Steinkugeln von Costa Rica
Die mehr als 350 Steinkugeln von Costa Rica sind präkolumbianische Artefakte. Sie gehören zu den imposantesten archäologischen Relikten auf dem amerikanischen Kontinent. Sie wurden im Jahr 2014 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Steinkugeln von Costa Rica | |
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UNESCO-Welterbe | |
Steinkugel im Hof des Nationalmuseums von Costa Rica | |
Vertragsstaat(en): | Costa Rica |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (iii) |
Fläche: | 24.73 ha |
Referenz-Nr.: | 1453 |
UNESCO-Region: | Lateinamerika und Karibik |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 2014 (Sitzung 38) |
Beschreibung
Die meisten Kugeln bestehen aus Gabbro, einem Tiefengestein ähnlich Granit, etwa jeweils ein Dutzend hingegen sind aus Muschelkalk und Sandstein. Mit Durchmesser zwischen einigen Zentimetern und mehr als zwei Metern, wiegen die schwersten etwa 15 Tonnen.
Fundorte
Es gibt viele Fundorte, die meisten im Diquis Delta und auf der Insel Isla del Caño, weitere am Río Térraba und bei Golfito; alle genannten in der Provinz Puntarenas, die den südlichen und mittleren Teil der Pazifikseite Costa Ricas einnimmt. Aber auch 300 km weiter nördlich in Papagayo auf der Halbinsel Nicoya in der Provinz Guanacaste gab es vereinzelte Funde.
Herstellung und Alter
Wie Bearbeitungsspuren erkennen lassen, wurden die Kugeln vermutlich durch Beschlagen und Schleifen mit Steinen hergestellt. Nahe der Kugeln hat man Zeugnisse aus präkolumbischer Zeit gefunden: bei manchen Keramik aus der Aguas-Buenas-Kultur (200 v. Chr. – 600 n. Chr.), bei anderen Skulpturen vom „Buenos-Aires-Polychrom-Typ“ aus der Zeit um 1000–1500 n. Chr. (gemeint ist Buenos Aires in der Provinz Puntarenas). Als Hersteller der Kugeln vermutet man die Vorfahren der Boruca-Indianer.[1]
Die Altersbestimmung von Steinbearbeitungen ist generell schwierig; hier kommt die Tatsache hinzu, dass die allermeisten Kugeln von ihrem Fundort entfernt wurden und nun beispielsweise auch private Gärten zieren. Als Bestimmungsmethode hat man nur die mittelbare Methode der Stratigraphie, also die Untersuchung von Ausgrabungsschichten auf menschengemachte Spuren. An ihnen kann man jedoch nur die „letzte Benutzung“ der Kugeln abschätzen, aber nicht deren Entstehungszeit — es sei denn, man fände Bearbeitungswerkzeuge, um deren Alterszuordnung vorzunehmen. Eine zeitliche Einordnung der Kugeln in die Zeit zwischen 600 und 1200 n. Chr. gilt jedoch heute als wahrscheinlich.
Forschungsgeschichte
Entdeckt wurden die Steinkugeln sicher mehrfach; erhaltene Berichte gibt es aus dem 19. Jahrhundert. Die heutige Forschung nahm ihren Anfang in den 1930er Jahren, als die United Fruit Company den Dschungel rodete, um Bananenplantagen anzulegen. Arbeiter schoben die Kugeln mit Bulldozern beiseite und beschädigten sie. Als Gerüchte aufkamen, in ihrem Inneren verberge sich Gold, wurden einige sogar mit Dynamit gesprengt. Nachdem die Behörden einschritten, wurden ein paar wieder zusammengefügt und ins Nationalmuseum von Costa Rica gebracht.
Die erste wissenschaftliche Untersuchung wurde kurz danach unternommen von Doris Stone, der Tochter eines United-Fruit-Mitarbeiters. Durch ihre Veröffentlichung aus dem Jahr 1943 in der Zeitschrift American Antiquity[2] wurde Samuel Lothrop vom Peabody Museum of Archaeology and Ethnology der Harvard University auf das Thema aufmerksam.[3] Im Jahr 1948 traf das Ehepaar Lothrop auf einer Forschungsreise in Costa Rica auf Doris Stone, die persönliche Kontakte vermittelte und lohnende Grabungsorte im Diquis Delta zeigte.[4] Lothrops Forschungsergebnisse wurden im Jahr 1963 in Archaeology of the Diquís Delta, Costa Rica veröffentlicht.
Galerie
- Steinkugeln noch unter der Oberfläche
- Arrangement von Steinkugeln im Garten des Nationalmuseums von Costa Rica
- dto.
- Steinkugel im Nationalmuseum von Costa Rica
- Steinkugel aus dem Diquis Delta auf dem Gelände der Harvard University
Siehe auch
Literatur
- Patricia Fernández und Ifigenia Quintanilla: Metallurgy, Balls, and Stone Statuary in the Diquís Delta, Costa Rica: Local Production of Power Symbols. In: Jeffrey Quilter und John W. Hoopes (Hrsg.): Gold and Power in Ancient Costa Rica, Panama, and Colombia. Harvard University, Dumbarton Oaks 2003, S. 204ff. (engl.)
Weblinks
- Diquis Spheres – Steinkugeln von Costa Ricas (Fotos und Informationen)
- Terra X: Ungelöste Fälle der Archäologie – Teil 1, ZDF, 25. März 2018 (Online)
Einzelnachweise
- Javier Martin: Costa Rica's Pre-Columbian Spheres. costaricainfotravel.com. Archiviert vom Original am 9. Mai 2011. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 6. April 2010. — englisches Interview mit der Archäologin Ifigenia Quintanilla, die 1990–1995 unter der Schirmherrschaft des Nationalmuseums von Costa Rica die umfassendste Feldforschung seit Samuel Lothrop unternahm, wie John Hoopes meint; ein Foto von ihr ist auf seiner Website zu finden (Memento des Originals vom 2. April 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- National Academy of Sciences: Samuel Kirkland Lothrup. In: Biographical memoirs, Volume 48. National Academies Press, 1877, S. 253, S. 399 (Abgerufen am 31. März 2010). — auf books.google.com, englisch
- Tim McGuinness: Costa Rican Diquis Spheres: Sphere history. mysteryspheres.com. Archiviert vom Original am 29. März 2010. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 31. März 2010. — englische Edutainment-Site eines amerikanischen Verlags
- Eleanor Lothrop: Prehistoric Stone Balls–a Mystery. In: Picks from the Past. Natural History (magazine). September 1955. Abgerufen am 31. März 2010. — Englischer Reisebericht von Lothrops Ehefrau mit Schwarzweißfotos im „Natural History Magazine“, einer Publikumszeitschrift ähnlich Geo oder National Geographic.