Hochspannungsleitung
Hochspannungsleitungen sind Stromleitungen zur Übertragung von elektrischer Energie über große Distanzen. Da bei gleichbleibender elektrischer Leistung die Übertragungsverluste umso geringer sind, je höher die zur Übertragung verwendete elektrische Spannung und je kleiner der damit übertragene elektrische Strom ist, werden sie mit Spannungen über 10 kV bis etwa 1 MV betrieben.[1]
Freileitungen
Hochspannungsleitungen werden in vielen Ländern vorwiegend als Freileitung gebaut, da sie in den meisten Fällen preiswerter, wartungsfreundlicher und verlustärmer als Erdkabel und Seekabel sind. Hochspannungsleitungen werden üblicherweise mit Dreiphasenwechselstrom betrieben, was gegenüber einer Gleichspannungsübertragung den Vorteil einer einfachen Spannungsänderung mit Transformatoren bietet. Denn um eine hohe elektrische Leistung mit geringen Verlusten übertragen zu können, sind hohe Spannungen erforderlich. Andererseits bringt die Wechselspannungsübertragung – vor allem bei großen Entfernungen – auch höhere Übertragungsverluste durch kapazitive wie induktive Effekte mit sich.
Die stromführenden Leiterseile werden an Masten mit Isolatoren befestigt. Die Leiterseile bestehen in der Regel aus Aluminiumdrähten, die eine hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen, sowie einer Stahlseele, die eine hohe mechanische Zugfestigkeit gewährleistet. Die Seile haben keine eigene Isolierung, sie sind blank und werden nur durch die umgebende Luft isoliert. Der Leitungswiderstand wird durch den Querschnitt der Leitungen und die elektrische Leitfähigkeit des verwendeten Materials bestimmt.
Pro Leiterseil kann maximal eine Stromstärke von etwa 2 Kiloampere transportiert werden. Der Verbesserung des Übertragungswirkungsgrads mit höheren Spannungen durch einen relativ dazu geringeren ohmschen Verlust stehen andere Verluste wie die durch Koronaentladung entgegen. Höchstspannungsleitungen zur Übertragung elektrischer Leistung über große Distanzen haben überwiegend eine Spannung von 380 kV.
Im Gegensatz zu ausreichend isolierten Erdkabeln stellen hochspannungsführende Freileitungen jedoch eine erhöhte Gefahr dar, da bereits bei der kontaktlosen Annäherung Lichtbögen möglich sind und diese (bei ausreichender Stromstärke) Personen oder andere Lebewesen lebensgefährlich verletzen oder Brände von Gegenständen verursachen können. Daher müssen die empfohlenen Sicherheitsabstände beachtet werden, die mit zunehmender Spannung steigen.[2]
Übertragungsverluste
Bei der Energieübertragung in Hochspannungsleitungen treten Verluste primär durch den ohmschen Leitungswiderstand und in geringem Ausmaß durch Koronaentladungen auf.
Bei Betrieb einer Drehstrom-Hochspannungsleitung muss weiter deren Blindleistung kompensiert werden (Blindleistungskompensation). Der Blindleistungsbedarf der Leitung ergibt sich aus Kapazitäts- und Induktivitätsbelag, der unter anderem von der Form der Freileitungsmasten, von der Leiteranordnung am Mast und vom Leiterquerschnitt abhängt. Typische Werte der Betriebskapazitäten bei 380-kV-Hochspannungsleitungen liegen in der Größenordnung von 5 nF/km bis 10 nF/km, bei niedrigeren Spannungsebenen sind höhere Werte üblich. Jedoch überwiegen bei Freileitungen im Gegensatz zu Kabeln meist die Induktivitätsbeläge. Um den Blindleistungsbedarf in allen Leitern gleich zu halten, werden Freileitungen durch Verdrillmasten in regelmäßigen Abständen symmetriert.
Zur Blindstromkompensation der Leitung befinden sich bei den Leistungstransformatoren an Tertiärwicklungen spezielle statische Blindleistungskompensatoren, wobei der Blindstrom am Anfang der Leitung zusätzliche ohmsche Verluste im Leiter verursacht und somit den Gesamtstromanteil der Leitung reduziert. Eine Blindleistungskompensation der Leitung liegt dann vor, wenn die natürliche Leistung übertragen wird, das bedeutet, dass die Lastimpedanz dem Wellenwiderstand der Leitung entspricht. Je höher die Spannungsebene, bei ungefähr gleicher Betriebskapazität, desto höher ist der Blindleistungsbedarf einer Hochspannungsleitung, weshalb bei Wechselspannungsbetrieb die obere Betriebsspannung nicht nur durch die Verluste wie die Koronaentladungen limitiert ist. Das 380-kV-Netz wird daher fast ausschließlich in Form von Freileitungen realisiert, Erdkabel kommen nur in Ausnahmefällen und auf kurzen Strecken zur Anwendung.
Bei der technisch aufwändigeren Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) gibt es durch die Gleichspannung keine Blindleistung. Die HGÜ wird dort eingesetzt, wo konstruktionsbedingt hohe Betriebskapazitäten entlang der Leitung auftreten, wie bei erdverlegten Hochspannungskabeln und insbesondere bei Seekabeln. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Übertragung von elektrischer Energie mit Höchstspannung über weite Strecken.
Ohmsche Verluste
Gegeben: Leitungswiderstand
Übertragene Wirkleistung und Scheinleistung
d. h., die Verlustleistung nimmt bei gleicher Wirkleistung quadratisch mit der Spannung ab. Allerdings wird der Aufwand für die Isolation mit zunehmender Spannung größer. Die Übertragungsverluste betragen etwa 6 % je 100 km bei einer 110-kV-Leitung und lassen sich mit 800-kV-Höchstspannungsleitungen auf etwa 0,5 % je 100 km reduzieren.
Koronaentladung
Höchstspannungsleitungen werden im Rahmen des europäischen Verbundsystems (vormals „UCTE-Verbundnetz“) mit Spannungen dauerhaft bis zum 1,15-fachen der Nennspannung betrieben,[3] die als Effektivwert angegeben wird. Dies führt bei einem 380-kV-System zu einer Betriebsspannung bis 437 kV; bei der verwendeten Sinusform ergibt sich ein Scheitelwert von etwa 620 kV zwischen den Leitern. Immer dann, wenn dieser Scheitelwert erreicht wird, ist die elektrische Feldstärke rund um die Leitung so groß, dass die Durchschlagsfestigkeit der Luft fast erreicht ist. Dann wird die Luft in unmittelbarer Umgebung des Leiterseiles ionisiert, also schwach leitfähig, und es geht Leistung verloren. Da dieser Effekt an Spitzen besonders ausgeprägt ist, wird die Feldstärke an diesen Stellen durch Koronaringe reduziert. Je größer der Krümmungsradius, desto geringer ist die elektrische Feldstärke an der Oberfläche und die dadurch entstehende Koronaentladung. Mit Hilfe der Koronakamera kann der ultraviolette Lichtanteil der Koronaentladungen optisch erfasst werden.
Ein weiteres Mittel zur Reduktion der Spitzenentladung ist die Vergrößerung des Krümmungsradius der Leitung durch Parallelschaltung von zwei bis vier Einzelseilen zu einem Bündelleiter. Die einzelnen Leiter des Bündelleiters werden dabei durch Abstandshalter auf exakten Abstand zueinander gehalten. Durch den vergrößerten Radius des Leiterverbundes wird die elektrische Feldstärke an der Oberfläche des Leiterbündels reduziert.
Trotz aller dieser Maßnahmen steigen die Verluste durch Koronaentladungen oberhalb einer Betriebsspannung von 500 kV erheblich an. Für die Koronaentladung ist insbesondere die Spannung zwischen Leiterseil und Erdpotential bestimmend. Diese Spannung ist bei Dreiphasennetzen um den Verkettungsfaktor kleiner als die angegebene Spannung zwischen zwei Außenleitern. Sie beträgt bei 380-kV-Höchstspannungsleitungen beispielsweise 220 kV.
Koronaentladungen führen zur Emission von meist ultravioletten Lichtblitzen, die für den Menschen unsichtbar sind. Viele Tiere können UV-Licht jedoch wahrnehmen. Dies wird als eine Ursache dafür gesehen, dass einige Tiere Hochspannungsleitungen meiden.[4][5][6]
Erd- und Seekabel
Neben Freileitungen gibt es auch die Möglichkeit, Hochspannungsleitungen über vergleichsweise kurze Distanzen bis zu einigen 10 km als Erdkabel oder als gasisolierter Rohrleiter (GIL) unterirdisch zu verlegen.[7] Dies betrifft vor allem obere Spannungsebenen mit Betriebsspannungen um 380 kV und darüber. Bei der Netzfrequenz 50 Hertz (also bei Wechselstrom) dürfen Erdkabel maximal 70 km lang sein, weil bei größeren Längen die kapazitiven Blindströme zu groß werden.
Bei Übertragungen von hohen Spannungen über weite Wasserstrecken hinweg werden bevorzugt Seekabel eingesetzt; hierbei wird häufig das Verfahren zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) mit Spannungen zwischen 100 kV und 1 MV angewendet, um Verlusten durch hohen kapazitiven Belag bei der Verwendung von Wechselstrom entgegenzuwirken. Im Unterschied zu Drehstromsystemen gibt es bei HGÜ-Systemen keine Normspannungen. Mehrfach realisiert wurden ±500 kV (also 1 MV zwischen Hin- und Rückleiter).
Hochtemperatursupraleitungen
Durch die Verwendung von GdBa2Cu3O7-δ anstatt Kupfers und Füllung eines Kabelkanals mit flüssigem Stickstoff konnten Hochtemperatursupraleitungen entwickelt werden, die fast 70 % mehr Leitungsfähigkeit nachweisen als die bisherigen Kabel.[8][9] Eine erste Versuchsstrecke bei München befindet sich in Planung. Die Herstellung des Leitermaterials ist aber derzeit noch sehr arbeitsaufwändig (Stand 2021).[10]
Hochspannungsleitungen in Deutschland
Die folgenden Angaben beziehen sich auf den Effektivwert der verketteten Spannung zwischen den Leitern. Von der Nennspannung zu unterscheiden ist die sogenannte höchste Betriebsspannung, welche dauerhaft anliegen darf. Übliche Nennspannungen in Deutschland sind:
- Mittelspannung
- 10 kV / 20 kV / 30 kV / 35 kV
- 15 kV (Gebiet der ehemaligen DDR, meist im Rückbau)
- 15 kV Bahnoberleitung (mit der Frequenz 16,7 Hz)
- Hochspannung
- 60 kV (nur noch selten in Deutschland, aber noch in manchen Kabelnetzen)
- 65 kV (STEAG, Saarland)
- 110 kV (Überlandleitungen, Bahnstrom)
- Im Übertragungsnetz sind die Nennspannungen auf der Ebene der Höchstspannung:
- 220 kV
- 380 kV
Bedeutende/besondere Leitungen
- Bahnstromleitung Neckarwestheim–Zazenhausen, 1977, einzige Bahnstromleitung mit Viererbündeln
- 110-kV-Leitung Lauchhammer–Riesa, 1912, in Europa erste mit 110 kV in Betrieb gegangene Hochspannungsleitung
- Nord-Süd-Leitung Bürs/Tiengen–Brauweiler, 1929, weltweit älteste Verbundleitung und erste Leitung mit 220 kV
- 380-kV-Leitung Etzenricht–Hradec, 1992, bis 1995 die einzige nicht mit dem UCPTE-Netz synchronisierte Leitung in Deutschland
- 380-kV-Transversale Berlin, 1970er-Jahre, als Freileitung und Erdkabel ausgeführte Höchstspannungsleitung quer durch das Berliner Stadtzentrum
- 380-kV-Leitung Wolmirstedt–Greifswald, 1970er-Jahre, längste Stromleitung in Deutschland
- HGÜ Baltic Cable, 1994, längstes Seekabel Europas und höchste Übertragungsspannung in Deutschland mit 450 kV
- 380-kV-Leitung Lübeck-Siems–Lübeck-Herrenwyk (Baltic Cable), einzige nicht mit dem übrigen 380-kV-Netz in Verbindung stehende 380-kV-Leitung
- HGÜ Kontek, 1996, 400 kV-Erd- und Seekabelverbindung zwischen Bentwisch und Bjæverskov Sogn (Dänemark)
- 380-kV-Leitung Mecklar-Vieselbach, 1995, Viererbündel auf hessischer Seite, Dreierbündel und andere Mastbauweise auf thüringischer, Synchronschluss der Stromnetze von Ost- und Westdeutschland.
- 110-kV-Leitung Wolkramshausen – Umspannwerk Neuhof, erbaut 1985, stillgelegt 1990: war eine der wenigen innerdeutschen Stromleitungen, welche die Zonengrenze passierten, angeblich die erste zweikreisige 110-kV-Leitung des innerdeutschen Stromverbundes, wurde aber nach der Wiedervereinigung stillgelegt. Die Masten auf Thüringer Seite stehen aber noch, können jeder Zeit wieder angeschlossen werden.
Hochspannungsleitungen in der Schweiz
Die in der Schweiz üblichen Spannungsebenen sind 380, 220, 110 und 50 kV. Heute ist die Stromversorgung landesweit mit Höchstspannungsleitungen von 380 kV gewährleistet. Als die Stadt Zürich begann, Elektrizität aus Graubünden zu beziehen, bedurfte es einer neuen Hochspannungsleitung von rund 120 Kilometern. Man hatte noch keine Erfahrung im Stromtransport über so große Distanzen. Heute ist diese Trasse auf ganzer Länge für 380 kV ausgelegt.
In den 1950er- und 1960er-Jahren erstellten die Nordostschweizerischen Kraftwerke ihre baugleichen 380-kV-Leitungen Bonaduz–Breite (bei Nürensdorf), Tavanasa–Breite (genannt Vorableitung), Breite–Beznau und Beznau–Laufenburg. Die Masten wurden für die heutigen Verhältnisse zu niedrig gebaut. Schon in den späten 1960er- und den 1970er-Jahren war man bemüht, möglichst hohe Masten zu bauen und das Gebiet unter der Leitung besser nutzen zu können. Die Leitungen des Transportnetzes (380 und 220 kV) mit einer Länge von 6700 km sind seit 2014 vollständig im Eigentum der nationalen Transportnetzgesellschaft Swissgrid, welche auch die Regelzone CH innerhalb des europäischen Stromverbunds betreibt.
Bedeutende/besondere Leitungen
- die längste Hochspannungsleitung der Schweiz zwischen Laufenburg und Creux-de-Chippis,
- die Gotthardleitung,
- die Lukmanierleitung,
- die Vorableitung,
- die Leitung Sils–Fällanden des EWZ.
Hochspannungsleitungen in Österreich
Auch in Österreich wird das Hochspannungsnetz aus den Spannungsebenen 380 kV, 220 kV und 110 kV gebildet. Das 380-kV-Netz ist in Österreich nicht durchgängig ausgebaut, sondern in mehrere Segmente aufgeteilt, die untereinander über 220-kV-Strecken verbunden sind. Die 220-kV-Ebene kommt aus historischen Gründen unter anderem bei den Kraftwerken der Österreichischen Donaukraftwerke (DOKW) zur Anwendung. Der westliche Teil des 380-kV-Netzes in Vorarlberg und Westtirol dient vor allem dem Stromaustausch zwischen den benachbarten Staaten Deutschland, Italien und der Schweiz und ist wie in Vorarlberg direkt der Regelzone der EnBW Energie Baden-Württemberg zugeordnet.
Die östliche und größte Regelzone Österreichs, welche von der Austrian Power Grid AG (APG) betrieben wird, umfasst alle Bundesländer außer Vorarlberg. Darin bildet der geplante 380-kV-Hochspannungsring die zentrale Versorgung. Das 380-kV-Netz dient neben der Stromversorgung des Ballungsraumes um Wien auch dem Stromaustausch zwischen den Nachbarländern Tschechien, Ungarn und Slowenien im Süden. Der Verteilnetzbetreiber Wien Energie Stromnetz besitzt in der Bundeshauptstadt Wien als oberste Spannungsebene ein 380-kV-Netz in Kombination mit einem feinmaschigen 110-kV-Verteilungsnetz im städtischen Bereich. Die 220-kV-Ebene kommt in der Bundeshauptstadt nicht zur Anwendung. Im Frühjahr 2006 wurde die 400-kV-Nordeinspeisung Wien in Betrieb genommen, die neben der Südeinspeisung im Umspannwerk Wien-Südost einen zweiten Anschluss an den überregionalen 380-kV-Hochspannungsring darstellt.
Landesspezifische Besonderheiten
In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Eisenbahnbetrieb überwiegend auf den Betrieb mit Einphasenwechselstrom von 15 kV und 162⁄3 Hz zugeschnitten (wobei die Frequenz inzwischen auf den Dezimalbruchwert von 16,7 Hz festgelegt wurde[11]). Zur flächendeckenden Versorgung mit diesem Stromsystem gibt es daher in diesen Ländern noch separate Bahnstromleitungen neben den üblichen Drehstromfernleitungen. Elektrische Bahnen, die das verbreitete Einphasenwechselstromsystem mit 25 kV / 50 Hz benutzen, könnten theoretisch aus dem 50-Hz-Dreiphasensystem versorgt werden, jedoch unterbleibt dies meist, weil hierbei stark unsymmetrische Lastverteilungen in den Fernleitungen des Dreiphasensystems auftreten können.
In Mitteleuropa werden Hochspannungsleitungen in dichtverbauten städtischen Gebieten fast ausschließlich als Erdkabelsystem realisiert, auch wenn deren Betrieb kostenintensiver als Freileitungen ist. In der Türkei, wie beispielsweise bei der Bosporusquerung in Istanbul, werden Hochspannungsleitungen auch durch Stadtgebiete als Freileitung geführt.
In Deutschland, sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik Deutschland, wurden so gut wie keine Deltamaste errichtet. Der Grund liegt darin, dass Deltamasten nur Platz für ein Dreiphasensystem bieten, während die Tonnenmasten und auch Donaumasten zwei unabhängige Dreiphasensysteme aufnehmen können. Diese können unabhängig voneinander betrieben werden, was im Falle von Störungen oder Wartungsarbeiten wichtig ist. Bei Deltamasten müssen für zwei unabhängige Dreiphasensysteme zwei getrennte Trassen mit entsprechend mehr Flächenbedarf vorgesehen werden, was insbesondere in dichter besiedelten ländlichen Regionen ein Problem darstellt. In der DDR wurden fast alle Leitungen der 110- und 220-kV-Ebene auf Masten mit Einebenenanordnung mit zwei Erdseilen verlegt. In Großbritannien hingegen sind fast alle Hochspannungsleitungen auf Masten mit Dreiebenenanordnung verlegt.
In den USA werden auch Leitungen mit Spannungen über 100 kV (bis 345 kV) manchmal auch auf Holz- oder Kunststoffmasten mit einer Isoliertraverse verlegt. Das Stromnetz wird dort in mehreren, nicht miteinander synchronisierten Teilnetzen betrieben. In vielen dünn besiedelten Ländern mit geringer Landwirtschaft werden Leitungen teilweise auf seilverankerten Portalmasten verlegt.
In der Provinz Québec in Kanada besteht ein ausgedehntes Dreiphasenwechselstromnetz, das mit einer Nennspannung von 735 kV und 315 kV von Hydro-Québec betrieben wird.
Spannungsangaben bei Hochspannungsleitungen
Die Spannungsangaben im Hoch- und Höchstspannungsnetz beziehen sich immer auf die Nennwerte der Netzspannung. Diese sind in den Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber[12] je nach Spannungsebene mit 110, 220 und 380 kV festgelegt. In der europäischen Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb[13] ist für den Normalbetrieb des Netzes im 110-kV-Netz und im 220-kV-Netz ein Spannungsband von 0,90 pu – 1,118 pu und im 380-kV-Netz ein Spannungsband von 0,90 pu – 1,05 pu festgelegt. Damit sind im Normalbetrieb folgende Spannungen zulässig:
- 110-kV-Netz: 99 kV – 123 kV
- 220-kV-Netz: 198 kV – 246 kV
- 380-kV-Netz: 342 kV – 399 kV
Höchste Übertragungsspannung
Die Drehstromleitung Ekibastus–Kökschetau in Kasachstan ist eine Freileitung, die mit der höchsten Dreiphasenwechselspannung von 1,150 MV zwischen den Außenleitern betrieben wird.
In der Nähe von Celilo, Oregon, USA wurde eine HGÜ-Versuchsleitung für 1,33 MV errichtet. Sie sollte Teil einer 1,33-MV-Gleichstromleitung zwischen Celilo und dem Hoover Dam werden, die aber nie gebaut wurde. Die höchste Gleichspannung bei einer im Einsatz befindlichen Anlage liegt aktuell bei ±1100 kV (2,2 MV zwischen den beiden Leitern) Die UHVDC zwischen Changji, China und Xuancheng, nahe Hangzhou, China mit ca. 12000 MW Übertragungsleistung.
Technische Besonderheiten / Freileitungsbau
Die 91,7 km lange Freileitung über den Eagle River im Tongass National Forest in Südostalaska verbindet über 243 Masten das Kraftwerk Lake Tyee mit dem Kraftwerk Swan Lake Dam. Die Leitung wurde ohne Straßenbau mit Hubschraubern errichtet. Die zwölfeckigen Masten wurde per Presssitz auf konische Aufnahmen gesetzt, die über Felsbohrungen verankert wurden. Das längste Spannfeld der Leitung (2,1 km) erfordert für das Leiterseil eine Zugkraft von 66,7 kN.[14]
Literatur
- Rene Flosdorff, Günther Hilgarth: Elektrische Energieverteilung. 8. Auflage. Teubner, 2003, ISBN 3-519-26424-2.
Weblinks
- Lage und Verlauf von Hochspannungsleitungen auf der Open Infrastructure Map
- helmholtz.de: „Warum brummen Hochspannungsleitungen“
Einzelnachweise
- Hermann-Friedrich Wagner: Warum erfolgt Stromübertragung bei hohen Spannungen? auf: weltderphysik.de
- Hans Kemper: Gefahren d. Einsatzst. – Elektrizität (Fachwissen Feuerwehr). ecomed-Storck GmbH, 2015, ISBN 978-3-609-69792-5 (google.com [abgerufen am 30. Mai 2016]).
- Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme. 2., aktualisierte Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-92226-1, Kapitel B.1 – Begriffe und Größen in Drehstromsystemen, S. 911–913.
- Victoria Gill: Animals 'scared' by bursts of light from power cables. In: BBC News. 12. März 2014, abgerufen am 12. März 2014 (englisch).
- R. H. Douglas, G. Jeffery: The spectral transmission of ocular media suggests ultraviolet sensitivity is widespread among mammals. In: Proc. R. Soc. B. 2014, S. 281(1780) doi:10.1098/rspb.2013.2995 (Volltext)
- N. Tyler, K.-A. Stokkan, C. Hogg, C. Nellemann, A.-I. Vistnes, G. Jeffery: Ultraviolet Vision and Avoidance of Power Lines in Birds and Mammals. In: Conservation Biology. 2014. doi:10.1111/cobi.12262
- Hans-Ulrich Paul: Kabel oder Freileitung? (PDF; 356 kB). Informationsveranstaltung des Niedersächsischen Landkreistages. 2007.
- Adriana Olivotti: Rekord-Performance bei HTS-Bandleitern: Stromtragfähigkeit von 1350 Ampere erreicht. (PDF; 122 kB) Pressemittleitung. Theva Dünnschichttechnik GmbH, 12. September 2020, abgerufen am 13. September 2020. Auch: Theva Proline HTS wire: General Properties. (PDF; 785 kB) Produktbroschüre. Theva Dünnschichttechnik GmbH, 18. Dezember 2017, abgerufen am 13. November 2020 (englisch).
- Wolfgang Kempkens: Spezialkabel bringt Strom verlustfrei über weite Strecken. In: golem.de. 8. September 2020, abgerufen am 12. September 2020.
- Hellmuth Nordwig: Supraleiter-Kabel: Die Stromleitung der Zukunft? In: SWR2. Südwestrundfunk, 30. Juni 2021, abgerufen am 28. Januar 2022.
- C. Linder: Umstellung der Sollfrequenz im zentralen Bahnstromnetz von 16 2/3 Hz auf 16,70 Hz. In: Elektrische Bahnen. Heft 12. Oldenbourg-Industrieverlag, 2002, ISSN 0013-5437 (Online). Online (Memento vom 3. November 2013 im Internet Archive)
- Verband der Netzbetreiber: TransmissionCode 2007. (Memento vom 8. September 2016 im Internet Archive) pdf, 618 kB
- Verordnung (EU) 2017/1485 der Kommission vom 2. August 2017 zur Festlegung einer Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb
- Powerline Alaska youtube.com, Wilson Construction Co, 26. April 2016, abgerufen am 13. Oktober 2017. Video 42:46 (englisch)