größere Gebiete Thüringens – zum Bistum Fulda, wird jedoch seit 1945 von der Diözese Würzburg seelsorgerisch betreut.
Eingemeindungen
Am 1. Juli 1972 wurden die Gemeinden Oberwaldbehrungen und Urspringen eingegliedert.[7]
Einwohnerentwicklung
Im Zeitraum 1988 bis 2018 sank die Einwohnerzahl von 3569 auf 3319 um 250 Einwohner bzw. um 7 %. 1992 hatte die Stadt 3881 Einwohner. Quelle: BayLfStat
Politik
Bürgermeister
Bürgermeister ist seit 2020 Steffen Malzer (CSU), der bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 mit 91,32 % der abgegebenen Stimmen im Amt bestätigt wurde.
Gemeinderat
Der Gemeinderat von Ostheim besteht aus 16 Mitgliedern und dem Bürgermeister. Seit der Kommunalwahl am 15. März 2020 halten die Freie Wählergemeinschaft Ostheim 5 Sitze, die CSU 7 Sitze und 4 Sitze entfallen auf die SPD.
Wappen
Blasonierung: „In Gold zwischen zwei roten Zinnentürmen mit roten Spitzdächern eine rote Zinnenmauer mit offenem Tor, auf dem ein rot bewehrter schwarzer Löwe mit grünem Rautenkranz in den Pranken steht.“[9] | |
Städtepartnerschaften
Eine Städtepartnerschaft unterhält Ostheim mit Wasungen in Thüringen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bau- und Bodendenkmäler
- Die Kirchenburg Ostheim ist eine der größten und besterhaltenen Kirchenburgen in Deutschland
- Lichtenburg mit bewirtschaftetem Rittersaal und Gaststube
- Historisches Rathaus[10]
- Historische Altstadt mit Schlössern und Fachwerkhäusern[11]
- Hügelgräber der Hallstattzeit[12]
- Ostheimer Warte (Turm)
- Jüdischer Friedhof im Gemeindeteil Oberwaldbehrungen
- Terrassen und Siedlungsreste der Wüstung Lahr unterhalb des Lahrberges und östlich des Gangolfsbergs als Bodendenkmal
Museen
- Kirchenburgmuseum im „Steinernen Gaden“ der Kirchenburg Ostheim[13]
- Orgelbaumuseum im Schloss Hanstein (auf Wunsch und Voranmeldung mit musikalischer/technischer Führung)[14]
Lokale Spezialitäten
Eine lokale Spezialität ist der Ostheimer Leberkäs, der trotz seines Namens kein Leberkäse ist, wie er in Süddeutschland üblich ist. Er wird nach Art einer Terrine aus 90 Prozent Schweinefleisch und zehn Prozent Schweineleber hergestellt. Das Fleisch wird unmittelbar nach dem Schlachten noch warm verarbeitet, was den Geschmack verbessert. Den mittelgroben, mit Muskat gewürzten Fleischteig umhüllt ein Schweinenetz, das beim Backen eine feine Kruste erzeugt. Der Ostheimer Leberkäs ist im Oktober 2004 von Slow Food in die Arche des Geschmacks aufgenommen worden. Dies brachte ihm eine überregionale Bekanntheit ein.[15] Seit 2002 findet in Ostheim alle zwei Jahre am zweiten Oktoberwochenende der Rhöner Wurstmarkt statt.
Das bekannte alkoholfreie Erfrischungsgetränk Bionade wurde in Ostheim entwickelt und wird hier hergestellt.
Wirtschaft
Verkehr
Ostheim liegt an der Bundesstraße 285, die Autobahn A 71 ist rund zehn Kilometer entfernt und über die Anschlussstelle Mellrichstadt zu erreichen.
Im öffentlichen Nahverkehr wird Ostheim durch Buslinien des Omnibusverkehrs Franken/DB Frankenbus bedient, die den Haltepunkt Mellrichstadt Bahnhof der Deutschen Bahn AG anfahren, wo Anschluss an Züge in Richtung Würzburg und Erfurt besteht. Die Fahrzeit zum Mellrichstädter Bahnhof beträgt etwa zehn Minuten.
Der Bahnhof von Ostheim an der Streutalbahn wird nur saisonal vom Rhön-Zügle im Museumsverkehr bedient; der regelmäßige Personenverkehr endete im Sommer 1976.
Ansässige Unternehmen
- Bionade GmbH – Hersteller eines biologischen Erfrischungsgetränkes
- Hey Orgelbau – Hersteller von Pfeifenorgeln
- Orgelbaufirma Hoffmann und Schindler – Hersteller von Orgeln
- Verlag Peter Engstler – Alternativliteratur, Gedichte, Zeitschriften
Medien
In Ostheim erscheint seit dem 23. März 1907 die Ostheimer Zeitung, die kleinste Lokalzeitung Deutschlands mit etwa 800 Exemplaren.[16] Sie wird vom ortsansässigen Verlag Gunzenheimer herausgegeben und gedruckt. In dem 1976 erschienenen Spielfilm Im Lauf der Zeit von Wim Wenders findet eine Schlüsselszene in der Druckerei der Ostheimer Zeitung statt, in der einer der Hauptdarsteller, Robert, gespielt von Hanns Zischler, sich zunächst bitter mit seinem Vater, dem Herausgeber, auseinandersetzt, sich dann aber mit ihm versöhnt.
Südlich von Ostheim, auf dem Heidelberg, befindet sich seit 1993 ein 63 Meter hoher Sendeturm aus Stahlbeton zur Verbreitung des Programms von Radio Primaton auf 101,5 MHz mit 320 W ERP.
Persönlichkeiten (chronologisch)
- Hartmann Schenk (* 7. April 1634 in Ruhla bei Eisenach), besuchte die Gymnasien zu Eisenach und Coburg, ging 1656 an die Universität Helmstedt, 1657 nach Jena, wurde 1662 Pfarrer in Bibra, 1669 Diaconus in Ostheim vor der Rhön und Pfarrer in Völkershausen, wo er am 2. Mai 1681 starb. Seine Güldene Betkunst von 1677 enthält einige Kirchenlieder von ihm, darunter das weit verbreitete Ausgangslied:„Nun Gottlob es ist vollbracht, Singen, Beten, Lehren, Hören, dessen letzte Strophe das vielgesungene Unsern Ausgang segne Gott, unsern Eingang gleichermaßen bildet. Kurz vor seinem Tode dichtete er das Sterbelied Vater, es geht nun zu Ende, meine Jahre nehmen ab.“
- Laurentius Hartmann Schenk (* 19. Juni 1670 in Ostheim), Sohn von Hartmann Schenk, seit 1692 Nachfolger seines Vaters, gestorben als Oberpfarrer in Rodach am 1. September 1730, hat in seinem Communionbuch 1718 und in dem von ihm 1722 herausgegebenen Römhilder Gesangbuch 23 eigene Lieder veröffentlicht, darunter Jesu, Jesu, Deine Liebe, O Jesu treuer Seelenhirt und Süßer Jesu, meine Sonne.
- Ernst Salomon Cyprian (1673–1745), lutherischer Theologe und Bibliothekar
- Melchior Christian Käpler (1712–1793), Forstmann und Wildmeister in Ostheim
- Johann Wendelin Glaser (1713–1783), Komponist und Kantor in Wertheim
- Friedrich Christian Gottlieb Scheidemantel (1735–1796), Landarzt, Brunnenarzt und früher Ärztlicher Psychologe
- Wilhelm Heinrich Käpler (1740–1805), Forstmeister in Ostheim
- Johann Kaspar Gensler (1767–1821), Rechtswissenschaftler, in Ostheim geboren
- Christian Schreiber (1781–1857), Philosoph, Pädagoge, Lyriker; in Ostheim gestorben
- Wilhelm August Friedrich Genßler (1793–1858), Generalsuperintendent in Coburg
- Christian Glock (1801–1881), Theologe, Mediziner, Musiker, später Bürgermeister von Ostheim; Freund des Komponisten Robert Schumann
- Hermann Keßler (1866–1951), Oberbürgermeister der Städte Meiningen und Sonneberg
- Hermann Fischer (1894–1968), Generalleutnant im Zweiten Weltkrieg
- Friedrich Högner (1897–1981), geboren in Oberwaldbehrungen, Organist, Landeskirchenmusikdirektor
- Dieter Leipold (1937–2014), Mitinhaber der Peter-Bräu und Erfinder der Bionade
- Eberhard Helm (* 1952), Arzt, Deutscher Meister, Bayerischer Meister, 5. bei Europameisterschaften
- Peter Kowalsky (* 1968), Unternehmer
- Gesamtansicht (2011)
- Eingangsbereich Kirchenburg
- Kirchenburg (2011)
- Ruine der Lichtenburg
- Karte der Enklave Ostheim
Weblinks
Einzelnachweise
- Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-001 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- Gemeinde Ostheim v.d.Rhön in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 11. April 2021.
- Gemeinde Ostheim v.d.Rhön, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 7. Dezember 2021.
- Christine Demel: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. Gemeinde Leinach, Leinach 1999, S. 67.
- Wilfried Warsitzka: Die Thüringer Landgrafen Verlag Dr. Bussert & Stadeler, 2004, ISBN 3-932906-22-5, S. 202.
- Eva-Maria Wagner: Gewundene Gassen, bucklige Plätze. In: Die Rhön (= Merian, Jg. 17 (1964), Heft 4), S. 19–24, hier S. 24.
- Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 452 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Bernhard Post, Volker Wahl (Hrsg.): Thüringen Handbuch 1920–1995. Böhlau, Weimar 1999, S. 461
- Eintrag zum Wappen von Ostheim vor der Rhön in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- Historisches Rathaus. Abgerufen am 19. Januar 2022.
- Schlösser und Adelssitze. Abgerufen am 19. Januar 2022.
- Hügelgräberfeld der Hallstattzeit. Ostheimrhoen.de, abgerufen am 24. März 2017.
- Kirchenburgenmuseum Ostheim Rhön. Rhoenline.de, abgerufen am 24. März 2017.
- Orgelbaumuseum. Abgerufen am 19. Januar 2022.
- Slow Food, Arche des Geschmacks
- Norman Zellmer: Kleinste Tageszeitung kommt aus der Rhön. (Nicht mehr online verfügbar.) Lausitzer Rundschau, 9. März 2012, archiviert vom Original am 25. Januar 2017; abgerufen am 25. Januar 2017.