Lithium-Luft-Akkumulator
Der Lithium-Luft-Akkumulator ist eine mit Stand 2019 in der Laborforschung befindliche Ausführung eines wiederaufladbaren Akkumulators mit einer Zellspannung von 2,96 V. Der Lithium-Luft-Akkumulator mit metallischer Elektrode aus Lithium zählt von seinem Aufbau nicht zu den Lithium-Ionen-Akkumulatoren, in welchen Lithium als Ionenquelle und nur in chemisch gebundener Form vorkommt[1], sondern verwendet die Umgebungsluft als Oxidator.
Es existieren mehrere mögliche Ausführungsformen, die seit Jahren Thema verschiedener Forschungsarbeiten sind. Der Grund für die Forschungstätigkeiten in diesem Bereich liegt in der theoretisch hohen spezifischen Energie von 40,10 MJ/kg (11,14 kWh/kg). Damit würden Lithium-Luft-Akkumulatoren eine um ca. 10- bis 20-fach höhere spezifische Energie als herkömmliche Lithiumionenakkumulatoren aufweisen[2] und sich an die Energiedichte von Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren annähern.
Aufbau
Trotz der in Details unterschiedlichen Ausführungsformen ist das grundlegende Funktionsprinzip bei allen Lithium-Luft-Akkumulatortypen gleich. Bei der Entladung wird an der negativen Lithium-Elektrode unter Abgabe eines Elektrons ein positives Lithiumion über den Elektrolyten an die positive Elektrode abgegeben, wohin das Elektron über einen äußeren Leiter gelangt. Dort wird Sauerstoff (O2) reduziert, wobei zunächst Lithiumperoxid (Li2O2) und danach Lithiumoxid (Li2O) entsteht. Bei der Ladung des Akkumulators kehrt sich dieser Vorgang um: an der positiven Elektrode wird Sauerstoff abgegeben, an der negativen Elektrode wird metallisches Lithium abgeschieden.
Die positive Elektrode ist aus mesoporösem Kohlenstoff aufgebaut und ist am elektrochemischen Prozess nicht direkt beteiligt. Der Kohlenstoff dient als elektrischer Leiter und Anschluss, die mesoporöse Struktur zur Maximierung der Oberfläche, um die Oxidation der Lithiumionen bzw. den Zutritt des Sauerstoffs zu erleichtern. Die negative Elektrode besteht aus einem Block aus metallischem Lithium. Zwischen den beiden Elektroden befindet sich ein Elektrolyt, welcher flüssig oder fest sein kann. Im Letzteren Fall liegt ein Festkörperakkumulator vor.
Technische Schwierigkeiten
Die praktische Umsetzung von Lithium-Luft-Akkumulatoren stößt auf verschiedene Schwierigkeiten, weshalb dieser Akkumulatortyp im Forschungsstadium ist. Zu den Hauptproblemen des Lithium-Luft-Akkumulators zählen unter anderem:[3]
- An der mesoporösen Elektrode aus Kohlenstoff kommt es zu einer Verstopfung, welche die Kapazität reduziert.
- Die Wirkungen der Porengröße und deren Verteilung im Kohlenstoff werden nur unvollständig verstanden.
- Wird der Sauerstoff der Umgebungsluft entnommen, kann es durch den in der Umgebungsluft immer vorhandenen Wasserdampf (Luftfeuchtigkeit) zu einer Beeinträchtigung der galvanischen Zelle kommen. Ist die Zelle hermetisch abgeschlossen, sinkt die hohe spezifische Energie, da das Reservoir für den Sauerstoff mitgerechnet werden muss.
- Speziell beim Laden von Lithium-Luftakkus kommt es zur Bildung des extrem reaktiven Singulett-Sauerstoff, der zur Korrosion der Kathodenmaterialien führt und die zyklische Lebensdauer massiv reduziert.[4]
- An der metallischen Lithiumelektrode kann es durch ungewolltes Kristallwachstum und die Ausbildung von sogenannten Dendriten zu inneren elektrischen Kurzschlüssen im Akkumulator kommen.
Angesichts der vielen Schwierigkeiten sieht der Batteriematerialforscher M. Stanley Whittingham keine Chance auf einen Einsatz von Lithium-Luft-Batterien in Elektrofahrzeugen.[5] Viele Forscher würden sie sogar als hoffnungslosen Fall betrachten.[5]
2016 beschrieb das Massachusetts Institute of Technology eine neue Bauart, bei welcher der Sauerstoff zwischen unterschiedlichen Lithium-Sauerstoffverbindungen in einem geschlossenen Kreislauf so übertragen wird, dass ein gasförmiger Zustand nicht vorkommt. Zugleich erhöht sich mit dieser Bauart der Wirkungsgrad erheblich.[6]
Historisches
Die hohe theoretische Energiedichte von Lithium-Luft-Batterien ist schon lange bekannt. Nachdem gezeigt worden war, dass eine Verwendung von Lithium in wässrigen konzentrierten LiOH-Lösungen denkbar sei,[7] wurde eine wasserbasierte Lithium-Luft-Batterie Anfang der 1980er Jahre auch im Hinblick auf eine Verwendung in Elektrofahrzeugen bewertet.[8] Die damalige, in den USA angefertigte Studie sprach von einer geringen Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Einsatzes, insbesondere weil die US-amerikanischen Lithiumreserven für einen breiten Einsatz nicht ausreichen würden.[8] 1987 wurde ein Hochtemperatur-Lithium-Luft-Akkumulator vorgestellt, der einen festen Elektrolyten auf Zirkoniumoxidbasis verwendete.[9] 1996 wurde ein Lithium-Luft-Akkumulator mit Polymerelektrolyt vorgestellt.[10][11]
Forschende
Der Lithium-Luft-Akku ist nicht kommerziell erhältlich, ein Großteil der Forschung am Lithium-Luft-Akku erfolgt mit öffentlichen Geldern, z. B. an Universitäten. Es gibt aber auch Firmen, die sich an der Forschung beteiligen, z. B. die Firma PolyPlus Battery Company Inc.[12][13] Auch die Firmengruppe Yardney Technical Products/Lithion Inc. hat daran gearbeitet.[14] IBM startete 2009 das Battery 500-Projekt, das ebenfalls die Entwicklung einer Lithium-Luft-Zelle zum Ziel hatte.[15] In Deutschland arbeitete ein Firmenkonsortium unter Beteiligung der Firmen Schott AG, Volkswagen AG, Chemetall/ Rockwood Lithium und Varta Microbattery am Lithium-Luft-System.[16] Im Januar 2022 wurde von einer japanischen Forschergruppe die Entwicklung eines Lithium-Luft-Akkus mit 500 Wh/kg und 100 Zyklen bekanntgegeben. Die Kombination aus Energiedichte und Zyklenzahl gilt dabei als Neuerung.[17]
Einzelnachweise
- Thomas B. Reddy, Sohrab Hossain: Handbook Of Batteries. Hrsg.: David Linden, Thomas B. Reddy. 3. Auflage. McGraw-Hill, 2002, ISBN 0-07-135978-8, Kapitel 34: Rechargeable Lithium Batteries (Ambient Temperature), S. 34.1 - 34.4.
- G. Girishkumar, B. McCloskey, A. C. Luntz, S. Swanson, W. Wilcke: Lithium-Air Battery: Promise and Challenges. In: The Journal of Physical Chemistry Letters. Band 1, Nr. 14, 15. Juli 2010, S. 2193–2203, doi:10.1021/jz1005384.
- A. Kraytsberg, Y. Ein-Eli: Review on Li–air batteries—Opportunities, limitations and perspective. In: Journal of Power Sources. Band 196, Nr. 3, 2011, S. 886–893, doi:10.1016/j.jpowsour.2010.09.031.
- Singlet Oxygen Formation during the Charging Process of an Aprotic Lithium–Oxygen Battery J. Wandt, P. Jakes, J. Granwehr, H.A. Gasteiger, R.-A. Eichel, Angew. Chem. Int. Ed. 2016, 128, 7006–7009. doi:10.1002/anie.201602142
- Richard van Noorden: The rechargeable revolution: A better battery. In: Nature. Band 507, 5. März 2014, S. 26–28, doi:10.1038/507026a.
- David L. Chandler: New lithium-oxygen battery greatly improves energy efficiency, longevity In: MIT News Office, 25. Juli 2016. Abgerufen am 29. August 2016.
- E. L. Littauer and K. C. Tsai: Anodic Behavior of Lithium in Aqueous Electrolytes. I. Transient Passivation. In: The Electrochemical Society (Hrsg.): Journal of The Electrochemical Society. Band 123, Nr. 6, Juni 1976, ISSN 1945-7111, S. 771–776, doi:10.1149/1.2132931.
- Ralph J. Brodd, A. John Appleby, Ernest B. Yeager: Assessment of Research Needs for Advanced Battery Systems. Report of The Committee on Battery Materials Technology. Hrsg.: National Research Council (U.S.). HMAB-390. National Academy Press, Washington, D.C. 1982, Part 3. Reports on Specific Battery Systems, 3.4. Metal Air and Zn-MnO2 Battery Systems, 3.4.5. Lithium-Air System, S. 92–94 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 27. Juni 2015]).
- Krystyna W. Semkow, Anthony F. Sammells: A Lithium Oxygen Secondary Battery. In: The Electrochemical Society (Hrsg.): Journal of The Electrochemical Society. Band 134, Nr. 8, August 1987, ISSN 1945-7111, S. 2084–2085, doi:10.1149/1.2100826.
- Kuzhikalail M. Abraham, Zhiping Jiang: A Polymer Electrolyte‐Based Rechargeable Lithium/Oxygen Battery. In: The Electrochemical Society (Hrsg.): Journal of The Electrochemical Society. Band 143, Nr. 1, Januar 1996, ISSN 1945-7111, S. 1–5, doi:10.1149/1.1836378.
- Patent US5510209: Solid polymer electrolyte-based oxygen batteries. Angemeldet am 5. Januar 1995, veröffentlicht am 23. April 1996, Anmelder: Eic Laboratories, Inc., Erfinder: Kuzhikalail M. Abraham, Zhiping Jiang (Verfallenes Patent).
- Advanced Lithium Battery Technology - Lithium Air. (Nicht mehr online verfügbar.) PolyPlus Battery Company Inc., 2009, archiviert vom Original am 26. Juli 2015; abgerufen am 29. Juli 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Steven J. Visco: Manufacturing of Protected Lithium Electrodes for Advanced Lithium-Air, Lithium-Water & Lithium-Sulfur Batteries. (PDF) In: AMO PEER REVIEW, MAY 28-29, 2015. US Department of Energy, 28. Mai 2015, abgerufen am 29. Juli 2015 (The Advanced Manufacturing Office (AMO) conducted a Peer Review of its Research, Development, and Demonstration (RD&D), Facilities, and Analysis activities in Washington, DC, on May 28-29, 2015).
- Arthur Dobley, Joseph DiCarlo, Kuzhikalail M. Abraham: Non-aqueous Lithium-Air Batteries with an Advanced Cathode Structure. (PDF) In: The proceedings of the 41st Power Sources Conference, Philadelphia, PA June 2004. 2004, abgerufen am 29. Juli 2015.
- Winfried Wilcke: The Battery 500 Project. IBM Research, abgerufen am 29. Juli 2015.
- Christine Fuhr, Klaus Bernhard Hofmann: Mehr Reichweite für Elektroautos. In: Presseinformationen der SCHOTT AG. SCHOTT AG, Mainz, 23. Januar 2013, abgerufen am 29. Juli 2015.
- Japanese consortium builds lithium-air battery with energy density of 500 Wh/kg. Abgerufen am 2. Februar 2022.