N-Hydroxyphthalimid
N-Hydroxyphthalimid (NHPI) ist das N-Hydroxyderivat des Phthalimids. Die Verbindung wird u. a. als Katalysator für Oxidationsreaktionen, insbesondere für die selektive Oxidation von u. a. Alkanen zu Alkoholen mit molekularem Sauerstoff unter milden Bedingungen eingesetzt.[9][10]
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Name | N-Hydroxyphthalimid | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C8H5NO3 | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung | ||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 163,13 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||
Dichte | ||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||
pKS-Wert | ||||||||||||||||
Löslichkeit |
löslich in Wasser (50,5 g·l−1 bei 25 °C) und in Essigsäure, Acetonitril und Ethylacetat[8] | |||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Vorkommen und Darstellung
Die Synthese von N-Hydroxyphthalimid (als „Phthalylhydroxylamin“ bezeichnet) aus Phthaloylchlorid und Hydroxylamin-hydrochlorid in Gegenwart von Natriumcarbonat in wässriger Lösung wurde erstmals 1880 von L. Cohn berichtet.[11]
Dabei entsteht das rote Natriumsalz in basischer Lösung, aus der durch Ansäuern die weiße Form des NHPI in 55%iger Ausbeute ausfällt.
Die Umsetzung von Diethylphthalat mit Hydroxylamin-hydrochlorid in Gegenwart von Natriumethanolat führt ebenfalls zu N-Hydroxyphthalimid.[6]
Die Reaktion von Phthalsäureanhydrid mit Hydroxylamin-hydrochlorid und Na2CO3 in Wasser bei 95 °C liefert N-Hydroxyphthalimid als schwach gelbliche Nadeln in 95%iger Rohausbeute, aus dem durch Umkristallisation aus Wasser nahezu farbloses NHPI in 76%iger Reinausbeute erhalten wird.[12]
Mikrowellenbestrahlung von Phthalsäureanhydrid und Hydroxylamin-hydrochlorid in Pyridin erzeugt NHPI in 81%iger Ausbeute.[13]
Auch ohne Zugabe einer Base reagiert Phthalsäureanhydrid und Hydroxylamin-phosphat beim Erhitzen auf 130 °C in 86%iger Ausbeute zu N-Hydroxyphthalimid.[14]
Eigenschaften
N-Hydroxyphthalimid ist ein farbloses bis gelbes, geruchloses kristallines Pulver, das in Wasser und organischen Lösungsmitteln, wie Essigsäure, Essigsäureethylester und Acetonitril, löslich ist.[8] Die Verbindung existiert in zwei verschiedenfarbigen monoklinen Kristallformen. Bei der farblos-weißen Form ist die N-OH-Gruppe um ca. 1,19° aus der Molekülebene gedreht, bei der gelben nur um ca. 0,06°.[15]
Die Farbbildung bei der Synthese des NHPI hängt von der Art des verwendeten Lösungsmittels ab, der Farbübergang von weiß nach gelb ist irreversibel.[16] Mit Alkali- und Schwermetallen, Ammoniak und Aminen bildet NHPI stark gefärbte, meist gelbe oder rote Salze.[7] Die Hydrolyse von NHPI durch Zugabe starker Alkalien erzeugt Phthalsäure-monohydroxamsäure.[6]
NHPI-Ether sind hingegen farblos und liefern bei der alkalischen Hydrolyse oder Spaltung mittels Hydrazinhydrat O-Alkylhydroxylamine.
Die seit der ersten Beschreibung von N-Hydroxyphthalimid als „Phthalylhydroxylamin“ im Jahr 1880 bis zur Mitte der 1950er Jahre unbestimmte und kontrovers diskutierte Molekülstruktur zwischen Phthalsäureanhydrid-monooxim („Phthaloxim“) (I), 2,3-Benzoxazin-1,4-dion (II) und N-Hydroxyphthalimid (III)[17][16][18]
konnte durch Darstellung und Analyse von Umsetzungsprodukten zugunsten des N-Hydroxphthalimids (III) entschieden werden.
Anwendungen
Mit N-Hydroxyphthalimid lassen sich wie mit N-Hydroxysuccinimid (HOSu) mit Carbonsäuren und einem Carbodiimid, wie z. B. Dicyclohexylcarbodiimid, unter Wasserabspaltung so genannte Aktivester bilden,
die in der Peptidsynthese im Vergleich zu den HOSu-Estern wegen deren höheren Wasserlöslichkeit und Reaktivität keine weite Verbreitung gefunden haben.[19][20]
Ester von N-Hydroxyphthalimid mit aktivierten Sulfonsäuren, wie z. B. Trifluormethansulfonsäureanhydrid oder p-Toluolsulfonsäurechlorid werden als so genannte Photosäuren (englisch photoacids), die bei UV-Bestrahlung Protonen abspalten, eingesetzt.
Die erzeugten Protonen dienen dem gezielten lokalen Abbau säureempfindlicher Photoresists.[21]
N-Hydroxyphthalimid kann mit Vinylacetat in Gegenwart von Palladium(II)-acetat mit 75%iger Ausbeute in das N-Vinyloxyphthalimid überführt werden, das quantitativ zum N-Ethoxyphthalimid hydriert wird und durch Spaltung mit Hydroxylaminsulfat mit 83%iger Ausbeute O-Ethylhydroxylamin (Ethoxyamin) liefert.[22]
Eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen in organischen Molekülen können mit dem durch Abstraktion eines Wasserstoffatoms aus NHPI entstehenden Nitroxid-Radikal (Phthalimide-N-oxyl, PINO)[23] – ähnlich wie mit dem Piperidin-Derivat 2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl (TEMPO) – unter schonenden Bedingungen oxidiert werden.[9]
So können mit molekularem Sauerstoff Alkane zu Alkoholen, sekundäre Alkohole zu Ketonen, Acetale zu Estern, oder auch Alkene zu Epoxiden oxidiert werden.[24][25][26]
Amide können mit NHPI und Kobalt(II)-salzen unter milden Bedingungen in Carbonylverbindungen überführt werden.[27]
Von technischem Interesse sind effiziente Oxidationsreaktionen von Vorstufen wichtiger Basischemikalien, wie z. B. ε-Caprolactam, mithilfe von NHPI aus dem bei der Oxidation von Cyclohexan anfallenden sogenannten KA-Öl („Keton-Alkohol“-Öl – einem Gemisch aus Cyclohexanol und Cyclohexanon) – über Cyclohexanolhydroperoxid, Umsetzung mit Ammoniak zum Peroxydicyclohexylamin und Umlagerung in Gegenwart katalytischer Mengen von Lithiumchlorid zu ε-Caprolactam.[25][28]
Die durch NHPI katalysierte Oxidation von KA-Öl vermeidet die Bildung des bei der konventionellen ε-Caprolactam-Synthese – Beckmann-Umlagerung von Cyclohexanonoxim mit Schwefelsäure – anfallenden unerwünschten Nebenprodukts Ammoniumsulfat.
Alkane werden in Gegenwart von Stickstoffdioxid in Nitroalkane überführt.[29]
So wird Cyclohexan bei 70 °C mit Stickstoffdioxid/Luft in ein Gemisch von Nitrocyclohexan (70 %), Cyclohexylnitrat (7 %) und Cyclohexanol (5 %) überführt.
Ferner wurden Anwendungen von N-Hydroxyphthalimid als Oxidationsmittel in fotografischen Entwicklern[30] und als Ladungssteuerungsmittel in Tonern[31] in der Patentliteratur beschrieben.
Einzelnachweise
- Datenblatt N-Hydroxyphthalimid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 6. Juni 2017 (PDF).
- Datenblatt N-hydroxyphthalimide bei AlfaAesar, abgerufen am 5. August 2016 (PDF) (JavaScript erforderlich).
- Carl L. Yaws: Thermophysical Properties of Chemicals and Hydrocarbons, 2nd Edition. Elsevier Inc., Oxford, UK 2015, ISBN 978-0-323-28659-6, S. 291.
- Eintrag zu N-hydroxyphthalimide bei TCI Europe, abgerufen am 5. August 2016.
- Datenblatt N-Hydroxyphthalimide bei Acros, abgerufen am 5. August 2016.
- L. Bauer, S.V. Miarka: The Chemistry of N-Hydroxyphthalimide. In: J. Am. Chem. Soc. Band 79, Nr. 8, 1957, S. 1983–1985, doi:10.1021/ja01565a061.
- A. Porcheddu, G. Giacomelli: The chemistry of hydroxylamines, oximes, and hydroxamic acids, Part 1. Hrsg.: Z. Rappaport, J.F. Lieberman. Wiley, Chichester 2009, ISBN 978-0-470-51261-6, S. 224–226.
- C. Gambarotti, C. Punta, F. Recupero, M. Zlotorzynska, G. Sammis: N-Hydrophthalimide. In: e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis. 2013, doi:10.1002/047084289X.rn00598.pub2.
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