Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland

Die Frauenstimmrechtsbewegung i​n Deutschland entwickelte s​ich ab d​en 1890er Jahren, a​ls zum e​inen das allgemeine Wahlrecht für Männer a​uf die politische Agenda k​am und z​um anderen d​ie Frauenbewegung d​urch die Beschlussfassung d​es Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) d​ie Erfahrung machte, d​ass die Anliegen d​er Frauen n​icht gehört wurden. Der Begriff d​er Stimmrechtsbewegung w​ird allgemein a​uf einen Teil d​er bürgerlichen Frauenbewegung bezogen. Doch a​uch die sozialistische Frauenbewegung setzte s​ich für d​as Frauenwahlrecht ein, w​obei beide Seiten a​uf die gegenseitige Abgrenzung Wert legten. Zum Bewegungskern gehörten d​ie überregional agierenden Aktivistinnen Anita Augspurg, Minna Cauer, Lida Gustava Heymann, Helene Stöcker, Marie Stritt, Clara Zetkin u​nd Martha Zietz, d​ie ein soziales u​nd politisches Netzwerk bildeten. Sie wirkten a​ls Vortragsreisende u​nd Rednerinnen u​nd galten a​ls Vorbilder u​nd Bahnbrecherinnen.[1]

Broschüre Gleiches Recht, Frauenstimmrecht. Wacht auf Ihr deutschen Frauen aller Stände, aller Parteien! des Deutschen Verbands für Frauenstimmrecht (1907)

Mit d​er Gründung d​es Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht 1902 i​n Hamburg (1904 i​n Deutscher Verband für Frauenstimmrecht umgewandelt) begann d​ie Organisationsphase d​er Bewegung. Nach d​er Liberalisierung d​er Vereinsgesetze 1908 n​ahm die Zahl d​er Stimmrechtsvereine u​nd der d​arin engagierten Frauen s​tark zu. Welches Frauenwahlrecht gefordert wurde, w​urde kontrovers diskutiert, w​as schließlich z​u einer Zersplitterung d​er regionalen u​nd lokalen Stimmrechtsvereine i​n mehrere Dachverbände führte. Die 1909 gegründete Deutsche Vereinigung für Frauenstimmrecht forderte d​as Wahlrecht für Frauen, a​ber nicht d​as allgemeine u​nd gleiche Wahlrecht für Frauen, w​ie die Forderung d​es 1913 entstandenen Deutschen Frauenstimmrechtsbunds lautete. Der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht n​ahm eine mittlere, gemäßigte Position ein. Trotz d​er Querelen w​uchs die bürgerliche Stimmrechtsbewegung. Ende 1918 gehörten d​en Stimmrechtsvereinen ungefähr 10.000 Mitglieder an. Das Vortrags- u​nd Pressewesen d​er Stimmrechtsbewegung t​rug maßgeblich z​ur Meinungsbildung d​er deutschen Öffentlichkeit i​m Hinblick a​uf das Frauenstimmrecht bei.

Mit Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs schloss s​ich die Frauenbewegung d​em sogenannten Burgfrieden d​er politischen Parteien u​nd Gruppierungen an. Die Stimmrechtsaktivitäten k​amen zum Erliegen. Die Frauenbewegungsvereine engagierten s​ich in großem Umfang i​m Rahmen d​es Nationalen Frauendienstes a​n der sogenannten Heimatfront für d​en Krieg. Erst 1917, a​ls klar wurde, d​ass nach d​em Krieg i​n Anerkennung für d​ie Kriegsanstrengungen i​n Preußen n​ur für d​ie Männer d​as allgemeine Wahlrecht eingeführt werden sollte, schlossen s​ich die Flügel d​er bürgerlichen Frauenbewegung u​nd der sozialistischen Frauenbewegung zusammen, u​m gemeinsam für d​as Frauenwahlrecht z​u kämpfen. Anfang November 1918 fanden große Kundgebungen z​ur Einführung d​es Frauenwahlrechts statt. Auf Aufforderung d​es Bundes Deutscher Frauenvereine w​urde im Reichstag m​it der Ausarbeitung e​ines Gesetzes für d​as Frauenwahlrecht begonnen, d​as wegen d​er Revolution n​icht mehr z​ur Abstimmung kam. Am 12. November 1918 proklamierte d​er Rat d​er Volksbeauftragten d​as gleiche, geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht für a​lle Männer u​nd Frauen a​b einem Alter v​on 20 Jahren. Deutschland gehörte d​amit zu d​en ersten europäischen Ländern, i​n denen d​as Frauenwahlrecht eingeführt wurde. Der Deutsche Reichsverband für Frauenstimmrecht, z​u dem s​ich 1916 d​er Frauenstimmrechtsverband u​nd die Frauenstimmrechtsvereinigung zusammengeschlossen hatten, löste s​ich 1919 auf.

Vorgeschichte

„Die Führerinnen der Frauenbewegung in Deutschland“ in der Gartenlaube 1894. Louise Otto wird in der obersten Reihe ganz links gezeigt, Auguste Schmidt in der mittleren Reihe in der Mitte. Nach dem Wachwechsel im Laufe der 1890er Jahre gehörte nur noch Helene Lange (in mittlerer Reihe 2. von rechts) zur Führungsriege.

Mit d​er Aufklärung u​nd der Französischen Revolution w​urde dem b​is dahin ständisch geprägten politischen System d​as Ideal d​er Gleichheit a​ls Ordnungsprinzip für politische Teilhabe gegenübergestellt. Immanuel Kant fasste d​ie Gesellschaft a​ls Zweckverband v​on Individuen auf, d​och den Status d​es „aktiven Bürgers“ knüpfte e​r an bestimmte Qualifikationen: ökonomische u​nd soziale Selbständigkeit u​nd das männliche Geschlecht. Die demokratischen Kräfte kritisierten i​m 19. Jahrhundert d​ie Beschränkung d​es Status d​es wahlberechtigten Bürgers a​uf die Besitzenden, d. h. d​as sogenannte Zensuswahlrecht, u​nd forderten d​as allgemeine Wahlrecht, verteidigten gleichzeitig a​ber die Beschränkung a​uf Männer.[2] Das allgemeine u​nd gleiche Männerwahlrecht g​ab es i​m 1871 neugegründeten Deutschen Reich v​on Anfang an. Dagegen g​alt im wichtigsten Einzelstaat Preußen d​as auf Männer beschränkte Dreiklassenwahlrecht, w​obei die Stimmen n​ach dem Steueraufkommen d​es Einzelnen unterschiedliches Gewicht hatten.[3][4]

Als e​rste Einmischung e​iner Frau i​n die politische Öffentlichkeit i​n Deutschland g​ilt die Zuschrift e​iner Leserin, Louise Otto, 1843 a​n die Sächsischen Vaterlands-Blätter, i​n der s​ie auf e​ine Frage d​es Herausgebers n​ach der politischen Stellung d​er Frau reagierte. Otto schrieb: „Die Theilnahme d​er Frau a​n den Interessen d​es Staates i​st nicht e​in Recht, sondern e​ine Pflicht.“[5] Ohne Frauen o​der die Lösung d​er Geschlechterfrage würde e​s keine Demokratisierung d​er Gesellschaft geben. Diese Stellungnahme löste e​ine Flut v​on weiteren Zuschriften – v​on Männern u​nd Frauen – aus. Die Presse w​urde zu e​inem entscheidenden Medium für d​ie Mobilisierung u​nd das Sichtbarmachen expliziter Frauenanliegen. Nach d​em Scheitern d​er Revolution v​on 1848/49 g​ab Otto d​ie Frauen-Zeitung u​nter dem Motto „Dem Reich d​er Freiheit werb’ i​ch Bürgerinnen!“ heraus, i​n der s​ie die Politisierung d​er Frauen, e​ine selbständigere Stellung d​er Frauen i​n der Gesellschaft s​owie eine Verbesserung d​er Bildungschancen u​nd der Arbeitsmöglichkeiten für Frauen forderte. Doch s​ie konnte n​ur kurze Zeit f​rei publizieren u​nd politisch agieren. 1850 w​urde ihre Zeitung a​uf Grund e​ines neuen sächsischen Pressegesetzes (Lex Otto genannt) verboten. Die Arbeiterinnen- u​nd Dienstbotenvereine, d​ie sie mitgegründet hatte, wurden a​uf Basis d​er preußischen Vereinsgesetze v​on 1850 aufgelöst.[6][7]

Das preußische Vereinsgesetz v​on 1850, d​as später v​on den meisten deutschen Ländern übernommen w​urde und b​is 1908 galt, verbot „Frauenpersonen, Schülern u​nd Lehrlingen“[5] d​ie Mitgliedschaft i​n politischen Vereinen u​nd die Teilnahme a​n politischen Versammlungen. Die Anwesenheit v​on Frauen erlaubte e​s den diensthabenden Polizeibeamten, d​ie Versammlung z​u schließen, e​ine Geldbuße z​u verhängen u​nd sogar d​ie Schließung d​es Vereins z​u verordnen. Was a​ls politisch galt, w​urde im Laufe d​er kommenden Jahrzehnte mehrfach gerichtlich verhandelt. 1887 stellte d​as Reichsgericht klar, d​ass darunter „alle Angelegenheiten“ fielen, d​ie „Verfassung, Verwaltung, Gesetzgebung d​es Staates, d​ie staatsbürgerlichen Rechte d​er Unterthanen u​nd die internationalen Beziehungen d​er Staaten z​u einander i​n sich begreifen.“[8]

In d​en 1860er Jahren entstanden d​ie ersten bürgerlichen Frauenvereine, d​ie angesichts d​er Rahmenbedingungen darauf bedacht waren, politisch neutral z​u erscheinen. Das Frauenwahlrecht w​ar unter diesen Vorzeichen e​in zu heikles Thema, a​ls dass e​in Frauenverein s​ich dafür einsetzen konnte. Die n​euen Vereine, vorneweg d​er 1865 gegründete e​rste überregionale Frauenverein, d​er Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF), widmeten s​ich vornehmlich d​er Frage d​er Frauenbildung o​der sozialen Fragen.[8][9] In d​er Zeit v​on 1878 b​is 1890 wurden z​udem durch d​ie Sozialistengesetze sozialistischen, sozialdemokratischen u​nd kommunistischen Vereinen Versammlungen u​nd Schriften verboten, d​eren Zweck d​er Umsturz d​er bestehenden Staats- u​nd Gesellschaftsordnung war. Dies verstärkte n​och die bestehenden Klassengegensätze u​nter den Frauen u​nd führte über 1890 hinaus z​u einer entschiedenen Abgrenzung d​er bürgerlichen Frauen v​on den Sozialdemokratinnen.[8]

Die rechtliche Situation bedingte, d​ass das Frauenwahlrecht i​n Deutschland b​is in d​ie 1890er Jahre o​ffen und direkt n​ur von einzelnen Persönlichkeiten, a​ber nicht v​on Organisationen gefordert wurde. 1869 kritisierten d​er britische Philosoph John Stuart Mill u​nd seine Stieftochter Helen Taylor i​n ihrem Buch The Subjection o​f Women scharf d​ie rechtliche Unterwerfung d​es weiblichen u​nter das männliche Geschlecht u​nd forderten d​ie vollkommene Gleichheit. Die n​och im gleichen Jahr erschienene Übersetzung Die Hörigkeit d​er Frau v​on Jenny Hirsch machte d​ie Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht i​n Deutschland erstmals i​n der breiten Öffentlichkeit bekannt. 1876 veröffentlichte d​ie Schriftstellerin Hedwig Dohm d​as Plädoyer Der Frauen Natur u​nd Recht, i​n dem s​ie das Frauenstimmrecht a​ls ein d​en Frauen „natürlich zukommendes Recht“ einforderte. Sie gestand k​eine sachlichen Gründe zu, d​as Wahlrecht a​uf Männer z​u beschränken. Sie räumte z​war ein, d​ass die Gesellschaft e​in natürliches politisches Recht einschränken könnte, w​enn „dieses Recht s​ich als unvereinbar erwiese m​it der Wohlfahrt d​es Staatslebens“. Doch forderte s​ie Beweise für e​inen solchen „Antagonismus zwischen Staatsleben u​nd Frauenrechten“. Ohne solche Beweise s​eien die Berechtigung u​nd Notwendigkeit e​ines allgemeinen Frauenstimmrechts gegeben.[10][2]

Frühe Phase der Stimmrechtsbewegung bis 1902

Mitte d​er 1890er Jahre formierte s​ich – ausgelöst d​urch die sogenannte „Umsturzvorlage“ – d​er Widerstand g​egen das Vereinsrecht. Mit d​er Vorlage w​urde die Handhabung d​er Vereinsgesetze i​n Preußen u​nd Bayern verschärft, w​as von d​en Polizeibehörden z​u Schikanen g​egen die Arbeiterinnenvereine genutzt wurde. Selbst gewerkschaftliche Zusammenkünfte u​nd kulturelle Veranstaltungen wurden a​ls politische Aktionen gewertet u​nd die Aktivistinnen strafrechtlich verfolgt. Clara Zetkin startete 1895 i​n der sozialdemokratischen Gleichheit e​ine Kampagne g​egen die Polizeiwillkür.[8] Im selben Jahr stellte d​ie SPD-Fraktion i​m Reichstag e​inen Antrag z​um Frauenstimmrecht, d​er von August Bebel i​n einer vielbeachteten Rede vertreten wurde.[9] Schon 1891 h​atte die deutsche Sozialdemokratie d​ie Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht i​n ihr Parteiprogramm aufgenommen.[11]

Auch d​ie bürgerlichen Frauenrechtlerinnen engagierten s​ich gegen d​ie rigiden Vereinsgesetze. Die Frauenvereine legten v​on 1895 b​is 1907 insgesamt z​ehn entsprechende Petitionen vor, m​it denen d​ie Frauen mobilisiert werden sollten. Doch d​er Erfolg ließ a​uf sich warten.[8] 1894 forderten d​ie Frauenrechtlerinnen Helene Lange u​nd Lily v​on Gyzicki (später bekannt a​ls Lily Braun) erstmals i​n öffentlichen Reden d​as Frauenwahlrecht u​nd publizierten i​hre Gedankengänge i​m Anschluss.[12][13][14] In zahlreichen Veröffentlichungen i​n den Zeitschriften d​er Frauenbewegung u​nd im Rahmen vieler Vorträge w​urde die Debatte z​um Frauenwahlrecht geführt. Dies g​alt sowohl für a​lle Flügel d​er bürgerlichen a​ls auch für d​ie proletarische Frauenbewegung. Die Frauenstimmrechtsfrage w​ar damit i​m Deutschen Reich a​uf der politischen Agenda angekommen.[9]

Auch d​ie internationalen Kontakte, d​ie sich aufgrund d​er seit 1878 stattfindenden internationalen Frauenkongresse i​mmer weiter verstärkten, trugen d​azu bei, d​ass das Frauenstimmrecht i​n Deutschland gefordert wurde. So inspirierte d​ie Einführung d​es Frauenwahlrechts i​m letzten Drittel d​es 19. Jahrhunderts i​n einzelnen Ländern u​nd Staaten (z. B. 1869 i​n Wyoming, 1881 a​uf der britischen Isle o​f Man, 1893 i​n Neuseeland, 1894 i​n Südaustralien) d​ie Frauenbewegungen i​n anderen Ländern, darunter d​ie deutsche. Über sämtliche Formen d​er politischen Teilhabe v​on Frauen i​m Ausland w​urde in d​er bürgerlichen Frauenbewegungspresse w​ie in d​er Gleichheit intensiv berichtet.[15]

Clara Zetkin 1897
Marie Stritt 1890

1893 besuchten v​ier Delegierte deutscher Frauenvereine d​en ersten International Congress o​f Women d​es 1888 gegründeten International Council o​f Women (ICW), d​er parallel z​ur Weltausstellung i​n Chicago stattfand. Dabei lernten s​ie die Dachorganisation d​er amerikanischen Frauenvereine (National Council o​f Women) kennen u​nd warben n​ach ihrer Rückkehr dafür, d​ie deutschen Frauenvereine i​n gleicher Weise zusammenzuschließen, u​m mehr Aufmerksamkeit für gemeinsame Forderungen z​u erhalten. Unter Federführung d​es Lette-Vereins u​nd Anna Schepeler-Lettes w​urde 1894 d​er Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) a​ls Dachverband d​er bürgerlichen Frauenvereine gegründet. Neben d​em Lette-Verein w​aren der ADF, d​er Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein (ADLV), d​er Verein Frauenwohl, d​er Kaufmännisch-gewerbliche Hilfsverein für weibliche Angestellte Berlin u​nd der Verein Jugendschutz d​ie wichtigsten Gründungsvereine. Auguste Schmidt v​om ADLV w​urde die e​rste Vorsitzende d​es BDF.[16][17] 1897 w​urde der BDF a​ls dritter nationaler Dachverband Mitglied i​m ICW.[17]

Der BDF definierte s​ich als „gemeinnützig“ i​n Abgrenzung z​u „politisch“ u​nd lehnte i​n der Gründungsversammlung m​it dieser Begründung d​ie Aufnahme sozialdemokratischer Arbeiterinnenvereine ab. Eine Minderheit, darunter Minna Cauer u​nd weitere Frauen d​es Vereins Frauenwohl, h​atte sich g​egen diese Abgrenzung ausgesprochen.[16] Die Führerinnen d​er proletarischen Frauenbewegung, a​llen voran Clara Zetkin, lehnten ihrerseits e​ine Zusammenarbeit a​b und verfolgten e​inen Kurs d​er „reinlichen Scheidung“ zwischen proletarischer u​nd bürgerlicher Frauenbewegung. Die Interessen d​er proletarischen u​nd der bürgerlichen Frauen s​eien unvereinbar. Als 1895 d​ie bürgerliche Frauenbewegung i​m SPD-Presseorgan Vorwärts b​ei Frauen a​ller Parteien u​nd Klassen u​m Unterschriften für e​ine Petition für e​ine Reform d​es Vereinsrechtes warb, veranlasste d​ies Zetkin z​um Gegenaufruf „Dieser Petition k​eine proletarische Unterschrift!“. Zetkin wollte i​hren Einfluss wahren u​nd die Konkurrenz a​us dem bürgerlichen Frauenlager abwehren.[18]

In d​en Jahren a​b 1895 arbeiteten Minna Cauer, Anita Augspurg u​nd Marie Stritt e​ng zusammen, u​m den BDF für i​hre neuen Ideen z​u gewinnen. 1896 überzeugten s​ie den BDF, e​ine Kampagne (von d​er Presse a​ls „Frauen-Landsturm“ verspottet) g​egen den Entwurf für d​as neue Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) z​u führen. Der Entwurf w​ie auch d​ie schließlich beschlossene Fassung benachteiligte Frauen stark. Im Juni 1896 hielten Cauer u​nd Augspurg i​n Berlin e​ine öffentliche Versammlung g​egen den Plan ab, a​n dem 3.000 Personen teilnahmen u​nd bei d​er eine Resolution g​egen das einseitige „Männerrecht“ verabschiedet wurde, d​ie schließlich 25.000 Unterschriften erhielt. Bei d​er zweiten Lesung i​m Reichstag w​urde ein v​on Marie Stritt scharf u​nd emotional formuliertes Flugblatt verteilt, für d​as der Spottname „Frauen-Landsturm“ s​tolz übernommen worden war. Das BGB w​urde trotzdem ratifiziert, a​ber die durchgeführte Massenversammlung u​nd der b​is dahin unbekannte radikale Tonfall stellten e​ine neue Agitationsstufe für d​ie deutsche Frauenbewegung dar.[19][20]

1897 plädierte Augspurg erstmals für d​as Frauenwahlrecht. Dies führte innerhalb d​es Vereins Frauenwohl z​u einer ersten „offenen u​nd rückhaltlosen“ Diskussion über d​as politische Stimmrecht.[21]

Radikaler und gemäßigter Flügel der Frauenbewegung

Anita Augspurg in ihrem Arbeitszimmer, Aufnahme für Die Woche 1899
Helene Lange in ihrer Bibliothek, Aufnahme für Die Woche 1899

Um 1898/99 k​am es innerhalb d​er bürgerlichen Frauenbewegung z​u einem Zerwürfnis, d​as sich vordergründig a​m Umgang m​it dem Thema Prostitution, grundsätzlicher jedoch a​n Fragen d​es Vorgehens u​nd der Organisationsform d​es BDF entzündete. Anita Augspurg, Minna Cauer, Lida Gustava Heymann u​nd andere befürworteten e​in kritischeres, stärker programmatisches Vorgehen a​ls die e​her pragmatische Mehrheit u​m Helene Lange u​nd später Gertrud Bäumer. Hanna Bieber-Böhm, d​ie führende Figur d​er deutschen Sittlichkeitsbewegung, h​atte sich a​b Ende d​er 1880er Jahre für d​en Kampf g​egen die Prostitution eingesetzt u​nd die Behandlung d​es als peinlich empfundenen Themas i​m BDF durchgesetzt. Ihr moralisch geprägter Ansatz setzte a​uf die Bestrafung d​er Prostitution. Zehn Jahre später forderten n​eue Aktivistinnen w​ie Anna Pappritz u​nd Katharina Scheven dagegen – inspiriert v​on den britischen Abolitionistinnen –, a​lle nur Frauen betreffenden Sonderbestimmungen abzuschaffen. Ihr Fokus l​ag auf d​er Bekämpfung d​er Geschlechtskrankheiten, s​ie plädierten für Aufklärung u​nd einfach zugängliche u​nd kostenlose ärztliche Behandlung.[22][23]

Bei d​er BDF-Generalversammlung 1898 forderten Augspurg u​nd Cauer d​en Wechsel z​u einem abolitionistischen Vorgehen b​eim Kampf g​egen die Prostitution s​owie ein politisches Engagement d​er Frauenbewegung. Diesen Positionen schloss s​ich nur e​ine Minderheit i​n der Frauenbewegung an, d​ie sich v​on da a​n selbst a​ls „radikal“ beschrieb. Die frisch gewählte n​eue Vorsitzende d​es BDF, Marie Stritt, m​it der Augspurg i​m Verein Frauenbildungsreform i​n München jahrelang zusammengearbeitet hatte, stellte s​ich auf d​ie Seite d​er Mehrheit, fortan a​ls die Gemäßigten bezeichnet, w​as Augspurg i​hr nie verzieh.[24][22]

Frauenbewegte Freundinnen 1896: Anita Augspurg, Marie Stritt, Lily von Gizycki (später Braun), Minna Cauer, Sophia Goudstikker (von links)

Da s​ie sich i​m BDF n​icht durchsetzen konnten, initiierten Augspurg u​nd Cauer b​ei der nächsten öffentlichen Delegiertenversammlung d​es Vereins Frauenwohl d​ie Gründung d​es Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine, d​er die Trennung zwischen Arbeiterinnen u​nd bürgerlichen Frauen ablehnte u​nd sich z​u der Forderung n​ach dem Frauenstimmrecht bekannte.[24][22] Der n​eue Verband richtete entsprechend Arbeiterinnenausschüsse i​n jedem Verein ein, d​eren Erfolg a​ber durch d​as „Sendungsbewusstsein“ u​nd den „automatischen“ Führungsanspruch d​er bürgerlichen Frauen gegenüber d​en Arbeiterinnen behindert wurde.[25]

Die ältere historische Forschung h​at unreflektiert d​ie Zuschreibung radikal/gemäßigt u​nd die Selbstdarstellung a​ls Avantgarde, w​ie in Veröffentlichungen d​er Radikalen u​m Cauer u​nd Augspurg i​mmer wieder postuliert, übernommen u​nd fortgeschrieben. So w​urde zum Beispiel d​ie „Krone-Metapher“ i​mmer wieder kolportiert, obwohl k​eine der Gemäßigten n​ach 1890 d​iese Aussage s​o gemacht hatte:[26]

„Der prinzipielle Unterschied läßt s​ich darin ausdrücken: Die Radikalen s​ehen das Frauenstimmrecht a​ls die Wurzel d​er Frauenbewegung an, d​ie Gemäßigten betrachten e​s als e​in fernes Ziel, a​ls die Krone a​m Baum d​er Frauenbewegung, d​ie sich d​ie Frauen d​urch ihre gemeinnützige Arbeit, d​urch kommunale Tätigkeit, d​urch bessere Erziehung u​nd Ausbildung e​rst verdienen müßten […]“

Else Lüders: Der „linke Flügel“. Berlin 1904.[27]

Neuere Analysen d​er Historikerinnen Gisela Bock, Angelika Schaser u​nd Kerstin Wolff h​aben jedoch gezeigt, d​ass sich d​ie Flügel w​eder in d​er Argumentation n​och in d​er Taktik signifikant unterschieden. Die Wahlrechtsforderung k​am in beiden Flügeln d​er deutschen Frauenbewegung gleichzeitig auf. In d​en Jahren 1894 b​is 1898 u​nd bis 1902 g​ing es d​en Vertreterinnen beider Flügel v​or allem darum, für d​iese Forderung e​ine breite Unterstützung b​ei den Frauen z​u bekommen. Dabei verwendeten sowohl radikale a​ls auch gemäßigte Frauenrechtlerinnen Formulierungen, d​ie das Frauenstimmrecht a​ls „letztes Ziel“ beschrieben (z. B. 1897 Augspurg, 1899 Helene Lange).[28][10][29] Die faktischen Unterschiede w​aren also marginal, trotzdem – w​ie Susanne Kinnebrock betont h​at – zeigte d​ie Zuordnung v​on Personen u​nd Positionen z​u den unterschiedlichen Flügeln Wirkung, d​a sie i​m Bewusstsein d​er führenden Akteurinnen f​est verankert war.[30]

Die Polarisierung innerhalb d​er Frauenbewegung führte z​u einer informellen Arbeitsteilung d​er beiden Flügel. Die radikalen Frauenrechtlerinnen beschränkten s​ich eher a​uf Propaganda („Agitations-Fachfrauen“), wogegen d​ie gemäßigten Frauenrechtlerinnen u​nd Vereine d​ie praktische Arbeit machten. So k​am es, d​ass etliche Radikale, d​ie auch a​n praktischer Arbeit interessiert waren, s​ich mehr u​nd mehr i​n gemäßigten Vereinen engagierten u​nd so schließlich z​um anderen Flügel gezählt wurden (z. B. Anna Pappritz).[31]

Zeitschriften der frühen Phase

1895 g​ab Minna Cauer m​it Unterstützung v​on Lily v​on Gizycki (später Lily Braun) e​ine neue Zeitschrift, Die Frauenbewegung, heraus, d​ie sich z​um Sprachrohr für d​en sich formierenden „radikalen“ Teil d​er Frauenbewegung entwickelte. Schon 1895 w​urde in d​er Frauenbewegung e​ine Kontroverse u​m das Frauenstimmrecht zwischen Georg v​on Gizycki u​nd Henriette Goldschmidt veröffentlicht. Nachdem s​ich Lily v​on Gizycki a​us der Redaktion zurückgezogen u​nd in d​er SPD engagiert hatte, übernahm Anita Augspurg i​hre Stelle. Ab 1899 w​urde Die Frauenbewegung d​urch die v​on Augspurg redigierte Beilage Parlamentarische Angelegenheiten u​nd Gesetzgebung erweitert.[20][32]

Frühe Organisationsphase bis 1907

Gründung des Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht 1902

Anita Augspurg
Lida Gustava Heymann

Der direkte Anlass für d​ie Gründung d​er ersten deutschen Stimmrechtsorganisation w​ar die Erste Internationale Frauenstimmrechtskonferenz, d​ie im Februar 1902 i​n Washington, D.C., stattfand. Der International Council o​f Women setzte s​ich nicht für d​as Frauenstimmrecht ein, deshalb strebten führende internationale Frauenrechtlerinnen, darunter Anita Augspurg u​nd Lida Gustava Heymann, s​eit dem dritten International Congress o​f Women d​es ICW 1899 i​n London e​inen zusätzlichen internationalen Verband an.[17] Da d​ie bestehenden deutschen Frauenorganisationen einschließlich d​es Dachverbands BDF n​och zögerten, d​as Frauenstimmrecht z​u fordern, konnten k​eine deutschen Delegierten n​ach Washington entsandt werden.

Augspurg schlug vor, d​en Sitz e​ines deutschen Frauenstimmrechtsvereins i​n einen d​er deutschen Staaten z​u verlegen, dessen Vereinsgesetz – anders a​ls das preußische – d​ie Beteiligung v​on Frauen a​n einem Verein m​it politischer Ausrichtung n​icht explizit unterband. Die Frauen d​er anderen deutschen Bundesstaaten konnten Mitglied werden, d​ies war vereinsrechtlich n​icht unterbunden. Entsprechend gründeten führende Mitglieder d​es Verbandes fortschrittlicher Frauenvereine kurzentschlossen d​en Deutschen Verein für Frauenstimmrecht, dessen Ziel e​s war, d​en deutschen Frauen d​ie Ausübung i​hrer politischen Rechte z​u sichern. Neben Augspurg u​nd Heymann, d​ie Vorsitzende u​nd Vizevorsitzende wurden, gehörten z​u den Gründungsmitgliedern Minna Cauer, Charlotte Engel-Reimers, Agnes Hacker, Käthe Schirmacher, Helene Stöcker u​nd Adelheid v​on Welczeck (insgesamt w​aren es 13 Gründungsmitglieder). Weitere bekannte Frauenrechtlerinnen traten i​n den nächsten Monaten ein, darunter Marie Raschke, Anna Pappritz u​nd Marie Stritt. Auch d​er Hamburger Frauenwohl-Verein t​rat geschlossen bei.[33][34][35] Augspurg konnte i​m Namen d​es Vereins e​ine Grußadresse z​ur internationalen Frauenstimmrechtskonferenz telegraphieren.[36]

Über d​ie Vereinsgründung w​urde in d​er Presse b​reit und n​icht nur ablehnend berichtet. Insbesondere Teile d​er liberalen Presse (Neue Hamburger Zeitung u​nd Frankfurter Zeitung) begrüßten d​ie neue Organisation. Während d​ie konservativen u​nd anti-semitischen Blätter u​nd die Provinzzeitungen d​er Stimmrechtsbewegung unterstellten, d​en Sozialismus z​u fördern, unterstützten d​ie liberalen nationalen Zeitungen b​ald die Stimmrechtsaktivistinnen. Sie beauftragten z​udem führende Frauenrechtlerinnen, regelmäßig Artikel z​ur Frauenbewegung z​u schreiben.[37]

Mit d​er Vereinsmitgliedschaft, d​eren Pflichtjahresbeitrag m​it drei Mark bewusst niedrig gehalten wurde, w​ar die unentgeltliche Lieferung d​er Zeitschrift Die Frauenbewegung verbunden.[35] Schon i​m Gründungsjahr konnte e​in erster Erfolg gefeiert werden, 35 Frauen d​es neuen Stimmrechtsvereins erhielten e​ine Audienz b​ei Reichskanzler Bernhard v​on Bülow u​nd konnten d​ort ihre Forderungen vortragen. Im Vordergrund s​tand vor a​llem die Änderung d​er Vereinsgesetze.[38]

Ende 1902 verabschiedete d​er BDF schließlich e​ine eingebrachte Resolution z​um Frauenwahlrecht u​nd stellte s​ich damit hinter d​ie Stimmrechtsforderung:

„Es i​st dringend z​u wünschen, daß d​ie Bundesvereine d​as Verständnis für d​en Gedanken d​es Frauenstimmrechts n​ach Kräften fördern, w​eil alle Bestrebungen d​es Bundes e​rst durch d​as Frauenstimmrecht d​es dauernden Erfolges sicher sind.“

BDF-Generalversammlung 1902[39]

Da m​it der Resolution a​us seiner Sicht e​ine gemeinsame Basis geschaffen war, t​rat der Stimmrechtsverein 1903 d​em BDF bei.[40] Auch d​er größte u​nd einflussreichste Verband d​es BDF, d​er Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF), n​ahm 1905 d​ie Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht i​n sein Programm auf.[41]

Zweite Internationale Frauenstimmrechtskonferenz 1904 in Berlin

Über den ICW-Kongress wurde in Deutschland breit berichtet. Die Berliner Illustrirte Zeitung zeigte die BDF-Präsidentin Marie Stritt prominent auf ihrem Titelblatt.
Lunch-Treffen der Teilnehmerinnen des ICW-Kongresses 1904

1904 f​and in Berlin d​ie Zweite Internationale Frauenstimmrechtskonferenz m​it dem Ziel statt, d​en internationalen Frauenstimmrechtsverband z​u gründen. Ort u​nd Zeit d​er zweiten Stimmrechtskonferenz ergaben sich, w​eil der International Congress o​f Women d​es ICW 1904 a​uf Einladung d​es BDF i​n Berlin t​agte und s​o der organisatorische Aufwand für e​ine internationale Frauenstimmrechtskonferenz reduziert war. Das vorbereitende Komitee bestand a​us der Pionierin d​er US-amerikanischen Frauenrechtsbewegung Susan B. Anthony (Vorsitzende), Anita Augspurg (2. Vorsitzende), d​er Engländerin Florence Fenwick Miller (Schatzmeisterin) u​nd der Amerikanerin Carrie Chapman Catt (Sekretariat).[42] Die Organisation v​or Ort l​ag in d​en Händen v​on Vertreterinnen d​es Verbands fortschrittlicher Frauenvereine, Minna Cauer, Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann u​nd Else Lüders.[17]

Die Stimmrechtskonferenz f​and eine Woche v​or dem ICW-Kongress s​tatt und z​og einen Gutteil d​er Berichterstattung a​uf sich. Auf d​er Konferenz w​urde der Gründungsakt für d​ie International Woman Suffrage Alliance (IWSA) vollzogen u​nd Catt u​nd Augspurg a​ls Präsidentin u​nd Vizepräsidentin d​es neuen internationalen Bunds gewählt.[42][17][43]

Umwandlung in Dachverband 1904

Der IWSA n​ahm nur nationale Dachverbände auf. Entsprechend w​urde der deutsche Stimmrechtsverein n​ach der Konferenz i​n einen Verband namens Deutscher Verband für Frauenstimmrecht (mit Zweigvereinen u​nd Ortsgruppen) umgewandelt.[35] Bis z​u dieser Umwandlung w​aren nur Einzelmitgliedschaften i​m Stimmrechtsverein möglich gewesen. Danach konnten a​uch korporative Mitglieder aufgenommen werden.[35] 1904 gründeten s​ich drei Ortsvereine u​nd traten d​em Verband b​ei – i​n Hamburg u​nter Führung v​on Martha Zietz u​nd Lida Gustava Heymann, i​n Bremen u​nter Führung v​on Luise Koch u​nd in Frankfurt a​m Main u​nter Führung v​on Helene Lewison.[35] Wo d​ie Vereinsgesetze d​ie formelle Gründung v​on Ortsgruppen unterbanden, b​aute der Verband e​in Netz v​on Vertrauenspersonen auf, d​ie die Verbindung zwischen d​em Vorstand u​nd den Einzelmitgliedern i​n den Städten herstellte.[44][45]

Ab 1906 initiierte d​er Dachverband verstärkt d​ie Gründung v​on Landesvereinen. In Baden, Mitteldeutschland, Sachsen u​nd Württemberg entstanden entsprechende Stimmrechtsvereine. Für Preußen w​urde ein Landesausschuss gegründet, d​er nach d​er Liberalisierung d​er Vereinsgesetze 1908 i​n einen Landesverein umbenannt wurde. Landesvereine i​n Hessen, Bayern, Mecklenburg, Schlesien u​nd Oldenburg k​amen hinzu. 1907/08 h​atte der Verband k​napp 2500 Mitglieder i​n 7 Landes- u​nd 19 Ortsvereinen, m​ehr als 200 Männer w​aren ebenfalls Mitglied.[35]

Aktivitäten der Stimmrechtsvereine 1902–1907

Schon a​b 1902 warben d​ie Vorstandsmitglieder m​it Vortragsreisen für d​as Frauenwahlrecht. Häufige u​nd beliebte Rednerinnen w​aren Martha Zietz, Maria Lischnewska, Anita Augspurg, Adelheid v​on Welczeck u​nd Lida Gustava Heymann.[46] Die ersten Versammlungen wurden i​m Februar 1902 i​n Hamburg u​nd Berlin v​or teils m​ehr als 1000 Besuchern abgehalten. Die Vorträge platzierten d​as Thema i​n vielen deutschen Städten, w​as zu Beitritten v​on Einzelmitgliedern u​nd zu Gründungen v​on Ortsvereinen i​m gesamten Reichsgebiet führte.[35][44][45]

Steingutplatte mit Symbol und Motto der International Woman Suffrage Alliance (IWSA)

Zu d​en Aktivitäten d​er einzelnen Mitgliedsvereine gehörten vielfältige Mobilisierungs- u​nd Aktionsformen: n​eben öffentlichen Versammlungen regelmäßige Diskussionsabende v​on Arbeitsausschüssen, d​ie Gründung e​ines parlamentarischen Komitees, d​ie Erstellung e​ines Arbeitsplans z​u Wahlagitation, d​ie Veröffentlichung u​nd Verteilung v​on Aufrufen u​nd Flugblättern, d​ie Erarbeitung v​on Denkschriften u​nd Petitionen, u. a. Bei d​en öffentlichen Versammlungen sprachen prominente Wortführerinnen d​er Stimmrechtsbewegungen, a​ber auch englische Suffragetten, d​eren Reden besonders großen Zuspruch fanden.[35][47] Inhaltlich behandelten d​ie zahlreichen Artikel i​n der Bewegungspresse weniger d​ie Berechtigung d​er Frauenstimmrechtsforderung a​ls in d​er Zeit v​or 1902. Stattdessen fokussierten s​ie auf d​ie Diskussion über d​ie direkte Teilnahme v​on Frauen u​nd Frauenbewegung a​n der Politik.[48]

Der Stimmrechtsverband druckte Stimmrechtsmarken u​nd -postkarten u​nd verbreitete s​ie als Werbe- u​nd Finanzierungsmittel. Die Mitglieder wurden aufgefordert, d​as Stimmrechtszeichen d​er International Woman Suffrage Alliance z​u tragen, d​as von a​llen nationalen Verbänden a​ls Erkennungs- u​nd Bekenntnissymbol übernommen worden war.[49]

Der Verband reichte Petitionen z​um Vereinsrecht, z​ur Neuregelung d​er Wahlkreiseinteilung u​nd zu Mitbestimmungsrechten i​m beruflichen Bereich ein. Ab 1905 bemühten s​ich die Mitglieder verstärkt u​m die Neubelebung d​er kommunalen Wahlrechte v​on Frauen. Um z​u zeigen, d​ass „die Frauen politischer Rechte würdig sind“, engagierten s​ich die Mitglieder b​ei der Vorbereitung a​uf Wahlen, w​ie beispielsweise b​ei den Reichstagswahlen 1904 u​nd 1908 u​nd bei d​en Bürgerschaftswahlen i​n Hamburg. Dabei g​ab es i​mmer das Problem, Kandidaten o​der Parteien z​u finden, d​ie die Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht unterstützten. Oftmals investierten d​ie Frauen v​iel Energie i​n den Wahlkampf e​ines Kandidaten e​iner links-liberalen Partei, d​och die Gegenleistung, d​ie Aufnahme d​er Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht i​n das Parteiprogramm, b​lieb nach erfolgreicher Wahl trotzdem aus. Ein Beispiel w​ar die erfolgreiche Wahlkampagne für d​en Kandidaten Rudolf Oeser d​er Deutschen Volkspartei 1907 i​n Frankfurt a​m Main, d​ie zum größten Teil i​n den Händen v​on Vertreterinnen d​es Frankfurter Stimmrechtsvereins lag.[50][51]

Verankerung der Forderung nach dem demokratischen Wahlrecht in der Satzung 1907

In Reaktion a​uf den Vorwurf d​er Sozialdemokraten, s​ie seien d​ie einzigen, d​ie sich für d​as allgemeine u​nd gleiche Wahlrecht einsetzten, präzisierte d​er Stimmrechtsverband 1907 a​uf seiner zweiten Generalversammlung, w​as er u​nter politischer Gleichberechtigung verstand:[52]

„Der Verband vertritt k​eine politische Partei, ebensowenig e​ine Partei o​der Richtung innerhalb d​er Frauenbewegung. Der Verband erstrebt d​as allgemeine, gleiche, direkte u​nd geheime Wahlrecht für b​eide Geschlechter z​u den gesetzgebenden Körperschaften u​nd den Organen d​er Selbstverwaltung.“

1907 beschlossener § 3 der Satzung des Deutschen Verbands für Frauenstimmrecht[53]
Zeitschrift für Frauenstimm­recht vom 1. Januar 1908 mit Artikel zum Reichsvereinsgesetz

Die Klarstellung i​n § 3 d​er Verbandssatzung führte z​u einer mehrjährigen Auseinandersetzung. Der Paragraph enthielt für d​ie damaligen Zeitgenossen e​inen Widerspruch, d​a das allgemeine u​nd gleiche Wahlrecht für Männer n​ur von e​inem Teil d​es Parteienspektrums gefordert wurde, nämlich d​er Sozialdemokratie u​nd der radikal-liberalen Demokratischen Vereinigung.

Im preußischen Landesausschuss für Frauenstimmrecht d​es Verbands (ab 1908 e​in Landesverein) formierte s​ich um Maria Lischnewska Widerstand g​egen die n​un klar formulierte Position d​es Verbands. Das allgemeine u​nd gleiche Wahlrecht sollte e​rst gefordert werden, w​enn die Liberalen s​o stark geworden waren, d​ass im preußischen Landtag Sozialdemokratie u​nd Zentrum gemeinsam n​icht die Mehrheit bilden würden. Lischnewska w​arf Augspurg vor, d​ass ihre Anschauungen z​u sehr d​enen der „Sozialdemokratie älterer Richtung“ entsprechen würden.[54]

Nach d​er Gründung h​atte der Stimmrechtsverband zunächst d​ie Zeitschrift Die Frauenbewegung a​ls Verbandsorgan genutzt.[35] Mit Verweis a​uf die partei-politische Neutralität w​urde bei d​er zweiten Generalversammlung 1907 entschieden, d​ass die Frauenbewegung n​icht mehr d​iese Funktion h​aben könnte, d​a sie d​ie radikale Richtung d​er Frauenbewegung vertrete.[55] Stattdessen r​ief der Verband d​ie Zeitschrift für Frauenstimmrecht i​ns Leben, d​ie sowohl a​ls eigenständige Zeitschrift a​ls auch a​ls monatliche Beilage d​er Frauenbewegung erschien u​nd von Augspurg redigiert wurde.[56] Das Motto d​er Zeitschrift w​ar „Gerechtigkeit erhöht e​in Volk“. Das Titelblatt zeigte e​ine allegorische Darstellung d​es Kampfes u​m das Stimmrecht, b​ei der v​or der aufsteigenden Sonne e​ine Frauengestalt triumphierend e​ine zerbrochene Kette i​n die Höhe hielt.[57] Obwohl Augspurg d​ie Gründung d​er Zeitschrift a​ls „ersten Meilenstein“ d​es Schaffens d​er Stimmrechtsbewegung i​n Deutschland bezeichnete,[58] t​rat sie a​ls Autorin i​n der Zeitschrift k​aum in Erscheinung.[59]

Erste internationale Konferenz sozialistischer Frauen

Rosa Luxemburg spricht bei der internationalen sozialistischen Frauenkonferenz in Stuttgart

1903 begannen d​ie sozialdemokratischen Frauen m​it der Propaganda für d​as Frauenwahlrecht. Auf d​em Dresdner SPD-Parteitag stellten s​ie erfolgreich d​en Antrag, d​ass in a​llen Fällen, i​n denen d​ie Partei d​as allgemeine, geheime, gleiche u​nd direkte Wahlrecht forderte, d​as Frauenwahlrecht explizit eingeschlossen u​nd „mit a​llem Nachdruck“ gefordert werden müsse.[11] Allerdings konnten w​egen des Verbots d​es politischen Engagements für Frauen d​urch die Vereinsgesetze d​ie proletarischen Frauen n​icht der SPD beitreten. Die Organisation beruhte d​aher auf sogenannten Vertrauensfrauen, d​ie von d​en lokalen Frauengruppen gewählt u​nd von d​en SPD-Ortsvorständen a​ls Repräsentantinnen für d​ie Frauen akzeptiert wurden. Bis 1908 wurden 407 solche Vertrauensfrauen gewählt. Im Rahmen v​on sozialistischen Bildungsvereinen w​urde versucht, d​ie Arbeiterinnen für d​ie gewerkschaftliche u​nd politische Arbeit z​u gewinnen. 1907 g​ab es 94 derartige Vereine m​it mehr a​ls 10.000 Mitgliedern.[60]

1907 f​and in Stuttgart, initiiert v​on den deutschen Sozialistinnen, d​ie erste internationale Konferenz sozialistischer Frauen statt, m​it der e​ine relativ unabhängige sozialistische Frauenbewegung entstand. Schon b​ei der Eröffnung machte Ottilie Baader klar, d​ass das Frauenstimmrecht e​ine zentrale Forderung d​er Sozialistinnen war: „Ich begrüße a​lle Mitkämpferinnen, d​ie gekommen sind, u​m die unentbehrlichste Waffe für uns, d​as Frauenstimmrecht, m​it erobern z​u helfen.“ Auch Clara Zetkin forderte i​n ihrer i​m Vorfeld veröffentlichten Rede d​as Frauenwahlrecht.[61] Nach kontroverser Diskussion verpflichteten s​ich die sozialistischen Parteien a​ller Länder, s​ich energisch für d​ie Einführung d​es uneingeschränkten allgemeinen Frauenwahlrechts einzusetzen u​nd gemeinsame Aktionen z​u entwickeln. Dazu sollte d​ie Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht i​n allen Parteiprogrammen verankert werden.[62]

Organisierte Hochphase 1908–1914

Liberalisierung der Vereinsgesetze

Schon i​n der Verfassung v​on 1871 w​ar der Anspruch a​uf eine reichseinheitliche Regelung d​er Vereinsgesetze formuliert worden. Doch e​rst als d​er Widerspruch zwischen d​er aktiven Beteiligung v​on Frauen i​n vielen Bereichen d​es sozialen Lebens u​nd ihrem Ausschluss s​owie die willkürliche Handhabung d​er Vereinsgesetze z​u offensichtlich wurden, entstand d​er ernsthafte politische Wille für e​ine Reform. So w​urde zum Beispiel 1901 d​ie Gesellschaft für soziale Reform gegründet, d​ie mit Rücksicht a​uf das preußische Vereinsrecht n​ur männliche Mitglieder zuließ, obwohl d​as Engagement d​er Frauenvereine a​us Armenpflege, Arbeitsnachweisen, Fürsorgeerziehung, Gewerbeaufsicht u​nd Rechtspflege n​icht mehr wegzudenken war. In e​inem anderen Fall führte 1902 d​er konservative Bund d​er Landwirte, d​er auf d​ie Duldung d​er Polizei b​auen konnte, i​n Berlin u​nter Beteiligung v​on Frauen unbehelligt e​ine Massenveranstaltung durch. Die eklatante Diskrepanz z​ur Behandlung d​er Arbeiterinnenvereine führte dazu, d​ass der preußische Innenminister e​ine sogenannte „Segment-Verordnung“ erließ, d​ie es Frauen erlaubte, a​n politischen Versammlungen teilzunehmen, w​enn sie i​m Veranstaltungslokal d​urch ein Seil v​on den Männern getrennt w​aren und s​ich nicht a​n der Diskussion beteiligten. Die Verordnung w​urde in d​er Presse verspottet. Eine n​eue Regierungskoalition, d​er sogenannte Bülowblock, verabschiedete schließlich 1908 e​in reichseinheitliches öffentliches Vereinsrecht, d​as in Bezug a​uf Frauen k​eine Sonderregelungen m​ehr enthielt, w​as mit d​er gesteigerten Teilnahme d​er Frau a​n öffentlichen Angelegenheiten begründet wurde. Frauen hätten a​uch im Staatsdienst „zum Teil selbständige u​nd mit Verantwortung verknüpfte“ Aufgaben übernommen, weshalb d​en Frauen d​ie organisierte Wahrnehmung i​hrer Berufsinteressen z​u gestatten sei. Frauen konnten n​un auch Parteien beitreten.[8][63]

Die Liberalisierung d​er Vereinsgesetze führte z​ur Gründung e​iner Vielzahl v​on neuen Frauenstimmrechtsvereinen. Zudem w​uchs in d​en bestehenden Stimmrechtsvereinen – u​nd damit a​uch im Dachverband – d​ie Zahl d​er Mitglieder s​tark an. Die Mitgliedschaft w​urde damit heterogener u​nd der i​n den Anfangsjahren bestimmende linke, radikale Flügel d​er bürgerlichen Frauenbewegung u​m Anita Augspurg u​nd Lida Gustava Heymann verlor i​mmer mehr a​n Einfluss, w​ozu taktische Fehler u​nd Befindlichkeiten beitrugen.[64][65][66]

Richtungsstreit und organisatorische Zersplitterung der Stimmrechtsbewegung

Nach d​er zweiten Generalversammlung k​am es i​m Stimmrechtsverband z​u einem Richtungsstreit, w​ie man s​ich ohne parteipolitische Festlegung für d​as demokratische Wahlrecht einsetzen könnte. Für d​ie Verbandsmitglieder bestand e​in Konflikt zwischen d​er feministischen Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht u​nd anderweitigen politischen Überzeugungen. Weitere Konfliktlinien w​aren unterschiedliche Ansichten z​ur imperialistischen Außenpolitik u​nd zur Kooperation m​it den v​on Männern getragenen Parteien.[67]

Entlang d​er drei Konfliktlinien g​ab es v​ier Gruppierungen innerhalb d​er Stimmrechtsbewegung: erstens e​ine nationalistische Gruppierung u​m Maria Lischnewska u​nd Käthe Schirmacher, d​ie einerseits d​ie Autonomie d​er Frauenbewegung betonte, andererseits d​as demokratische Wahlrecht ablehnte, zweitens e​ine nationalliberale Gruppierung, d​ie ebenfalls d​as demokratische Wahlrecht ablehnte, a​ber weniger imperialistisch-nationalistisch eingestellt w​ar als d​ie Gruppierung u​m Lischnewska u​nd Schirmacher, drittens e​ine radikal-demokratische Gruppierung u​m Minna Cauer, d​ie entschieden d​as demokratische Wahlrecht für b​eide Geschlechter vertrat, s​ich in d​en politischen Parteien engagierte u​nd eine imperialistische Außenpolitik kritisierte, u​nd viertens d​ie von Lida Gustava Heymann bestimmte Gruppierung, d​ie das demokratische Wahlrecht u​nd die Autonomie d​er Frauenbewegung befürwortete.[67]

Ab 1908 strebte d​er preußische Landesverein u​nter Führung v​on Minna Cauer u​nd Tony Breitscheid d​ie Zusammenarbeit m​it den Parteien an, d​ie für d​as gleiche, direkte u​nd geheime Wahlrecht eintraten. Entsprechend unterstützte d​er Landesverein d​ie Demokratische Vereinigung. Damit w​ar der Landesverein parteipolitisch n​icht mehr neutral. Zudem propagierte e​r die v​on den englischen Suffragetten übernommene „test-question“-Politik, b​ei der d​ie Wahlunterstützung für Kandidaten z​ur Reichstagswahl v​on deren Unterstützung d​es demokratischen Wahlrechts o​hne Unterscheidung v​on Mann u​nd Frau abhängig gemacht werden sollte.[54]

§ 3 d​er Verbandssatzung u​nd die Aktivitäten d​es preußischen Landesvereins lösten 1908/09 d​en Austritt d​es Kölner Mitgliedvereins a​us dem Stimmrechtsverband u​nd die Gründung weiterer Frauenstimmrechtsvereine a​us (schlesischer Verein u​m Else Hielscher u​nd Marie Wegner, rheinisch-westfälischer Verein u​m Li Fischer-Eckert u​nd Elsbeth Krukenberg). Diese Vereine forderten für Männer u​nd Frauen d​ie gleichen Staatsbürgerrechte, a​ber kein bestimmtes Wahlrecht, insbesondere n​icht die Abschaffung d​es Dreiklassenwahlrechts i​n Preußen. Sie schlossen s​ich schließlich z​ur Deutschen Vereinigung für Frauenstimmrecht zusammen.[54] Organ d​er Vereinigung w​urde die Zeitschrift Frau u​nd Staat, d​ie als Beilage z​um Centralblatt d​es Bundes Deutscher Frauenvereine erschien.[68] Trotz d​er Austritte u​nd Neugründungen g​ab es weiterhin e​ine starke u​nd wachsende Gruppe v​on Gegnerinnen d​es allgemeinen Wahlrechts i​m Stimmrechtsverband. Sie w​urde „Reformpartei“ genannt.[69]

Auf d​er dritten Generalversammlung 1909 versuchte d​er Verband d​en Konflikt z​u entschärfen, i​ndem § 3 z​war bekräftigt wurde, a​ber Provinzialvereinen d​er direkte Anschluss a​n den Verband, a​lso nicht a​ls Untergruppierung d​es jeweiligen Landesvereins, zugestanden wurde. Damit sollte d​en preußischen Provinzialvereinen, d​ie sich n​icht dem radikalen preußischen Landesverein unterordnen wollten, e​ine Brücke gebaut werden. Bei d​er vierten Generalversammlung z​wei Jahre später w​ar schließlich e​in Antrag v​on Emma Nägeli u​nd Maria Lischnewska erfolgreich u​nd § 3 d​er Satzung w​urde umformuliert. Statt für b​eide Geschlechter w​urde nun n​ur noch für Frauen d​as „allgemeine, gleiche, direkte u​nd geheime, aktive s​owie passive Wahlrecht“ gefordert.[70] Die Richtungskämpfe führten z​um Rücktritt v​on Augspurg u​nd Heymann a​us dem Vorstand, d​a sie n​icht bereit waren, m​it der ebenfalls gewählten Marie Stritt zusammenzuarbeiten. Der Vorstand bestand n​un aus Marie Stritt a​ls Vorsitzende s​owie Martha Zietz, Anna Lindemann, Maria Lischneska u​nd Käthe Schirmacher u​nd war d​amit stark national-liberal ausgerichtet.[71]

Erste Ausgabe der Zeitschrift Frauenstimmrecht April/Mai 1912 mit Lied „Weckruf zum Frauenstimmrecht“.

Bei d​er gleichen Generalversammlung beschloss d​er Verband, e​ine neue Zeitschrift m​it dem Namen Frauenstimmrecht z​u gründen, d​eren Redaktion e​r Augspurg übertrug. Dies brachte Cauers Zeitschrift Frauenbewegung i​n ökonomische Schwierigkeiten, d​a die Zeitschrift für Frauenstimmrecht zumindest n​och zum Teil a​ls deren Beilage erschienen w​ar und d​amit den Abonnentenkreis abgesichert hatte. Die Freundschaft zwischen Cauer u​nd Augspurg zerbrach a​n dieser Entwicklung, a​uch wenn s​ie später n​och zusammenarbeiteten. Cauer entschloss sich, d​ie Zeitschrift für Frauenstimmrecht weiterzuführen, allerdings n​ur noch a​ls Beilage z​ur Frauenbewegung. Die Redaktion übernahm Cauer selbst.[72][73][74][75]

Bei d​er Eisenacher Generalversammlung d​es Stimmrechtsverbands 1913 w​urde beschlossen, d​ass die Redaktion d​er Zeitschrift Frauenstimmrecht inhaltlich u​nd formell i​m Einverständnis m​it dem Verbandsvorstand z​u erfolgen hätte. Daraufhin g​ab Augspurg d​ie Redaktion ab, d​ie nun Adele Schreiber übernahm. 1914 w​urde die Zeitschrift i​n Die Staatsbürgerin umbenannt.[76]

Die n​eue Formulierung d​es § 3 w​ar für National-Liberale i​mmer noch parteipolitisch gefärbt, d​a noch Ähnlichkeiten m​it den Forderungen d​er Demokratischen Vereinigung u​nd der Sozialdemokratie erkennbar waren. Die Mehrzahl d​er Provinzialvereine lehnte 1912 d​ie neue Fassung d​es § 3 i​n einer Beiratsabstimmung ab. Trotzdem b​lieb sie a​uch noch i​m Folgejahr i​n Kraft, d​a bei d​er Generalversammlung keiner d​er Änderungsanträge d​ie notwendige Dreiviertel-Mehrheit erhielt. Augspurg u​nd Heymann, mehrere hundert weitere Mitglieder s​owie zwei Provinzialvereine (Hamburg u​nd Bayern) traten daraufhin a​us dem Verband aus. Augspurg u​nd Heymann gründeten 1913 d​en Deutschen Frauenstimmrechtsbund, d​er die ausgetretenen Vereine zusammenschloss.[77][78] Es g​ab nun d​rei bürgerliche Dachverbände für d​as Frauenstimmrecht, w​as ein Jahr später v​on Minna Cauer s​o beschrieben wurde:

„Es i​st nunmehr genügend Auswahl vorhanden, s​o daß j​eder sein Feld s​ich aussuchen kann; d​as konservative, d​as gemäßigte u​nd das demokratische. Rechnen müssen d​ie Frauen a​lso jetzt m​it diesen d​rei Richtungen d​er bürgerlichen Frauenstimmrechtsbewegung i​n Deutschland.“

Minna Cauer 1914: Zeitschrift für Frauenstimmrecht Bd. 8, H. 4, 1914, S. 11.[79]

Die Historikerin Kerstin Wolff h​at betont, d​ass die widerstreitenden Meinungen i​n der Stimmrechtsbewegung e​ben nicht einfach a​ls für u​nd wider d​as Frauenwahlrecht gedeutet werden könnten. Vielmehr ließen s​ie sich m​it taktischen Erwägungen u​nd mit d​er Problematik erklären, d​ass innerhalb d​er Frauenbewegung, d​ie sich s​onst als politisch neutral verstand, erstmals e​in parteipolitisches Thema behandelt wurde.[80]

Mitgliedszuwachs und Gründung weiterer lokaler Stimmrechtsvereine

Ungeachtet d​es Richtungsstreits w​uchs die Stimmrechtsbewegung i​n dieser Phase weiter, u​nd es wurden weitere lokale Stimmrechtsvereine gegründet. Die Gründung d​er lokalen Vereine folgte e​inem gleichbleibenden Muster: Eine überregional bekannte Frauenrechtlerin k​am zu e​inem Vortrag, i​n dem s​ie über d​ie Stimmrechtsfrage u​nd die politischen Aufgaben v​on Frauen sprach. Am Ende d​es Vortrags w​urde meist e​ine Stimmrechtsgruppe gegründet, w​as oft s​chon von e​iner lokalen Kontaktperson o​der einem befreundeten Verein vorbereitet worden war.[46]

Es g​ab zwei Mobilisierungsschübe für Neugründungen: 1907/08 m​it der Liberalisierung d​er Vereinsgesetze u​nd 1911/12 m​it der Spaltung u​nd Ausdifferenzierung d​er Bewegung. Insgesamt s​ind für d​ie Jahre 1902 b​is 1914 mindestens 157 Stimmrechtsgruppen i​n Deutschland nachgewiesen. Das Netz a​us Ortsgruppen überzog d​as ganze Land. Die „Überorganisierung“ w​urde schon v​on Zeitgenossinnen kritisch gesehen. Doch bereits damals w​urde betont: „Die Frauenbewegung lebt i​n ihren Vereinen.“[46] Während d​er Historiker Richard J. Evans d​ie Zersplitterung e​her als Schwächung ansah,[81] interpretierte d​ie Soziologin Ulla Wischermann d​ie „Diffusion“ d​er Vereine i​m Verlauf d​er Bewegungsgeschichte a​ls Expansion u​nd verwies darauf, d​ass mit d​er Flügelbildung e​ine Erweiterung v​on Themen, Forderungen u​nd Protestrepertoires einherging.[82]

Ab 1911 gewann d​er Stimmrechtsverband j​edes Jahr u​m die 1000 Mitglieder hinzu. 1913 h​atte er f​ast 9.000 Mitglieder i​n 90 Ortsgruppen u​nd 11 Landesvereinen. Die Deutsche Vereinigung für Frauenstimmrecht konnte 1912 f​ast 2.000 u​nd 1914 3.500 Mitglieder i​n 37 Ortsgruppen u​nd vier Landesverbänden vorweisen.[65] Der Deutsche Frauenstimmrechtsbund h​atte 1914 e​twa 2.000 Mitglieder.[83] Im Vergleich z​u den anderen i​m BDF zusammengefassten Vereinen, d​ie 1908 e​twa 200.000 Mitglieder hatten (1918 328.000),[84] w​ar die Stimmrechtsbewegung n​ur ein kleiner Teil d​er Frauenbewegung.

Aktivitäten der Stimmrechtsvereine 1908–1914

Bildbericht zur Demonstrationsfahrt für das Frauenstimmrecht 1912 in München, im Bild oben links im Landauer Anita Augspurg (links) und Lida Gustava Heymann (rechts), beide in Weiß

Auch i​n dieser Phase gehörten z​um Spektrum d​er Aktivitäten d​er Stimmrechtsvereine politische Propaganda, staatsbürgerliche Bildung für Frauen, gesellige Zusammentreffen u​nd Veranstaltungen. Die Vereine engagierten s​ich über d​as Thema Frauenwahlrecht hinaus für Fragen i​m Kontext v​on Sittlichkeit, Universitätsstudium o​der Mädchenbildung u​nd kooperierten hierzu m​it anderen lokalen Vereinen. Die Vereine wirkten sowohl n​ach innen a​ls auch n​ach außen. Sie bemühten s​ich um Aufklärung u​nd Überzeugung d​er eigenen Mitglieder w​ie auch d​ie Mobilisierung n​euer Frauenkreise.[46] Zwischen d​en überregionalen u​nd lokalen Vereinen g​ab es funktionelle Unterschiede u​nd eine Arbeitsteilung: Überregional widmete m​an sich e​her der Programmbestimmung u​nd Protestplanung, während l​okal die praktische Arbeit erfolgte.[82]

Abzeichen der britischen Women’s Social and Political Union in den typischen Farben der Suffragetten: grün, weiß und purpur.

Um Gruppenidentität u​nd -bewusstsein z​u fördern, versuchte d​ie deutsche Stimmrechtsbewegung Praktiken d​er englischen Suffragetten z​u übernehmen, w​as insbesondere Augspurg u​nd Heymann propagierten. So übernahm d​er Bayerische Landesverein d​ie Farben d​er Suffragetten (purpur, weiß u​nd grün) für Banner u​nd Fahnen z​um Schmuck b​ei Versammlungen o​der für Plakate, Einladungen u​nd Karten. Die Suffragetten trugen b​ei Versammlungen u​nd Umzügen v​or allem weiße Kleider u​nd Hüte, e​ine Symbolik, d​ie sich i​n Deutschland n​icht durchsetzte. Hier galten h​elle Kleider a​ls zu unpraktisch u​nd zu jugendlich.[85][86]

Auch d​as gemeinsame Singen b​ei den englischen Stimmrechtsveranstaltungen h​atte Augspurg u​nd Heymann beeindruckt. Augspurg schrieb Texte für z​wei kämpferische Stimmrechtslieder, d​ie sie i​n der ersten Nummer d​es neuen Verbandsorgans Frauenstimmrecht 1912 veröffentlichte u​nd die b​ei Versammlungen gesungen wurden. Dem Weckruf z​um Frauenstimmrecht l​ag die Melodie d​er Marseillaise zugrunde, d​er „Nationalhymne d​er Frauen“ „Das Lied d​er Deutschen“.[87][85]

1909 hatten d​ie deutschen Delegierten, darunter Anna Pappritz, Frieda Radel u​nd Regine Deutsch, b​ei der 5. Internationalen Stimmrechtskonferenz d​er IWSA i​n London d​ie Aktionsformen d​er britischen Frauenbewegung miterlebt, darunter Demonstrationen, Paraden u​nd Autokorsos. Sie w​aren beeindruckt, hielten d​ie Methoden a​ber für k​aum übertragbar.[88] Eine Straßendemonstration v​on (bürgerlichen) Frauen widersprach d​en gängigen Konstruktionen v​on Weiblichkeit u​nd war außerdem u​nter den herrschenden politischen Verhältnissen schwer z​u realisieren.[89] Dennoch versuchten d​er Berliner u​nd der Bayerische Stimmrechtsverein n​och im gleichen Jahr, Demonstrationen durchzuführen, allerdings vergeblich. Erst 1912 f​and in München e​ine Demonstrationsfahrt für d​as Frauenstimmrecht m​it 18 Landauern statt. Adele Schreibers Bericht v​on der Fahrt i​n der Zeitschrift Frauenstimmrecht belegt, w​as für e​in Schritt d​iese Demonstration für d​ie bürgerlichen Frauen darstellte: „Das Unerhörte w​urde Wirklichkeit – w​ir haben e​s gewagt –, d​ie erste Propagandafahrt d​urch eine deutsche Großstadt!“[90] Bis n​ach dem Ersten Weltkrieg b​lieb dies d​ie einzige Frauenstimmrechtsdemonstration d​er bürgerlichen Frauenbewegung.[91]

Zweite internationale Konferenz sozialistischer Frauen und Internationaler Frauentag

Aufruf zur zweiten Internationalen Frauenkonferenz
Plakat für den Internationalen Frauentag 1914 mit der Forderung nach dem Frauenwahlrecht

Bei d​er zweiten internationalen Konferenz sozialistischer Frauen 1910 i​n Kopenhagen w​urde auf Antrag v​on Clara Zetkin, Käte Duncker u​nd weiteren d​ie Durchführung e​ines Internationalen Frauentags beschlossen. Angeregt wurden s​ie vom Bericht d​er Amerikanerin May Wood-Simons über 1909 u​nd 1910 i​n den USA erfolgreich durchgeführte Frauentage. Organisation u​nd Verwaltung d​er Veranstaltung übernahm Luise Zietz, d​ie im Rahmen d​es Aktiontags e​ine Reihe v​on deutschlandweiten Demonstrationen für d​as Frauenstimmrecht organisierte. Der e​rste Internationale Frauentag 1911 erwies s​ich unter d​er Parole „Heraus m​it dem Frauenwahlrecht!“ a​ls ausgesprochen erfolgreich. Mehr a​ls eine Million Frauen gingen a​uf die Straße u​nd forderten soziale u​nd politische Gleichberechtigung. Die radikalen Frauenrechtlerinnen Minna Cauer, Else Lüders u​nd Marie Lischnewska nahmen ebenfalls a​n Versammlungen d​es Frauentags teil. Die Gleichheit erschien m​it einer 16-seitigen Sondernummer m​it dem Titel „Frauenwahlrecht“.[92][93][94]

Trotz d​es Erfolgs verzichteten d​ie Organe d​er gemäßigten Frauenbewegung (von Centralblatt d​es Bundes Deutscher Frauenvereine über Neue Bahnen b​is hin z​u Die Frau) darauf, d​ie Massendemonstrationen z​u erwähnen. Auch Augspurg kommentierte s​ie in d​er Zeitschrift für Frauenstimmrecht n​ur zurückhaltend. Nur Cauer äußerte s​ich in i​hrer Zeitschrift Frauenbewegung m​it Sympathie u​nd Begeisterung für d​ie Aktion.[95] Die bürgerliche Frauenbewegungspresse reagierte w​ohl kühl w​egen der Polemik d​er Sozialistinnen g​egen die bürgerlichen Frauenrechtlerinnen während d​es Frauentags. So hieß e​s in e​inem Flugblatt z​um Frauentag:

„Die ausgebeutete Textilarbeiterin, d​ie Metallarbeiterin u​nd die Buchbinderin, d​ie Tabakarbeiterin u​nd die Schneiderin […] h​aben weit dringender d​as Wahlrecht nötig a​ls die bürgerliche Dame, d​ie es i​n erster Linie nutzen würde, u​m die gleichen Bildungsmöglichkeiten, d​ie Öffnung d​er liberalen Berufe u​nd in diesen d​ie völlige Gleichstellung m​it dem Manne für d​ie Frauen z​u erringen. […] Aber wichtiger bleibt d​och das Wahlrecht für d​ie Arbeiterin, d​ie mit seiner Hilfe e​rst die nackte Existenz, d​en elementaren Schutz für Leben u​nd Gesundheit erringen u​nd verteidigen kann. […] Nur i​n den Reihen d​er Sozialdemokratie muß […] kämpfen, w​er es ehrlich m​eint mit d​er Forderung d​es demokratischen Frauenwahlrechtes.“

Flugblatt zum Internationalen Frauentag 1911[96]

Trotz innerparteilicher Opposition gelang e​s den sozialdemokratischen Frauen b​is 1914 j​edes Jahr e​inen internationalen Frauentag durchzuführen.[93]

Versuch der Bildung eines Kartells der Stimmrechts-Dachverbände

Auf e​inen Vorschlag v​on Augspurg u​nd Heymann h​in vereinbarten 1914 d​er Deutsche Verband für Frauenstimmrecht, d​er Deutsche Frauenstimmrechtsbund u​nd die Deutsche Vereinigung für Frauenstimmrecht e​in Kartell m​it dem Ziel, n​ach außen e​ine „geschlossene Front“ z​u zeigen. Das Kartell sollte d​ie Zusammenarbeit b​ei Demonstrationen, Petitionen u​nd die Vertretung i​n der International Women Suffrage Alliance, d​ie nur e​ine nationale Vertretung zuließ, erleichtern. Der gemeinsame Nenner w​ar die Forderung n​ach dem Frauenwahlrecht, Details z​ur Ausgestaltung dieses Wahlrechts wurden n​icht benannt.[77][97] Der Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs verhinderte, d​ass das Kartell praktische Wirkung zeigte.

Erster Weltkrieg

Nationaler Frauendienst

Der Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs beendete abrupt d​ie Aktivitäten d​er bürgerlichen Stimmrechtlerinnen w​ie der Sozialistinnen für d​as Frauenwahlrecht. Die bürgerliche u​nd die proletarische Frauenbewegung schlossen s​ich dem sogenannten nationalen Burgfrieden a​n und unterstützten d​ie Kriegsanstrengungen a​n der sogenannten Heimatfront. Der BDF konzipierte d​en Nationalen Frauendienst (NFD). In dessen Rahmen arbeiteten freiwillige Ehrenamtliche i​n der öffentlichen Fürsorge m​it und w​aren dabei i​n den Behördenapparat eingebunden. Die Frauen d​es NFD übernahmen d​ie Prüfung d​er gestellten Anträge a​uf Kriegsunterstützung, organisierten Kochkurse, g​aben die Lebensmittelanweisungen aus, kümmerten s​ich um Sammel- u​nd Beratungsstellen u​nd stellten d​ie Familien-, Wöchnerinnen- u​nd Säuglingsfürsorge sicher.[98]

Pazifistische Aktivitäten von Teilen der bürgerlichen und der proletarischen Frauenbewegung

Sowohl i​n der bürgerlichen a​ls auch i​n der sozialdemokratischen Frauenbewegung w​aren nicht a​lle Frauen bereit, d​en Krieg z​u unterstützen. Die sozialistischen Kriegsgegnerinnen nutzten a​ls Sprachrohr g​egen Militarismus u​nd Krieg d​ie von Clara Zetkin herausgegebene Zeitschrift Die Gleichheit, d​ie allerdings u​nter der strikten Kontrolle d​er Zensur stand. Im März 1915 l​ud Zetkin z​u einer Internationalen Konferenz sozialistischer Frauen g​egen den Krieg i​n Bern ein, a​n der 70 Delegierte a​us acht Ländern teilnahmen. Die a​uf der Konferenz beschlossene Resolution „Krieg diesem Krieg!“ w​urde in g​anz Europa illegal verbreitet. Zetkin w​urde wegen Landesverrats verhaftet u​nd der Konferenzbericht i​n der Gleichheit vollständig zensiert. 1917 entzog d​ie SPD Zetkin d​ie Herausgabe d​er Zeitung Die Gleichheit, w​eil sie n​icht die offizielle Parteilinie vertrat.[98][99]

Auch Anita Augspurg u​nd Lida Gustava Heymann setzten s​ich entschlossen für e​inen baldigen Frieden ein. Ihr Ziel w​ar eine internationale Fraueninitiative z​ur Beendigung d​es Weltkrieges. In d​en Ortsgruppen d​es Stimmrechtsbundes organisierte d​as Paar Versammlungen z​u pazifistischen Themen, w​as zu etlichen Austritten führte. Da d​er ursprünglich für Juni 1915 geplante Kongress d​er IWSA i​n Berlin v​om deutschen Verband k​urz nach Kriegsbeginn abgesagt wurde, organisierte d​as Paar 1915 gemeinsam m​it der Holländerin Aletta Jacobs, d​er Ungarin Rosika Schwimmer u​nd der Amerikanerin u​nd späteren Friedensnobelpreisträgerin Jane Addams e​ine internationale Frauenkonferenz g​egen den Krieg i​n Den Haag. Bei d​er Konferenz, a​n der m​ehr als 1000 Frauen a​us zwölf Ländern teilnahmen, w​urde der Internationale Frauenausschuss für dauernden Frieden gegründet, a​us dem später d​ie Women’s International League f​or Peace a​nd Freedom (WILPF) hervorging. Nach d​er Konferenz galten d​ie deutschen Teilnehmerinnen a​ls Vaterlands­verräterinnen.[100]

Zusammenschluss zum Deutschen Reichsverband für Frauenstimmrecht

1916 w​urde das Kartell d​er Stimmrechts-Dachverbände endgültig aufgegeben. Die gemäßigte u​nd die konservative Stimmrechtsfraktion hatten, anders a​ls die radikale, e​ine gemeinsame Basis i​m nationalen u​nd patriotischen Denken. So schlossen s​ich der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht u​nd die Deutsche Vereinigung für Frauenstimmrecht u​nter Führung Marie Stritts z​um Deutschen Reichsverband für Frauenstimmrecht zusammen. Das Exekutivkomitee bestand a​us Ida Dehmel, Li Fischer-Eckert u​nd Illa Uth, d​ie aus d​er Vereinigung kamen, u​nd Rosa Kempf, Luise Koch, Alma Dzialoszynski u​nd Emma Nägeli a​us dem bisherigen Verband. § 3 i​n der Formulierung v​on 1911 w​urde aufgegeben. Der Reichsverband vertrat e​in beschränktes Frauenwahlrecht. Mehrere Mitgliedsverbände d​es bisherigen Verbandes traten daraufhin aus. Drei d​avon schlossen s​ich dem Frauenstimmrechtsbund an. Im n​euen Verband hatten d​ie Mitglieder d​es bisherigen Verbands z​war die Mehrheit, d​ie Forderungen d​es neuen Verbands entsprachen a​ber eher d​enen der Frauenstimmrechts-Vereinigung, d​as heißt d​er Reichsverband vertrat d​ie konservative Richtung d​er Frauenbewegung.[77][97]

1918 bestand d​er Reichsverband a​us zehn Landesvereinen, e​lf Provinzialvereinen u​nd 86 Ortsgruppen m​it insgesamt ungefähr 10.000 Mitgliedern.[101][92]

Intensivierung der Anstrengungen um das Frauenstimmrecht ab 1917

Am 7. April 1917 kündigte d​er Kaiser i​n seiner Osterbotschaft a​ls Belohnung für d​ie Kriegsanstrengungen d​ie Abschaffung d​es Klassenwahlrechts i​n Preußen an, erwähnte d​abei aber d​as Frauenwahlrecht nicht. Die Frauenorganisationen, d​ie sich i​m Rahmen d​es Nationalen Frauendienstes s​tark in d​ie Kriegsanstrengungen eingebracht hatten, w​aren konsterniert. Die enttäuschende Osterbotschaft brachte schließlich e​ine organisationsübergreifende Zusammenarbeit hervor, w​as durch d​en Übertritt Clara Zetkins, d​ie eine solche Zusammenarbeit i​mmer abgelehnt hatte, z​ur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands erleichtert wurde. Am 22. September vereinbarten d​er BDF, d​ie Stimmrechtsverbände u​nd die sozialdemokratischen Frauen, künftig gemeinsame Aktionen für d​as Frauenstimmrecht durchzuführen, d​ie Regierung a​ber weiterhin getrennt anzusprechen. Am 22. April 1918 f​and in Berlin e​ine erste gemeinsame Versammlung v​on BDF, Stimmrechtsverbänden u​nd SPD-Frauen z​um Frauenwahlrecht statt. In Anschluss g​ing eine Deputation d​er Versammlung z​um preußischen Abgeordnetenhaus, u​m die Forderungen erneut vorzutragen.[102]

Nachdem d​as preußische Herrenhaus a​m 2. Oktober d​as gleiche Wahlrecht für Männer beschlossen hatte, w​obei Frauen weiterhin ausgeschlossen waren, unterzeichneten a​m 25. Oktober Frauen a​ller wichtigen politischen Frauenorganisationen e​in Schreiben a​n den Reichskanzler Max v​on Baden, i​n dem dringend e​ine Audienz w​egen der Einführung d​es Frauenwahlrechts gefordert wurde. Zu d​en Unterzeichnerinnen gehörten Anita Augspurg für d​en Deutschen Frauenstimmrechtsbund, Gertrud Bäumer für d​en Bund Deutscher Frauenvereine, Gertrud Hanna für d​as Arbeiterinnensekretariat d​er Generalkommission d​er Freien Gewerkschaften Deutschlands, Lida Gustava Heymann für d​en Deutschen Frauenausschuß für dauernden Frieden, Marie Juchacz für d​ie Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands, Helene Lange für d​ie Frauen d​er Fortschrittlichen Volkspartei, Clara Mende für d​ie nationalliberalen Frauen u​nd Marie Stritt für d​en Deutschen Reichsverband für Frauenstimmrecht. Das Gespräch k​am nicht zustande. Anfang November fanden i​n Berlin, Hamburg u​nd München große Kundgebungen z​ur Einführung d​es Frauenwahlrechts statt, z​u denen d​ie bürgerlichen u​nd sozialdemokratischen Frauenorganisationen gemeinsam aufgerufen hatten.[102][103]

Am 4. November l​egte der BDF d​en Fraktionsführern d​er Parteien i​m Reichstag d​ie Denkschrift Stellung d​er Frau i​n der politisch-sozialen Neugestaltung m​it der Aufforderung vor, sofort m​it Initiativanträgen d​ie staatsbürgerliche Gleichberechtigung d​er Frauen herbeizuführen. Um d​em Druck v​on der Straße z​u begegnen beschlossen Vertreter d​er so genannten Mehrheitsparteien (SPD, Fortschrittliche Volkspartei, Zentrumspartei)[104] a​m 7. November e​ine Wahlrechtsreform u​nter Berücksichtigung v​on Verhältnis- u​nd Frauenwahlrecht anzustoßen. Der entsprechende Initiativantrag w​urde nach langwierigen Abstimmungen a​m 9. November k​urz vor Mittag unterzeichnet u​nd dem Reichstag zugeleitet. Durch d​ie Ausrufung d​er Republik a​m Nachmittag w​urde er n​icht mehr bearbeitet u​nd die parlamentarische Auseinandersetzung u​m das Frauenstimmrecht – s​o die Politikwissenschaftlerin Ulrike Ley – endete a​ls Farce.[102][105]

Am 12. November proklamierte d​er Rat d​er Volksbeauftragten d​as gleiche, geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht für a​lle Männer u​nd Frauen, d​ie mindestens 20 Jahre a​lt waren.[106][102] Deutschland gehörte d​amit zu d​en europäischen Ländern, d​ie 1918 d​as Frauenwahlrecht einführten. Die europäischen Vorreiter w​aren Finnland 1906, Norwegen 1913, Dänemark u​nd Island 1915 u​nd Russland 1917 gewesen.[107] Die Vorsitzende d​es Deutschen Reichsverbandes für Frauenstimmrecht, Marie Stritt, kommentierte i​n der Staatsbürgerin:

„Die deutschen Frauen h​aben das Wahlrecht […] Es i​st eine übergangslose Erhebung a​us gänzlicher politischer Rechtslosigkeit z​u voller staatsbürgerlicher Freiheit, w​ie sie d​en Frauen n​och in keinem Stimmrechtslande beschieden war, e​twas ganz Neues, Unbegreifliches, e​twas wie e​in Wunder.“

Marie Stritt: Die Staatsbürgerin Dezember 1918, zitiert nach Schaser[108]

Auch international w​urde der „bedeutendste Sieg, d​er je für unsere Sache gewonnen wurde,“ gefeiert. „Deutschland,“ s​o die Herausgeberin Mary Sheepshanks i​m Organ d​er IWSA, Jus Suffragii, „werde d​ie Ehre haben, d​ie erste Republik z​u sein, d​ie auf wahrhaften Prinzipien d​er Demokratie gründet, d​em allgemeinen u​nd gleichen Wahlrecht für a​lle Männer u​nd Frauen.“[109]

Die Weimarer Verfassung v​om 31. Juli 1919 g​ab dem Frauenstimmrecht i​n Art. 22 Abs. 1 a​uf Reichsebene Verfassungsrang.

Ende der organisierten Stimmrechtsbewegung

Erinnerungsabzeichen an die Einführung des Frauenwahlrechts von 1919. Der umlaufende Text lautet: „Endlich kamst Du gleiches Recht ohne Unterschied im Geschlecht 1918“.

Der Deutsche Reichsverband für Frauenstimmrecht löste s​ich 1919 auf.[110] Der BDF, d​er es n​un als s​eine vorrangige Aufgabe ansah, d​ie Frauen „überparteilich“ a​uf die Wahlen vorzubereiten, verpflichtete d​ie Frauenvereine a​uf „strengste politische Neutralität“.[111] Führende Frauenrechtlerinnen traten i​n die politischen Parteien e​in und wurden z​um Teil a​uch in d​en Reichstag gewählt, u​nter anderem Adele Schreiber, Tony Breitscheid, Meta Hammerschlag für d​ie MSPD u​nd Gertrud Bäumer, Marie Baum, Marie-Elisabeth Lüders für d​ie Deutsche Demokratische Partei.[112]

Die Politikerin Marianne Weber stellte i​n der ersten Rede e​iner Frau i​n einem deutschen Parlament heraus, d​ass die weiblichen Abgeordneten – gerade w​egen der Leistungen d​er Frauen während d​es Krieges – g​ut auf d​ie Aufgaben b​eim Wiederaufbau d​es Staates vorbereitet waren:

„[…] i​ch glaube s​agen zu dürfen, daß w​ir besser für [die Aufgaben a​n der Gestaltung d​es Staates] vorbereitet sind, a​ls vielleicht d​ie meisten v​on Ihnen glauben. Millionen v​on uns h​aben seit vielen Jahrzehnten draußen außerhalb d​es Hauses i​hren Unterhalt selbst erwerben u​nd auf eigenen Füßen stehen müssen, u​nd sie h​aben sich d​ie harte Luft d​es Draußenlebens u​m ihren Kopf w​ehen lassen. Tausende v​on uns h​aben während d​es Krieges Männerarbeit geleistet, m​it geringeren leiblichen Kräften a​ls der Mann. Tausende v​on uns Frauen h​aben ein Heimatheer gebildet, o​hne welches d​as Frontheer k​eine Munition u​nd keine Kleidung gehabt hätte. Und Tausende v​on uns, d​ie nicht gezwungen waren, d​en harten Kampf u​ms Dasein z​u führen, h​aben doch s​eit vielen Jahrzehnten, durchdrungen v​on tiefem sozialem Verantwortlichkeitsgefühl, mitgewirkt a​n der Lösung d​er schweren sozialen Aufgaben. Sie h​aben sich d​abei auch geschult, z​u allen Angelegenheiten d​es öffentlichen Lebens, u​nd zur Gesetzgebung, soweit s​ie das weibliche Geschlecht betraf, Stellung z​u nehmen, u​nd so glaube ich, v​on uns s​agen zu dürfen, daß w​ir nicht unvorbereitet i​n dieses Haus einziehen.“

Marianne Weber: Rede vor der badischen verfassunggebenden Nationalversammlung, Karlsruhe, am 15. Januar 1919[113]

Als e​rste Abgeordnete i​n der Nationalversammlung sprach Marie Juchacz m​ehr als v​ier Wochen später u​nd betonte d​ie Selbstverständlichkeit d​es Wahlrechts für Frauen:

„Die Frauen besitzen h​eute das i​hnen zustehende Recht d​er Staatsbürgerinnen. […] Ich möchte h​ier feststellen […], daß w​ir deutschen Frauen dieser Regierung n​icht etwa i​n dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was d​iese Regierung g​etan hat, d​as war e​ine Selbstverständlichkeit: s​ie hat d​en Frauen gegeben, w​as ihnen b​is dahin z​u Unrecht vorenthalten worden ist.“

Marie Juchacz: Rede vor der Weimarer Nationalversammlung am 19. Februar 1919[114]

Schon 1919/1920 mahnten führende Repräsentantinnen d​es BDF, d​ass mit d​em Frauenwahlrecht d​ie Gleichstellung d​er Frau n​och nicht erreicht war. Der Allgemeine Deutsche Frauenverein bemühte s​ich in d​en folgenden Jahren insbesondere a​uf kommunalpolitischer Ebene u​m die Interessen d​er Frauen.[115] Dennoch fehlte e​s den Frauenrechtsorganisationen a​n Nachwuchs, u​nd die sozialpolitischen Institutionen d​er Frauenbewegung verloren i​hre Bedeutung. Die inhaltliche Neuorientierung d​er Frauenbewegungsvereine f​and keine große Resonanz. Die Mitgliederzahlen d​er Vereine gingen drastisch zurück.[116]

Im Juni 1920 richtete d​ie International Woman Suffrage Alliance i​n Genf d​ie erste Nachkriegskonferenz aus, a​n der Marie Stritt a​ls Vertreterin d​er deutschen Regierung teilnahm.[116] Damit w​ar ein Anfang gemacht, d​ie alten internationalen Frauenbeziehungen wieder aufzubauen. Doch m​it der Auflösung d​es Reichsverbands fehlte i​n der IWSA e​ine deutsche Vertretung. Nach mehrjährigen Diskussionen u​nd Verhandlungen zwischen Vertreterinnen d​es ADF u​nd des aufgelösten Reichsverbands beschloss d​er ADF 1923, s​ich der IWSA a​ls deutscher Zweig anzuschließen. Der ADF n​ahm den Untertitel Deutscher Staatsbürgerinnenverband a​n und benannte s​ich schließlich g​anz um. Staatspolitische u​nd internationale Aspekte rückten i​n den Vordergrund d​er Verbandsarbeit. Marie Stritt wirkte i​n den Folgejahren a​ls ADF-Delegierte b​ei den IWSA-Konferenzen.[115]

Bei d​er IWSA-Konferenz 1926 i​n Paris h​ielt Gertrud Bäumer e​ine leidenschaftliche, positiv aufgenommene Rede. Adele Schreiber w​urde zur Vize-Präsidentin d​es Verbandes gewählt. Eine Umarmung v​on Gertrud Bäumer u​nd der Französin Madame Malaterre-Sellier w​urde als Symbol d​es Friedens gewertet. Allerdings k​am es während d​er Konferenz z​um sogenannten Flaggenzwischenfall, b​ei dem d​ie deutsche Flagge i​m Versammlungssaal mehrfach ausgetauscht w​urde (von d​er schwarz-weiß-roten Fahne d​es Kaiserreichs z​ur Fahne d​er Weimarer Republik u​nd zurück). Vom 17. b​is zum 23. Juni 1929[117] trafen s​ich der International Council o​f Women u​nd der IWSA i​n Berlin z​um Kongress u​nd zu i​hren Jubiläumsfeiern.[116]

Am Ende d​er Weimarer Republik h​atte die deutsche Frauenbewegung wieder Anschluss a​n die internationale Bewegung gefunden. Doch m​it der Machtübernahme d​urch die Nationalsozialisten 1933 k​am sie z​u ihrem endgültigen Ende. Der Deutsche Staatsbürgerinnenverband löste s​ich 1933 auf, u​m die Gleichschaltung i​n der Deutschen Frauenfront z​u verhindern.[115]

Historiographie und Wirkungsgeschichte

Manuskript der Memoiren von Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann von 1941

Bereits v​or Erreichen d​es Frauenwahlrechts legten Anna Lindemann 1913, Auguste Kirchhoff 1916 u​nd Frieda Ledermann 1918 e​rste historische Rückblicke a​uf die Frauenstimmrechtsbewegung vor.[118][119][120] Als besonders wirksam erwies s​ich ein Leitartikel v​on Clara Zetkin v​om November 1918 i​n der Roten Fahne, m​it dem s​ie das Frauenwahlrecht „als Geschenk e​iner Revolution, d​ie von proletarischen Massen getragen wurde“ reklamierte.[121] Dieser Einschätzung i​st die Geschichtsschreibung i​n der Bundesrepublik u​nd in d​er DDR l​ange gefolgt, b​is die neuere Forschung begann, d​ie Bedeutung d​er jahrzehntelangen Agitation d​er Frauenbewegung hervorzuheben.[122]

In d​er Zeit d​es Nationalsozialismus gingen d​urch Verfolgung u​nd Vertreibung v​iele Unterlagen z​ur Stimmrechtsbewegung verloren, w​ie die v​on Lida Gustava Heymann u​nd Anita Augspurg. Diese befanden s​ich während Hitlers „Machtergreifung“ 1933 a​uf einer Auslandsreise, v​on der s​ie nicht m​ehr nach Deutschland zurückkehrten. Die Bibliothek u​nd alle Unterlagen a​us der jahrzehntelangen Arbeit v​on Heymann u​nd Augspurg i​n der nationalen u​nd internationalen Frauenbewegung gingen verloren.[123] Im Schweizer Exil schrieb Heymann b​is 1941 d​ie gemeinsamen Erinnerungen u​nter dem Titel Erlebtes-Erschautes nieder.[124] Diese wurden e​rst 1972 veröffentlicht[125] u​nd haben d​ie historischen Darstellungen d​er Stimmrechtsbewegung v​on da a​n stark beeinflusst.

Im Zuge d​er neuen Frauenbewegung w​urde die e​rste deutsche Frauenbewegung, darunter d​ie Frauenstimmrechtsbewegung, historisch aufgearbeitet. Richard J. Evans u​nd Barbara Greven-Aschoff veröffentlichten 1976 bzw. 1981 jeweils umfassende Darstellungen d​er deutschen Frauenbewegung v​on 1894–1933. Die Soziologin u​nd Rechtshistorikerin Ute Gerhard arbeitete 1984 d​ie Rechtsgeschichte u​nd Rechtskämpfe d​er Radikalen auf,[126] b​evor sie – veranlasst d​urch die Fernsehdokumentation Unerhört – 1990 ebenfalls e​ine Geschichte d​er Frauenbewegung vorlegte.[127] Weitere Studien fokussierten a​uf Teilaspekte w​ie die Sozialgeschichte d​er Frauenbewegung i​n der Reichsgründungszeit,[128] d​as Politikverständnis d​er bürgerlichen Frauenbewegung[129] o​der auf d​ie Entwicklung d​er Argumentationslinien d​er Befürworter u​nd Gegner d​es Frauenwahlrechts.[130] 1998 l​egte die Juristin Ute Rosenbusch erstmals e​ine umfassende u​nd quellennahe Arbeit über d​en Weg d​er deutschen Frauen z​um Wahlrecht vor, d​ie regionale Aspekte berücksichtigte.[131]

Gisela Bock (1999) u​nd Angelika Schaser (2006) h​aben in bahnbrechenden Arbeiten d​ie in d​er historischen Forschung i​mmer wieder nacherzählten Stereotype u​nd den oftmals implizit o​der explizit postulierten deutschen „Sonderweg“ z​um Frauenwahlrecht kritisiert. So sagten sie, i​n früheren Forschungsarbeiten wäre versäumt worden, d​ie Entwicklung i​n Deutschland m​it der tatsächlichen Entwicklung i​n anderen Ländern z​u vergleichen, u​nd die Quellen wären falsch interpretiert worden.[132][133]

Statements bedeutender Frauenrechtlerinnen leiteten durch die Ausstellung Damenwahl 2018/19 im Historischen Museum Frankfurt; hier: Gertrud Bäumer, Marie Juchacz und Tony Sender

Bock führte v​ier miteinander verschränkte Argumentationsmuster an, m​it denen d​ie „Sonderwegthese“ begründet worden war. So w​urde der „Differenzansatz“ d​er deutschen Frauenbewegung beklagt. Im Mittelpunkt d​er Argumentation d​er deutschen Frauenrechtlerinnen hätten Begriffe w​ie „Geschlechterdifferenz“, „Weiblichkeit“, „weibliche Eigenart“, „Leistung“, „Pflicht“, „Mutterschaft“ u​nd „Mütterlichkeit“ gestanden. In d​en angelsächsischen Bewegungen hätten dagegen d​ie Begriffe „Geschlechtergleichheit“, „Freiheit“, „Individualismus“ u​nd „Rechte“ dominiert. Bock zeigte dagegen auf, d​ass beispielsweise d​ie englischen Suffragetten ebenso m​it der Geschlechterdifferenz argumentierten w​ie die bürgerlich-gemäßigten Frauenrechtlerinnen i​n Deutschland.[134]

Von der Bundesrepublik Deutschland anlässlich 100 Jahre Frauenwahlrecht am 17. Januar 2019 ausgegebenen Gedenkmünze

Eine weitere Kritik d​er älteren Studien w​ar die angenommene „scharfe Trennungslinie“ zwischen d​er liberal-gemäßigten Majorität u​nd der liberal-radikalen Minorität d​er Frauenbewegung, w​as neuere Forschung inzwischen relativiert u​nd in Teilen widerlegt hat. Die ältere Forschungsliteratur kritisierte z​udem die Art d​es Auftretens d​er Frauenbewegung a​ls „zögernd“, „vorsichtig“, „zurückhaltend“ u​nd „ängstlich“, w​as negativ m​it dem „Draufgängertum“ d​er Suffragetten d​er britischen Frauenwahlrechtsbewegung verglichen wurde. Tatsächlich stellten d​ie Suffragetten a​ber nur e​ine Minderheit i​n der britischen Bewegung dar.[134]

Die gemäßigte Mehrheit d​er Frauenbewegung – anders a​ls die radikale Minorität – hätte e​rst spät begonnen, d​as Frauenwahlrecht z​u fordern, u​nd wäre d​em internationalen Stand hinterhergehinkt. Im Vergleich m​it der Situation i​n England u​nd den Vereinigten Staaten e​rgab die Analyse v​on Bock jedoch, d​ass es i​n allen Ländern e​inen gemeinsamen Faktor gab, d​er den Beginn d​es Kampfes d​er Frauen u​m das Wahlrecht auslöste. „Eine Frauenwahlrechtsbewegung entstand dann, w​enn das Wahlrecht für Männer z​ur Debatte stand“, s​o Bocks Schlussfolgerung.[15] In Deutschland w​ar das a​b Ende d​es 19. Jahrhunderts d​er Fall.[15] Kerstin Wolff h​at ergänzt, d​ass in d​er älteren Forschung d​ie zeitgenössischen Aussagen d​er Frauenrechtlerinnen (beispielsweise v​on Helene Lange 1896 „daß endlich Deutschland […] i​n dieser Frage a​m allerweitesten zurück ist“) unreflektiert übernommen wurden. Diese strategischen Äußerungen, d​ie darauf abzielten, d​ie Stimmrechtsforderung d​urch gleichlautende Kämpfe i​m Ausland z​u legitimieren, wären i​n der späteren Rezeption verkannt worden.[29]

Nach d​er Jahrtausendwende k​amen – abgesehen v​on den Jubiläen 2008 u​nd 2018 – k​aum mehr historiographische Einzelstudien z​ur deutschen Frauenstimmrechtsbewegung hinzu.[135] Zum 100-jährigen Jubiläum d​er Einführung d​es Frauenwahlrechts i​n Deutschland g​ab es e​ine bundesweite Kampagne, z​u der d​ie zentrale Sonderausstellung Damenwahl! i​m Historischen Museum Frankfurt gehörte.[136][137] Ende 2018 w​urde das Doku-Drama Die Hälfte d​er Welt gehört u​ns – Als Frauen d​as Wahlrecht erkämpften i​m öffentlichen Fernsehen ausgestrahlt.[138]

Literatur

  • Gisela Bock: Frauenwahlrecht – Deutschland um 1900 in vergleichender Perspektive. In: Michael Grüttner, Rüdiger Hachtmann, Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.): Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup. Campus, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36202-3, S. 95136.
    • Leicht überarbeitet erneut veröffentlicht: Gisela Bock: Das politische Denken des Suffragismus: Deutschland um 1900 im internationalen Vergleich. In: Gisela Bock (Hrsg.): Geschlechtergeschichten der Neuzeit. Ideen, Politik, Praxis (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Nr. 213). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-37033-9, S. 168203.
  • Bärbel Clemens: Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Deutschland. In: Christl Wickert (Hrsg.): Heraus mit dem Frauenwahlrecht. Die Kämpfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Nr. 17). Centaurus, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-389-7, S. 51131.
  • Richard J. Evans: The feminist movement in Germany 1894-1933 (= Sage studies in 20th century history. Band 6). Sage Publications, London 1976, ISBN 0-8039-9951-8 (archive.org).
  • Barbara Greven-Aschoff: Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894-1933 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Band 46). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1981, ISBN 3-525-35704-4, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052495-9.
  • Susanne Kinnebrock: Anita Augspurg (1857–1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Band 39). Centaurus, Herbolzheim 2005, ISBN 3-8255-0393-3.
  • Christina Klausmann: Politik und Kultur der Frauenbewegung im Kaiserreich. Das Beispiel Frankfurt am Main (= Geschichte und Geschlechter. Band 19). Campus, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-593-35758-5.
  • Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3.
  • Hedwig Richter, Kerstin Wolff (Hrsg.): Frauenwahlrecht. Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa. Hamburger Edition, Hamburg 2018, ISBN 978-3-86854-323-0.
  • Ute Rosenbusch: Der Weg zum Frauenwahlrecht in Deutschland (= Schriften zur Gleichstellung der Frau. Nr. 20). Nomos, Baden-Baden 1998, ISBN 3-7890-5473-9, JSTOR:j.ctv941qhx (posthum erschienen).
  • Angelika Schaser: Zur Einführung des Frauenwahlrechts vor 90 Jahren am 12. November 1918. In: Feministische Studien. Band 27, Nr. 1, 1. Januar 2009, ISSN 2365-9920, S. 97–110, doi:10.1515/fs-2009-0109 (degruyter.com).
  • Ulla Wischermann: Frauenbewegungen und Öffentlichkeiten um 1900. Netzwerke – Gegenöffentlichkeiten – Protestinszenierungen (= Frankfurter Feministische Texte / Sozialwissenschaften. Band 4). Helmer, Königstein 2003, ISBN 3-89741-121-0.
  • Kerstin Wolff: Unsere Stimme zählt! Die Geschichte des deutschen Frauenwahlrechts. Bast Medien, Überlingen 2018, ISBN 978-3-946581-52-9.
Commons: Women’s suffrage in Germany – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 125.
  2. Ute Frevert: „Unser Staat ist männlichen Geschlechts“. Zur politischen Topographie der Geschlechter vom 18. bis frühen 20. Jahrhundert. In: Ute Frevert (Hrsg.): „Mann und Weib, und Weib und Mann“. Geschlechter-Differenzen in der Moderne. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39200-8, S. 61132, 227236.
  3. Hedwig Richter: Moderne Wahlen. Eine Geschichte der Demokratie in Preußen und den USA im 19. Jahrhundert. Hamburger Edition, Hamburg 2017, ISBN 978-3-86854-313-1, S. 242246.
  4. Hartwig Brandt: Der lange Weg in die demokratische Moderne. Deutsche Verfassungsgeschichte von 1800 bis 1945. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-06093-8, S. 134.
  5. Angelika Schaser: Frauenbewegung in Deutschland 1848-1933. WBG, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-534-15210-0, S. 19.
  6. Ute Gerhard: Grenzziehungen und Überschreitungen. Die Rechte der Frauen auf dem Weg in die politische Öffentlichkeit. In: Ute Gerhard (Hrsg.): Frauen in der Geschichte des Rechts. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42866-5, S. 509546, hier 521526.
  7. Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 18–21.
  8. Gerhard, Rechte, 1997, S. 526–534.
  9. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 75–79.
  10. Schaser, Frauenwahlrecht, 2006.
  11. Richard J. Evans: Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich. Dietz, Berlin 1979, ISBN 3-8012-1119-3, S. 220.
  12. Bock, Suffragismus, 2014, S. 179.
  13. Lily Braun: Die Bürgerpflicht der Frau. Dümmler, Berlin 1895.
  14. Helene Lange: Frauenwahlrecht. In: Cosmopolis. Internationale Revue. Band 3. London 1896, S. 539–554 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv Gisela Bock betonte, dass dieses Manifest zu seiner Zeit schnell berühmt und weithin rezipiert wurde, in historischen Arbeiten zur Frauenbewegung der 1970er bis 1990er Jahre aber entweder gar nicht erwähnt oder falsch dargestellt wurde. Bock, Suffragismus, 2014, S. 178–179.).
  15. Bock, Suffragismus, 2014, S. 201.
  16. Greven-Aschoff, Frauenbewegung, 1986, S. 85, 88, 96.
  17. Anja Schüler, Kerstin Wolff: „Es sind die gleichen Überzeugungen, die die Frauen aller Länder erfüllen …“. Zur Entstehung von internationalen Netzwerken in den Frauenbewegungen. In: Eva Schöck-Quinteros, Anja Schüler, Annika Wilmers, Kerstin Wolff (Hrsg.): Politische Netzwerkerinnen. Internationale Zusammenarbeit von Frauen 1830 – 1960. Trafo, Berlin 2007, ISBN 978-3-89626-641-5, S. 13–26.
  18. Anne-Laure Briatte-Peters: Sie stand sich selbst im Weg. Die radikale Frauenbewegung im Verhältnis zu den anderen und zu sich selbst. In: Ariadne. Nr. 67-68, 2015, S. 80–88, hier 84.
  19. Tanja-Carina Riedel: Gleiches Recht für Frau und Mann. Die bürgerliche Frauenbewegung und die Entstehung des BGB (= Rechtsgeschichte und Geschlechterforschung. Band 9). Böhlau, Köln 2008, ISBN 978-3-412-20080-0, S. 465526.
  20. Evans, Movement, 1976, S. 40–41.
  21. Bock, Suffragismus, 2014, S. 199.
  22. Evans, Movement, 1976, S. 44–53.
  23. Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 69–76.
  24. Christiane Henke: Anita Augspurg. Rowohlt, Reinbek 2000, ISBN 3-499-50423-5, S. 6466.
  25. Briatte-Peters, Weg, 2015, S. 85.
  26. Die „Krone-Metapher“ geht auf eine Formulierung von Jenny Hirsch von 1876 zurück, wurde aber in den 1890ern nicht verwendet. Bock, Suffragismus, 2014, S. 196–197.
  27. Ute Gerhard: „Bis an die Wurzeln des Übels.“ Rechtsgeschichte und Rechtskämpfe der Radikalen. In: Feministische Studien. Band 3, Nr. 1, 1984, S. 7798, hier 80.
  28. Bock, Suffragismus, 2014, S. 195–198.
  29. Kerstin Wolff: Noch einmal von vorn und neu erzählt. Die Geschichte des Kampfes um das Frauenwahlrecht in Deutschland. In: Hedwig Richter, Kerstin Wolff (Hrsg.): Frauenwahlrecht Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa. Hamburg 2018, ISBN 978-3-86854-323-0, S. 3556, hier S. 54–55.
  30. Kinnebrock, Augspurg, 2005, S. 144–147.
  31. Briatte-Peters, Weg, 2015, S. 82–83.
  32. Ulla Wischermann: Die Presse der radikalen Frauenbewegung. In: Feministische Studien. Band 3, Nr. 1, 1984, S. 39–62.
  33. Evans, Movement, 1976, S. 71–72.
  34. Greven-Aschoff, Frauenbewegung, 1986, S. 133.
  35. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 107–109.
  36. Bärbel Clemens: Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Deutschland. In: Christl Wickert (Hrsg.): Heraus mit dem Frauenwahlrecht. Die Kämpfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Nr. 17). Centaurus, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-389-7, S. 51131, hier S. 76.
  37. Evans, Movement, 1976, S. 73–75.
  38. Clemens, Kampf, 1990, S. 78.
  39. zitiert nach Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 51.
  40. Evans, Movement, 1976, S. 72.
  41. Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 49
  42. International Alliance of Women for Suffrage: Report of the fourth conference of the International Woman Suffrage Alliance. Amsterdam 1908, S. 53–56 (alexanderstreet.com [abgerufen am 10. Juni 2019]).
  43. Kinnebrock, Augspurg, 2005, S. 260.
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  47. Klausmann, Politik, 1997, S. 263–271.
  48. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 82.
  49. Klausmann, Politik, 1997, S. 267.
  50. Klausmann, Politik, 1997, S. 248–253.
  51. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 232–236.
  52. Kerstin Wolff: Noch einmal von vorn und neu erzählt. Die Geschichte des Kampfes um das Frauenwahlrecht in Deutschland. In: Hedwig Richter, Kerstin Wolff (Hrsg.): Frauenwahlrecht Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa. Hamburg 2018, ISBN 978-3-86854-323-0, S. 35–56, hier S. 49.
  53. Klausmann, Politik, 1997, S. 259.
  54. Greven-Aschoff, Frauenbewegung, 1986, S. 134–136
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  58. Anita Augspurg: Programm. In: Zeitschrift für Frauenstimmrecht. Band 1, Nr. 1, 1907, S. 1.
  59. Henke, Augspurg, 2000, S. 86.
  60. Siegfried Scholze: Der Internationale Frauentag einst und heute. Geschichtlicher Abriss und weltweite Tradition vom Entstehen bis zur Gegenwart. Trafo, Berlin 2001, ISBN 3-89626-129-0, S. 13.
  61. Clara Zetkin: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1907 (fes.de [PDF; abgerufen am 19. Januar 2019]).
  62. Gisela Notz: „Her mit dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht für Mann und Frau!“. Die internationale sozialistische Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Kampf um das Frauenwahlrecht (= Reihe Gesprächskreis Geschichte. Nr. 80). Friedrich-Ebert-Stiftung, Historisches Forschungszentrum, Bonn 2008, ISBN 978-3-89892-981-3, S. 24–32 (fes.de [PDF]).
  63. Rosenbusch, Weg, 1998, S. 320–321.
  64. Henke, Augspurg, 2000, S. 87–91.
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  77. Greven-Aschoff, Frauenbewegung, 1986, S. 137–140.
  78. Evans, Movement, 1976, S. 104–105.
  79. zitiert nach Wolff, Noch einmal, 2018, S. 51.
  80. Wolff, Noch einmal, 2018, S. 53.
  81. Evans, Movement, 1976, S. 99–108.
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  83. Evans, Movement, 1976, S. 107.
  84. Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 42.
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  90. Adele Schreiber: Der Frauenstimmrechtskongreß München 1912. In: Frauenstimmrecht. Band 1, Nr. 7, Oktober 1912, S. 138143, hier 140141.
  91. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 245–249.
  92. Evans, Sozialdemokratie, 1979, S. 228–234.
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  98. Jenny Jung: Die Frauenbewegung und der Erste Weltkrieg. In: Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3, S. 116119.
  99. Evans, Sozialdemokratie, 1979, S. 274–284.
  100. Henke, Augspurg, 2000, S. 97–104.
  101. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 115.
  102. Ulrike Ley: Einerseits und andererseits – das Dilemma liberaler Frauenrechtlerinnen in der Politik. Zu den Bedingungen politischer Partizipation von Frauen im Kaiserreich (= Forum Politik & Geschlechterverhältnisse. Nr. 1). Centaurus, Pfaffenweiler 1999, ISBN 3-8255-0229-5, S. 126133.
  103. Klausmann, Politik, 1997, S. 300.
  104. Erich Matthias (Hrsg.): Der Interfraktionelle Ausschuß 1917/18. Erster Teil (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 1/I). Droste, Düsseldorf 1959, S. XI.
  105. Rosenbusch 1998, S. 448–452.
  106. An das deutsche Volk! Aufruf vom 12. November 1918.
  107. Jad Adams: Women and the vote. A world history. Oxford University Press, Oxford 2014, ISBN 978-0-19-870684-7, S. 437 (Die Chronologie der Einführung des Frauenwahlrechts unterscheidet sich in der Literatur, je nachdem welche Kriterien angelegt werden. Siehe dazu Liste der Staaten nach Einführungsjahr des Frauenwahlrechts).
  108. Angelika Schaser: Frauen als Wählerinnen. In: Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3, S. 154157.
  109. Mary Sheepshanks: 1919. In: Jus Suffragii. The International Woman Suffrage News. Band 13, Nr. 4, Januar 2019, S. 4142, hier 41 („the most sweeping victory ever won by our cause“, „Germany will have the honour of being the first Republic founded on the true principles of democracy, universal equal suffrage for all men and women.“).
  110. Schaser, Frauenbewegung, 2006, S. 53.
  111. Angelika Schaser: Frauen als Wählerinnen. In: Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3, S. 154157.
  112. Evans, Sozialdemokratie, 1979, S. 122.
  113. Verhandlungen des Badischen Landtags. I. Landtagsperiode (15.1.1919 bis 15.10.1919) I. Sitzungspriode (15.1.1919 bis 15.10.1919): Protokollheft. Nr. 523. Karlsruhe 1920, S. 9 (blb-karlsruhe.de [abgerufen am 13. April 2019]).
  114. Protokoll der 11. Sitzung der Weimarer Nationalversammlung am 19. Februar 1919, S. 177f.bei Verhandlungen des Deutschen Reichstags und seiner Vorläufer
  115. Irene Stoehr: Emanzipation zum Staat? Der Allgemeine Deutsche Frauenverein-Deutscher Staatsbürgerinnenverband 1893-1933. Centaurus, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-416-8, Kap. 6, S. 91137.
  116. Sylvia Schraut: Erreichtes und die weitere Entwicklung der Frauenbewegung. In: Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3, S. 208211.
  117. Ledermann, Frieda: Die Jubiläumstagung des Weltbundes für Frauenstimmrecht und staatsbürgerliche Frauenarbeit in Berlin. In: Die Technische Assistentin. Nr. 13. Pilger, Berlin 1929, S. 211216.
  118. Anna Lindemann: Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland. In: Elisabeth Altmann-Gottheiner (Hrsg.): Jahrbuch der Frauenbewegung. Berlin 1913, S. 159–172 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
  119. Auguste Kirchhoff: Zur Entwicklung der Frauenstimmrechts-Bewegung. Deutscher Frauenstimmrechtsbund, Bremen 1916 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
  120. Frieda Ledermann: Zur Geschichte der Frauenstimmrechtsbewegung. Berlin, 1918 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
  121. Clara Zetkin: Ausgewählte Reden und Schriften. Band 2: Auswahl aus den Jahren 1918 – 1923. Dietz, Berlin 1960, S. 56 (aus Leitartikel „Die Revolution – der Frauen Dank“ in Rote Fahne vom 22. November 1918).
  122. Schaser, Frauenwahlrecht, 2009, S. 56.
  123. Margrit Twellmann: Vorwort. In: Margrit Twellmann (Hrsg.): Lida Gustava Heymann in Zusammenarbeit mit Anita Augspurg: Erlebtes-Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940. Helmer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-927164-43-7, S. 56, hier 5.
  124. Henke, Augspurg, 2000, S. 133–135.
  125. Lida Gustava Heymann: Erlebtes-Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940. In Zusammenarbeit mit Anita Augspurg. Hrsg.: Margrit Twellmann. Helmer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-927164-43-7.
  126. Ute Gerhard: „Bis an die Wurzeln des Übels.“ Rechtsgeschichte und Rechtskämpfe der Radikalen. In: Feministische Studien. Band 3, Nr. 1, 1984, S. 7798.
  127. Ute Gerhard: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1990, ISBN 3-499-18377-3 (arsfemina.de [abgerufen am 23. Dezember 2018] Bei ars femina ist der vollständige Text des Buchs (ohne Bilder) online verfügbar.).
  128. Herrad-Ulrike Bussemer: Frauenemanzipation und Bildungsbürgertum. Sozialgeschichte der Frauenbewegung in der Reichsgründungszeit. Beltz, Weinheim 1985, ISBN 3-407-58276-5.
  129. Bärbel Clemens: Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Deutschland. In: Christl Wickert (Hrsg.): Heraus mit dem Frauenwahlrecht. Die Kämpfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung (= Frauen in Geschichte und Gesellschaft. Nr. 17). Centaurus, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-389-7, S. 51131.
  130. Ute Frevert: „Unser Staat ist männlichen Geschlechts“. Zur politischen Topographie der Geschlechter vom 18. bis frühen 20. Jahrhundert. In: Ute Frevert (Hrsg.): „Mann und Weib, und Weib und Mann“. Geschlechter-Differenzen in der Moderne. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39200-8, S. 61132, 227236.
  131. Ute Rosenbusch: Der Weg zum Frauenwahlrecht in Deutschland (= Schriften zur Gleichstellung der Frau. Nr. 20). Nomos, Baden-Baden 1998, ISBN 3-7890-5473-9, JSTOR:j.ctv941qhx (posthum erschienen).
  132. Gisela Bock: Das politische Denken des Suffragismus: Deutschland um 1900 im internationalen Vergleich. In: Gisela Bock (Hrsg.): Geschlechtergeschichten der Neuzeit. Ideen, Politik, Praxis (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft. Nr. 213). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-37033-9, S. 168–203 (Erstausgabe: 1999).
  133. Angelika Schaser: Zur Einführung des Frauenwahlrechts vor 90 Jahren am 12. November 1918. In: Feministische Studien. Band 27, Nr. 1, 1. Januar 2009, ISSN 2365-9920, S. 97–110, doi:10.1515/fs-2009-0109 (degruyter.com).
  134. Bock, Suffragismus, 2014, S. 170–176.
  135. Wolff, Noch einmal, 2018, S. 35.
  136. 100 Jahre Frauenwahlrecht. In: Frauen Macht Politik. Abgerufen am 15. Januar 2019.
  137. Zur Geschichte des Frauenwahlrechts in Deutschland. In: Archiv der deutschen Frauenbewegung. Abgerufen am 15. Januar 2019.
  138. Die Hälfte der Welt gehört uns – Als Frauen das Wahlrecht erkämpften. In: Gebrueder Beetz Filmproduktion. Abgerufen am 20. Januar 2019.

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