Mardorf (Homberg)
Mardorf ist der älteste Stadtteil von Homberg (Efze) im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.
Mardorf Stadt Homberg (Efze) | |
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Höhe: | 196 (194–212) m ü. NHN |
Fläche: | 4,54 km²[1] |
Einwohner: | 489 (Okt. 2016)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 108 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 34576 |
Vorwahl: | 05681 |
Mardorf aus der Luft |
Geographie
Der Ort liegt nordwestlich der Kernstadt Homberg am Fuße des Mosenberges. Der an der Ostflanke des Mosenbergs entspringende Klingelbach fließt mitten durch den Ort und mündet schließlich bei Berge in die Efze. Die Gemarkungsfläche beträgt ungefähr 460 ha. Der Ort ist geprägt von landwirtschaftlichen Gehöften und einigen gewerbetreibenden Betrieben. Im Zentrum des Ortes befindet sich die 1690 errichtete evangelische Kirche.
Geschichte
Mardorf ist eines der ältesten Dörfer im Homberger Raum. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Mardorf erfolgte im Jahr 782 unter dem Namen Martdorf.[1] Mardorfer Güter wurden als Hersfelder Besitz um 800 erwähnt.[3]
Eisengrube Mardorf
Bereits im Jahre 1567 gab es bei Mardorf einen Eisenhammer, und 1686 wurde eine Eisenhütte erwähnt, die neben Erzen aus dem Kellerwald durch die Eisengrube Mardorf bedient wurde. Die Eisengießerei wurde 1737 von Mardorf nach Holzhausen verlegt. 1873 übernahm der Warsteiner Gruben- und Hüttenverein sowohl die Grube Marburg als auch die Gießerei in Holzhausen.[4] Die Erzgewinnung bei Mardorf wurde dann aber bereits 1881 eingestellt, da die Erzverhüttung in den mit Holzkohle betriebenen Hochöfen von Holzhausen unwirtschaftlich geworden war.
1937 wurde die Grube Mardorf im Zuge der Autarkiebestrebungen des NS-Regimes und des Vierjahresplans von 1937 von der Warsteiner und Herzoglich Schleswig-Holsteinische Eisenwerke AG wieder in Betrieb genommen, aber das tonige Roherz hatte nur etwa 34 Prozent Eisengehalt und brachte nur einen geringen Erlös. Auch wurde die Wirtschaftlichkeit dadurch vermindert, dass häufig Schwimmsand in die Grube einbrach und ganze Feldteile zuspülte. Am 1. Oktober 1942 übernahm die Buderus AG die Grube, denn das Mardorfer Erz eignete sich zur Herstellung eines besonders hochwertigen Konzentrats. Buderus begann 1944 mit dem Abteufen eines neuen Schachtes nördlich des Mosenberg-Schachts und des für die Erzwäsche genutzten und noch heute vorhandenen Sammelteichs und plante die Errichtung einer Aufbereitungsanlage, um das Konzentrat zu erzeugen. Das Abteufen des „Falkenberg-Schachts“ wurde jedoch durch zahlreiche Schwimmsandeinbrüche sehr behindert, und die Arbeiten an dem von dem Darmstädter Architektur-Dekan Jan Hubert Pinand konzipierten und 1947 begonnenen Betriebsgebäude wurden 1949 wegen der unsicheren Zukunftsaussichten aufgegeben und blieben unvollendet. Gegen Ende 1949 konnte dann die neue Aufbereitungsanlage in Betrieb genommen werden. Da sich aber trotz aller Bemühungen immer wieder Schwimmsandeinbrüche im Schacht ereigneten, wurde der Betrieb am 30. September 1954 endgültig eingestellt.[5]
Heute erinnert u. a. noch ein etwa acht Meter hoher Betonklotz an der Kreisstraße 47 zwischen der B 254 und dem Dorf Berge an diese Zeit. Er ist der Rest eines Stützpfeilers für die 1946/47 errichtete Seilbahn von der Grube zur Bahnverladestation in Singlis. Dies ist der Rest eines der einst zwei Betonpfeiler der Seilbahn, alle anderen waren Holz/Stahlbau-Konstruktionen. Die Entladestation in Singlis wurde 1973 abgebrochen. Vor der Inbetriebnahme der Seilbahn wurde das Erz mit LKWs zum Bahnhof in Wabern gebracht. Insgesamt wurden am Mosenbergschacht etwa 110.000 Tonnen Roherz gefördert und daraus 55.000 Tonnen Fertigerz mit einem Eisengehalt von 46 Prozent hergestellt.[6]
Jugendherberge Mosenberg
Von 1959 bis 2005 wurden die recht wehrhaft aussehenden, einst als Tagesanlagen der Grube Mardorf gebauten Gebäude am Hang des Mosenbergs bei 51° 4′ N, 9° 24′ O als "Jugendherberge Mosenberg" genutzt. Sie war nicht nur bei Wanderern und Schulklassen beliebt, sondern auch bei den Segelfliegern, die auf dem nahen Flugplatz Mosenberg ihrer Leidenschaft frönten.
Heute wird dort das “Gruppenhaus am Mosenberg” betrieben, das für Freizeiten, Schulklassenaufenthalte, Familienfeste, Seminare u. a. m. gemietet werden kann. Insgesamt 49 Betten stehen zur Verfügung (9 Mehrbettzimmer @ 5 Betten, 2 Leiterzimmer @ 2 Betten mit eigenem Bad), dazu zwei Seminarräume für 15 bzw. 49 Personen, Küche mit Gastro-Geräten, großer Gruppen- und Speiseraum, kleiner Aufenthaltsraum mit Fernseher. Auf dem weitläufiges Gelände mit schönem Ausblick gibt es Feuerstelle, Beachvolleyball, Bolzplatz, Trampolin, Skateplatz mit Mini-Ramp, Streetball und Pferderanch.[7]
Gebietsreform
Am 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Mardorf im Zuge der Gebietsreform in Hessen als Stadtteil der Stadt Homberg, Bezirk Kassel, heute Homberg (Efze), auf freiwilliger Basis eingegliedert.[8][9] Für Mardorf, wie für die in der Kreisstadt Homberg (Efze) eingegliederten ehemals selbständigen Gemeinden (Stadtteile), wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[10]
Einwohnerentwicklung
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1537: | 21 Hausgesesse, 7 Hübner, 10 Köttner, 6 Beisassen (22 1⁄2 landgräfliche Huben). |
• 1575: | 24 Hausgesesse |
• 1639: | 8 verheiratete, 2 verwitwete Hausgesesse |
• 1742: | 33 Häuser |
• 1747: | 33 Häuser, 179 Einwohner |
Mardorf: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2015 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 413 | |||
1840 | 451 | |||
1846 | 406 | |||
1852 | 388 | |||
1858 | 344 | |||
1864 | 367 | |||
1871 | 361 | |||
1875 | 363 | |||
1885 | 324 | |||
1895 | 333 | |||
1905 | 366 | |||
1910 | 363 | |||
1925 | 388 | |||
1939 | 403 | |||
1946 | 741 | |||
1950 | 760 | |||
1956 | 544 | |||
1961 | 512 | |||
1967 | 505 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 471 | |||
2015 | 505 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[11]; Stadt Homberg (Efze):[2] |
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1861: | alle Einwohner evangelisch-reformiert |
• 1885: | 324 evangelische (= 100 %) Einwohner |
• 1961: | 422 evangelische (= 82,42 %), 86 katholische (= 16,80 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
• 1961: | Erwerbspersonen: 116 Land- und Forstwirtschaft, 95 Produzierendes Gewerbe, 18 Handel und Verkehr, 19 Dienstleistungen und Sonstiges.[1] |
Projekt Titanic
Im Sommer 2008 führte der hier ansässige Landart-Künstler Hans-Joachim Bauer das monumentale Projekt Titanic auf der Gemarkung von Mardorf durch. In den Originalmaßen des untergegangenen Ozeanriesen ließ Bauer auf diese Weise das Schiff auf Land als gewaltige und weithin sichtbare Form neu entstehen, indem der Umriss des Schiffes aus einem Kornfeld heraus geackert wurde. Landwirte und Bewohner des Ortes waren aktiv in dieses Kunstprojekt einbezogen – eine „soziale Plastik“ im Sinne von Joseph Beuys.
Einzelnachweise
- Mardorf (Großenmardorf), Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Einwohner (1. und 2. Wohnsitz). In: Webauftritt. Stadt Homberg (Efze), abgerufen im November 2020.
- Homberger Hefte, Beiträge zur Heimatgeschichte und Familienkunde
- Die Aktiengesellschaft Warsteiner Gruben- und Hüttenverein wurde 1873 gegründet und 1885 in Aktiengesellschaft Warsteiner Gruben- und Hüttenwerke umbenannt. 1925 erfolgte die Übernahme der Herzoglichen Eisen- und Emaillierwerke AG in Primkenau bei Glogau in Niederschlesien und gleichzeitig damit die Umbenennung in Warsteiner und Herzoglich Schleswig-Holsteinische Eisenwerk AG. Nach dem Verlust der schlesischen Betriebe als Folge des Zweiten Weltkriegs erfolgte 1948 eine erneute Umbenennung in Warsteiner Eisenwerke AG. Wegen finanzieller Schwierigkeiten musste das Unternehmen 1967 den Betrieb einstellen und einen Vergleich beantragen; es wurde 1969 liquidiert.
- Buderus: Informationen zur Grube Mardorf
- Buderus: Informationen zur Grube
- Gruppenhaus am Mosenberg., abgerufen im Mai 2019.
- Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328, Abs. 55 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 391.
- Hauptsatzung. (PDF; 159 kB) § 7. In: Webauftritt. Stadt Homberg (Efze), abgerufen im November 2020.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
Weblinks
- Mardorf. In: Webauftritt. Stadt Homberg (Efze)
- Mardorf (Großenmardorf), Schwalm-Eder-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Suche nach Mardorf (Homberg) In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Literatur
- Bruno Th. Giesecke: Analysen des Bohnerzes von Mardorf und des daraus gewonnenen Roheisens. (Dissertation, Universität Göttingen.) Giesecke & Devrient, Leipzig, 1858
- Literatur über Mardorf In: Hessische Bibliographie[1]
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!