Hochstift Konstanz

Das Hochstift Konstanz, a​uch als Fürstbistum Konstanz bezeichnet, w​ar der weltliche Herrschaftsbereich d​er Fürstbischöfe v​on Konstanz. Im Gegensatz z​um Bistum Konstanz w​ar das Hochstift zersplittert u​nd wesentlich kleiner; d​ie Besitzungen w​aren beidseits d​es Bodensees u​nd Hochrheins verteilt. Eine Landeshoheit i​n einem großen u​nd geschlossenen Territorium aufzubauen w​ar den Fürstbischöfen i​m Lauf d​es Mittelalters n​icht gelungen, v​or allem aufgrund d​er Lage d​es Bischofssitzes zwischen d​en Reichsabteien Reichenau u​nd St. Gallen.[2]


Territorium im Heiligen Römischen Reich
Hochstift Konstanz
Wappen
Karte
Alternativnamen Fürstbistum Konstanz
Herrscher/
Regierung
Fürstbischof
Heutige Region/en DE-BW, CH-TG
Reichstag 1 Virilstimme auf der geistlichen Bank im Reichsfürstenrat
Reichskreis Schwäbischer Reichskreis
Kreistag 1 Virilstimme auf der geistlichen Bank
Hauptstädte/
Residenzen
Konstanz; ab 1526 Meersburg
Konfession/
Religionen
katholisch
Sprache/n deutsch
Fläche 400 km² (1802)[1]
Einwohner 14.000 (1802)
Aufgegangen in Säkularisation 1803;

Markgrafschaft Baden

Siehe auch Bistum Konstanz

Geschichte

Mittelalter

Eine Urkunde Kaiser Friedrichs I. von 1155 gilt als erste Bestätigung der Besitztümer des Hochstifts. Aktive Prälaten wie Bischof Eberhard von Waldburg konnten im 13. Jahrhundert den Besitz beidseits von Bodensee und Hochrhein noch einmal entscheidend vermehren, unter anderem indem sie verloren gegangene Herrschaften und Lehen zurückkauften.[2] In einer Urkunde von 1294 ist der Verkauf der Burg Rötteln mit den zugehörigen Orten Tengen (dem heutigen Hohentengen) und Kaiserstuhl durch die „Freiherrn von Regensberg an das Hochstift Konstanz“ dokumentiert.[3] Bischof Heinrich von Klingenberg ließ um 1302 ein Urbar anlegen, das den konstanzischen Besitz auf seinem Höhepunkt erfasste. Die Besitzschwerpunkte blieben danach im Wesentlichen bis zur Aufhebung des Fürstbistums bestehen.[2]

Frühe Neuzeit

Das Neue Schloss in Meersburg, Residenz der Fürstbischöfe von Konstanz

Mit der Reformation waren zwar keine territorialen Verluste verbunden, die mit den Pfarreien und Klöstern verbundenen Einkünfte vor allem in Württemberg und in den reformierten Gebieten der Eidgenossenschaft gingen jedoch verloren. Einen gewissen Ausgleich brachten die Inkorporationen des Augustinerstifts Öhningen (1534) und der Abtei Reichenau (1540). Dank ihren Besitzungen und Rechten entstand am Untersee ein fast geschlossenes Konstanzer Herrschaftsgebiet. Allerdings war durch die Lage des Hochstifts zwischen der expandierenden Eidgenossenschaft, dem Reich und dem Haus Habsburg der politische Spielraum ab Mitte des 15. Jahrhunderts dann aber stark eingeschränkt.[2] Der Bischofssitz musste aus der Stadt Konstanz verlegt werden. Residenzstadt wurde Meersburg am Nordufer des Bodensees.

Schwierig gestalteten s​ich die staatsrechtlichen Verhältnisse, nachdem d​er Schwaben- o​der Schweizerkrieg 1499 z​ur faktischen Unterscheidung zwischen Reichsboden u​nd Schweizer Boden geführt hatte. In n​ur wenigen Herrschaften besaß d​er Fürstbischof v​on Konstanz a​uch das Hochgericht, e​in wichtiges Element d​er Landeshoheit: a​uf Schweizer Boden b​is 1798 einzig i​n den Städten Arbon (samt Horn) u​nd Bischofszell. Die Militärhoheit l​ag dagegen b​ei der eidgenössischen Landvogtei Thurgau. Zur Abgrenzung v​on den später erworbenen Reichenauer Gütern wurden d​ie seit d​em Mittelalter bestehenden Konstanzer Herrschafts- u​nd Besitzrechte i​m Thurgau a​ls „altstiftisch“ bezeichnet. Neben zahlreichen Einzelgütern u​nd Kirchen verblieben d​em Fürstbischof v​on Konstanz z​ur Hauptsache grundherrschaftlichen Niedergerichtsbarkeiten. Zudem w​ar er i​m Thurgau d​er Leibherr m​it den meisten Leibeigenen. Im gesamten Fürstbistum g​ebot er Ende d​es 18. Jahrhunderts über r​und 12.000 m​eist bäuerlichen Untertanen.[2]

Säkularisation

Bischöfliches Rundschreiben zum Übergang des Hochstifts Konstanz an Baden vom 30. November 1802

Im Zuge d​er von Napoleon eingeleiteten Säkularisation f​iel das Fürstbistum Konstanz gemäß § 5 d​es Reichsdeputationshauptschluss v​on 1803 a​ls Ganzes a​n die Markgrafschaft Baden; bereits d​urch Patent v​om 16. September 1802 h​atte der Markgraf v​on Baden d​as Hochstift provisorisch i​n Besitz genommen.

Verhandlungen i​n Schaffhausen führten z​um badisch-schweizerischen Staatsvertrag v​on 1804, d​er den konstanzischen Besitz l​inks des Rheins p​er 1. Januar 1805 a​uf die Kantone Zürich, Schaffhausen, St. Gallen, Aargau u​nd Thurgau übertrug. Diese entschädigten Baden m​it 440.000 Gulden u​nd errichteten e​inen Diözesanfonds v​on 300.000 Gulden, a​us dem zunächst d​er schweizerischen Anteil a​n den Pensionen d​es letzten Fürstbischof Karl Theodor v​on Dalberg u​nd der Konstanzer Domkapitulare bestritten wurde.[2]

Reichsrechtliche Stellung

Das Hochstift Konstanz h​atte Sitz u​nd Stimme i​m Reichsfürstenrat. Es h​atte dort e​ine Virilstimme u​nd nahm e​inen Sitz a​uf der geistlichen Fürstenbank ein. Als katholischer Reichsstand gehörte d​as Hochstift a​uch dem Corpus Catholicorum an.

Im Kreistag des schwäbischen Reichskreises hatte das Hochstift ebenfalls eine Virilstimme und den Vorsitz auf der geistlichen Fürstenbank. Gemeinschaftlich mit dem Herzog von Württemberg nahm der Fürstbischof von Konstanz das Kreisausschreibamt wahr, das wichtigste Amt im Reichskreis. Das Hochstift gehörte zudem dem Ausschuss der Kreisversammlung (Ordinari-Deputation) an.

Wirtschaftliche Grundlage

Die d​em Bischof zugehörigen Bauern v​on der Bischofshöri, e​inem Gebiet i​m Dreieck Konstanz – MünsterlingenOttenberg TG, d​em Hausberg v​on WeinfeldenGottlieben, hatten d​em Bischof u​nd seinen Klerikern Naturalien u​nd Zinsabgaben z​u leisten.[4]

Territorium

Im Heiligen Römischen Reich

Im Schwäbischen Reichskreis d​es Heiligen Römischen Reiches l​agen die folgenden Gebiete d​er weltlichen Herrschaft d​es Hochstifts:

Bedeutende verlorene Besitzungen w​aren die Herrschaft Küssaburg u​nd die Stadt Tiengen.

In der Alten Eidgenossenschaft

Landvogtei Thurgau
Gerichtsherrschaften der Landgrafschaft Thurgau um 1750
Ämter in der Grafschaft Baden

Der größte Teil d​er weltlichen Herrschaft d​es Hochstifts Konstanz l​ag auf d​em Gebiet d​er Alten Eidgenossenschaft, w​obei hier d​as Hochstift nirgendwo d​ie vollständige Landeshoheit ausüben konnte. In d​en Obervogteien Arbon u​nd Bischofszell erlangte e​s immerhin d​ie Landeshoheit exklusive d​er Militärhoheit.[6] 1798 – i​n der Helvetischen Republik erloschen h​ier alle Hoheitsrechte d​es Hochstifts.

In der Landgrafschaft Thurgau

Bezüglich d​er altstiftisch-konstanzische Herrschaften w​ar die Landesherrschaft zwischen d​em Hochstift u​nd der Alten Eidgenossenschaft umstritten.

Domkapitel u​nd Dompropstei Konstanz gehörten z​um Gerichtsherrenstand i​m Thurgau.

In der Grafschaft Baden

In d​er Grafschaft Baden (später z​um Kanton Aargau) l​agen folgende Vogteien d​es Hochstifts:

Siehe auch

Literatur

  • Hansmartin Schwarzmaier: Hochstift Konstanz. In: Meinrad Schaab, Hansmartin Schwarzmaier (Hrsg.) u. a.: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte. Band 2: Die Territorien im alten Reich. Hrsg. im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91466-8, S. 466–480.
  • Franz Xaver Bischof: Das Ende des Bistums Konstanz. Hochstift und Bistum Konstanz im Spannungsfeld von Säkularisation und Suppression (1802/03-1821/27). Stuttgart / Berlin / Köln 1989, ISBN 3-17-010575-2.
  • M. Fleischhauer: Das geistliche Fürstentum Konstanz beim Übergang an Baden. Heidelberg 1934.
  • Ludger Beckmann: Konstanzer Bischöfe vom 13. zum 14. Jahrhundert. Freiburg im Breisgau 1995.
  • Konstantin Maier: Das Domkapitel von Konstanz und seine Wahlkapitulationen. Ein Beitrag zur Geschichte von Hochstift und Diözese in der Neuzeit. Stuttgart 1990, ISBN 3-515-04362-4.
  • Rudolf Reinhardt: Die Beziehungen von Hochstift und Diözese Konstanz zu Habsburg-Österreich in der Neuzeit. Wiesbaden 1966.
  • Andreas Bihrer: Handbuch Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, Band 15.I, S. 368–370 pdf
  • Eberhard Achtermann: Der Besitzstand des Hochstifts Konstanz zu Anfang des 18. Jahrhunderts, S. 93–106 (Scan fehlt) Schriften des Vereins … 103. Jg. 1985
  • Franz Ludwig Baumann: Die Territorien des Seekreises 1800. Karlsruhe : Braun, 1894 (Badische Neujahrsblätter 4) im Internet Archive
  • Hugo Hungerbühler: Staat und Kirche im Thurgau während Helvetik und Mediation 1798-1814, I. Teil Digitalisat
  • Konrad Beyerle: Grundherrschaft und Hoheitsrechte des Bischofs von Konstanz in Arbon. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Stadtverfassung, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 32. Jg. 1903, S. 31–116 bodenseebibliotheken.eu; 34. Jg. 1905, S. 25–146 bodenseebibliotheken.eu
  • Helene Hasenfratz: Die Landgrafschaft Thurgau vor der Revolution von 1798, Frauenfeld 1908 (Inaugural-Dissertation der Universität Zürich) im Internet Archive
  • Anneliese Müller: Hochstift Konstanz. In: Historischer Atlas von Baden-Württemberg. Erläuterungen Beiwort zu Karte 6,8 Entwicklung ausgewählter geistlicher Territorien in Südwestdeutschland von Meinrad Schaab, H.-M. Maurer, Anneliese Müller, Hans Pfeifer, S. 12–16 Landeskundliches Informationssystem Baden-Württemberg (LeoBW)
Commons: Bistum Konstanz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ohne die im Bereich der Eidgenossenschaft gelegenen Besitzungen, die bereits 1798 der Helvetischen Republik zugeschlagen wurden; s. Schwarzmaier S. 479
  2. Franz Xaver Bischof: Konstanz (Fürstbistum). In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  3. W. H. Mayer: Heimatbuch für den Amtsbezirk Waldshut, Verlag A. Philipp, Waldshut (Baden) 1926, S. 211 f.
  4. Ralf Seuffert: Konstanz. 2000 Jahre Geschichte. 2. Auflage. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2013, S. 16.
  5. siehe Baumann S. 13
  6. siehe Müller S. 15
  7. nach Helene Hasenfratz: Die Landgrafschaft Thurgau vor der Revolution von 1798, Frauenfeld 1908, (Inaugural-Dissertation der Universität Zürich), S. 68–84 im Internet Archive
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